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Jeder, der mich kennenlernt, sieht eine selbstbewusste, starke Frau, die offen und sehr hilfsbereit ist. Aber sobald ich meinen Eltern (meinem leiblichen Vater und seiner Frau) gegenüber trete, ändert sich es schlagartig. Ich werde sehr unsicher wie ein kleines Kind. Dabei bin ich schon 29 Jahre alt.
Meine Vergangenheit war nicht allzu berauschend. Meine leibliche Mutter wollte mich nicht haben. Schon während der Schwangerschaft hat sie meinem Vater das alleinige Sorgerecht zugesprochen. Sie hat geraucht und gesoffen, soviel sie wollte und konnte. Als ich dann in meinem ersten Lebensjahr wegen einer Mittelohrentzündung ins Krankenhaus musste, hatte sie ihre Sachengepackt und ist gegangen. - Mit 15 habe ich sie dann mal besucht, doch statt sich mit mir zu unterhalten, redete sie mit meiner besten Freundin und ich kam mir vor wie bestellt aber nicht gewollt. –
Als ich ein Jahr alt war, traf mein Vater dann auf seine zweite Frau. Sie dachte sich, ein Mann mit Kind kann nicht so verkehrt sein. – Er vielleicht nicht aber dafür sie. – Sie brachte einen Sohn im Alter von sieben Jahren mit in die „Familie“. Sechs Jahre später hat der mich schon mehrfach sexuell missbraucht. Ich dachte meine Eltern wüssten nichts davon, denn ich hatte ihnen nix gesagt. Aber als ich 18 war und es meinem Stiefmonster erzählt habe, meinte sie nur, sie könnte es sich denken. Er hat mich ja damals über die Familienverhältnisse aufgeklärt. Als ich es zwei Jahre später meinem Vater sagte, meinte dieser, dass er mir nicht glauben würde, da ich erst nach so langer Zeit zu ihm gegangen bin. Er glaubt also seiner eigenen Tochter nicht!
Doch! Er hat es getan. Und das nicht nur einmal sondern öfter. Jedes Mal, wenn ihr abends weg wart oder auch ab und zu, wenn ihr noch in der Arbeit gewesen seid. Damit ich euch nix erzähle, hat er mir eine Mark oder ach zwei gegeben. Einmal bekam ich seinen kaputten Kassettenrekorder, den du (mein Vater) mir dann wieder weggenommen hast, damit ich mir meine Kassetten nicht kaputt mache. Dabei war nur die Klappe, wo die Kassette eingelegt wurde, weg. Der Rest funktionierte noch. Und die Kassetten konnte ich auch so einlegen. Aber ich habe nix gesagt. Ich war ein braves Mädchen gewesen, ich habe meine Klappe gehalten.
Als ich dann in die Fünfte Klasse ging, hat er es wieder versucht. Diesmal legte er mir ein Kondom hin und wollte wissen, ob ich wüsste, was das sei und wie man damit umgehe. Ich habe ihm nur geantwortet, dass das mein Freund schon wissen würde (den ich dann irgendwann mal vielleicht haben werde). Danach wollte er mir das Küssen zeigen, damit ich wüsste wie das ginge. Auch da habe ich NEIN gesagt. Mein Freund würde das schon wissen. Damit war ich ihn dann los. Ich habe es geschafft und habe nein gesagt. Dadurch ist mir garantiert noch einiges erspart geblieben.
Apropos Freund. Davon hatte ich in meiner Vergangenheit viele, zu viele. Sie waren für mich ein Ersatz für meine Familie. Ich habe ihnen meistens zu viel von mir gegeben nur um zumindest das Gefühl zu bekommen, etwas Wert zu sein. Ich konnte gar nicht ohne Freund sein, zu wem hätte ich denn dann gehen können. Zu Freunden? Meine Eltern machten es mir nicht gerade leichte Freunde (platonische) zu haben. Ständig bekam ich für irgendwelche Kleinigkeiten Hausarrest (Zum Beispiel für jede Minute, die ich zu spät kam, eine Woche Hausarrest). Besuch durfte ich auch keinen Empfangen. Geklingelt oder auch angerufen werden, durfte ich nur zu vorgeschriebenen Zeiten (mein Vater durfte auch außerhalb der Zeit angerufen werden). Meinen Geburtstag brauchte ich auch nicht zu Hause feiern. Zumindest nicht am Wochenende, denn dann da hat mein Vater seinen gefeiert. Als Teenager ist es dann sehr schwierig Freunde zu finden und zu behalten.
Als ich sechzehn war und in die zehnte Klasse des Gymnasiums ging, sind meine Eltern auf die glorreiche Idee gekommen umzuziehen. Sie sind von Thüringen nach Bayern – von einer großen Stadt in ein kleines Dorf gegangen. Für mich brach eine Welt zusammen. Ich hatte nix mehr. Meine Freunde durften ja nur zu bestimmten Zeiten anrufen und mir war es zu teuer – ich musste es selbst zahlen und damals gab es noch keine Telefonflatrates. Und einfach auf einen Sportplatz gehen und Basketball spielen ging auch nicht. Es gab nur Fußballplätze und mit „Mädchen spielen doch kein Fußball“ hat man mich dort empfangen. Zudem wurde ich nicht sehr freundlich aufgenommen. In dem Dorf waren Weißrussen angesehener als Ossis. So kam es, dass ich während der Schulzeit montags bis freitags in der Schule war und am Wochenende in einem Freizeitpark gearbeitet habe. Zumindest in den Sommermonaten. In den Ferien war ich sogar von montags bis sonntags dort anzutreffen. Eigentlich war und ist das ja verboten, aber meine Eltern haben sich nicht daran gestört. Sie hatten ja dann ihre Ruhe vor mir.
Auf keine Unterstützung könnte ich auch bei meinen schulischen Belangen hoffen. An der neuen Schule durfte ich mir sogar von den Lehrern verschiedene Dinge anhören. Der Direx z.B. meinte, dass ich das Gymnasium eh nicht schaffen werde, da die Anforderungen viel größer seien. So sei es hier z.B. Pflicht entweder Mathe oder Deutsch als Leistungskurs zu wählen. Dies war an meiner alten Schule doch gar nicht anders. ??? Aber meine Eltern reagierten gar nicht auf so eine Verallgemeinerung und Herabsetzung meiner bisherigen doch ganz passablen schulischen Leistungen, eher im Gegenteil. Sie stimmten ihm noch zu. Naja, sie hatten halt wie immer keine Ahnung. Meine Französischlehrerin war sogar noch dreister. Von ihr kamen unter anderem solche Aussagen: „Du bist an Ossi. Du brauchst kein Abitur.“ Den Kampf habe ich natürlich auch alleine ausgetragen. Meine Eltern waren überzeugt, dass wenn ich mehr lernen würde, ich das auch schaffen würde. In der Nachhilfe (nur für Französisch) wussten sie sich auch keinen Rat, denn da konnte ich alles. Aber sobald ich diese Frau sah, hatte ich einen Blackout. Oder nennt man so was nicht doch Panik??? Ich habe dann die Schule gewechselt. Bin vom Gymnasium runter nach der zehnten Klasse (dann hat man in Bayern automatisch die mittlere Reife erreicht) und habe an der FOS (Fachoberschule) mein Fachabitur ohne viel zu lernen erfolgreich bestanden. Nach ein paar Jahren bestand ich über den zweiten Bildungsweg an der BOS (Berufsoberschule) auch mein allgemeines Abitur und zählte in meiner Klasse mit zu den Besseren. Und das obwohl ich Kenntnisse in Französisch erfolgreich nachweisen musste. Aber zu der Abschlussfeier wollten meine Eltern nicht kommen. Das hatte mein Stiefmonster beschlossen. Die Begründung war, dass mein Vater da eh nicht frei bekommen würde – ohne vorher mit ihm oder seinen Chef vorher zu reden. Wer nicht will, der verpasst was vom Leben.
Mit viel Glück hatte ich vor vielen Jahren meinen Mann kennengelernt. Der wollte mir das alles gar nicht glauben. OK, so kann ich es jetzt auch nicht ausdrücken. Er hat mir schon geglaubt. Er konnte sich nur nicht vorstellen, dass Eltern ihr Kind so behandeln können. Nachdem ich dann aber so circa drei Jahre mit ihm zusammen war, veränderten meine Eltern ihr Verhalten auch in seiner Anwesenheit. Sie wollten ihn nach ihren Vorstellungen formen. Vor allem mein Vater. Er war der Meinung, dass sich mein Mann viel zu viel von mir gefallen lässt. So solle mein Mann abends wenn wir unterwegs sind, z.B. bei ihnen, einfach was trinken. „Die Alte kann doch auch heim fahren.“ Nur dass mein Mann nur was trinkt wenn er will, und nicht weil mein Vater es will, hat mein Vater nie verstanden. Der war natürlich der Meinung, dass ich es ihm verbiete. Ich habe selbstverständlich was dagegen, wenn mein Mann was trinkt, wenn ausgemacht war, dass er fährt. Aber da waren wir beide einig. Wer fährt trinkt nix alkoholisches, auch nicht nur ein Radler oder „nur ein Bier“ und so weiter. Aber da haben wir uns vorher abgesprochen und daran haben wir uns gehalten. Mir wurde ja nix angeboten. Nur immer meinem Mann. Also musste er immer fahren, damit er nichts trinken konnte. So hatte er die passende Ausrede. Aber mein Vater war der Meinung, dass es immer nach seinem Kopf gehen sollte. So hat er meinen Mann öfters dazu überreden wollen. Glücklicher Weise nur mit geringem Erfolg. Was mein Vater aber wieder so auslegte, dass ich meinen Mann ganz schön arg unterm Pantoffel hätte, und das müsse er ihm noch austreiben, bevor er mein Mann wird. Er hat es bis heute nicht geschafft und wir sind jetzt seit vier Jahren verheiratet.
