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Tatort auf Fanø

Das erste Jahr, in dem sie alleine in Urlaub fuhr, auf ihre Insel. Zuerst glaubte sie noch, das geht gar nicht. Kein VW-Bus in dem man am Abfahrtstag einfach den halben Hausrat verstaut. Wozu auch? Für sie alleine reichte auf der Insel ein kleines Häuschen, kein Schnickschnack, nur Kleidung und Fotoausrüstung mussten  mit. Damit kam auch die Deutsche Bundesbahn klar, und im Anschluss die DSB. Den Weg vom Bahnhof in Esbjerg zur Fähre kannte sie auswendig, selbst die Bushaltestelle Richtung Hafen, war kein Geheimnis.

 

Gewohnheitsgemäß schaute sie mit ihrem Gepäck noch bei dem deutschen Discounter hinein. Nur wegen der speziellen dänischen Limonade, die es nur hier gab. Die Verkäuferin an der Kasse hatte nichts dagegen, dass sie den Trolley bei ihr parkte und so suchte sie das Regal, um einen Sixpack der Himbeer Chemie, wie es ihre Töchter nannten,  zu greifen. Im selben Augenblick machte sie unliebsame Bekanntschaft mit einem unkomfortablen Einkaufswagen, der sich schmerzhaft in ihre Waden bohrte.  Die Limo fiel aus ihrer Hand und der Sixpack löste sich im Fallen auf. Nicht in Wohlgefallen, aber in seine Bestandteile.Die kleinen Flaschen kullerten in verschiedene Richtungen durch den Gang.

 

Sogleich traf ein „Unskyld!“ ihr Ohr. Ihr lag ein „Fuck“ auf der Zunge, aber noch beherrschte sie sich. Erst recht, als sie beim Hochschauen in die Augen eines wahrhaftigen Tatortkommissars schaute. Die tatsächlich sehr zerknirscht aussahen.

„Sie werden es ja nicht mit Absicht gemacht haben…“ erwiderte sie also höflicher, als der Gedanke, der ihr als erstes in den Sinn kam, daraufhin und machte sich daran, die einzelnen Fläschchen wieder aufzulesen. Er beteiligte sich tatsächlich und bei der Letzten griffen sie gleichzeitig zu. Sie war schneller und er hatte kurzzeitig seine große kräftige Hand auf ihre gelegt. Wie sollte man das beschreiben? Eine Fernsehfigur berührte sie. „Sei nicht so dumm, das ist doch nur der Schauspieler“ schalt sie sich selbst. Trotzdem, ein klitzekleiner Schauer überfiel sie dann doch. Mag sie doch seine Rolle und ihn als Schauspieler, soweit sie seine Karriere überhaupt verfolgte.

 

„Ist alles in Ordnung, ich meine, ich habe Sie am Bein erwischt?“ erkundigte er sich noch, aber sie versicherte, es sei alles in bester Ordnung. Was klar gelogen war. Der Einkaufswagen hatte einen kräftigen blauen Fleck in ihre Wade eingeprägt. Das stellte sie aber erst viel später fest. Nein, sie war viel zu verwirrt, jetzt noch ein vernünftiges Wort rauszubekommen.  Er bekam es durchaus mit, war es wohl auch gewohnt und setzte seinen Einkauf einfach fort.

 

Eine halbe Stunde später auf der Fähre. Nicht wie gewohnt vormittags, am späten Nachmittag erst, war sie auf dem Weg zu ihrer Insel. Das Wetter wunderschön, blauester Himmel, Schäfchenwolken, leichter Wind, aber die Treppen mit dem Gepäck unüberwindbar. Also einfach den Trolley beim Fahrradabstellplatz deponieren und nur mit dem Handgepäck hoch zum Aussichtsdeck. Wie sie die Insel vermisst hatte. Ihr Herz wurde eng, als sich die Fähre langsam in Bewegung setzte und der Wind ihr das Haar aus dem Gesicht blies.

 

„Sie waren schon einmal hier?“

Die Stimme wie aus der Soundbar, leise, trotzdem verständlich. Sparsam akzentuiert. Nein, nichts Konserve, war direkt neben ihrem Ohr. Da stand er, wie selbstverständlich.

„Bestimmt 20 Male, früher mit der ganzen Familie.“

„Und heute?“

„Erstmals allein.“

Sie kann nicht glauben, dass sie sich auf der Fähre gerade wie selbstverständlich mit ihm unterhielt. Er war kleiner, als sie geglaubt hatte. Aber das Hagere war wie im Fernsehen.

