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Erklärung

 

 

Es fing alles damit an, als ich im Januar 2014 zu BookRix gestoßen war. Zu dieser Zeit hatte ich, so für mich, schon vier Bücher geschrieben. Ich dachte mir, versuch es mal. Denn ich war neugierig zu erfahren, wie meine Geschichten ankommen.

Tja, und nun sind es etliche Bücher geworden. 

 

Zurück zum Thema:

Bei BX lernte ich viele Autoren kennen und es entwickelte sich, zu dem einen mehr, dem anderen weniger, eine gute und tolle Freundschaft. Zu manchen ganz besonders! ;-)

Eins möchte mal gesagt sein: Autoren sind hilfsbereiter, als man denkt! Sie sind keineswegs egozentrisch und auf ihren eigenen Ruhm bezogen.

Hier bei BX geht es um gegenseitige Hilfestellung, egal welcher Art. Man bekommt gute Tipps, Ratschläge oder Verbesserungsvorschläge. Auch bieten sich viele als Betaleser an.

Im Gegenzug sollte man aber auch gewillt sein, ihnen behilflich zu sein.

Nun ja! So kam es dann, dass wir fünf Leute, das sind (k.p. Hansen, Mara Wolkenbruch, traumfänger, Walter Penfine und meine Wenigkeit) uns zu einer privaten Gruppe zusammen getan und uns über Vieles unterhalten haben.

 

Nun kommt's!!!

Auf einmal (Wer der Drahtzieher von der Idee war und bei wem wir angefangen hatten, weiß ich nicht mehr), kam die Idee, eine Geschichte über einen von uns, anlässlich seines nahestehenden Geburtstags zu schreiben.

Dazu wird derjenige kurz davor gebeten, die Gruppe zu verlassen. Natürlich nur für die Zeit der Entstehung seiner Geburtstagsgeschichte. Das ist ja das Lustigste und Witzigste!

Wir kennen einander ein wenig mehr und so können wir gezielt auf die Person hin, uns was Humorvolles einfallen lassen. 

Und ihr glaubt gar nicht, wie spaßig es ist, wenn im Wechsel etwas zugeschrieben wird. Denn wer weiß schon, was der andere anhängt und worauf es hinaus läuft. ;-)

Das Tolle ist, zu jedem Geburtstag wird die Geschichte, zumindest Meine, weiter geführt.

Sollte es euch Leser interessieren …

Der ein oder andere hat seine Geburtstagsgeschichte sicher auch für euch zum Lesen eingestellt.

 

Auf jeden Fall bedanke ich mich hier an Ort und Stelle, bei meinen Freunden für diese gelungene Überraschung. Auch wenn sie vollgespickt mit blühender Fantasie ist. :-) ;-) 

 

 

 

 

Lorie und die sieben Mönche

 

Lieblicher Gesang weht leicht von der Höhe über das Tosen der Stromschnellen. Abgelenkt von den Sirenen gleichen Tönen, lässt der Mann den mächtigen Strudel für einen Moment aus den Augen, um die Quelle dieses Lockens zu erspähen. Und wahrlich, hoch oben auf dem Felsen erblickt er eine Feen gleiche Gestalt am Rande der Klippe. Im Lichte des hellen Tages sitzt sie. Versonnen fährt sie durch ihr langes, goldenes Haar und scheint ihm direkt in die Seele zu schauen.

 

Es ist das Letzte was er sehen sollte, denn erbarmungslos erfassen ihn die Wasser von Vater Rhein und reißen ihn in Tiefe. Elendig ersäuft der edle Recke in des eifersüchtigen Vaters grausamer Umarmung.

 

Enttäuschung verzerrt das schöne Antlitz der jungen Maid, Wut sprüht gleich Fafnirs brennendem Odem aus ihren smaragdenen Augen. Jeglicher Wohlklang flieht aus ihrer Stimme, als sie klagende Worte gegen das Bett des Stromes schleudert: "Och menno, Papa! Tat das nun Not? Nichts gönnst Du mir, kein bisschen Spaß. Ich kann hier immer nur auf dem öden Felsen herumhängen, schmachten, locken und singen. Ich mach hier für dich die Sirene und hab rein gar nichts davon. VERDAMMT noch mal, ich bin eine Nymphe und habe auch meine Bedürfnisse!"

 

Doch das Echo ihrer Klage verhallt unerwidert, der mächtige Strom antwortet ihr nicht. Das Schweigen der Fluten bringt sie nur noch mehr in Rage. Resolut reißt sie sich das halbtransparente Laibchen vom makellosen Körper und wirft die goldene Mähne trotzig in den Nacken. Brüllt noch etwas von Arbeitsverweigerung und unbefristeten Streik, bevor sie sich elegant in die Tiefe stürzt, dem kühlen Nass entgegen. Denn ihr ist heiß, innerlich, wie äußerlich und diese Gefühle sind nicht nur der Sonne und ihrem Frust geschuldet.

 

Noch im Fluge benetzt Feuchtigkeit ihre Schenkel und die Metamorphose beginnt. Doch statt wie sonst Euphorie zu empfinden, wenn das Tagwerk sich dem Ende neigt, kocht sie und grummelt drohend: "Na warte Alter, dieses Mal bist Du zu weit gegangen!"

 

Wann immer einer der feinen Herren aus ihrer Verwandtschaft, den Menschen Knüppel zwischen die Beine geworfen hatte, und sich dabei dem Liebreiz seiner Töchter bediente, war es Ehrensache, dass ihre Cousinen und Schwestern, egal ob Nymphe, Sirene oder Nixe, auch etwas davon hatten. Wie gerne wäre sie mit Odysseus, Jason, Erik oder einem der anderen Helden geschwommen, um ein wenig Spaß zu haben und ihren Horizont zu erweitern. Aber nein, seit einer halben Ewigkeit sang sie sich auf diesem scheiß Felsen, mitten in der Walachei, die Seele aus der Goldkehle, rekelte ihren Pracht-Body in der Sonne und kämmte sich die Haare (geistige Notiz - Zeit für eine Algenkur, mein Haar ist schon ganz strapaziert vom vielen Kämmen).

 

Nicht einmal der Wind, der im Fluge, immerhin gute 600 Ellen bis zum Wasserspiegel, ihre Gestalt liebkost, vermag sie zu besänftigen.

 

Nein, jetzt ist Schluss mit diesem brotlosen 'ins Verderben locken'!

 

Lorie ist jetzt richtig sauer!!!

 

Tief taucht sie hinab, die feuchte Grotte am Grund des Flusses. Ihr Heim, das ist ihr Ziel. Dort in der Kühle, inmitten ihrer kargen Habseligkeiten, fasst sie einen Entschluss. Wenig weiß sie von der Welt, Geschichten, die die Händler, Flößer und Schiffer sich erzählten, kurz bevor der Vater sein derbes Spiel mit ihnen trieb, hat sie heimlich belauscht. Der Vater missbilligt all der Menschen Handeln. Schützen will er seine Tochter vor dem verderblichen Einfluss der Sterblichen. Doch Lorie denkt: 'Ich bin kein Kind mehr und blöd bin ich auch nicht. Ich gehe, da kann sich der Alte noch so winden und schäumen!' Ihr ist schon klar, dass die Menschen gefährlich sind. Eine schlimme Brut, gierig und brutal gegen alles und sich selbst. Doch auch fähig, Großes zu erschaffen, dass selbst die Götter vor Neid erblassen. Lorie grinst, als sie sich an ihren ersten Ausflug mit Papa erinnert. Poseidon rief und alle kamen, um die Stadt der Menschen zu zerstören. Atlantis, prächtiger und schöner als der Olymp und deshalb den Göttern ein mächtiger Dorn im Auge. Lorie's Grinsen wird zum Lachen. Mit Schadenfreude denkt sie an das wilde Schäumen und Toben von Zeus und Poseidon, als die Menschen ihnen trotzten. Hilflos mussten die Götter mit ansehen, wie Maschinen, gespeist durch die Kraft des Universums, mächtiger als die Götter selbst, die Stadt in die Lüfte erhoben und von dieser Welt trugen. Peinlich, sehr peinlich. Doch noch viel peinlicher war die Reaktion der göttlichen Brüder. Behaupteten sie doch, der Sieg sei ihrer und Atlantis restlos zerstört. Eine Faust dicke Lüge, Propaganda in reinster Form. Lorie dachte sich damals ihren Teil, doch sie schwieg und beugte sich - bis heute.

 

Sie wollte nur noch weg. Wieder das Leben spüren, mit anderen Wesen reden, tanzen und ihre Spiele treiben. Doch die Zeiten hatten sich gewandelt. Die magische Welt, ihre Welt steht vor dem Zusammenbruch. Der neue Gott der Menschen vertrieb all die mystischen Wesen. Das bekommt auch Lorie deutlich zu spüren. Ihre magische Muschel mit der sie früher den Kontakt zu ihren Freundinnen hielt, schweigt schon seit mehr als 300 Jahren. Ihre Feen Freundinnen sind nur noch ein Schatten ihres früheren Selbst, so wenig stofflich, dass der kleinste Windhauch sie hinfort trägt. Wo soll sie jetzt nun ihren Feenstaub beziehen. Kein Kichern der Junghexen hört sie mehr. Früher war die Luft davon erfüllt, wenn die ihre Bahnen am Himmel zogen. Heute kreischten dort nur noch die Möwen. Selbst die grantigen Zwerge vermisst sie. Es war immer lustig, wenn sie mit den Feen, diesen uralten Spaßbremsen einen kleinen Streich spielen konnte. Ja früher war es schön am Fluss und in den dichten Wäldern. Aber dann kamen die Römer, sie jagten die Menschen der Wälder und brachten den Krieg. Später erschienen die Pfaffen, und die waren noch viel schlimmer als die Legionen, denn sie zerstörten den Glauben der Leute. Ab da war Schluss mit den harmlosen Späßen.

 

Lories Entschluss steht fest, sie wird gehen um der Dunkelheit, dem Elend und der Traurigkeit die dieses Land heimsuchen zu entfliehen. Nun heißt es einen Plan zu schmieden. Das Wetter ist hier, mit wenigen Ausnahmen, seit mehr als 150 Jahren ziemlich beschissen und das nervt sie gewaltig. Also gen Süden! 'Vielleicht sollte ich meine Cousinen besuchen', denkt sie. Über Land müsste sie reisen, damit der Vater sie nicht einfangen kann. Immer in der Nähe von Flüssen und Seen, nun das versteht sich von selbst. Lorie überlegt, was sie mitnehmen muss. Feenstaub1), Hexensalbe2) und Nixenöl3) sind wichtig. Und Gold! Die Menschen sind begierig nach Gold. Ein Schwert, einen Dolch und ihren magischen Ring4), denn die Welt ist gefährlich und Lorie ist alles andere als naiv. Was noch? Proviant und vor allem Wasser. 'Das ist ne Menge Zeug und Klamotten brauche ich ja auch noch. Der Ranzen5) wird mir sicherlich gute Dienste leisten!'

 

(Anmerkung der Redakteure:

1) Feenstaub wird je nach Dosierung und Anwendungsart als Flughilfe, Droge/Halluzinogen, Heilmittel oder Wahrheitsserum bzw. psychoaktive Substanz zur Beeinflussung verwendet. In Kombination mit Nixenöl ergibt der Staub einen hochwirksamen Sprengstoff.

 

2) Hexensalbe kann je nach Anwendungsart als Heilmittel, Gleitmittel oder Aphrodisiakum genutzt werden. In Kombination mit Nixenöl ergibt Hexensalbe eine hoch korrosive und giftige Paste. Erhitzt wird daraus ein Nervengas mit betäubender Wirkung.

 

3) Nixenöl wird als Kleber benutzt. Stark verdünnt dient es als Anästhetikum sowie als Heilmittel. Auch bei der Behandlung von Knochenbrüchen findet es Verwendung. Für Menschen und Tiere stellt es ein schnell wirkendes Kontaktgift dar, das je nach Dosierung einen komatösen Schlaf bzw. eine Stasis von 24 bis zu 24.000 Stunden verursacht. Außerdem können Wasserwesen mit Hilfe von Nixenöl ihre Aufenthaltsdauer an Land mehr als verdoppeln.

