Hallo mein Name ist Stella und ich bin ein Vampir. Allerdings nicht so einer, wie es in Gruselgeschichten beschrieben wird. Ich lebe unter Menschen und habe eine Familie, die nichts von meinem dunklen Geheimnis weiß. An den Tag meiner Verwandlung kann ich mich noch genau erinnern. Wir hatten Urlaub in Paris gemacht. Am letzten Abend vor der Rückreise fuhren wir noch einmal in die Stadt, um den leuchtenden Eifelturm bei Nacht zu sehen. Die ganze Woche hatte ich das Gefühl, verfolgt zu werden und ich hatte immer geglaubt mir das einzubilden. Ich stand etwas entfernt von meiner Familie und starrte staunend zum Eiffelturm hoch, da fühlte ich plötzlich einen stechenden Schmerz im Handgelenk. Ich hob meinen Arm vors Gesicht, aber da es dunkel war, konnte ich nichts erkennen. Als ich mit der Hand über die schmerzende Stelle fuhr, spürte ich einige Vertiefungen. Wieder beschlich mich das Gefühl, verfolgt zu werden, diesmal stärker als zuvor. Vorsichtshalber ging ich doch zu meinen Eltern zurück und der Vorfall war alsbald vergessen. Beim Zähneputzen in unserem Hotelzimmer fiel mir auf, dass mein Handgelenk leicht gerötet und geschwollen war. Das Erschreckende war, es ließen sich deutlich Bissspuren erkennen. Das waren die leichten Vertiefungen, die ich vorhin gespürt hatte. Was hatte mich gebissen? Mitten in Paris, mitten in einer Menschenmenge? Das Tier musste ziemlich groß sein, sonst wäre es nicht an meine Hand gekommen. Ich bekam eine Gänsehaut. Dieses Vieh war immer noch da draußen und wer weiß, vielleicht lauerte es mir auf. Dort wo mich das Tier gebissen hatte, klebten auch noch einige Tropfen getrocknetes Blut. Ohne Nachzudenken leckte ich sie ab. Mein Magen drehte sich von dem metallischen Geschmack des Blutes um und ich musste mich fast übergeben. Plötzlich hörte ich, wie sich von außen jemand an der Badezimmertür zu schaffen machte. Unfähig einen klaren Gedanken zu fassen, blieb ich in der Mitte des Zimmers stehen. „Wie lange brauchst du denn… - Was für eine Laus ist dir denn über die Leber gelaufen? Du bist ja weiß wie die Wand.“ Erleichtert atmete ich auf. „Nichts, ist schon wieder in Ordnung. Du Mama kannst du dir das mal anschauen? Mich hat glaube ich etwas gebissen.“ Ich streckte ihr den Arm hin, sie nahm ihn und begutachtete ihn. Als sie die Bissspuren sah, zeigte ihr Gesicht Anzeichen von Angst, die sofort wieder verschwanden. Prüfend blickte sie mich an. „Wie fühlst du dich?“ „Eigentlich gut, nur der Arm pocht etwas.“ Meine Mutter tastete vorsichtig den Arm ab. „Was hat mich da gebissen, Mama?“ „Ich weiß nicht genau“, antwortete meine Mutter ausweichend. „Es sieht aus wie ein menschliches Gebiss, obwohl das ziemlich absurd ist.“ „Wieso sollte sich ein Mensch auf den Boden knien und mich beißen.“ „Ja, das ist das seltsame daran“, stimmte sie mir zu.
Texte: Michaela Tunik-Brecht
Bildmaterialien: Alicestory und Michaela Tunik-Brecht
Tag der Veröffentlichung: 02.10.2011
Alle Rechte vorbehalten