„Und Sie? Waren Sie schon mal auf Fanø?“

Er schüttelte den Kopf. Nein, meint er, er wolle sich in aller Gemütsruhe auf einen Dreh vorbereiten. Und hoffte dort ungestört zu sein.  Die tuschelnden Köpfe hinter ihm versprachen etwas anderes. Und richtig, schon kam der erste ältere Mann auf sie zu und bat um ein Foto. Wartete keine Antwort ab, positionierte sich zwischen ihnen, reckte den Arm mit dem Smartphone nach vorne und ehe sie sich versahen, machte es auch schon laut und vernehmlich „Klick“

Paula fand das gar nicht amüsant. Sie hasste Bilder, auf denen sie darauf war. Alexander Albrecht grinste nur. „Jetzt werden Sie berühmt“ Drückte ihr noch wie zur Bekräftigung einen Kuss auf die Backe und machte sich auf den Weg zu seinem Auto. Der Hafen von Nordby lag bereits vor ihnen.

Sie ließ sich Zeit mit dem Hinuntergehen. Der Kuss auf der Backe war schön. Ja, so konnte sie es beschreiben. Er war amüsant, richtig nett. Nicht mal ansatzweise der Psycho, den er in seiner Rolle spielen musste. Sie wäre ausgerastet, wenn ein Wildfremder sie fotografieren würde. Er hatte nur mit einem Schulterzucken reagiert. Als sie mit dem Trolley in der Hand von der Fähre ging, war auch er an der Reihe, in einem SUV die Fähre zu verlassen. Er hupte kurz, winkte ihr noch zu und fuhr dann rasch aus ihrem Blickfeld.

 

Also jetzt alleine alles erledigen. Die Ferienhausvermietung lag direkt am Hafen. Schlüssel holen, Geld wechseln, wieder zurück zum Fähranleger, um den Bus für ein paar Stationen zu nehmen. Am Supermarkt des Ferienhausgebietes wuchtete sie den Trolley die schmale Tür des Busses hinunter. Der letzte Rest ihrer Reise war der Schlimmste. Schon mit einem Eis in der Hand hasste sie den hinter den letzten Dünenreihen vor dem Meer geschlungenen Slunden.  Jetzt zog sie ihr Gepäck hinter sich her und traute sich nicht mal, die nötigsten Vorräte vom Supermarkt mitzunehmen. Die müsste sie jetzt alle zum Haus tragen, ganz am Ende vom Slunden, knapp drei Kilometer. Kein Blick hatte sie übrig für den blühenden Ginster am Rand, noch interessierten sie die einfachen Kartoffelrosen, die ihre Duftwolken über die ganze Straße verteilten. Wie sie so missmutig am Straßenrand entlang lief, hupte es. Sie konnte gerade noch zur Seite springen, so schnell wie Alexander Albrecht direkt vor ihr am Straßenrand hielt.

„Wohin?“

„Bekkasinvej?“ Schon wurde ihr Gepäck ins Auto verfrachtet und sie fand sich auf den angenehm temperierten Ledersitzen dieses Ausbundes von geländegängigem Autodesign wieder.

„Ich bin etwas weiter hinten untergekommen, im Paradisvej, das  ist also kein Umweg für mich. Hätte Sie mal früher fragen sollen, wo Sie hin müssen.“ Das jungenhafte Lächeln von ihm war ihr neu, hatte sie im Fernsehen so noch nicht gesehen oder vielleicht einfach übersehen?

 

Die Autofahrt war schon viel angenehmer, als der Fußmarsch. Keine fünf Minuten später lud er sie bereits an der Einfahrt zu dem kleinen Häuschen ab, dass für die nächsten zwei Wochen ihr zu Hause sein sollte. 

"Verraten Sie mir noch Ihren Namen? Meinen scheinen Sie zu kennen..."

 "Paula, Paula Sauer" Gewohnheitsgemäß studierte sie seine Gesichtszüge bei der Nennung ihres Nachnamens. Nichts, nur das jungenhafte Lächeln erschien wieder. 

"Und da wir hier in Dänemark sind und keiner sich hier Siezt, schlage ich das Du vor." Rasch beugte er sich zu ihr hinüber und küsste sie rechts und links zur Bekräftigung auf die Wangen. Paula wurde feuerrot vor Verlegenheit und des Gegenkusses enthoben, schade eigentlich. Das Fahrzeug von Alexander versperrte dem nächsten Fahrer den Weg. Typisch deutsch, mit lautem Hupen machte dieser auf sich aufmerksam. Alexander zuckte leicht entschuldigend die Schulter, stieg aber wie gewünscht rasch ein und fuhr weiter.