 

4) Der Ring, ein einfacher Goldring der Fafnirs Auge fasst. Wenn jemand lügt, strahlt das Auge gelb. Wenn Gefahr droht, strahlt das Auge rot. Wenn alles in bester Ordnung ist, strahlt es in mattem Grün. Darüber hinaus kann der Träger, in höchster Konzentration, mit Hilfe des Rings einen kurzen aber kräftigen EMP generieren, der alles Leben im Umkreis von 15 Metern desorientiert oder gar betäubt. Der Einsatz des Rings ist jedoch sehr kraftraubend. Es sei denn, man benutzt ihn ganz profan als Taschenlampe. Um die Haupteigenschaft des Ringes, die Teleportation zu nutzen, bedarf es jedoch der wahren Meisterschaft. Der Sage nach kann der Ring seinen Träger an jeden beliebigen Ort bringen. Des Weiteren wird hinter vorgehaltener Hand gemunkelt, dass der Ring auch Reisen in die Zukunft ermöglicht, sofern der Träger eine klare Vorstellung der jeweiligen Zeitlinie hat und den Mut aufbringt sich dorthin zubegeben, denn es gibt keinen Weg zurück. Demnach ist es offensichtlich, dass eine solche Reise bisher nicht unternommen wurde, da der Ring sich im Besitz von Lorelei auf der hiesigen Zeitlinie befindet. Was natürlich nicht ausschließt, dass die Dinge in parallelen Realitäten anders liegen.

 

5) Der Ranzen ist ein Vorläufer der heutigen Rucksäcke, und der von Frauen gebräuchlichen Handtaschen. Der Ranzen ist, ähnlich wie besagte Handtaschen, ein wahres Raumwunder. Es ist unglaublich, was dort alles hinein passt, sodass der Schluss nahe liegt, dass es sich beim Ranzen und den heutigen Handtaschen, um tragbare Dimensionsfalten handelt. Aufgrund der transdimensionalen Eigenschaften geht seine Masse gegen Null, beziehungsweise wird diese nur durch das diesseitige Material repräsentiert. Zu diesen Materialien gehören, neben dem Stoff oder dem Leder, aus dem die Tasche oder der Ranzen bestehen, versteinerte oder auch schimmelige Brote, überreife Äpfel oder Südfrüchte, unverpackte Süßigkeiten, gebrauchte Taschentücher und ähnliche Hygieneartikel, sowie Pflegeartikel. Aus unerfindlichen Gründen können diese Gegenstände, im Gegensatz zu Schlüsseln, Kommunikationsgeräten, Medikamenten und Zahlungsmittel, das Portal zu tieferen Gefilden der Dimensionstaschen nicht passieren.

 

 

Jetzt kommt die schwierigste Frage: 'Was soll ich auf der Reise anziehen?' Missmutig gelangt Lorie, nach dem sie ihre bescheidene Garderobe, die sich auf ein knappes Dutzend Kleidertruhen verteilt, durchwühlt hat, zu der Erkenntnis, dass sie rein gar nichts Passendes besitzt. Nackt kann sie nicht gehen, so viel ist klar. Denn obwohl sie ihren Körper liebt und gerne der Nacktheit frönt, würde dies unter den Menschen denn doch zu viel Aufmerksamkeit erregen. Und die kann sie im Einflussbereich des Vaters nicht gebrauchen. Ein paar Laibchen aus Feenseide, ihre Arbeitskleidung, packt sie ein. Zum einen aus sentimentalen Gründen, zum anderen sind die heiß und machen was her. Doch für Unterwegs ist dieser 'Hauch von Nichts' eher ungeeignet. Das Gleiche gilt für das prunkvolle Gewand der Minoischen Priesterin, das ihre Brüste so wundervoll zur Geltung bringt. Es war ein Geschenk ihrer Mutter Rán, bevor sie diese Welt verlies und zu den Asen, den nordischen Göttern aufstieg. Mom hatte Stil, so viel steht mal fest! Ab in den Ranzen damit.

 

Gedankenverloren blickt sich Lorie in ihrer Grotte um und plötzlich fällt es ihr wie Schuppen von den Augen - Diana's Geschenk. Oh wie passend, ein komplettes Jagdoutfit. Enger, knapper Lederdress, bauchfrei, absolut figurbetont, pflegeleicht und sexy obendrein. Super praktisch, Pfeil und Bogen, Köcher, breiter Schwert- und Dolchgurt, dezente Taschen ohne Ende und als I-Tüpfelchen farblich passend zum Ranzen. Doch der Gipfel sind die geilen, weichen Overknee Stiefel. Na also, warum nicht gleich so!

 

Was für ein Bild hätte sie in diesem Dress auf Fafnirs Rücken abgegeben. Heroisch, dagegen wären die Walküren ein Dreck gewesen. Leise seufzt sie, und Trauer um ihren geliebten Drachen steigt in ihr auf. Dieser Siegfried war zwar knackig, stark und voller Tatendrang, aber leider eben auch ein kompletter Vollidiot. Nicht nur, dass er diese blässliche Krimhild erwählte, nein, der Hirni brachte auch noch ihr Lieblingshaustier um. Und wofür das Ganze? Alles nur für die Ehre und das verfluchte Gold. Nun das Gold wollte sie schon unter die Leute bringen.

 

 

Lorie war jetzt gut 10 Tage unterwegs, anfangs mied sie die Menschen. Alle zwei Tage musste sie einen Weiher oder einen Bachlauf aufsuchen, um sich für zwei bis drei Stunden auf seinem Grund zu regenerieren. Ein stattlicher Zwölfender diente ihr als Reittier und Begleiter. Die feinen Sinne des Hirsches sorgten darüber hinaus für einen gewissen Schutz. Trotzdem wurde Lorie von einem Jüngling überrascht, als sie gerade einem kleinen See, in mitten eines ausgedehnten Waldstücks, entstieg.

 

Der junge Mann zählte noch keine 17 Lenze, kaum verwunderlich also, dass er durch ihre prächtige Erscheinung geradezu gelähmt war. Lorie betörte ihn, sie hatte leichtes Spiel und bediente sich seiner für mehr als 24 Stunden. Ihre Gier war unersättlich. Viel zu lange war ihr die körperliche Liebe vorenthalten worden, doch hier und jetzt, mit diesem Jüngling, gab es kein Halten mehr. Sie verschlang ihn.

 

Als sie ihn in der Nacht des folgenden Tages verließ, bedurfte es keiner Hilfsmittel um sich davonzumachen, denn er war vor Erschöpfung wie betäubt eingeschlafen. Fast schon war Lorie geneigt ihre Ansichten über die Menschen zu revidieren, doch dann vernahm sie wenig später ein klagendes Heulen. Die Töne stammten von einem älteren Wolf, der auf der Flucht vor den Bewohnern eines nahen Dorfes, in eine Falle geraten war. Lorie fand ihn schwer verletzt und dem Tode nahe. Sie befreite ihn, zerstörte das Fangeisen und versorgte seine Wunden, dann heilte sie ihn mit den Mitteln aus ihren Vorräten.

 

Voller Dankbarkeit verbeugte sich der Wolf und sprach: "Ich schulde dir mein Leben! Von nun an werde ich dich begleiten, so lange Du es wünschst." "Ich habe es gerne getan und ich freue mich, dass Du mich begleiten willst. Du schuldest mir jedoch nichts. Du bist frei und kannst deiner Wege ziehen, wann immer es dir beliebt." Lorie erkannte eine tiefe Niedergeschlagenheit in seinem Blick. Deshalb fügte sie dem Gesagten noch eine Frage hinzu: "Ich erkenne große Trauer in deinen Augen, sprich, was betrübt dich?"

 

"Man nennt mich den Grauen, ich lebte hier friedlich mit meiner Familie, bis die Siedler kamen. Wir mieden sie und unsere Vettern, die bei ihnen leben. Doch sie beanspruchten immer mehr unseres Waldes, fällten die Bäume, vertrieben das Wild und legten Felder an." Er seufzte von Schmerz erfüllt, als er fortfuhr: "Der letzte Winter war sehr hart, und wir hungerten. Aus Verzweiflung stahlen wir ein paar Hühner und ein Dickfell." Bitterkeit verdunkelte seine Stimme und er stockte, bevor er seine Geschichte mit den folgenden Worten beendete: "Die Dorfbewohner jagten uns und sie erwischen meine Frau und meine zwei Söhne. Meine Tochter und ich entkamen, doch sie war durch den Hunger bereits so geschwächt, dass sie auf der Flucht zusammenbrach und starb. Das ist jetzt eine gute Woche her. Heute Morgen geriet ich in diese Falle. Ohne dich, oh edle Nymphe, wäre nun auch ich tot!"

 

Lorie war wegen des Berichts sehr aufgebracht und wollte Rache nehmen. Doch der Wolf entgegnete: "Erneut bin ich dir, über deines Ansinnens und deines Mitgefühls, zu Dank verpflichtet. Doch lasst ab von diesen Elenden, denn es geht ihnen nicht besser als uns. Sie sind Getriebene, weil es ihrer zu viele sind und ihre Fürsten und Pfaffen sie auspressen. Auch sie kämpfen um ihr Überleben."

 

Die Nach- und Einsicht des Grauen beeindruckte Lorie und so entsprach sie seinem Wunsch, die Dorfbewohner zu verschonen. Aber sie wollte ein Zeichen setzen und den Leuten einen Denkzettel verpassen. Sie schlich sich des Nachts ins Dorf, gab eine Prise Feenstaub in den Brunnen und wartete bis zum nächsten Abend. Als nun alle Dörfler zur Messe in der Kirche versammelt waren, stolzierte sie in aller Seelenruhe in diesen Tempel hinein. Gemurmel erhob sich, als sie gefolgt von Hirsch und Wolf, auf die Kanzel mit dem Priester zuschritt. Das sich niemand gegen sie erhob, war drei Umständen geschuldet. Zum einen der Wirkung des Halluzinogens, mit dem sie das Wasser des Dorfbrunnens versetzt hatte. Zum anderen emittierte der Ring ein so intensives, weißblaues Licht, dass es aussah, als wenn dieser Schein von ihr selbst ausgehen würde. Verstärkt wurde dieser Eindruck noch dadurch, dass sie splitter faser nackt einher schritt.

 

Vor dem Altar angekommen wandte sie sie zur Gemeinde um und erhob ihre Glocken klare Stimme. Sie erzählte die Geschichte des Grauen und sprach über seine Nachsicht. Dann sang sie eines der Feenlieder, dass sie so gerne mochte. Es war eines der suggestiven, das sie und ihre Freundinnen oft zur Sonnenwende gesungen hatten, um Zwerge und andere Waldwesen zu beeinflussen. Sie schloss mit den eindringlichen Worten: "Lebt in Frieden und achtet die Natur!"

 

Jetzt kam der schwierigste Teil! Lorie verstärkte ihre Konzentration und initiierte einen EMP. Er würde nur wenige Augenblicke wirken, doch das sollte ausreichen, um ihr Verschwinden zu decken. Für die Gemeinde musste es so aussehen, als hätte sie sich in Luft aufgelöst.

 

Kaum aus dem Dorf heraus, meinte der Hirsch anerkennend: "Wow, geile Show meine Liebe! Das werden diese Hinterwäldler ganz bestimmt nicht wieder vergessen. Der Pfaffe dürfte nun ein deutlich weniger leichtes Spiel haben!"

 

Der Graue hingegen warf sich auf den Bauch, senkte seinen Blick und sagte voller Ehrfurcht: "Verzeiht, ehrwürdige Tochter der Mutter Rán und des Vater Rheins, Gebieterin von Fafnir und Fenris, dem Urvater meines Geschlechts, dass ich euch nicht gleich erkannt habe. Verfügt über mich, bis ans Ende meiner Tage!"

 

Lorie war sehr erstaunt. Sie hatte nicht geahnt, dass sie eine Berühmtheit war. Ganz zu schwiegen davon, dass man ihr jemals mit Ehrerbietung begegnen würde.

 

Es war ihr etwas peinlich, deshalb wiegelte sie ab: "Lass gut sein, mein Freund. Mein geliebter Lindwurm fiel diesem Vollpfosten Sigi zum Opfer. Fenris habe ich seit Ewigkeiten nicht gesehen, und ob ich jemals über ihn gebietet habe, sei mal dahin gestellt. Gehört hat er jedenfalls nie auf mich. Ich bin eine einfache Nymphe, die etwas Spaß haben möchte und ein bisschen was von der Welt sehen will!" Seufzend fügte sie hinzu: "Mum ist an Odins Tafel und Papa dürfte ziemlich sauer auf mich sein. Ich freue mich riesig, dass ich Hörn und dich getroffen habe. Es ist viel schöner in Begleitung zu reisen!"

 

Uns so reiste das Trio von nun an gemeinsam.

 

Die untergehende Sonne im Rücken, kann Lorie die Einfriedung des Klosters, oberhalb des Flusses auf halber Höhe des Hanges, gut erkennen. Gemeinsam mit Hörn wartet sie auf die Rückkehr des Grauen. Er hatte darauf bestanden die Lage zu erkunden, bevor sie sich nähern sollte.

