Cover

Einen Sommer lang

Einen Sommer lang

fand ich mein Glück am Strand

Mein Leben wurde bunt wie ein Feuerwerk

Abende so lau, der Mond hell glänzend

über dem stillen Wasser des Meeres

 

Hand in Hand saßen wir

still - ineinander verhakt

wortlos und doch voller Harmonie

im Strandkorb auf dem Balkon

sprachen nicht - lebten in uns

jeder in jedem

 

Einen Sommer lang am Strand

von Sassnitz auf Rügen

 

Einen Sommer lang -

einen unvergesslichen Sommer lang...

Unserem Sommer... auf Meiner Insel!

Meine Insel...

Ich bin Patty, eigentlich Patricia. Meine neue Heimat ist die Insel Rügen. Besser gesagt, Sassnitz auf Rügen. Ich möchte euch ein bisschen von meinem letzten Sommer erzählen.

Vor ziemlich einem Jahr hat sich mein Mann nach 48 Ehejahren von mir verabschiedet. Warum... na ihr wisst sicher... ich wurde ausgetauscht. Gegen 35 Jahre, langes schwarzes Haar, aufgeklebte Fingernägel, hohe Absätze und aufgespritzte Lippen... ach ihr wisst schon!

 

Nun, meine Lebenseinstellung ist, was nicht bleiben will, darf ziehen. Nur - dass das einmal auf den Vater meiner vier Kinder zutreffen würde, nein, damit hatte ich nicht gerechnet. Doch es ist so gekommen. Plötzlich stand ich da, ohne Mann, ohne Geld, ohne Perspektive. Anfangs war ich sehr gekränkt, dann wütend, dann ein klein bisschen verzweifelt. Mehr, weil ich keine Geldmittel mehr hatte, als dass mir mein spätpubertierender Macho gefehlt hätte. 

Eines Morgens saß ich am Frühstückstisch. Eine Woche, bevor ich mein Heim verlassen mußte. Er hatte es vor unserer Heirat für uns gebaut. Niemals in den 48 Jahren war mir der Gedanke gekommen, dass es nur ihm alleine gehört. Doch so war es. Er hatte es verkauft, den Erlös einkassiert und war "erstmal das Leben genießen" gegangen. Keine Ahnung, wo er sich aufhielt, die langen Fingernägel waren höchstwahrscheinlich an seiner Seite... oder soll ich sagen, klebten an seiner Brieftasche...

Ich hielt meine Tasse in den Händen und grübelte. Wie würde mein Leben nun weiter gehen? Irgend etwas mußte ich unternehmen. Ich brauchte einen Job, der mich finanziell versorgte. Meine Arbeit war immer der Riesenhaushalt gewesen und meinen Mann betütteln... Ironie des Schicksals... nun war er weg und ich pleite! 

In diesem Moment rief mich Sofia an. Sie war eine meiner alten Kameraden. Ich hatte sie sehr gerne, doch wir sahen uns sehr selten, da sie auf Rügen wohnt. "Patty, wie geht es dir? " fragte sie gut gelaunt. Was sollte ich sagen? Also kam die Floskel... "Gut - und dir?" Sofia hatte ein feines Gespür und fragte mich sogleich: "Was ist los?" Ich wollte sie nicht anlügen oder belangloses Zeug reden, also sagte ich in knappen Sätzen, was bei mir vorgefallen war. 

Wir diskutierten über den Abtrünnigen, wünschten ihm dabei das, was er verdient hatte und letztendlich hatte sie mich davon überzeugt, für diesen Sommer zu ihr nach Rügen zu kommen und ihr bei der vielen Arbeit auf ihrem Bauernhof zu helfen. Ich liebe Pferde, Kühe, Hühner, Schweine und alles Federvieh, also mußte sie mich nicht lange überreden. 

Kurzum - am nächsten Morgen hatte ich drei Koffer mit den für mich wichtigsten Dingen gepackt, per Bahnpost in Richtung Rügen versandt, meinen Kindern Bescheid gegeben, dass ich nun für mindestens ein halbes Jahr bei Sofia logieren würde, war in den ICE gestiegen und verschwunden. 

Zurück blieb ein mit Möbeln und einem 48-jährigen Leben einer Großfamilie übervolles, verwaistes Haus, das in acht Tagen an den neuen Besitzer übergeben werden sollte - und der Eigentümer war irgendwo in der Welt unterwegs. ICH war weg, ich regelte ihm nichts mehr. Möge der neue Besitzer seinen Spaß am Ausräumen haben. 

Auf dem Bauernhof war reges Leben und sehr viel Arbeit. Ich vergaß schnell mein Dilemma, das war gut so. Langsam kam eine Art Alltag für mich zurück. Ich saß oft am Strand und zeichnete die Kreidefelsen oder den Hafen. Im Laufe der Wochen kamen einige schöne Zeichnungen zustande. Diese sah ein Freund von Sofia, der in Binz ein Kunstatelier betrieb. Er fragte mich, ob ich die Zeichnungen gerne ausstellen möchte. Das tat ich und siehe, die Bilder fanden sehr schnell neue Besitzer. Und ich dafür eine schöne Summe Euro. 

Ich freundete mich mit Daniel, so hieß der Künstler, schnell an. Wir tranken oft einen Nachmittags-Kaffee in seinem Atelier oder saßen abends am Strand mit einem Glas Rotwein und beobachteten den Sonnenuntergang. Langsam verliebte ich mich in die schöne Insel. Ich suchte mir eine kleine aber feine Wohnung. Sie lag etwas oberhalb am Rande von Sassnitz und hatte einen klitzekleinen Balkon zur Meerseite hin. Ich konnte den ganzen Hafen bis zu den Kreidefelsen sehen. 

Da verbrachten wir, Sofia, Daniel und ich, so manchen lauen Sommerabend. Wann genau es zwischen mir und Daniel anfing zu knistern, kann ich nicht genau sagen, doch irgendwann wurde er mein Freund. Unsere Beziehung war einerseits geschäftlich. Er verkaufte mit viel Erfolg meine Zeichnungen, sodass ich finanziell gut über die Runden kam. Andererseits war er wie ein Seelenverwandter für mich. So wurden wir langsam unzertrennlich. 

Um es kurz zu machen... Meine Insel war nicht nur die Flucht in ein neues Leben, Rügen ist nun MEINE Lebensinsel geworden. Hier bleibe ich bis an mein Ende. Hier bin ich zuhause! 

Manchmal ist es doch gut, den Dingen einfach seine Lauf zu lassen... in diesem Fall der Lauf meines Machos aus meiner Ehe... 

 

 

 

 

 

Impressum

Texte: Elke Immanuel
Bildmaterialien: Pixabay
Cover: Elke Immanuel
Tag der Veröffentlichung: 19.01.2018

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Sassnitz gewidmet - in Erinnerung an den Sommer 2014!

Nächste Seite
Seite 1 /