 

Allein. Türe aufschließen und das Ferienhaus in Besitz nehmen. Komisches Gefühl. Vorsichtig erkundete sie die Räume, immerhin drei Schlafzimmer. Mit weniger Räumen gab es keines mit Internet. Perfekt für sie. Klein, schnuckelig, zweckmäßig eingerichtet. Und ihr Trolley machte sich verloren in dem Haus, genauso wie sie sich gerade fühlte. Gab es eine Stereoanlage? Ja, dort, auf der kiefernen Anrichte. Rasch suchte sie einen Sender mit aktueller Musik. Laute Popsongs würde es gemütlicher machen für sie. Dachte sie, aber nein, es hallte ihr jetzt erst recht Einsamkeit entgegen. Schultern zurück, Bett beziehen. Der reine Luxus, sie hatte das Wäschepaket dazu gebucht.  Bett also richten, schnell duschen und dann… Ab ans Meer. Solange hatte sie es nicht mehr gerochen, gehört, gespürt.

 Bis sie den Strand erreichte, kamen ihr den schmalen Dünen Weg bereits die Familien mit kleinen Kindern entgegen, müde, quengelnd, mit roten Backen. Dann schob sich endlich das Meer in ihr Gesichtsfeld, tauchte auf hinter der letzten Dünenkette. Einfach noch diese Anhöhe erklimmen und der Blick war frei über Meer und Strand. Tief sog sie die kühle Luft ein.

 

„Immer wieder schön“

Erschreckt fuhr sie zusammen, als seine Stimme direkt an ihrem Ohr ertönte. Sein warmer Atem strich dabei ihre Wange entlang.

„Auch noch einen Spaziergang machen?“

„Ich muss einfach heute einmal vorne am Meer gewesen sein.“

Sie war unsicher. Der im Fernsehen mit trockenem Humor auftretende Schauspieler wirkte so gar nicht wie seine Rolle. Lebendig, sehr, sehr anziehend. Warm. Wie selbstverständlich legte er eine Hand in ihren Rücken, um sie auf den Weg nach unten zu schieben. Ihre Beine setzten sich wie selbstverständlich in Bewegung.

„Alleine ist es öde, finde ich“

Widerspruch zwecklos. So trabte sie brav neben ihm her. Sie genoss es. Fast windstill lag das Meer spiegelglatt vor ihnen, nur kleine Wellen  zogen ganz langsam den Strand hinauf. Wie selbstverständlich bückte sie sich, als er auf etwas Glänzendes im angetriebenen Strandgut wies, hob es auf, und tatsächlich konnte sie sich über ihren ersten gefundenen Bernstein für dieses Jahr freuen. Hielt ihn hoch und auch er bewunderte das Stück. So gingen sie an der Meereskante entlang, hielten weiter nach Bernstein Ausschau und sammelten die unvermeidlichen Schneckenhäuser.  Sie unterhielten sich über Gott und die Welt, und als zum Sonnenuntergang ein kühler Wind aufkam, ergriff er ihre Hände, um sie zwischen seinen zu wärmen.

„Perfekt wäre jetzt, von der Sauna aus diese Farben sehen zu können.“

„Perfekt wäre überhaupt eine Sauna im Ferienhaus zu haben.“ Mit ihrem Mann hatte sie immer eine gehabt, aber für sich allein war ihr das zu teuer.

 

„Huhu, Herr Albrecht!!!!!!!!!!!!!!!“

Heftig winkend kam  wieder das Rentnerpärchen von der Fähre auf sie zu.  Die Frau mit strohblonden kurzen  Haaren total aufgeregt, hatte sie auf der Menja gar nicht registriert, mit wem ihr Mann sich gemeinsam ablichtete.

„Das ist ja so toll, Sie mal live zu sehen, mit Ihrer Frau, was für ein schönes Paar!“

Paula zog erschrocken ihre Hände zurück.  Frau? War er überhaupt verheiratet? Hatte sie sich noch nie Gedanken darüber gemacht. Alexander lachte laut.

„Und meine Frau ist immer wieder erfreut, wenn sie auf so nette Fans von mir trifft, wie Sie es sind, nicht wahr, mein Schatz?“ Sprach es, nahm Paula in den Arm und küsste sie gar nicht zart auf ihre Lippen. Mmmmh, schöner Kuss, sie vergaß gerade alles um sich und war nicht mal überrascht, dass seine Zunge forsch um Einlass bat. Erst ein Blitz, der sie blendete, stieß sie unsanft zurück in die Wirklichkeit.

„Alex, mein Hase,“ säuselte Paula, noch etwas benommen von dem Kuss, „mir ist jetzt richtig kalt, komm lass uns gehen“ Nickte den zwei verdutzten Fans verabschiedend  zu und zog Alexander Richtung Dünen Weg. Packte ihn sogar bei der Hand und fing an zu laufen.

 

„Halt, Stop, denk an meine Psychopharmaka!“

„Waaaas?“

„Siehst Du keinen Tatort?“ Er lachte sie offensichtlich aus. „Das Merkmal meiner Rolle, des Hubers, der immer so hübsche Pillchen einwirft?“

„Ich weiß nur, dass mir schlecht wurde, bei Deinem Einstand, als Du auf dem Gebäude standest. Und nach unten gestarrt hast“

„So hohe Gebäude gibt es hier nicht, kann ich Dich beruhigen.“

 Schweigend liefen sie weiter. Den anderen Dünen Weg zurück, der eigentlich zum Beginn vom Naturschutzgebiet führte. Paula kannte  den Weg, er endete an einem großen Backsteinhaus. Und genau dort schnappte Alex wieder ihre Hand.

„Nicht, dass Du davon läufst, ich habe Dich hiermit verhaftet…“

Interessant, seit 20 Jahren haderte sie mit den dänischen Türschlössern, sie brauchte zum Aufschließen zwei Hände. Alex nicht, Kunststück, die Türe war gar nicht  abgeschlossen. Kleiner Vorraum, durchs Wohnzimmer eine große Verbindungstüre öffnen – und sie standen direkt vor dem Pool. Der Schauspieler ließ jetzt endlich ihre Hand frei, streifte Jacke, Shirt und Schuhe ab, drehte sich nochmal ernst zu ihr.

„Das haben wir so geübt, die Szene auf dem Hochhaus:“ und springt bekleidet mit seiner Jeans in den Pool. Paula ist etwas fassungslos. Prustend kommt Alex wieder hoch, und wirft mit einer wie eingeübten Geste seine nassen Haare aus dem Gesicht.

„Hast Du Angst?“

Unverschämter Kerl, dachte sie. Und machte es ihm nach, Jacke aus, Oberteil weg, Jeans blieb an? Nein, so ein Quatsch. Jetzt hatte sie Blut geleckt. Er war ein netter Kerl, küsste nach mehr, es fühlte sich einfach richtig an. Vorsichtig setzte sie sich auf den Rand des Pools, hatte immer noch ihren BH und das passende mintfarbene Spitzenpanty an. Mitten im Pool beobachtete der hagere Alex jetzt, wie Paula versuchte, sich ihres BHs zu entledigen. Ladylike, und dabei versucht etwas ihre Fülle zu verdecken. Errötend bemerkte sie seinen Blick, der ihre weichen Rundungen liebkoste. Glitt langsam vom Beckenrand ins Wasser. Ein komisches Gefühl. Was machte sie hier? Ihr Gegenüber machte sich weniger Gedanken. Schwamm einfach auf sie zu. Zwei Schwimmzüge reichten. Und er war bei ihr. Schaute ihr in die Augen. Machte Anstalten zu tauchen, nicht allzu weit. Gerade mal in Höhe ihres Busens. Fing sie mit seinen Händen ein und half mit seinen Lippen nach, die sich sanft um eine ihrer Knospen schlossen. Uhhhh, wie das kitzelte, und doch die pure Lust verbreitete. Paula fand sich in einem Traum wieder, nur der nasse Denim an ihrem Schoß erinnerte sie an die scheinbare Realität.

Nein, nicht wirklich. Gut so, ein letzter Rest von Vernunft sollte bleiben. Viel zu rasch tauchte Alex auf, prustete etwas und lachte sie an.

„Gut?“

Sie schluckte, sollte sie es wagen, ihm zu gestehen, die Träume, die sie nach jedem Tatort hatte?

„Du scheinst nichts dagegen zu haben. Wenn ich so in Deine großen dunklen Auge schaue…“

Nahm jetzt seine Hand und liebkoste ihre linke Brust damit. Ihr entstiegen kleine wohlige Kiekser.