 

Ungeduldig schaut sie zum Stand der Sonne empor. Wohl an die zwei Stunden ist es her, dass der Graue aufbrach. Sie sorgt sich sehr.

 

Dann endlich, als sie schon beschlossen hat ihm zu folgen, kehrt er zurück und berichtet: "Oh Herrin, sieben Mönche habe ich gezählt. Die scheinen friedlich zu sein. Doch der Abt ist ihnen nicht wohlgesonnen. Er knechtet, beschimpft und missbraucht sie in einem fort, wie ich mit eigenen Augen sehen konnte. Er ist alt und schwach, die anderen sind junge Burschen. Doch er droht ihnen mit der Hölle und der Inquisition, wenn sie ihm nicht zu Willen sind. Verschüchtert und ängstlich seiner harten Hand und der Drohungen, beugen sie sich seinem Willen. Aber sie schämen sich der Unzucht, die er mit ihnen treibt."

 

"Das hast Du gut gemacht, mein Grauer! So ein widerlicher alter Dreckssack, na warte, dem werden wir es zeigen! Was meint ihr Kinder? Das Kloster sieht doch recht sauber und gemütlich aus. Vielleicht können wir hier überwintern, wenn wir den Mistkerl von Abt erst mal zum Teufel geschickt haben!?"

 

Nachts wurde es bereits empfindlich kalt, sodass der Graue und Hörn, Loreley von Herzen beipflichteten.

 

Sieben junge knackige Mönche, unerfahren und ausgehungert - Lories Herz begann schneller zu schlagen. Na, das wird ein heißer Winter, denkt sie bei sich.

 

"Kinder it's Show time!" Mit einem schelmischen Grinsen reibt sich Lorie die Hände. "Oh ha, den Blick kenne ich. Was darf's denn dieses Mal sein? Wieder der nackte Engel, des Teufels Schwester, oder kommst Du auf einem Besen angeritten? Bin schon sehr gespannt, wie Du das wohl anstellen wirst." Hörn kann sich kaum noch halten vor Lachen und auch der Graue grinst wölfisch.

 

"Lasst uns mal überlegen. Der Drecksack muss weg, am besten wäre es, wenn er sich nach Westen verzieht. Dort soll er in den Bergen als Einsiedler leben und über seine Sünden nachdenken!" Lorie blickt in die Ferne. Die wunderschöne Grotte nahe der Donau erscheint vor ihrem geistigen Auge. Eigentlich ist die viel zu schade für den gemeinen Abt. Doch sie ist ja schließlich keine böse Nymphe. Da es dort weit und breit keine Menschen gibt, wird er mit der Nahrungssuche genug zu tun haben und nicht auf dumme Gedanken kommen. Ja, arbeiten soll er. Hörn und der Graue pflichten ihr bei, doch der Graue gibt zu bedenken: "Herrin, es ist eine gerechte Strafe. Doch wie wollt ihr sicher gehen, dass er dort auch hingeht und nicht in Bracs, oder einer anderen Siedlung auf dem Weg zur Grotte bleibt?" Lorie jedoch entgegnet ihm: "Darüber mach dir mal keine Sorgen!" Etwas rupptisch fügt sie hinzu: "Ich habe geübt und ich denke, dass ich den Bogen jetzt raus habe. Egal was auch passiert, ihr bleibt hier bei den Mönchen!" Mit leichtem Zweifel im Blick lässt der Graue das Thema auf sich beruhen.

 

Gefolgt von den Blicken ihrer Gefährten beginnt Lorie mit den Vorbereitungen. Mit dem Engel lag Hörn schon richtig, doch dieses Mal würde es kein gütiger, sondern ein Racheengel sein. Zwei Tiegel klaubt sie aus dem Ranzen, eine Hand voll Goldmünzen gibt sie in den einen und fügt einige Tropfen Nixenöl und gerade so viel Wasser hinzu, dass die Münzen bedeckt sind. Dann folgt eine winzige Portion Hexensalbe. Es brodelt, schwarzer Rauch steigt auf, und es riecht sehr metallisch. Als sich der Qualm verzieht, gießt sie noch mehr Wasser auf den goldenen Brei und stellt den Tiegel beiseite. Wieder nimmt sie das Nixenöl zur Hand, und mischt es mit ein paar Körnchen Feenstaub. Sie taucht einen hölzernen Stecken in den Tiegel mit der goldenen Flüssigkeit. Tropfen um Tropfen fallen vom Stecken auf das zweite Gemisch. Dann bittet sie Hörn, etwas frisches Harz zu suchen. Wenige Minuten später ist er zurück, die äußeren Spitzen seines Geweihs sind bedeckt mit den Tränen der Bäume. Lorie bricht einen neuen Stecken und kratzt eine gute Portion des Harzes von Hörns ganzem Stolz. Für eine lange Weile verrührt sie die Tinktur und das Harz, bis sich beides zu einer zähen Paste verbunden hat.

 

Lorie zieht ihr Schwert, verteilt etwas von der Paste, die den Stecken anhaftet. Sie bittet ihre Freunde zurückzutreten, dann wirft sie den Span ins Feuer des improvisierten Lagers. Zischend jagt eine rotgoldene Flamme empor. Ein zufriedenes Lächeln macht sich auf Lories Antlitz breit: "Wollen wir doch mal sehen, wie das auf der Klinge wirkt." Noch bevor sich der Graue und Hörn von dem Schrecken erholt haben, zielt Lory mit dem Ring auf das hocherhobene Schwert und schließt kurz die Augen. Ein kaum sichtbarer, dunkel roter Lichtblitz springt aus Fafnirs Auge auf die Klinge über, und plötzlich steht das Schwert in Flammen. Wahrlich, so stellt man sich das Flammenschwert eines Racheengels vor.

 

Bis zur Dämmerung war es noch einige Zeit hin. Gut so, denn jetzt käme noch die 'Kriegsbemalung'. Es muss etwas Respekt einflößendes sein. Etwas, dass ihre Autorität unterstreicht. Sie legt den Jagddress ab, taucht ihre Finger in die goldene Farbe des ersten Tiegels und beginnt sich mit gewundenen Ornamenten zu bemalen. Missmutig betrachtet Lorie nach getaner Arbeit ihr Spiegelbild im nahen Weiher. Da fehlt noch etwas und Lorie hatte auch schon eine Idee. Kopfüber tauchte sie in den Ranzen, die Arme voran, wühlt sie in dem heillosen Durcheinander, bis sie das Gesuchte zu fassen bekommt. Der knappe Schurz aus fein gehämmerten, goldenen Schuppen, das scharfe Bustier aus geriebenem Gold und die edlen Sandalen mit den langen Riemchen. Auch wenn Brunhild doof wie Brot war, Geschmack was Klamotten anging, hatte sie. Soviel musste Lorie ihr zugestehen. Was Tante Freia wohl sagen würde, wenn sie Lorie so sehen könnte?

 

6) Kleine Indiskretion der Redakteure: Was Lorie zu diesem Zeitpunkt nicht weiß, ist, dass sie zum Serienliebling und Quotenhit auf den Mode und Adult Kanälen der TV Sender in Walhalla und auf dem Olymp avanciert. Des Weiteren wurde sie gerade für die Goldene Venus und den Zeus nominiert. Hier die Kategorien: best angezogenen Nymphe, best ausgezogenen Nymphe, beste intertemporäre Dialoge, beste Schauspielerin, beste low Budget Special Effekts, beste Streiche gegen die Sterblichen. Last but not least (und nebenbei bemerkt, sehr zum Ärger von Zeus und Poseidon!) wurde sie für den Delphi Preis, als beste Enthüllungsjournalistin nominiert.

 

Nun egal, die Sonne neigt sich dem Horizont entgegen, und sie muss noch auf den Hügel oberhalb des Klosters. "Es wird Zeit aufzubrechen!", verkündet sie ihren Gefährten.

 

Lories Timing ist perfekt. Als die Sonne eine dreiviertel Stunde später den Horizont berührte, ist die Gruppe hinter der Kuppe des Hügels angelangt, und Lorie pudert sich mit dem kostbaren Feenstaub ein. "Nehmt wegen des zusätzlichen Gewichts des Goldes lieber etwas mehr!", mahnt der Graue und Lorie folgt schweren Herzens seinem Rat. Die Nummer hier frisst fast die Hälfte ihres Vorrats auf.

 

Beim ersten Schlag der Glocke, die die Mönche vom Abendmal im Refektorium zur Messe ruft, schwingt sie sich empor. An die 3.000 Ellen steigt sie auf und verharrt. Als die Mönche das Refektorium verlassen und auf die Kapelle zustreben, gibt sie dem Grauen das Zeichen, und er zündet die kleine Bombe. Noch bevor der Donner verhallt, entflammt sie ihr Schwert und steigt hernieder. Gleich einem Kometen, zieht das brennende Schwert einen Flammenschweif hinter sich her. Direkt aus dem Himmel stößt sie auf die Männer nieder und ihr Auftritt verfehlt nicht seine Wirkung. Von Angst erfüllt, werfen sich die Mönche zu Boden.

 

Lorie landet, mit fester Stimme spricht sie: "Abt, Du hast befehlt und den Namen deines Herrn missbraucht. Dafür sollst Du büßen!" Der Abt beginnt zu winseln. Lorie bleibt jedoch keine Zeit, die Situation auszukosten. Das selbst fabrizierte Napalm ist ihr zu gut gelungen und so wird ihr heiß. Sie spürt das sie kurz davor steht, in Schweiß auszubrechen - Na ja, Engel schwitzen nicht. Entschlossen rammt sie das Schwert in den Boden, tritt auf dem Abt zu, packt ihn am Kragen, zieht ihn mühelos in die Höhe, konzentriert sich und teleportiert.

 

Vor der Grotte materialisiert sich Lorie mit dem Abt und donnert: "Bleibe hier, lebe in Einsamkeit und denke über deine Verfehlungen nach!" Wieder konzentriert sie sich und schafft es tatsächlich zurückzuspringen.

 

Sie findet die jungen Mönche vor, wie sie sie verlassen hat. Sie ist erschöpft, doch ihre Arbeit ist noch nicht getan. Die jungen Männer liegen zitternd und schwitzend vor ihr im Staub, der Anblick gefällt ihr. Später ermahnt sie sich. Schnell gibt sie ihren Freunden das vereinbarte Zeichen - Sie erstrahlt im hellen Licht, das vom Ring emittiert wird. Hörn röhrt laut als Bestätigung und der Graue und er setzen sich in Bewegung.

 

"Erhebt euch und seht mich an!", befiehlt Lorie den Mönchen mit sanfter Stimme. Sie setzt ein liebevolles Lächeln auf, als die jungen Männer sie scheu betrachten und fährt fort: "Eure Leiden sind beendet. Ihr seid frei, geht oder bleibt, wie es euch beliebt. Wenn ihr bleibt, wird euch weder Abt noch Adel behelligen können, denn ihr steht unter meinem Schutz."

 

Eigentlich wollte sich Lorie den Spaß für später aufheben, denn sie ist ausgelaugt. Doch sie kann einfach nicht widerstehen und ihre Neugier ist unbezähmbar. Sie will das Eisen schmieden solange es heiß ist und sehen, was die Männer zu bieten haben.

 

"Legt ab diese Gewänder der Schande, und zeigt mir eure wahre Natur!"

 

Nackt stehen nun die jungen Männer unter Lories prüfendem Blick. Zufrieden registriert sie die unverkennbare Reaktion auf ihre Erscheinung. Ja, das hat schon etwas, denkt sie. Dieser Winter wird sicherlich nicht langweilig ... !

 

Ende Kapitel 1

Fortsetzung folgt (am 27.06.2016) :)))

 

Alles Gute und einen schönen Geburtstag wünschen dir Petra, Karin, Walter und Paul.

 

 

 

 

Lorie in China

 

Neun Wochen nach der ‚Befreiung‘ der Mönche, wirft sich Lorie unruhig auf ihrem Lager hin und her. Enttäuschung und unbefriedigte Lust rauben ihr den Schlaf. Was so vielversprechend begann, stellte sich alsbald als hoffnungslos heraus. Zu tief verwurzelt sind Angst, Aberglaube und Hemmungen in den Seelen der jungen Mönche. Oh angebetet wurde sie, geradezu glühend war die Verehrung, die ihr entgegen gebracht, wurde. Fast jeder Wunsch wurde ihr von den Augen und Lippen abgelesen und erfüllt. Doch das eine kleine Opfer, das sie wirklich begehrte, das blieb ihr versagt.

