Cover




Vor langer Zeit hast Du mich gewollt,
nur leider nie so, wie ich bin.
Hast an mir gefeilt und gebogen,
auch mit harter Hand beschnitten.
Du warst mein Korsett,
das Spalier, an das ich gefesselt war.
Hast nur geduldet,
was Deinem Auge schmeichelt.


Jede Ranke, die einen eigenen Weg suchte,
jede Blüte an der falschen Stelle,
jedes Blatt, das nicht richtig war
hast Du gnadenlos gekappt.
Warst stolz auf Dein schmerzhaftes Werk.
Hast Dich gesonnt im Lob anderer.
Und dann hast Du Dankbarkeit verlangt,
von mir,
die kaum atmen konnte.


Erst als Einer kam,
der mich mit anderen Augen sah,
wurde ich frei.
Er schob Dich beiseite,
löste die Fesseln
und gab mir Luft und Raum.
Langsam nur wurde ich zu mir selbst.
Noch heute sind Abdrücke da,
wo ich eingeschnürt war.
Schmerzhaft war es, mich zu lösen,
vom Spalier,
aus dem Korsett,
und mit Angst verbunden.


Angst vor der Freiheit,
Angst umzufallen ohne Stütze.
Fast wäre es geschehen,
aber seine warmen Hände fingen mich auf,
und auch als ich hinter mich griff,
voller Panik,
auf der Suche nach Halt,
waren sie da.
Und noch heute halten sie mich,
wie Du es nie getan hast.


Warum hast Du mich gewollt?
Wir stehen uns nah,
und sind uns doch fremd.
Keine Vertrautheit zwischen uns.
Vorsichtiges Tasten ersetzt innige Gespräche,
jedes Wort sorgfältig abgewogen.
Gern wäre ich Dir näher,
aber ich bin nicht, was Du willst
und das weiß ich.
Dieser Abgrund liegt zwischen uns,
für alle Ewigkeit.
Heute ist es zu spät,
keine Brücke führt mehr auf die andere Seite.
Also bleibe ich hier
sehe nach drüben
und grüble.
Warum hast Du mich je gewollt?


Impressum

Texte: Cover: 285614_original_R_K_by_Peter Reinäcker_pixelio.de.jpg
Tag der Veröffentlichung: 30.11.2011

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /