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„Mana!“ Die Stimme die hinter dem Mädchen hallte, ließ diese augenblicklich aufhorchen. Schnell drehte sie sich um und sah ihren Begleiter, der gerade in einen Kampf mit einem merkwürdig aussehenden Wesen verwickelt war. So schnell sie konnte faltete sie ihre Hände vor dem Gesicht zusammen und murmelte etwas Unverständliches. Keine Sekunde später richtete sie diese auf ihren Angreifer und ein blauer Blitz traf ihn frontal. Ein Kreischen ertönte, ehe er sich in Luft auflöste.
„Das war echt knapp.“ Ihr Begleiter klopfte ihr auf die Schulter. „Du bist wirklich gut geworden.“
„Weiß ich doch!“, entgegnete sie nur frech. Kurz lachte der Junge, ehe dieses Lachen einem undefinierbaren Ausdruck wich.
„Mana, ich..“

„Mana Cooper, wie oft soll ich dich eigentlich noch aufrufen, bis du endlich nach vorne kommst? Schlafen kannst du zu Hause!“
Sie brauchte einen kurzen Moment, ehe sie realisierte, dass sie sich in der Schule befand.
Zähneknirschend erhob sie sich und ging an die Tafel, nur um festzustellen, dass sie die ihr gestellte Aufgabe nicht lösen konnte. Mathe war noch nie ihre Stärke und ihre Lehrerin machte auch kein Geheimnis daraus. Wann immer sie konnte nahm sie Mana dran, nur um diese dann vor versammelter Klasse bloßzustellen.
„I-Ich kann das nicht…“, brachte sie kaum hörbar hervor und starrte auf den Boden. Wie sie es hasste. Garantiert wurde sie wieder von allen angestarrt und von irgendwoher vernahm sie ein Kichern.
„Was ist denn los, Mana? Soll ich dich auf Knien anbetteln, damit du die Aufgabe löst?“ Das Gesicht ihrer Lehrerin nahm ein überhebliches Grinsen an. Wieder brachte das Mädchen nur ein leises „Ich kann das nicht.“ hervor.
„Ich hab dich nicht verstanden. Du musst schon etwas lauter sprechen.“
„Ich kann das nicht, verdammt nochmal!“, schrie sie nun förmlich heraus und ballte die Fäuste.
„Du musst deine Dummheit doch nicht gleich so rausschreien. Das wissen wir auch so!“, ertönte es aus der hinteren Ecke, gefolgt von schallendem Gelächter.
„Ich bin enttäuscht, Mana! Wir haben das so oft geübt und du verstehst es immer noch nicht! Setz dich!“
Ohne auch nur den Blick zu heben, ging sie auf ihren Platz zurück. Sie hoffte so sehr, dass der Unterricht bald vorbei sein würde und sie endlich nach Hause gehen konnte. Doch leider hatte sie noch zwei Unterrichtseinheiten vor sich. Seufzend sah sie aus dem Fenster.

Schließlich ertönte die Pausenklingel. Um dem täglichen Gedränge zu entgehen, wartete sie, bis alle anderen auf dem Schulhof waren, bevor sie ebenfalls das Zimmer verließ. Sie beobachtete ihre Mitschüler. Die Jungs, die wie die Paviane aufeinander einschlugen und sichtlich Spaß daran hatten und die Mädchen, die mal wieder über Mana lästerten. Ja, es war alles wie immer.
Nun machte auch sie sich auf den Weg, hoffend, dass sie diesmal niemand an der Tür abfangen würde. Doch die Hoffnung zerschlug sich schon einen Moment später, als eine Hand sie festhielt.
„Wo willst du denn hin?“ Sie blickte in das grinsende Gesicht ihres blonden Mitschülers.
„Lass mich los, Matt.“, murmelte sie nur und versuchte sich von ihm loszureißen.
„Dein Glück, dass ich mir von so was wie dir nichts wegfangen will.“ Mit einer abwertenden Geste ließ er sie los. „Und jetzt verpiss dich!“ Er gab ihr noch einen Schubs, ehe er lachend davonzog.
Auf dem Schulhof hatte sie sich, kurz nach ihrem Eintritt in die Mittelschule, eine kleine Ecke gesucht, in der sie in Ruhe ihren Gedanken nachhängen konnte. Würde sie mit bei den anderen Schülern stehen, wäre das unmöglich. Außerdem würde man sie sowieso nur verjagen oder ihr Beleidigungen an den Kopf werfen. Ihr blick sank auf ihr Mobiltelefon und blieb an dessen Hintergrundbild hängen. Darauf war ein Junge aus einem Anime zu sehen. Er hatte schneeweiße Haare, eisblaue Augen und trug einen schwarzen Mantel.
„Ach, Kaname,…“, seufzte sie leise. „…wenn du doch nur real wärst.“
„Na du Freak? Schmachtest du schon wieder deinen unsichtbaren Freund an?“ Kaum hatte die Person es ausgesprochen, wurde Mana auch schon ihr Telefon aus der Hand gerissen und spöttisch von vier Augenpaaren gemustert. Es waren diese Mädchen, die sie vorhin noch beobachtet hatte.
„Nein wie süß, hatten wir also Recht. Weil keiner Klein-Mana liebt, sucht sie sich 'nen Typen, den es gar nicht gibt!“ Lachend warf eines der Mädchen ihr das Telefon vor die Füße. Sie wollte es gerade aufheben, als sie nur noch merkte, wie sie zu Boden gestoßen wurde.
„Pass doch auf, du Freak, sonst tust du dir noch weh.“ Das Gelächter nahm zu und Mana konnte sich schon ausmalen, was nun passieren würde. Schützend legte sie sich ihre Hände über den Kopf, ehe sie auch schon Tritte spürte.
„Siehst du? Und das nur, weil du nicht auf mich gehört und dich auf den Boden gelegt hast.“
Mit den Tränen kämpfend schloss sie ihre Augen und stellte sich vor, an einem ganz anderen Ort zu sein. Bei ihm, Kaname. Er würde sie nie verletzen.
Endlich klingelte es und ihre Peiniger ließen von ihr ab. Sie wollte aufstehen, wurde jedoch wieder zu Boden gedrückt.
„Dreck bleibt dort, wo Dreck hingehört!“ Ein Lachen ging durch die Runde. Kurz verharrte sie auf dem eiskalten Boden, ehe sie noch einmal den Versuch startete, aufzustehen. Diesmal gelang es ihr. Ganz langsam machte sie sich auf den Weg zurück ins Klassenzimmer. Sie wollte nur nicht zu lange mit den anderen allein sein. Nur wenn einer ihrer Lehrer mit im Zimmer war, fühlte sie sich sicher. Dann tat ihr niemand was und sie konnte ungestört zurück in ihre Welt, in der alles geschah, was sie sich wünschte und in der sie Freunde hatte. Und vor allem war dort auch Kaname.

Es klingelte und Mana packte schnell ihre Sachen zusammen. Sie wollte das Zimmer unbedingt vor ihren Mitschülern verlassen, denn dann hatte sie für den Rest des Tages ihre Ruhe.
Ein tonnenschwerer Stein fiel ihr vom Herzen, nachdem sie endlich das Schulgelände verlassen hatte.
Sie steckte sich ihre Kopfhörer in die Ohren und lauschte ihrem Lieblingslied. Es hatte eine so unglaublich beruhigende Wirkung auf sie. Ob es daran lag, dass der Synchronsprecher von Kaname es sang? So genau wusste sie es nicht.
Sie begann nachzudenken. Was war eigentlich vorgefallen, dass alle sie so behandelten?

Alles begann vor etwa vier Jahren. Manas erster Schultag der Mittelschule stand bevor und vor Aufregung hatte sie kaum geschlafen. Müde betrachtete sie sich im Spiegel und band ihre langen braunen Haare zu einem Zopf zusammen. Ihre ebenfalls braunen Augen leuchteten, als sie daran dachte, dass sie nun endlich mit ihrem besten Freund Damian in eine Klasse kam.
Fröhlich machte sie sich auf den Weg.