 

Einmal war sie so frustriert, dass sie es erzwang. Das Ergebnis war mehr als nur unbefriedigend. Der junge stattliche Mann zitterte am ganzen Körper. Nur die, für ihr Vorhaben notwendige Extremität blieb gänzlich ungerührt und somit unbrauchbar. Zur Strafe, insgeheim vermutete sie, dass er nicht einmal wusste, dass es eine Strafe darstellte, hieß sie ihn, sie die ganze Nacht oral zu verwöhnen. Zu gerne, auch weil er sich nicht sonderlich geschickt anstellte, hätte sie diese Behandlung auch auf ihre müden Füße ausgedehnt. Doch sie traute sich nicht. Die Feuchtigkeit hätte, so stand zu befürchten, die Metamorphose ausgelöst. Ab dem nächsten Tag mieden die Mönche es, sie direkt anzusehen und der junge Mann erbat von ihr, in sein Heimatdorf zurückkehren zu dürfen.

 

Vor einer Woche dann, stahlen sich des Nachts zwei weitere Männer aus der Umfriedung des Klosters und verschwanden im Wald. Der Graue informierte sie darüber, doch sie ließ sie ziehen. Ihr treuer Gefährte spürte ihre Trauer und Frustration. Sie sprachen viel in jener Zeit, aber wirklich helfen konnte er ihr nicht. Zumal auch ihn eine undefinierte Sehnsucht befiel und er sich des Nachts öfters in den Wald schlich. Ziellos streifte er dann umher und nahm Fährten auf, doch lies er alsbald wieder von ihnen ab. Denn ein voller Bauch jagt nicht gerne.

 

Einzig Hörn gefällt es noch im Kloster. Ein warmes Feuer in der Halle, schöne Gesänge am Abend, Heu und anderes Grünzeug in Hülle und Fülle. Was brauchte es mehr, um es an einem nasskalten Herbsttag gut zu haben. Und bis zur Brunft im Frühjahr ist es noch lange hin. Der Winter versprach darüber hinaus noch weit schlimmere Unbilden. Er merkt wohl, dass Lorie rastlos ist, doch er misst dem keine große Bedeutung zu. Ist sie doch trotz ihrer Abstammung zuallererst eine junge Frau. Den gravierenden Unterschied zu den ihm vertrauten Ricken realisiert er nicht. Und so verströmt er weiter seine gute Laune und Zufriedenheit.

 

Endlich findet Lorie Schlaf. Sie träumt wild, sieht Bilder im Traum, die sie verstören. Wälder, die Fallen, Städte, wie sie unaufhörlich wachsen, Türme die in den Himmel streben, höher als die Wolken. Immer mehr Menschen, wo einst tausend waren, sind es nun Millionen. Nicht Hexen, Elfen, Adler, Raben und Möwen bevölkern den Himmel, sondern riesige Vögel aus Eisen; so hoch und schnell, dass keine Hexe und kein Adler ihnen zu folgen vermochte. Sie sieht Kriege zwischen den Menschen, die alles was die Götter früher anzettelten, wie eine Prügelei unter Kindern erscheinen lassen. Sie sieht segellose Schiffe, die so gigantisch sind, dass sie nicht in das Bett ihres mächtigen Vaters passen, und Kutschen, die nicht von Pferden gezogen werden, sondern wie von Geisterhand getrieben, dicht an dicht mit wahnwitziger Geschwindigkeit über schwarze ebenmäßige Wege fliegen. Wege, die das ganze Land, ja die ganze Welt kreuz und quer bedecken. Noch viel mehr sieht sie, doch es fehlen ihr die Worte um es zu beschreiben. Luna wurde enträtselt und entweiht. Eine primitivere Form der Kraft, derer sich die Atlanter bedienten, um den Göttern eine lange Nase zu drehen, verwandelten die Menschen in eine grauenvolle Waffe. Eine, die die Welt und selbst die Götter hinwegfegen konnte. Doch sie sieht auch Freiheit, Frohsinn, Menschen die lachen und lieben. Und sie hört Musik, sieht riesige Feste. Lichtspiele und Feuerwerk, prächtig und farbenfroh. Das Leben der Menschen erscheint in Vielem leichter als heute.

 

Schweißgebadet erwacht Lorie kurz nach Sonnenaufgang. Klein und nichtig erscheint ihr das Begehren, das sie noch am Vorabend verspürte. Ja, alles um sie herum und sie selbst, erscheint ihr mit einem Male klein und bedeutungslos. Was war das, was sie gesehen hatte. War das die Zukunft? So grausam, so gefährlich und doch auch so schön und spannend. Nur ein Traum?

 

Seufzend setzt sie sich auf und blickt um sich. Alles sieht so fahl und seltsam aus. Die Farben ihrer Zelle muten unnatürlich an. Wie zufällig blickt sie an sich herab und bemerkt den intensiv violetten Schein, der von Fafnirs Auge ausgeht. In den Legenden um das Auge, die sie kennt, wird nichts über diese Farbe ausgesagt.

 

Egal der Drang und der Hunger plagen sie, also ignoriert sie dieses Phänomen und geht ihrer morgendlichen Routine nach. Später, so beschließt sie, wird sie die gut sortierte Bibliothek des Klosters konsultieren, um dem Spuk auf den Grund zu gehen.

 

Lorie ist nicht dumm, sie weiß sehr gut, dass es nur sehr wenig echte Magie gibt und das diese meist an ein Artefakt gebunden ist. Das, was sie in ihrem Traum gesehen hat, mussten Maschinen und Apparate sein, von Menschen erdacht und gebaut. Insgeheim vermutete sie schon lange, dass die Macht der Götter ebenfalls auf Maschinen fußt. Wie hätten die Atlanter sie sonst so leicht überrumpeln und demütigen können. Lorie bedauert es, nicht mehr über diese hoch entwickelten Menschen zu wissen. Über welche Errungenschaften, welche Macht und welche Reife dieses Volk verfügt haben muss. Sie zweifelt nicht daran, dass die Atlanter, wenn sie sich der Konfrontation gestellt hätten, es für die Götter schlecht ausgegangen wäre und sie besiegt werden konnten. Doch sie taten es nicht, der Sieg war es ihnen nicht wert, Leben zu opfern. Auch sie waren nicht an diese Welt gebunden. Lorie ist sich sicher, dass besonders dieser offensichtliche Pakt den Göttern am meisten zusetzte. Die Götter hatten nur die neun Welten*, doch den Atlantern stand das gesamte Universum offen.

 

*Anmerkung der Redakteure: Die neun Welten oder Sphären sind nichts anderes als Sonnensysteme. Da die Götter schon seit undenklichen Zeiten die Fähigkeit zu interstellaren Reisen verloren haben, ist die gesamte Mischpoke auf den Bifröst (die Regenbogenbrücke) der Asen angewiesen (die Führungsriege/Kriegerkaste der ursprünglichen Siedlerfamilien). Der Bifröst wiederum ist nichts anderes als ein Transmittersystem nach dem Wurmlochprinzip. Klar, dass es die Herrschaften vom Olymp tierisch genervt hat, wenn man immer den buckligen Nachbarn fragen muss, falls Gott mal wohin möchte. Dann bleibt man halt lieber Zuhause. Die Wanen und Alben haben da weniger falschen Stolz an den Tag gelegt.

 

Den ganzen Tag über ist Lorie wie von Sinnen und wühlt sich durch die Bände und Folianten der Kloster Bibliothek. Der Mönch, der diese Schätze hegt, sieht mit Bangen, wie Lorie Buch um Buch aus den Regalen zieht. Jedoch wagt er nicht zu intervenieren, noch traut er sich, ihr seine Hilfe anzubieten. Er weicht nicht von seinem Platz, denn nicht nur die Angst um seine Schätze, sondern auch die Neugier nagelt ihn förmlich an seinem Katheter fest. Was ist es, was dieses göttliche Wesen in den Büchern sucht, fragt er sich ein ums andere Mal.

 

Spät in der Nacht gibt Lorie erschöpft auf. Der Bibliothekar ist schon vor Stunden eingeschlafen, die Kerze an seinem Pult ist niedergebrannt und erloschen. Todmüde schleppt sie sich in ihre Klause und fällt so, wie sie ist, auf ihr Lager.

 

Wieder träumt sie. Eine Stadt erscheint ihr, riesig, in gleißend bunte Lichter getaucht. Fremd anmutende Menschen sieht sie und Schriftzeichen, die ihr gänzlich unbekannt sind. Sie hört Stimmen, doch sie versteht das Gesagte nicht. Sie begegnet Leuten. Diese sehen sie mit einem Ausdruck von Erstaunen an und weichen vor ihr zurück. Die Menschen reden miteinander und deuten auf sie, doch sie sprechen sie nicht an.

 

Lorie hört aus der Ferne seltsame Musik und beschließt, ihr zu folgen. Schon von Weitem erkennt sie farbige Lichter, die über der Quelle der harten Rhythmen tanzen. Wie von einer unsichtbaren Kraft angezogen, strebt sie auf das Haus, aus dem die Musik und laute freudige Stimmen ertönen, zu.

 

Ganz am Rande nimmt sie eine Dissonanz, ein Jaulen wahr. Wie von weiter Ferne, wie aus einer anderen Welt, dringt es an ihr Ohr und heischt um ihre Aufmerksamkeit. Dann eine leise Berührung an ihrem Schenkel. Kurz wendet sie den Blick auf ihr Bein. Musik und Lichter verblassen.

 

„Lorie, Lorie, Herrin, was geschieht mit dir. Bitte wach doch auf!” Pure Angst und Verzweiflung liegen in des Grauen, Stimme. Eine seiner Pfoten tappt immer wieder gegen ihren Schenkel. Doch scheint dieser kaum noch stofflich. Intensives, violettes Wabern erhellt die Zelle, lässt Konturen unscharf erscheinen und erschwert das Erkennen.

 

Dann, wie aus dem Nichts ertönt eine Stimme. Lorie erkennt sie sofort. Es ist die Stimme Fafnirs. Angstvoll wirft sich der Graue auf den Boden, als das Abbild des Drachen in der Luft über ihnen erscheint.

 

„Geliebte Freundin, du bist mir in meiner Heimat willkommen. Doch bist du dir deines Tuns sicher? Wisse, dass es kein Zurück mehr gibt. Du wirst an diesem Ort und in jener Zeit als Mensch leben müssen. Wähle also mit Bedacht!“

 

Schlagartig wird Lorie wach. „Was, bei allen Dämonen, war das denn?“ Völlig konsterniert blickt sie auf den am Boden liegenden Grauen.

 

„Du hast ihn auch gesehen, rede mein lieber Freund! Was ist hier gerade geschehen?“

 

Immer noch verschüchtert, rappelt sich ihr Gefährte auf und beginnt zu sprechen: „Ich hörte seltsame Musik, Lärm und fremdartige Stimmen aus deinem Gemach, sodass ich nachsehen wollte, ob alles seine rechte Ordnung hat. Ich erschrak, als ich helles Licht gewahrte und ein schreckliches, belebtes Bild sah. Ein Bild, so wirklich und doch nicht von dieser Welt. Mehr ängstigte mich jedoch, dass ihr mitten in diesem Gemälde standet und die seltsamen Wesen in diesem lebenden Bild, euch offensichtlich auch sehen konnten. Denn sie zeigten auf euch und sprachen miteinander. Ich hatte wirklich Angst und rief nach euch. Doch ihr hörtet mich nicht. Ich wollte euch berühren, verzeiht mir meine Dreistigkeit Herrin, doch meine Pfote fuhr durch euer Bein hindurch. Dann erschien der Drache über uns und hielt seine rätselhafte Rede.“ Irgendwie hilft dieser Bericht dem Grauen seine Fassung zurückzugewinnen. Deshalb getraut er sich auch, die Fragen zu stellen, die ihn quälen: „War das wirklich Fafnir? Er sah so gütig und weise aus. Was meinte er mit ‚in meiner Heimat‘ und ‚in jener Zeit’? Und wieso konnte er uns erscheinen, wo er doch erschlagen wurde?“

 

Lorie stiert wie gebannt auf den Grauen. Unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen, antwortet sie wie in Trance: „Ja das war mein Drache! Er ist sehr wirklich sehr lieb und außerordentlich weise!“ Die Worte helfen auch ihr, gänzlich in das Hier und Jetzt zurückzufinden.

 

„Kunststück, er muss mindestens drei oder viertausend Jahre alt sein. Und was den Rest deiner Frage angeht, ich habe keinen blassen Schimmer!“ Immer wieder ruft sie sich das Gesehene vor ihr geistiges Auge. Sieht die seltsamen Gesichter, die sie erstaunt und doch ohne Scheu betrachten. Sie hört die Musik und die Stimmen, fast meint sie zu verstehen, doch entgleitet ihr der Sinn des Gesagten immer wieder. Die Lichter und die Musik jedoch faszinieren so sehr, dass sie mehr erfahren möchte. Ja sie muss all das sehen und verstehen. Sie will es so sehr. Die Warnung Fafnirs schreckt sie nicht.