„Jetzt fühle ich mich wirklich verhaftet.“ stöhnte sie kurz vor seinen Lippen, die sie wie eine Ertrinkende nach Sauerstoff gierend küsste. Seine Unterlippe einsog, bereitwillig sich seiner Zunge hingab, wie seiner Hand, die fordernd massierte, während die andere Hand den Weg in ihre Haare fand. Alex war fasziniert von dieser Frau. Erwachsen und doch Mädchen. Scheu und gleichzeitig hingebungsvoll. Wie sie sich bereitwillig an ihn schmiegte, verfluchte er die Idee, mit den Jeans ins Wasser gesprungen zu sein. Typisch, hier war er wieder in seiner Rolle, eine Frau hatte er im Tatort noch nicht abbekommen.

 

Mit Paula im realen Leben klappte es schon besser, sie fanden sich irgendwann vorm brennenden Ofen im Wohnzimmer wieder. Alex hatte seine Jeans doch noch ausbekommen. Und Paula hatte sich sehr entzückt über die Fähigkeiten des Hauptkommissars Huber gezeigt, bei  ihr die Klaviatur der Lust zu entzünden. Oder war das nicht eher Alexander Albrecht gewesen? Ihr egal, Hauptsache der Mann auf, unter und in ihr hatte eine Seite wachgeküsst, die sie schon abgeschrieben hatte. Längst war es draußen dunkel geworden. Aber keine Rede davon, dass Paula die wenigen Meter zu ihrem eigenen Häuschen ging. Sie redeten die ganze  Nacht. Unterbrochen von viel Liebe und noch mehr Sex. Wie hatte sie das vermisst. Ein Mann zwischen ihren Beinen. Ein Mann, der unter ihr liegt und ihre wippenden Brüste nicht nur mit Blicken verfolgt. Ein Mann, der an ihrem Honigtopf schleckt. Selig schliefen sie ineinander verschlungen ein.

 

 

Erst Kaffeegeruch weckte sie. Paula löste sich von Alex und versuchte ihre Gedanken zu sortieren. Alex lag halb unter ihr, wer kochte den Kaffee? Eine langhaarige schlanke Blondine, in hautengen Jeans und hohen Stiefeln.

„Alex, Schatz, wir müssen…“

Einzige Reaktion vom Angesprochenen war, dass er sich ein Sofakissen über die Ohren drückte. Paula machte sich zuerst bemerkbar. „Guten Morgen!“

Perfekt geschminkte blaue Augen machten den Schnellcheck bei ihr. „Moin, moin, dann weck ihn mal, Deinen Lover, er ist hier nicht zum Vergnügen, muss arbeiten.“

 Brav stupste Paula also Alex an, und zog ihm schließlich das Kissen weg. Mit einem geöffneten Auge schielte er schließlich an den Küchentresen, an dem sich die Unbekannte mit einem Kaffee in der Hand platziert hatte.

 

„Simone? Was machst Du denn hier?“

„Text üben, Alex, wir drehen heute noch hier.“

„Wieso denn das? Huber ist doch in Dortmund zuhause?“

„Frag die Schreiber, die haben Dir ein paar Tage ausspannen auf Sylt gegönnt, war aber zu teuer, deshalb drehen wir hier. Geht drum, dass Du eine nette Urlauberin kennenlernst und endlich etwas Sex in Deinen trögen Alltag bekommst, scheinst doch schon im Drehbuch geblättert zu haben…“ Sie grinste anzüglich. Was bei Paula jetzt doch einen Fluchtreflex auslöste. Nur nackt wie sie war aufstehen, traute sie sich nicht und ihre Kleider lagen noch neben dem Pool. Alex erkannte ihre Nöte, stand auf und gab ihr eine Fleece Decke vom überdimensionalen Sofa.

„Entschuldigt mich, ich werden dann besser gehen.“

Keiner hielt sie auf. Also zum Pool und richtig, da lag verstreut alles von ihr, selbst ihre Jacke. Was hätte sie jetzt für eine heiße Dusche gegeben, klebte doch noch der Geruch nach Sex an ihr. Aber sie wusste nicht mal, wo hier das Bad, oder besser, eines der Bäder sein könnte. Rasch warf sie sich ihre Kleider über, ging noch einmal hinüber zu den beiden, küsste zum Abschied Alex provozierend langsam und intensiv auf den Mund und ging.