Auch in anderen Situationen haben meine Eltern langsam ihr wahres Gesicht gezeigt. Meine Eltern hatten Besuch von seinem besten Freund und dessen Frau. Auf einmal fragte sie meinen Mann, nachdem er sie abblitzen lassen hat, ob er ein Nazi sei, weil er so kurze (3mm) Haare habe. Sie hat zwar angeblich am nächsten Morgen dafür entschuldigen lassen, aber ich kann es nicht wirklich als so was bezeichnen. „Du kennst sie doch. Sie weiß halt nicht mehr was sie macht, wenn sie zuviel getrunken hat.“ Und damit war alles für meine Eltern wieder in Ordnung. Für uns nicht. Mein Mann wollte seit diesem Vorfall noch weniger gern dorthin.
Weihnachten 2008 kam dann der Abschuss, zumindest der, der nur mich alleine getroffen hat. Ich war endlich mit meinem Sohn schwanger. Da ich gerade anfangen wollte zu studieren, habe ich es kurzer Hand sein lassen und bin zu Hause geblieben. Wobei ich die Schwangerschaft am Anfang sehr gespürt habe. Die morgendliche Übelkeit zog sich bei mir über den ganzen Tag hin. Und dann ist ein Mathematikstudium und Schwangerschaft schwer zu vereinbaren. Da ich ja schon eine erfolgreich abgeschlossene Berufsausbildung habe, ist mir die Entscheidung nicht schwer gefallen. Zu Weihnachten hat mein Vater mir dann aber an den Kopf geworfen, dass es keinen Grund gäbe auf mich Stolz zu sein. Ich sei doch nix, ich habe noch nicht einmal eine abgeschlossene Berufsausbildung und Hausfrau sei ich ja auch nicht. Also worauf solle er stolz sein? Meinem Mann und mir sind die Kinnladen runtergefallen. Leider sind wir nicht gegangen. Mein Vater kann sich jetzt nämlich an nichts mehr erinnern.
Im Mai ist dann mein Sohn zur Welt gekommen. Mein Vater ist gegen meinen ausdrücklichen Wunsch jede Tag im Krankenhaus vorbeigekommen. irgendwie hatte ich mich gefreut. Er hatte ganz viel Interesse an dem kleinen Wurm gezeigt. Da es aber mein erstes Kind war, wollte ich ihn noch nicht teilen und erst recht nicht hergeben. Die einzige Ausnahme war selbstverständlich mein Mann. Das ging die ersten 4 Wochen so. Danach war ich zwar immer noch vorsichtig, aber der Kleine durfte dann gerne auch mal auf den Arm von Familienmitgliedern. Aber ich hatte bei meinen Eltern noch immer kein gutes Gefühl. Zumal auch noch ein weiteres Erlebnis mein Gefühl bestätigte. Mein Stiefmonster wollte ihn mal im Arm halten. OK. Ich habe es dann mal zugelassen und der Kleine wollte sofort das Weinen anfangen. Sie wollte mir meinen Sohn aber nicht wieder geben. Ich habe ihn dann sozusagen aus ihren Armen gerissen. Nach dem ich ihn getröstet habe, setzte ich ihn in die Babyschale und mein Vater wollte ihn dann nach unten zu meinem Auto tragen. Er musste nur noch vorher auf die Toilette. Ich hatte noch nicht meine Tasche zusammen und meine Schuhe an, da hat das Stiefmonster die Babyschale genommen und ist schon mal weg. Sie wollte mit ihm auch schon zur Haustür raus. Ich war ihr natürlich auf den Versen und habe ihr hinterher gerufen, sie solle warten. Was sie dann auch widerwillig tat. Aber hergeben wollte sie ihn mir nicht. Sie hat dann zu meinem Sohn gemeint: „Deine Mama hat Angst, dass ich dich kidnappe.“ Jetzt erst recht. Wer will schon, dass das eigene Kind einfach weggetragen wird. Und dann auch noch von einem Monster. Mein Vater war auch sauer, weil er ihn ja eigentlich in Auto bringen wollte. Später konnte er sich so natürlich nicht mehr daran erinnern. Sie hat ihm wohl mal wieder eine Gehirnwäsche verpasst. Ich wollte nie wieder alleine mit dem Kleinen dorthin.

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Tag der Veröffentlichung: 13.07.2010

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