 

Eine fremde Welt und eine fremde Zeit. Na, wenn das kein Abenteuer ist, was dann. Das breite Grinsen in ihrem Gesicht irritiert den Grauen nicht eben wenig. Und auch das, was sie ihm nun mitteilt, trägt nicht zu seiner Beruhigung bei. „Sei nicht traurig, doch ich muss gehen und dorthin kannst du mich nicht begleiten. Morgen werden wir Abschied feiern.“

 

Das kleine Abschiedsfest ist von echter Trauer geprägt, selbst, den in letzter Zeit so zurückhaltenden Mönchen, ist ein gewisses Unbehagen und Sorge anzumerken. Der Graue heult, was das Zeug hält und auch Hörn ist mehr als nur bedrückt. Lorie selbst ist hin und her gerissen. Spürt sie doch, dass hier nur echte Zuneigung die rauchige Luft des Refektoriums schwängert. Aber ihre Entscheidung steht fest. Zu verlockend waren aller Schrecken der vorangegangenen Visionen zum Trotze, die Musik und die Lichter. Nicht zuletzt die Aussicht ihren geliebten Drachen wieder zu treffen und diese gigantische Stadt zu erforschen, lässt sie nicht wanken in ihrem Entschluss.

 

Es ist nach Mitternacht, als sie die Feier verlässt und sich in ihre Zelle zurück zieht. Dianas Lederdress trägt sie und den Ranzen hat sie fest gegen ihre Mitte gepresst. Kaum, das sie sich so präpariert auf ihr Lager legt und sie sich das Bild von Fafnir ins Gedächtnis ruft, beginnt auch schon der Ring in intensivem Violett zu glühen.

 

Ein gleißender Ball aus reinem, blauweißem Licht erscheint und weitet sich zu einem großen Ring. Der Rand sieht aus wie bläulich weißes Feuer, doch das Innere zeigt einen bewaldeten Hügel in strahlendem Sonnenschein. In einiger Entfernung erkennt sie seltsame Häuser und einen dieser schwarzen Wege, der dicht an einem großen See vorbei führt. So schön und harmonisch, wie die Szenerie auch aussieht, etwas irritiert sie. Das Bild ist anders als die, die sie vorher gesehen hat. Die Landschaft und alles, was sich darin befindet, sehen wie eingefroren aus. So, als wenn die Zeit geronnen wäre und stillstünde.

 

„Richtig Süße, ich habe die Zeit für dich angehalten, zumindest in einem kleinen Bereich. Damit du unbeschadet das Portal durchschreiten vermagst und ich dich in Ruhe vorbereiten kann. Denn diese Welt ist überaus gefährlich und du musst noch sehr viel lernen, bevor ich dich deiner Wege ziehen lassen kann!“ Mitten zwischen den Bäumen erkennt Lorie, den in der Luft schwebenden Fafnir. Mit einem schelmischen Grinsen winkt er sie zu sich. Lorie folgt seiner Geste und tritt durch den feurigen Ring. Erstaunt blickt sie sich um, doch der Ring ist verschwunden, kaum das sie den fremden Boden betreten hat.

 

„Willkommen in Fushun China im 21. Jahrhundert, meiner Heimat. Na ja zumindest, was den Ort angeht. Oh Mädchen, ich freue mich ja so. Mehr als 1000 Jahre habe ich auf dich gewartet.“ Fafnir dreht vor Freude Loopings in der Luft.

 

„Aber … aber du bist doch tot!?“ Lorie starrt gebannt auf den übermütig herumtollenden Gefährten. Etwas verlegen stellt dieser sein Treiben ein und versucht sich an einer Erklärung: „Ach Süße! Glaubst du wirklich, so ein Vollpfosten könnte mich erledigen? Lorie, ich bin unsterblich! Älter als die Götter und das menschliche Geschlecht. Im Übrigen sind es keine Götter, sondern Siedler von einer anderen, untergegangenen Welt.“ Fafnir sieht, dass Lorie Tränen in die Augen steigen und sich ihr Antlitz verfinstert. Schnell schiebt er deshalb hinterher: „Bitte sei mir nicht böse, liebe Freundin! Doch alles musste so geschehen, wie es nun mal geschah. Es gehört zum großen Plan der Ältesten meiner Art. Genauso wie dein Hiersein. Man, was habe ich gebibbert, dass den Mönchen die Muffe geht und dich die Abenteuerlust wieder packt. Der Plan ist nämlich nicht in Stein gemeißelt. Es kann immer wieder etwas schief gehen und dann müssen wir auf einer anderen Zeitlinie wieder von vorne anfangen. Es wäre nicht das erste Mal. Scheiße auch eins, doch nun bist du endlich hier. Lass dich küssen, Süße!!!“

 

Lorie hat nur wenig von dem verstanden, was Fafnir ihr da eröffnet. Doch das ist jetzt zweitrangig. Denn durch den Kuss ihres Freundes vermag sie zu fliegen, und dieses Vergnügen wiegt so vieles, was sie ihm gerade übel nehmen wollte auf.

 

*Anmerkung der Redakteure: Lorie lernt schnell, sie ist wirklich nicht auf den Kopf gefallen. Hinzu kommt, dass Fafnir diese Unterweisung auf verschiedenen Zeitlinien schon zigmal exerziert hat, was er Lorie natürlich nicht unter die Nase reiben darf. Wie schon oft zuvor, fragt sie ihn Löcher in den Bauch und trotzdem sie es kaum erwarten kann, sich in ihrer neuen Welt umzusehen und auszutoben, ist sie schlau genug, um nicht ungeduldig zu werden. 1000 Jahre Menschheitsgeschichte kann Frau und ehemalige Nymphe/Halbgöttin halt trotz Druckbefüllung nicht in einer Woche verdauen. Hinzu kommen ja auch noch diese mehr als nur seltsame Sprache Mandarin (auch als Bezeichnung für einen Beamten des Landes und eine Frucht gebräuchlich) sowie diese verwirrende Schrift. Was Lorie noch nicht weiß, ist, dass die Gebräuche ihrer neuen Heimat, all dies noch bei Weitem in den Schatten stellen.

 

Und weder Fafnir noch Lorie ahnen, dass sie nach 1000 Jahren Sendepause erneut zum Quotenhit im Götter TV avancieren. Nur der Nachrichtendienst der Alten weiß über alles Bescheid. Und wir natürlich auch; was wiederum die Alten nicht wissen ; )

** Anmerkung von einem der Alten, der anonym bleiben möchte: Denkste!!! :)))

 

Nach sieben Wochen und einer Vielzahl von Ausflügen quer durch das ganze Land, ist es endlich soweit. Sie soll vorübergehend Quartier im besten Hotel der Stadt beziehen. Für den Nachmittag steht Shoppen in der benachbarten mixc und für den Abend steht Clubbing im KO Club auf dem Programm.

 

Fafnir hat sich ganz klein gemacht, sich mit seinen Flügeldronen an die Kette um Lories Hals gehängt und eine rotgoldene Färbung angenommen. Passend zu besagter Kette. Eigentlich ist diese Farbe den Alten vorbehalten. Doch es wurde ihm seiner Verdienste ausnahmsweise, zwecks Tarnung gestattet. Dass Jadegrün der Jung-Drachen, das ebenso eine gute Mimikry abgegeben hätte, erspart man ihm gütiger weise.

 

Auf der Einkaufsliste stehen Dinge wie High Heels, Sandalen, ein Smartphone plus Sim Karte und Power Bank, massenhaft Make-up und andere Kosmetika, sowie verschiedenste Outfits. Klar, das Lorie begeistert ist und das zeigt sie auch deutlich. Nur Fafnir ist es nicht; was sind 1000 Jahre des Wartens, verglichen mit der Ewigkeit einer ermüdenden Shoppingtour. Auch fürchtet er die Kosten, denn diese Mal steht im Ruf, die teuerste in ganz Nordost China zu sein. Er hat keine Lust, den gestrigen Ausflug zu den Triaden nach Dalian, zwecks des Tausches von Gold gegen Bargeld, häufiger als notwendig zu wiederholen. Denn auch wenn sich Lorie recht wacker bei den Verhandlungen schlug und nicht zu arg übers Ohr gehauen wurde, die gierigen Blicke der Gauner, mit denen sie sowohl Lorie als auch das Gold musterten, behagten Fafnir gar nicht. Gut nur, dass Lories Ranzen auch in der hiesigen Zeit funktioniert. Was Fafnir, bei näherer Betrachtung zwar etwas wundert, aber vielleicht, so denkt er sich, hat das ja gar nichts mit Magie zu tun. Nun, als Lorie die halbe Million Yuan Bündel um Bündel voller Hunderter in den Ranzen steckte, waren es die Halsabschneider, die verwundert und unbehaglich dreinblickten. Dianas gut sichtbarer Hirschfänger an Lories hohen Stiefeln, sowie der Anblick ihrer wohl definierten Muskeln, taten ein Übriges.

 

Fafnir hatte ihr gesagt, dass die Frauen dieses Landes wenig zimperlich und sehr schlagkräftig sind. Klar, dass diese Aussage, Lorie ein bereites Lächeln entlockte. Und genau dieses Lächeln erscheint eben gerade wieder, als sie die edlen Auslagen der Bekleidungsgeschäfte erblickt. Lorie ist gefesselt. Schuhe, Kleider, Taschen und Schmuck in Hülle und Fülle. Ein Geschäft neben dem anderen, eines edler als das andere.

 

Doch urplötzlich sind die Auslagen in diesem unglaublichen Basar Nebensache. Eine Gruppe Frauen kommt Lorie entgegen, ihre Fröhlichkeit ist fast physisch greifbar. Doch noch mehr ist Lorie von der unglaublichen Schönheit und Präsens dieser Frauen fasziniert. Wandeln die Götter jetzt offen unter den Menschen, fragt sich Lorie im Stillen. Nur halbbewusst nimmt sie den resignierten Fluch Fafnirs wahr: „Oh Scheiße, nicht die schon wieder!“

 

Ohne Zögern, ohne Scheu und ohne wirklich nachzudenken, tritt Lorie auf die Göttinnen zu. Und Fafnir weiß schon, was jetzt kommt. Verhalten zischt er Lorie zu: „Das sind keine Göttinnen, das sind menschliche Frauen. Wenn auch zugegebenermaßen, eine besonders Bemerkenswerte. Nimm dich in Acht und verplappere dich nicht!” Lorie stockt, doch die Frauen bemerken sie und zeigen sich neugierig. Ein Zurück gibt es nun nicht mehr. Also nimmt Lorie ihren Mut zusammen und spricht sie an: „Verzeiht mir meine Aufdringlichkeit, ihr edlen Damen. Mein Name ist Loreley. Ich komme von weither und bin etwas verloren. Darf ich euch zu Speis und Trank einladen, und im Gegenzug um eure Hilfe nachsuchen?“ Etwas verwundert, jedoch mit freundlichem Ausdruck, mustern die überirdisch schönen Wesen, Lorie. Die Gruppe besteht nicht nur aus einheimischen Frauen. Vier scheinen von hier zu stammen, drei weitere sehen aus, wie die Frauen ihrer Heimat. Nur viel souveräner und stattlicher. Eine Weitere mit dunklerer Hautfarbe, deutet Lorie im Land der Pharaonen oder in Nubien geboren zu sein.

 

Unwillkürlich hat sie die Frauen in ihrer Muttersprache angeredet und nicht in der gerade erst erlernten, fremden Zunge. Denn sie will einen guten Eindruck machen. Dennoch erstaunt sie die Reaktion der Gruppe. Ganz weich werden die Gesichter, Unglaube und Faszination spiegeln sich darin. Ja, Lorie vermeint sogar Zuneigung und Wärme zu erkennen.

 

„Wow! Was für eine Stimme und was für eine wunderschöne Erscheinung!“ Die große, blonde Frau, offensichtlich das Oberhaupt dieser Wesen, ist wirklich freudig überrascht. Kurz blickt sie zu der etwas reiferen, einheimischen Schönheit und fährt dann wieder an Lorie gewandt fort: „Aber natürlich helfen wir Ihnen gerne. Auch ohne eine Gegenleistung. Im Übrigen, das sind Chun Ling, Betty, Mara, Shu Tong, auch Bella genannt, Zie Wei oder einfach Yuki and last, but not least Lian Quei kurz Vivian. Mein Name ist Eva, sei uns herzlich in unserer Mitte willkommen!“

 

Vergrätzt hat Fafnir Eva nach geäfft und ihre oft gehörte Rede leise souffliert … „Mein Name ist Eva, sei uns herzlich in unserer Mitte willkommen, …“. Doch plötzlich registriert er, dass dieses Mal etwas anders ist. Hoffnungsvoll blickt er zu den Frauen. Chun scheint dieses Mal ruhig und nicht eifersüchtig zu sein, Vivian ist desinteressiert und am aller wichtigsten, Yuki hat keine feuchten Augen und keinen stieren Blick. Sollte die Katastrophe dieses Mal tatsächlich ausbleiben? „… liebes Kind!?“, grummelt Fafnir trotzdem weiter. „Ha, wenn du wüsstest!“, denkt er noch, bevor er sich dem Geschehen gänzlich widmet.