 

Das war es jetzt. Oder doch nicht? Eine Woche verbrachte Paula ihren Urlaub genauso, wie sie sich das vorgestellt hatte. Besorgte sich ein Mietfahrrad, fuhr tatsächlich morgens den Slunden vor zum Supermarkt, um sich mit frischen Brötchen zu versorgen, und mit der leckeren Erdbeermarmelade von „De gamle fabrikken“.  Schmeckte wie ihre eigene, die sie früher immer eingekocht hatte. Noch die gesalzene Butter darunter und ihr Frühstück wäre perfekt. Nur das leere Haus war nicht perfekt. Alex hatte sie nicht mehr getroffen. Als sie zum großen Haus montags zurückkehrte, war alles abgeschlossen und leer. Lange Strandspaziergänge lenkten sie ab. Samstags drauf lenkten ihre Schritte sie zu dem Seerosenteich mitten im Naturschutzgebiet hinter den Dünen. Alles wie immer, die Libellen tanzten über dem Moorsee. Einzelne Raben saßen geduckt in den sturmzerzausten Kiefern und lauerten. Flogen ab und zu aufgeregt hin und her. Von den Seerosen waren bisher nur die Blätter zu sehen. Die Sitzgruppe wieder renoviert, aber sie setzte sich lieber auf die etwas verwitterte Bank, bei der ihre Beine so schön schlenkerten, weil der Boden für ihre Beine viel zu weit entfernt war. Ihre Kamera im Anschlag. Kopfhörer in den Ohren.  Gerade lief „I just wanna live“ von Good Charlotte. Die Lautstärke am Anschlag. Kurz die Augen schließen, sich der Musik hingeben, bis sie wieder den Hauch eines Atems an ihrer Wange fühlte, und der rechte Kopfhörer aus ihrem Ohr gezogen wurde.

„Hallo, schöne Frau!“

Er hatte sich über den Baumstamm geschwungen und stand nun genau vor ihr.

„Hast Du Dich etwa vor mir verstecken wollen?“

 Seine Hände griffen nach ihrer Kamera, nahmen sie ihr einfach aus der Hand und legten sie ins weiche, fast unnatürlich hellgrüne Gras. Kein Protest möglich, wurde der doch direkt von seinem Kuss erstickt. Den sie zu gerne erwiderte. Auch ihre Jacke bot seinen Händen keinen wirklichen Widerstand, wie sie da mit gespreizten Beinen vor ihm saß. Ihre Arme schlangen sich um seinen Nacken, ihn noch enger an sich ziehend.

 

„Gekauft, die Frau nehmen wir, sieht wie echt aus.“

Paula zuckte bei dem Spruch zusammen, löste sich soweit, dass sie Alex eine Ohrfeige geben konnte und kam sich sehr, sehr dämlich vor. Gerade noch davon geträumt, wie es wäre, er und sie. Seine Hand, die immer noch in ihrer Jacke Hautkontakt suchte, zog Kreise.

„Simone, verpiss Dich! Das geht Dich nichts an. Ich komme nach.“

Die Ohrfeige schien ihn nicht weiter beeindruckt zu haben. Dafür beeindruckte Paula jetzt, wie er ihr die Jacke abstreifte,  ihr Shirt folgte. Eine sanfte Hand auf ihrem Rücken, die ihren BH in Sekunden öffnete. Ihr Busen, der sich verräterisch mit steifen Nippeln daraus befreite. Der Schauspieler ließ seine Hände weiter spielen, fuhren den Rand ihrer Jeans entlang, fanden den Knopf, den Reißverschluss, automatisch stützte sie sich mit ihren Händen im Gras ab, um das Becken zum Abstreifen der Hose heben zu können. Er war so gar nicht in seiner Rolle. Kein Zögern, Grübeln, Nachfragen, einfach tun. Bevor ihre Hose endgültig fiel, befreite er sie noch aus ihren Schuhen und Strümpfen. Fuhr ihre Zehen entlang, jeden einzeln, mit seinen Fingern. Bevor er sich dann seiner eigenen Hose entledigte. Und sich des Baumstammes erfreute, auf dem sie saß, war sie doch in perfekter Höhe, mehr als sehr bereit, tropfte bereits ihre Nässe von ihren erregten Lippen…

 

Kein Shoot mehr an diesem Samstag. Um Ruhe zu haben, zogen sie sich später in ihr kleines Ferienhäuschen zurück. Und spielten noch ein paar Tatort Szenarien durch. Die Verhaftung, das Verhör, das überraschende Outing des wahren Täters. Paula und ihr Kommissar, der bekannte Tatort-Kommissar Huber.   

 

 

 

 

Impressum

Texte: Marie Baje
Bildmaterialien: Marie Baje
Tag der Veröffentlichung: 13.04.2016

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