Nachdem sie endlich das Klassenzimmer gefunden hatte, sah sie sich um. Es war noch niemand außer ihr anwesend. Also packte sie den Manga aus, den sie sich mitgenommen hatte, und begann zu lesen.
„Sag bloß, du liest diese chinesischen Pornohefte?“, vernahm sie es plötzlich von der Seite.
„Chinesische Pornohefte…“, wiederholte sie kopfschüttelnd. Jedoch wollte sie nicht sofort einen schlechten Eindruck machen, also reichte sie ihm das Buch. „Du kannst es dir gern mal angucken. Das sind keine Pornos.“
Er nahm ihr das Buch aus der Hand, doch anders, als sie es sich erhofft hatte, fing er plötzlich laut an zu lachen und wandte sich an seine mittlerweile eingetroffene Clique.
„Guckt mal, Leute! Wir haben 'nen Porno-Freak in der Klasse!“ Er hielt ihnen das Buch vor die Nase und schließlich stimmten alle in das Gelächter mit ein.
„Aber…“ Mehr brachte sie nicht heraus. Zu geschockt war sie. War es denn so schlimm, andere Dinge als die anderen zu mögen?
Wieder öffnete sich die Tür und Manas Blick erhellte sich sofort.
„Damian, hallo!“, rief sie ihrem nun eingetroffenen Freund zu, doch bevor sie weitersprechen konnte, wurde sie bereits von ihrem Mitschüler unterbrochen.
„Du kennst diesen Freak, Damian?“
Der Angesprochene schaute kurz zwischen ihnen hin und her, ehe er nur mit den Schultern zuckte.
„Nö, hab ich noch nie gesehen. Keine Ahnung, woher die mich kennt.“
Diese Worte versetzten ihr einen Stich. Was sollte das? Warum stand er nicht zu ihr? Sie kannten sich doch nun schon so lange.
„War mir klar, dass du nichts mit Freaks zu tun hast.“
Den Rest des Unterrichts überlegte sie angestrengt, was mit Damian los sein könnte. Sie beschloss ihn zu fragen.
Als sie ihn vor dem Schulgelände nun endlich abfangen konnte, wehrte dieser nur ab.
„Lass mich in Ruhe! Ich will nichts mit Freaks zu tun haben!“
„Aber das hat dich doch früher auch nicht gestört! Du liebst Anime doch genau so wie ich!“ Verständnislos sah sie ihn an.
„Das ist Geschichte, okay?! Ich will doch nicht zum Außenseiter und mit einem Freak wie dir über einen Kamm geschert werden!“
Sie kämpfe mit den Tränen. „Aber ich dachte, wie wären Freunde…“
„Das war einmal. Jetzt sind mir die anderen wichtiger.“ Er ließ sie einfach stehen.

Seit diesem Tag nahmen die Geschehnisse ihren Lauf. Anfangs wurde sie nur gehänselt und beleidigt, später folgten dem ganzen Schläge und Tritte und schließlich auch Schmähungen ihrer Lehrer, die ihre Opferrolle nur zu gern ausnutzten.
Nachdem Damian sie abgewiesen hatte, gab es lange Zeit niemanden, der ihr Halt gab. Ihre Mutter behandelte sie genauso, wie es ihre Mitschüler taten und einen Vater hatte sie nicht.
Also verbrachte sie ihre gesamte freie Zeit mit den Anime und Manga und baute sich nach und nach eine eigene kleine Welt zusammen, bestehend aus ihren Lieblingscharakteren und mit magischen Fähigkeiten, die sie für das Gute einsetzte.
Wenn sie nicht gerade von ihrer Welt träumte, sah sie sich Anime an. Irgendwann lernte sie dann in einer der Serien Kaname kennen. Er war ein Magier aus einer fremden Welt, der gegen die Tamashi kämpfen musste, die die Welt mit schwarzer Magie zu zerstören drohten.
Mana war von Beginn an hin und weg von ihm. Sie bewunderte seinen Mut und seine Stärke und insgeheim wünschte sie sich, genauso wie er zu sein. Dann würde man sie sicher in Ruhe lassen.
Bald wurde auch Kaname Teil ihrer Welt und schließlich zu ihrem wichtigsten Bewohner.
Wenn sie an ihn dachte, ging es ihr sofort wieder gut.
Sie wusste, wenn sie Kaname hatte, konnte ihr niemand etwas tun.

Impressum

Lektorat: DarkAngelLucia
Tag der Veröffentlichung: 16.11.2012

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