 

In Gedanken ist er die Permutationen und möglichen kurzfristigen Zukunftsszenarien durchgegangen. Alles hängt von den Handlungen Lories und den Reaktionen Chun Lings, Yukis und Vivians ab. Die Kausalität ist unerbittlich, doch er sieht keine aufkommende Schockwelle, kein heraufziehendes Armageddon, dass das Gefüge der Realität zerreißt und diese ins Chaos stürzt. Jetzt kann er auch deutlich entspannter dem Zusammentreffen mit Petra und Karin entgegensehen. Der Abend könnte so gar recht vergnüglich werden.

 

Der Nachmittag gestaltet sich für Fafnir wie erwartet öde. Die Frauen ziehen von Geschäft zu Geschäft und kaufen viele Dinge ein. Deutlich mehr, als auf der ursprünglichen Einkaufsliste stehen. Die Damen kehren noch in einem Restaurant ein, um, wie Eva und Chun es ausdrückten, eine Grundlage für den Abend zu schaffen. Fafnir weiß, was dies bedeutet. Zumal er selbst seit geraumer Zeit unbändigen Durst verspürt.

 

Endlich verabschieden sich die Frauen und es geht zurück ins Hotel. Zum Glück ist der Weg nicht weit, nur wenige 100 Meter bis zu den Aufzügen.

 

„Ich gebe ja zu, dass du in den Fummeln richtig scharf aussiehst. Aber hättest du das alles nicht auch etwas zügiger erledigen können. Ich bin fast verdurstet!“ Fafnirs Stimmung ist nicht die Beste, und die Aussicht auf einen nicht vorhersehbaren Verlauf des Abends, ist nicht dazu geeignet, diese zu verbessern. 10 Frauen und nur vier Männer, dazu zwei davon noch halbe Kinder, versprachen einen ziemlichen Eiertanz. Einen Mahlstrom der Gefühle. Der Alkohol würde ein Übriges dazu beitragen. Fafnir sieht sich genötigt, Lorie ins Gebet zu nehmen.

 

Er hakt sich los, wächst auf Menschen Größe und beginnt: „Lorie Süße, der Club, in dem du heute verabredet bist, besitzt einen Pool, und zu der Gruppe Frauen, die du heute getroffen hast, gehören noch weitere Menschen. Darunter sind auch Männer. Bitte frage mich nicht, doch ich möchte, dass du mir jetzt genau zuhörst und dass du befolgst, was ich dir jetzt auftrage!“ Lorie ist über die Ernsthaftigkeit und die Resignation in Fafnirs Stimmer erschrocken: „Habe ich etwas verkehrt gemacht, lieber Freund? Die Frauen sind so nett und herzlich gewesen, wie sollten sie mir etwas Böses wollen?“

 

„Lorie bitte, ich darf es dir nicht sagen. Bitte ziehe einen dieser neuen Bikinis unter das Kleid, das du für heute Abend ausgewählt hast. Entblöße unter keinen Umständen deine Brüste und lass dich nicht verleiten zu singen. Von den Männern der Gruppe, die du heute treffen wirst, bitte ich dich die Finger zulassen. Zumindest von den beiden ältesten, egal, wie galant und anziehend sie auch sein mögen. Diese Männer sind nicht für dich gedacht.

 

Lorie will aufbegehren, Fragen stellen, doch als sie Fafnirs flehenden Blick sieht, unterlässt sie es. Sie denkt sich: „Warten wir mal ab, was passiert.“ Sie greift nach ihrem Freund, küsst ihn ungestüm, grinst frech und schwebt, getragen durch seinen Kuss ins Bad. Halb lächelnd, halb in Sorge, ruft er ihr noch hinterher, sie möge so etwas heute Abend doch besser unterlassen. Als Antwort fliegt ihm nur ein leichtes Sommerkleid entgegen.

 

 

Während dessen im Hauptquartier der Familie, das nur 300 Meter Luftlinie von Lories Hotelzimmer entfernt liegt.

 

Chun, Eva, Petra und Karin sitzen bei Kaffee und leichten Snacks zusammen und lauschen gebannt Maras Ausführungen.

 

„Ihr werdet es nicht glauben, aber ich habe es deutlich gespürt. Sie ist eine von meiner Art, eine Schwester, Cousine oder wie immer man das nennen soll. Ich bin sicher. Aber vor allem habe ich ihn wiedererkannt. Er muss es sein. Ich kann mich nicht täuschen!“ Mara ist vollkommen aufgelöst, Hin und her gerissen zwischen Angst und Freude. „Wir kennen sie doch noch kaum! Wieso nennst du sie Schwester?“, hakt Chun sofort ein. Doch Eva bittet sie, sich zu gedulden. Das ernste Gesicht, das Evas Bitte begleitet, lässt Chun unbehaglich verstummen.

 

Just in diesem Moment betreten Bella und Yuki die Szene. Von echter Neugier getrieben, fragt Yuki: „Redet ihr über Loreley, diese junge Frau von heute Nachmittag? Die mit der Wahnsinns Stimme?“ Beide Neuankömmlinge lümmeln sich auf die letzten, freien Plätze.

 

Als Yuki den Namen der jungen Schönheit ausspricht, werden Eva, Petra und Karin schlagartig klar, welche Ungeheuerlichkeit Mara da andeutet und wer mit IHN gemeint ist. Doch nur Eva ist sich der Implikationen in ihrer Gesamtheit bewusst. Um den zu erwartenden Schock, ob dessen, was Mara wohl gleich eröffnen wird, abzumildern, fragt sie in die Runde: „Wer von euch glaubt an Geister, Drachen und andere Fabelwesen?“

 

Weder Chun noch Yuki verstehen, was hier gerade passiert. Plötzlich, wie in Trance spricht Bella den Verdacht von Eva und Mara aus: „Loreley, die Schöne vom Felsen, Tochter von Vater Rhein, Freundin von Fafnir dem Lindwurm, dem Hüter des Reingoldes … Der Ring …!“ Mit Tränen in den Augen fährt sie fort: „Sie ist eine Nymphe, eine Halbgöttin!“ Dann ungläubig an Mara gewandt: „Und du, du bis eine von Ihnen. Salmakis, du bist ein Hermaphrodit und viele tausend Jahre alt. Ihr seid Unsterbliche!?“ Als Bella verstummt, stammelt Yuki: „Die Stimme, das Amulett und der leuchtende Stein in ihrem Ring. Ihr verarscht uns nicht, ihr meint das ernst? Ist das ein echter Drache, und der Stein soll Fafnirs Auge sein, der magische Ring? Mara bitte sag, dass das nicht wahr ist!“

 

Mara nickt bedächtig, während Petra, Karin und Chun ungläubig von einem zum anderen blicken und nicht entscheiden können, ob sie hier gerade Opfer eines bescheuerten Scherzes werden oder ob sie in wirklichen Schwierigkeiten sind. Na ja, zumindest Petra und Karin kennen die Geschichten über Loreley und ihrem Verhältnis zu Männern. Chun hat einfach nur Angst. Der Umgang mit Drachen und Halbgöttern liegt weit außerhalb ihres Erfahrungshorizontes. Doch ungeachtet dessen wittert sie Gefahr. Mit schreckensgeweiteten Augen blickt sie auf Mara und fragt: „Du hast wirklich einen Schwanz? Ich kann‘s nicht glauben, zeig her!“

 

„Später Schwester!“, schaltet sich Eva ein, sie hat die anderen genau beobachtet und sieht nun ihre Befürchtungen durch Chuns und Yukis Reaktionen bestätigt. Es ist höchste Zeit zu handeln: „Meine Damen, wir sind in Schwierigkeiten. Uns bleibt nicht mehr viel Zeit bis heute Abend. Trommelt alle zusammen, Familienrat in 15 Minuten. Und seht zu, dass ihr unsere Männer einsammelt. Keine Ausnahmen! Ich will alle in 15 Minuten hier haben!“ Der Befehlston, in dem Eva spricht, nötigt dem als Wandgemälde getarnten Alten gehörigen Respekt ab. „Sie ist wirklich einzigartig. Es gibt also doch noch Hoffnung für die Menschheit”, denkt er und teleportiert zufrieden zurück zum zentralen Hort der Alten, um Bericht zu erstatten.

 

 

Fafnirs Zuversicht, die er eben noch verspürt hat, als er den Bericht des Alten aus dem Familien HQ vernahm, gerät beim Anblick Lories massiv ins Wanken. Angst und unzüchtige Gedanken liegen bei ihrem Anblick im Widerstreit. Doch es bleibt keine Zeit, um noch einmal auf sie einzuwirken. Er muss auf die Weisheit der Alten und dieser unglaublichen Eva vertrauen. Wüsste er es nicht besser, könnte man glatt glauben, dass sie eine echte Göttin ist.

 

22:30 Uhr. Zeit zum Aufbruch in den KO Club. Zeit für die Weichenstellung um die Zukunft der Menschheit. Mit Sorge legt er sich um den Hals Lories und erstarrt.

 

So mein liebes Sirenchen, mehr erfährst du nächstes Jahr um die gleiche Zeit.

 

Bleib gesund und fit, denn dir stehen unglaubliche Abenteuer bevor. Alles Liebe und Gute für dein neues Lebensjahr wünschen dir:

 

Petra

Karin

Walter und Paul

Lorie im KO-Club

 

Lori im Ko Club

 

Obwohl es nur 250 Meter vom Hotel bis zum Ko Club sind besteht Fafnir darauf, dass sie einen Wagen nimmt und standesgemäß auftritt. Für diesen Abend muss es ein Bentley sein. Auf der Karte mit der Einladung, die erst vor wenigen Minuten von einem Pagen überbracht worden ist, steht, dass sie diese Karte nur am Eingang vorzeigen soll – für alles Weitere sei gesorgt.

 

Lori registriert sofort, wohin die kurze Fahrt geht. Es ist das Haus mit den wunderschönen, bunten, sich bewegenden Lichtern und der wilden, rhythmischen und doch so unglaublich harmonischen Musik. Klänge, wie sie sie noch nie zuvor vernommen hatte. Hart und doch zugleich sphärisch leicht und heiter. Klänge die Lorie hypnotisieren, sie geradezu zwingen wollen, sich zu bewegen und die sie in eine feierlich, verwegene Stimmung versetzen. Faszination gepaart mit Ängstlichkeit, Neugierde, begreifen des unfassbaren an Möglichkeiten, Hilflosigkeit und Trotz – Akzeptanz. Die Erkenntnis, dass sie sich wirklich in einer vollkommen anderen Welt mit ihr grundlegend fremden Gebräuchen, Gesetzen und Verhaltensweisen aufhält, überkommt sie nicht zum ersten Mal. Doch dieses Mal kommt sie mit Macht und lässt sich auch nicht verdrängen. Alles Wissen, all ihre kleinen Zauberkunststücke und Hilfsmittelchen, ihre Herkunft und ihre Geschicklichkeit in der Wildnis zu überleben, nutzen ihr hier wenig bis gar nichts. Allein in dieser, einer kleineren Großstadt, leben viel, viel mehr Menschen als in ihrer ganzen früheren Welt. Und es sind Menschen aus fast jeder Ecke des Planeten hier vereint. Da konnte man/nymphe ziemlich viel falsch machen. Und im Gegensatz zu ihr, war Fafnir fast 10 mal älter und kannte sich mit Menschen viel besser aus. „Ich sollte wohl besser auf dich hören!“, fügte Lori in Gedanken hinzu.

 

„Braves Mädchen!“, wispert es am Rande ihrer Gedanken. „Raus aus meinem Kopf, du alter Lurch.“ Halb resigniert, halb im Scherz denkt Lorie diese Worte. Denn sie genießt diese Art der Kommunikation und die Sicherheit und die Vertrautheit die ihr Fafnirs Präsens bieten.

