Manchmal komme ich ernsthaft ins Grübeln, was meine Erziehungsmethoden betrifft.
Spätestens dann jedenfalls, wenn ich wieder mal vor einem handfesten Beweis stehe, dass meine Kinder zwar in der Lage sind, sich fließend auf Englisch mit diversen internationalen Chatpartnern zu unterhalten, oder die Anforderungen, die die digitale Cyberwelt in jedweder Form an sie stellt mit links meistern, wo ich selbst meistens dastehe und schaue wie ein Huhn wenn´s donnert, aber wenn es um so simple Dinge geht, wie das Wechseln einer Toilettenpapierrolle oder das Erkennen, dass die Spülmaschine voll ist und sie daher angeschaltet werden sollte, dann sind die entsprechenden Synapsen in ihren Gehirnen scheinbar nicht ausgebildet!...?
Da sind alle Drei hoffnungslos überfordert, und manchmal erscheint mir die Vorstellung eines Bootcamps gar nicht mehr sooo abwegig.
Wer weiß, vielleicht würden sie dort endlich mal lernen, die Türen hinter sich zu schließen (Globale Erwärmung?
Darüber wundere ich mich nicht mehr, seit ich Kinder habe und die meiste Zeit unser Zuhause ein Haus der offenen Tür ist!), ihr Geschirr selbst abzuräumen, auch ohne vorherige dreimalige Aufforderung, und vielleicht, nur vielleicht würde ich dann nicht mehr von zerknüllten Wäschebergen erschlagen, sobald ich einen von drei bestimmten Kleiderschränken leichtsinnigerweise einfach öffne?
….Hach ja …. Ein bisschen träumen wird ja noch erlaubt sein, oder?
Und wenn es auch ein Trost ist, von anderen Eltern ähnliche Klagen zu hören - steckt man gerade in der Situation drin, hilft einem das keine Spur! Dann steht man doch wieder davor und fragt sich, ob es nicht ein wenig voreilig war, die Prügelstrafe abzuschaffen!?
Nein, im Ernst, das ist nun absolut keine Alternative!
Aber wie schafft man es denn dann, den Fratzen wenigstens die Grundlagen eines geregelten Lebens beizubiegen, ohne dass man selbst reif für die Irrenanstalt wird?
Nehmen wir nur mal das Beispiel, wenn man einem Teenager nahelegt, dass er oder sie irgendetwas tun soll, den Müll rausbringen, das eigene Zimmer aufräumen oder was auch immer.
Was wird er/sie antworten? – Im günstigsten Fall natürlich – alle Eltern können jetzt im Chor mitsprechen: „Ja, gleich!“
Wer Kinder in der Pubertät sein eigen nennt, weiß was das übersetzt heißt, nämlich NIE!
Also müssen Sie als Elternteil Druck ausüben.
Was tun Sie? Nun, Sie liegen dem Kind entweder permanent in den Ohren, was aber irgendwann nur noch die Qualität von Hintergrundrauschen hat, oder Sie werden autoritär.
...Woraufhin in aller Regel ein nervenaufreibender Disput oder sogar ein Machtkampf ausbricht, bei dem durchaus alle Voraussetzungen für ein mittelschweres RTL2-Dokudrama erfüllt werden, vom Türenknallen, über hysterische Tränen, bis hin zu Vorwürfen die vorzugsweise „Immer muss ich..!“ und „Nie verstehst Du...!“ enthalten.
Irgendwann verschwindet der Teenager dann demonstrativ schweigend oder auch wutschnaubend in seinem Zimmer – hier kann er oder sie hinter verschlossener Tür wahlweise die Stereoanlage aufdrehen bis zum Anschlag, oder irgendwelche Gegenstände durchs Zimmer schleudern –, während das beteiligte Elternteil nach Verrauchen des ersten Zorns zunächst die Dinge erledigt, die eigentlich das Kind erledigen sollte, dann die verschiedenen Phasen der Streitbewältigung durchläuft (als da wären: Unglauben, Empörung und In-sich-Gehen), und schließlich von Schuldgefühlen zermürbt in einen Sessel sinkt.
Irgendwann hält es einen aber nicht mehr im Sitzmöbel, man läuft wie ein waidwundes Tier durch die Wohnung und horcht bang auf Lebenszeichen, die aus dem Zimmer des so gründlich missverstandenen Kindes dringen.
Auf Klopfzeichen der Eltern reagiert dieses selbstverständlich nicht im Geringsten und straft seine Erzeuger zunächst mit kompletter Missachtung. Je nach Schwere des Konflikts kann dieser Zustand ein paar Stunden anhalten, oder auch bis zum nächsten Tag.
Aber so sicher wie das Amen in der Kirche, wird das Kind ganz plötzlich wieder auftauchen, gut gelaunt und vergnügt und sich höchstens über unsere vergrämte Miene wundern, die den vorangegangenen Ereignissen geschuldet ist und wieder ein paar Falten mehr im elterlichen Gesicht hinterlassen hat.
Derartige Auftritte habe ich mittlerweile einige erlebt, aber ich muss zugeben, gewöhnen werde ich mich daran nicht.
Seit meine Älteste in die Pubertät gekommen ist (mit ungefähr sieben Jahren) werden meine Friseurbesuche zahlreicher (genau wie meine grauen Haare!) und zwischen meinen Brauen zeichnet sich allmählich eine deutlich sichtbare, scharfe Falte ab. Manchmal stehe ich vor dem Spiegel und frage mich, ob ich wirklich auch mal so war, wie meine Kinder. Vermutlich schon - woher sollten sie es sonst haben?
Fast bin ich versucht, noch im Nachhinein ein bisschen Mitleid mit meiner eigenen Mutter zu haben – aber nur fast, denn seien wir mal ehrlich: Wir haben es doch so gewollt, oder?
Texte: Cover:
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Tag der Veröffentlichung: 17.10.2011
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