 

Der Wagen stoppt, ein Bediensteter öffnet und hält ihr die Wagentür auf. Neugierige und erstaunte Blicke der Umstehenden schlagen ihr entgegen. Nicht zu Unrecht, wie ein neutraler Beobachter zugestehen müsste.* Lori trägt nichts von der gerade neu erworbenen Garderobe, sie trägt ihr Goldoutfit. Ob der Ominösen Bitten von Fafnir neugierig geworden, dachte sie bei der Auswahl der Abendgarderobe: „Gut mein Lieber, du rückst nichts raus … Dann will ich aber wenigstens ein bisschen Spaß. Wenn schon, denn schon.“

 

Goldene Sandalen, (Mini-)Rock (Schurz trifft es eigentlich eher), Bustier (Kettenhemd, Ketten BH, goldener Brustpanzer, ach was weiß ich, wie man das nennen soll? Ratten scharf das Teil jedenfalls) dazu ihr Ring und ein großes rotgoldenes, irritierend realistisches und detailliertes Drachentattoo, das sich über den freien Rücken und Schulter windend um den linken Arm schlängelte.

 

*Anmerkung der Redakteure: Neutral? Wer kann bei so einem Anblick schon neutral bleiben. Lories Quoten gehen durch die Decke (und das soll auf dem Olymp und in Walhalla schon etwas heißen). Wie wir gerade im Weiteren aus zuverlässiger Quelle erfahren, haben Aphrodite und Zeus wieder diesen Blick aufgesetzt. Jener der in der Antike schon zu so mancher Verwicklung führte und einigen Legenden voraus ging. Wir verweisen nur auf Europa, ein One Night Stand, drei Blagen, 1.000 Km von Zuhause ausgesetzt. Oder Leda. Was bei dem keinen Nachmittagsschäferstündchen heraus kam, ist ja sattsam Bekannt … Helena, Troja … na klingelt‘s!?

Außerdem sollen sie schlicht angefangen haben, zu sabbern.

Ps. Apropos Sabbern. Wir entschuldigen uns für die unprofessionelle Entgleisung des Erzählers. Mittlerweile hatte er wieder aufgehört zu stieren und zu sabbern und kann weiter machen.

 

*(lautes verschämtes Räuspern)*

Lori überreicht dem Bediensteten die Einladung und wird daraufhin mit einer Verbeugung an zwei weitere einheimischen Angestellte übergeben. Einerseits genießt Lori die Aufmerksamkeit und Zuwendung, andererseits ist es ihr fast schon unangenehm. Weiß sie doch, aus den Unterweisungen Fafnirs, um die jüngere Geschichte dieses Landes und um die schreckliche Leiden dieses Volkes. Wieder muss sie sich vor Augen führen, dass sie in falschen Zeiträumen denkt; das liegt 40 Jahre und mehr zurück. Diese Menschen hier sind viel später geboren, sie kenne diese Schrecken, wenn überhaupt, nur aus Erzählungen ihrer Eltern oder Großeltern. Es sind Sterbliche – und dein Körper, wenn auch zäher und besser, ist jetzt auch sterblich.

 

Als Lorie das Innere des Clubs betritt, ist es, als wenn sie gegen eine Mauer aus Licht und Lärm prallt. Wie weggewischt sind die ernsten Gedanken, als sich der Lärm in Musik wandelt und sich Konturen aus dem bunten Lichtwirbeln schälen. Lori sieht Tänzer, Menschen die fröhlich trinken, reden, sich umarmen, grüßen und chaotisch umeinander laufen. Krieger bewachen eine Tänzerin, die halb nackt, gekonnt laszive Bewegungen an einer Stange vollführt. „Das nennt sich Pole Dance und wird als eine Art Sport zur Unterhaltung angesehen. Kraft und Geschick gepaart mit Eleganz und Erotik. Eine der schöneren Erfindungen der Menschen“, flüstert es in ihren Gedanken.

 

Der Gäste Manager führt sie zu einem großen Separee an der Stirnseite des Raums. Sofort springen alle Anwesenden am großen Tisch vor dem Sofa auf und wenden sich Lori zu. Aufs herzlichste wird sie begrüßt. Die Gruppe wird ihr von der Anführerin vorgestellt: „Willkommen Loreley. Das sind Petra, Karin, Vivian 2+3, TianTain oder einfach Sweet, Yoyo, FanFan, LingLing, Abeer, Charlie Chen, JP, Eric, Klaus, Roger, Walter, Wenke Li, Harry, Lance Yang, Didi Lee, und das an der Stange dort ist Vivian 1 die anderen kennst du ja schon, und das ist Paul … mein Mann!“ Als diese Anmerkung mit einer klitzekleinen Verzögerung nachgeschoben wurde, wird Lori unwillkürlich hellhörig: „Ah, er ist also der heilige Fasan hier, der der die goldenen Eier legt – merken.“ Bestärkt in ihrer Annahme wird Lori auch dadurch, dass sich bei diversen anderen Frauen ob dieser Aussage Widerstand regt oder doch Verwunderung deutlich spürbar wird.

 

Scheinbar sind jedoch Roger, Klaus, Charlie und Walter, sowohl von der Reaktion auf Lori wie auch der anderen Damen

weitestgehend unbeeindruckt, ohne jedoch unhöflich zu sein. Charmant und unverbindlich – ha – das hat sich Lori anders vorgestellt. „Okay – brav bleiben, keinen Ärger machen!“ Lori muss unwillkürlich grinsen. „Ich liebe dich, gutes Mädchen! Nur Wenke, Eric und Lance sind nicht vergeben. Lance ist ein Goldfisch aber einer mit Zähnen. Eirc ist ein Filou, flatterhaft und unreif aber mit großem Potenzial und Wenke ist ein sehr treuer Weggefährte aber kein Leitwolf“, hallte es in ihrem Hinterkopf.

 

Lori schaut sich nach und nach die Genannten an zu erst dieser Eric, diesen kleinen jedoch quirligen, intelligenten und offenen Mohamedaner. Dann ist der gut gewachsene und stille aber wache einheimische Wenke dran. Zuletzt den Hai in der Goldfischhaut.“ Fafnir fährt fort. „Didi steht für kleiner Bruder, Paul darf ihn so nennen weil er deutlich älter ist und Lee ihn respektiert. Außerdem ist ChunLing die ehemalige General Managerin seines zweiten first class Clubs, dem Queens Club. Geliebt und gefürchtet, sehr kompetent, einer geborene Anführerin; jetzt ist sie eine von Pauls Frauen. Sie wird nur von Eva und Indra übertroffen. Indra wirst du vielleicht auch kennen lernen, sie weilt zurzeit in ihrem Geburtsland Indien.“ Fafnir erzählt weiter über diese Familie ihre Ziele, Werte und Lebensweise. Lorie schwirrt einweinig der Kopf, so viele Menschen und alle sich zugetan, ohne Streit über die ganze Welt verteilt. „Danke, hast du mehr nützliche Informationen, was weißt du noch über diese Leute? “, hakt Lori trotzdem reflexartig nach. Es dauert einige Sekunden bis sie Fafnirs Aussagen mit den Beobachtungen in Verbindung bring, doch dann reift die Erkenntnis und noch bevor Fafnir antworten kann: „Nein, das glaube ich jetzt nicht! Alle? Eva, Mara, ChunLing, Vivan 1(?), Yuki und Bella …? Gibt’s da vielleicht noch mehr? Haha ich glaub’s ja nicht.“ „Tatsächlich gibt es da noch viel mehr; Namen, Gefühle, wie auch Geschichten und Schicksale die dahinterstecken. Paul und Eva leben mit vielen Menschen zusammen und viele Menschen lieben diese beiden Personen. Auch dein Schicksal ist eng mit all diesen Menschen verbunden oder wird es sein. Bitte verzeihe mir, aber ich darf dir nicht mehr sagen. Es wäre falsch und gefährlich, wenn ich es täte. Es könnte dich beeinflussen und zur selbsterfüllenden Prophezeiung werden.“ Begleitet von einem tiefen Seufzer, nahm Fafnirs Stimme bei diesen Worten eine tiefe Wärme an.

 

„Okay, also dann ist der Goldfasan tabu!? Was ist mit den anderen?“ Obwohl sie sehr neugierig auf eine Antwort ist, wird sich Lorie bewusst, dass sich ihr stummer Dialog in die Länge zieht. Ihr stierer Blick, der auf Mara gerichtet ist, erregt langsam Aufmerksamkeit. Mara hingegen lächelt ihr offen und warmherzig entgegen. Sie streckt eine Hand nach Lorie aus, zieht sie neben sich aufs Sofa und rettet so die Situation.

 

„Pass auf! Sie ist von deiner Art und sie weiß es. Sie weiß, wer und was du bist!“ Fafnirs geistige Stimme überschlägt sich fast, als ihm selbst bewusst wird, was er eben erspürt hat.“

 

„Hallo Schwester, schön dich hier zu sehen. Ich habe schon viele Legenden und Geschichten über dich gehört. Ich freue mich sehr, dass wir uns gefunden haben. Sei uns wirklich von Herzen willkommen.“ Während Mara Lorie diese geistige Botschaft sendet, hält sie sie fest umarmt. Lorie ist überwältigt, verwirrt, überrumpelt, Tränen wollen ihr in die Augen steigen. Doch das strahlende Lächeln Maras ist ansteckend und so stammelt sie auf geistiger Ebene nur:“ Wie, was, wer bist du, woher weißt du …?“

 

„Ach Süße, so wie du redest… Das man 1000 Jahre lang nichts von dir gehört hat, deine Schönheit und deine Stimme nicht gesehen und gehört hat. Und dann spürst du es nicht auch? Dieses Ziehen? Siehst du nicht dieses Strahlen, diese Aura, die uns umgibt? Du bist definitiv eine Halbgöttin! Du bist Loreley, eine Nymphe, Tochter von Vater Rhein und Mutter Ran. So, wie ich Salmakis bin, eine Nymphe, ein Hermaphrodit, eine Laune der Götter. Wir sind Schwestern oder doch zumindest Cousinen.“ Maras klare geistige Stimme blendet alles aus, übertönt die laute Musik, die Blicke, die Gespräche, die flackernden Lichter.

 

„Ich kenne dich und doch erkenne ich dich nicht. Wie kann das sein?“ Lorie ist ernstlich verwirrt. „Mein erster Körper verfiel, ob der Trauer über meinen Verlust und dem Spot der Götter. Doch unsere Seelen sind unsterblich und suchen sich immer wieder leer geborene Hüllen. Du hast noch deinen original Körper. Pflege ihn, denn er ist sterblich geworden! Du hast den Ring benutzt, richtig!? Wenn dem so ist, dann bist du jetzt wie ich genetisch eine Atlantanerin.“ Mara atmet geistig tief durch, setzt alles auf eine Karte und dann: „Fafnir gehe ich richtig in der Annahme, dass du in Loreley‘s Kopf steckst oder hast du mich schon direkt angezapft?“

 

„Hallo Mara, wir sind uns zwar noch nicht begegnet aber dein Ruf eilt dir voraus. Direkt, wenn‘s beliebt und dich nicht stört, ist einfacher und sicherer.“ Fafnir hat nach dem ersten Erkennen mit diesem Kontakt gerechnet. Er hatte zwar schon früher auf anderen Zeitlinien mit Mara gesprochen, doch noch nie hatten sich die Ereignisse so schnell und überstürzt entwickelt. Eine Mischung aus Ehrlichkeit und Opportunismus war jetzt wohl angezeigt:  „Also Augen zu und durch.“ Kaum, dass er dies gedacht hatte, vernahm er ein schallendes geistiges Lachen in seinem Bewusstsein: „Hahaha – du solltest dich mal mit Paul unterhalten, möglichst bald. Und keine Angst, er ist geistig flexible genug um sich ernsthaft mit dir auszutauschen, er wird nicht glauben überzuschnappen, weil er mit einem Drachen spricht. Alle hier sind bemerkenswerte Menschen! Du musst auch unbedingt Indra und Yani kennenlernen; später vielleicht. Gehe ich weiter recht in der Annahme, dass eure Anwesenheit kein Zufall ist?“

 

Fafnir staunte nicht schlecht, das war wirklich neu. Keiner der bisherigen Versuche, keine der vielen Zeitlinien hatte jemals zuvor so viel Akzeptanz, Verstehen und Offenheit beinhaltet, was ja letztlich so oft zu Missverständnisse und zum Bruch mit seinen katastrophalen Folgen geführt hatte. „Nein meine verehrte Nymphe, es ist kein Zufall. Doch ich darf dir leider nicht mehr sagen. Jede Beeinflussung von Loreley und euch muss so gering wie möglich gehalten werden. Eure Aufgabe ist zu wichtig für die Menschheit, als das auch nur ein einziger Fehler lässlich wären!“ Mara ist versucht nachzuhaken, doch sie unterlässt es, ahnt sie doch dass es höchst unwahrscheinlich ist, dass sie auf diesem Wege mehr erfährt.

 

Stumm nickt Mara Loreley zu. Und dann ergänzt sie mit kräftiger Stimme: „Noch einmal, sei uns herzlich in unserer Mitte willkommen Schwester! Lasst uns heute feiern.“ Kaum das Mara diese Begrüßung als eine Art Toast ausgesprochen hat, sieht Lori wie Eva einige Worte mit Didi Lee wechselt und dabei auf diese wunderschöne Einheimische mit dem Namen Yuki deutet. Auch den Nubier JP bezieht sie in ihre Geste mit ein. Das Gesicht Lee‘s strahlt, er nickt zustimmend, steht auf und geht in Richtung Bühne, die sich auf der entgegengesetzten Seite der großen Raumes befindet. Der Kapellmeister auf der Bühne lässt die Musik verstummen. Geschickt erklimmt Lee die Bühne, ergreift einen der Stäbe die seine Stimme einfangen und verstärken können, und spricht dann in der hiesigen Sprache zu der versammelten Menge. Gut 1000 paar Augen sind auf ihn geheftet und 1000 paar Ohren vernehmen seine Ankündigung: „Verehrte Gäste, es ist mir eine große Ehre, dass ich euch Heute etwas besonderes Ankündigen darf. Direkt aus Shenyang, Yuki mit ihrer unvergleichlichen Stimme und JP der Virtuose an der Gitarre. Applaus …!“ Der kommt dann auch, und zwar recht frenetisch.

 

Lori ist von Yukis Stimme begeistert, so klar und rein, so kräftig und doch so voll von schmelzender Süße. Eine Sterbliche mit der Stimme einer Göttin. Wüsste Lori es nicht besser, müsste sie annehmen einer weiteren Schwester zu begegnen.

 

Das Duo endet, zu erst ist es sehr still. Der letzte Akkord verklingt, entschwebt in die Seelen der Anwesenden. Dann bricht tosender Beifall aus. Erst durch das Versprechen Yukis, ein weites Lied zu singen, kann die Menge halbwegs beruhigt werden.      

 

Yuki singt eine alte Volksweise über die Liebe zwischen einer Dämonin und einem armen Landarzt. Das Lied ist sehr bekannt und gegen Ende, als sie den Bann ihrer Stimme zu lösen beginnt, singen alle mit. Lori ist schwer beeindruckt, ihre Stimme ist Magie und unwiderstehlich. Doch Yukis Stimme ist pure natürliche Schönheit, unterstrichen noch durch ihre Erscheinung. „Das perfekte Packet“, muss Lori sich eingestehen. „Das weiß sie und sie ist eine totale Egomanin, schlimmer noch als eine ganze Reihe von Göttinnen, die mir begegnet sind“, flüstert Fafnir resigniert in ihrem Kopf. Er weiß, was jetzt folgt – der Sängerrinnenwettstreit, eine Halbgöttin deren Stimme Hunderte Männer ins Verderben gerissen hat, gegen eine egomane Prinzessin, talentiert, kompetent und ehrgeizig, sich ihrer Selbst und ihrer Wirkung voll und ganz bewusst.  Beide annähernd perfekte Erscheinungen und doch gegensätzlicher was Aussehen, Art und Hintergrund angeht, als die meisten Anwesenden je erfassen könnten.

 

Yuki hat Lori herausgefordert, sie will ihr auf den Zahn fühlen. Ob in Absprache mit den anderen oder aus eigenem Antrieb vermag weder sie noch Fafnir einzuschätzen. Doch das ist auch unerheblich. Eine Niederlage Yukis würde Spannungen erzeugen, dessen ist sich Lori auch ohne Fafnirs Ermahnungen bewusst. Ihrer Stimme kann niemand widerstehen, egal ob Mann oder Frau. Aber kneifen geht auch nicht, das würde ihrem Image schaden und erstrecht Mistrauen schüren. Welch ein Dilemma. So viel zur entspannten Party.

 

 

Mara und Fafnir folgen stumm dem inneren Monolog Loris. Dann greift Mara mit Fafnirs Segen ein: „Ich werde dir alles erklären, doch für jetzt lass Yuki einfach gewinnen, ich weiß du schaffst das, ohne dein Gesicht zu verlieren!“ Doch weiter kommt Mara nicht. Denn eben ist der Applaus verebbt, da ist Yukis Stimme auch schon erneut zu vernehmen: „ Und nun Liebe Gäste, direkt aus Deutschland, die unvergleichliche Loreley – höchst persönlich!“ Mit einem herausfordernden Blitzen in den Augen und einem verschmitzten und doch herzlichen Lächeln deutet Yuki auf die wenig überraschte Loreley. „Applaus bitte für unseren einzigartigen Gast!“

 

„Biest! Na warte.“ Denkt Lori nur. Ein süffisantes Lächeln kann sie sich nicht verkneifen, als sie und Yuki sich im Gang zwischen Sofa und Bühne begegnen. Der Kontrast könnte nicht größer sein. Yuki hat keine Chance und das erkennt sie auch im selben Moment. Verunsichert wendet Yuki sich schnell ab und eilt zu ihrem Sitzplatz.

 

„Das, meine Liebe, hast du dir selbst eingebrockt!“ Chun und Eva haben die Szene genau beobachtet und nach einem kurzen nonverbalen Austausch beschließen sie, dass eine Zurechtweisung von Chuns Seite angebracht ist. „Zeig dich wenigstens als gute Verliererin!“ Damit wendet sie sich wieder dem Geschehen im vorderen Bereich des Clubs zu.

 

Lori hat die Bühne erreicht, sie erklimmt gestützt von den Umstehenden das kniehohe Podest. Ein Mikrofon wird ihr mit den Worten: „da vorne rein singen und nicht zu dicht ran!“,   gereicht. „Tu so, als bräuchtest du es. Mit dem schwarzen Knopf an der Seite kannst du es abschalten!“, rät ihr Fafnir.

 

Lori steht mitten auf der Bühne, ganz still, getaucht in stetes grell weißes Licht, das von ihrer Kleidung und ihren Haaren wie eine goldene Aura reflektiert wird. Verstärkt wird diese Effekt noch durch den Kunstnebel, der von oben auf sie herab wallt. Lori hat sich etwas besonderes einfallen lassen.  Es ist ein sehr altes Drachenlied. Eines, das sie sogar in der Sprache der Drachen beherrscht. Wenn Menschen früher diese Sprache hörten, glaubten sie zu verstehen, doch entglitt ihnen der Sinn sofort wieder. Aber es blieb immer ein wenig zurück, ein Gefühl der Heiterkeit, der Wärme oder auch der Zuversicht und Stärke.

 

Lori hob an und es wurde schlagartig totenstill im Raum, nur ihre Stimme war zu hören. Voll, tragend und doch in hohen Sphären angesiedelt und von betörender Süße. Schon nach wenigen Takten, erhebt sich eine Projektion, ein Geisterbild von Ihrer Schulter. Die Erscheinung gleicht einer dreidimensionalen, durchsichtigen Kopie ihres Drachen Tattoos. Das Geisterbild bewegt sich mit den Harmonien des Liedes. Kaum jemand wagt auch nur zu atmen, jeder ist wie gelähmt, fasziniert vom dem was sie sehen und hören.

 

Doch plötzlich schleichen sich Misstöne in die Harmonien, ein Kratzen, ein Husten. Der Drachengeist zerplatzte. Nach vorne gebeugt und nach Luft ringend, hustet Lori eine Entschuldigung ins Mikro und verlässt die Bühne. Beeindruckt, jedoch auch enttäuscht, applaudiert das Publikum artig und lautstark. Der Bann ist gebrochen, das Publikum entlässt Lori aus dem Fokus seines Interesses.

 

Yuki weiß sehr wohl, dass sie verloren hat und das diese Loreley ihr gerade ein großzügiges Almosen gegeben hat. Das ist für Yuki ein harter Brocken, den sie da bewältigen muss. Doch der Einfluss von Eva, Chun und Paul fruchten. „Umarme was du nicht besiegen kannst.“ Eines von Pauls Zitaten. „Da ist vielleicht was dran“, denkt Yuki: „und wer weiß!? Sie ist ja auch nicht unsympathisch – sie hätte nach der kleinen Provokation ja auch durchziehen können. Ihr scheint es aber nicht so wichtig zu sein und sie zeigt Gespür. Vielleicht ist ja was dran, an dieser Nymphen und Drachen Geschichte. Das Ding mit dem Hologramm, die Stimmen und Ihrer Erscheinung … Da steckt mit Sicherheit mehr dahinter. Außerdem ist Mara ganz sicherlich nicht übergeschnappt. Die älteren Schwestern steigen jedenfalls voll auf die Sache ein. Und von Lee, Klaus und Paul kommt wie gewohnt nichts Brauchbares. Außer -wart’s ab - bekomme ich keine Erklärungen. Also selbst ist die Frau. Dann wollen wir mal die Einsichtige Verliererin geben.“

Yuki rückt Loreley auf den mehr als knappen goldenen Pelz und spricht sie an: „Danke, aber das hättest du nicht tun müssen. Ich weiß jetzt, dass du besser bist! Du bist unglaublich. Wie hast du das bloß mit dem Hologramm gemacht. Dein Auftritt war wirklich beeindruckend. Vielleicht können wir in den nächsten Tagen ja mal etwas zusammen im KTV singen.“  Die Vorstellung gefällt Yuki tatsächlich sehr gut. Singen, Emotionen raus lassen, sich der Teils finsteren Gedanken und Ängste in Harmonien entledigen. Das liebt sie, das befreit sie, das hält den Schmerz und die Enttäuschungen auf Abstand. Singen und die Familie und Freude machen ihr Leben für sie erst lebenswert.

 

Loreley sieht Yuki an und auf einmal versteht sie. Anerkennung, das Durchbrechen der Isolation … Liebe … das ist es wonach Yuki strebt, das ist es was sie treibt. Sie ist eine Schwester, sie will das Gleiche wie Loreley, sie will leben und geliebt werden. Nur hat Yuki als Sterbliche bedauerlich wenig Zeit um ihre Ziel zu erreichen.

 

„Na los, sag‘s ihr schon. Nach unserem Auftritt kann sie sich 1 und 1 sowieso zusammen reimen und Mara weiß ja auch schon eh alles. Und wenn ich mich nicht täusche weiß der Rest dieser Leute zumindest oberflächlich Bescheid.“ Fafnir ist ratlos, nichts läuft so wie zuvor. Er ist hin- und hergerissen zwischen Hoffnung und Bangen. Längst hat er es aufgegeben, die möglichen Zukünfte zu bewerten. Wichtig ist nur Lori in diese Familie zu integrieren und zwar voll und ganz. Er würde Tatsächlich bald mit Chun, Eva und Paul sprechen müssen. Doch nicht heute, heute soll gefeiert werden. Die ersten Schritte sind getan und sie versprechen Erfolg.

 

Lori umarmt Yuki und versichert ihr: „Ach Schwester, ich bewundere dich und dein unglaubliches Talent. Deine Stimme ist meiner ebenbürtig. Und was den Drachen angeht, frag ihn doch selbst!“ Damit hält sie Yuki ihren Arm hin, sodass diese direkt in die sich verdrehenden Augen Fafnirs blickt. „Musste das jetzt sein!“, zischt Fafnir gut vernehmlich. Yuki ist wie vor den Kopf geschlagen: „Du bist lebendig, du bist wirklich ein echter Drache?“ „Ja werte junge Dame, ich bin Mandschu so wie du, nur etwas älter und männlich! Na ja und das du eine menschliche Sirene bist und ich ein Drache, doch ansonsten unterscheidet uns nicht viel.“ Yuki ist vollkommen geplättet und Loreley hat ihren Spaß. „Morgen erkläre ich euch alles, so weit möglich. Aber heute sollt ihr Spaß haben. Also los tummelt euch.“, Fafnir lehnt sich gerade weit aus dem Fenster. Jedoch mischt sich andererseits keiner der Alten ein, was ihn hoffen lässt dieses Mal wenigstens ein bisschen Spielraum zu haben.

 

Scheinbar haben noch mehr der Anwesenden dieser kurzen Konversation gelauscht, was bei der Ohrenbetäubend lauten Musik schon etwas heißen soll. Fast gleichzeitig und annähernd identisch rufen Eric, Karin, Vivian, TianTian und JP: „Na los dann, ab in den Pool!“

 

 

Gesagt getan …

 

 

So mein liebes Sirenchen, mehr erfährst du nächstes Jahr um die gleiche Zeit. Jetzt geht es erst so richtig los. Auf zu Kosmischen Abenteuern …

 

Bleib gesund und fit, denn dir stehen unglaubliche Abenteuer bevor. Alles Liebe und Gute für dein neues Lebensjahr wünschen dir:

 

Petra

Karin

Walter und Paul

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 09.02.2016

Alle Rechte vorbehalten

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