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Annas
Konfirmation
im Jahr 2004

Die Feier in der Kirche zu Beulnitz

Das Buch zum Film
in einer gekürzten BookRix-Ausgabe
(ohne Anlagen) in 2 Fortsetzungen
von Jürgen Köhler


Bisher erschienen
im Eigenverlag des Wiesentalstudios Dresden
2008 in 4 Exemplaren


Das Buch ‚Annas Konfirmation im Jahre 2004‘ ist eine Auseinandersetzungen mit der christlichen Religion und Kirche zu Beginn des 21. Jahrhunderts nach Christie Geburt.


Hinweise:
Die im Zusammenhang mit der Konfirmation genannten familiären Namensangaben betreffen:
Anna unsere Enkeltochter
Via ihre Mutter, unsere Schwiegertochter

Der Film, von dem hier die Rede ist, kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht veröffentlicht bzw. bezogen werden. 


Inhalt
Das Buch zum Film (Eine Vorbemerkung)

Zu 1: Die Kirche zu Beulnitz
Zu 2: Die Kirchgänger (Zugang nach der Wende)
Zu 3: Das erste Musikstück
Zu 4: Der Pfarrer beginnt mit dem Organisatorischen
Zu 5: Die Litanei (über die Aura der Gemeinde)
Zu 6: Laßt uns beten
Zu 7: Das Evangelium des heutigen Tages (die Bergpredigt)
Zu 8: Saxofon-Solo (die modernisierte Kirche)
Zu 9: Die Predigt zur Konfirmation ( unsichtbarer Gott und Engel)
Zu 10: Junge Gemeinde
Zu 11: Eine Taufe
Zu 12: Konzertmusik zum Zuhören
Zu 13: Die Konfirmation (das Glaubensbekenntnis)
Zu 14: Konfirmationsspruch
Zu 15: Unterhaltungskonzert
Zu 19: Zwei Bergsteiger in der Kirche
Zu 21: Aufruf zu einer Spende
Zu 22: Gebet: Dank für die Spende
Zu 23: Laßt uns miteinander und füreinander beten (das Vaterunser)
Zu 24: Gehet hin im Frieden des Herrn


Hinweis:
Im Film sind zu Beginn jedes Kapitels oben links für eine Sekunde Zahlen eingeblendet. Dieser Nummerierung folgt der Text. Für die Film-Kapitel 16,17,18 und 20 fehlt ein Textteil.


Annas Konfirmation im Jahr 2004
Die Feier in der Kirche zu Beulnitz

Das Buch zum Film
Das Buch und der Film:
Zwei Seiten einer Medaille

Die Notizen, die ich zum Film hier vorlege, sind die Gedanken eines Menschen mit 70 Jahren Lebenserfahrungen. Hier werden die Weisheiten des Lebens in Religionsangelegenheiten in bestimmter Form zusammengefasst, was vielleicht nicht uninteressant sein kann.
Der Wissens- und Erfahrungsschatzes eines Lebens ergibt sich aus dem, was der Mensch mit seinen fünf Sinnen aufgenommen und mit seinem Geist und seiner Seele verarbeitet hat. Das Verarbeiten ist wichtig, denn gehört, gesehen, gefühlt, gerochen, geschmeckt hat man unendlich viel in seinem Leben. Jeder von uns. Die Erfahrungen daraus sind jedoch bei den verschiedenen Menschen sehr unterschiedlich. Von Bedeutung ist, wie unsere Persönlichkeit darauf reagiert hat, wie sie damit umgegangen ist, was sie dazu vergessen, behalten oder weiterentwickelt hat. Vielfach kann man sich zu den Sachverhalten nicht mehr daran erinnern, woher und warum man etwas weiß. Das ist auch nur bedeutsam, wenn man eine wissenschaftliche Abhandlung schreiben oder eine juristisch verwertbare Aussage geben will. In diesem Heftchen werde ich meine Argumente nicht mit Quellenangaben belegen. In einigen Anlagen gebe ich zwar einige weiterführende Informationen, aber in der Regel kommentiere ich ‚aus dem Bauch heraus‘, so wie ich es in der Summe dessen, was ich in meinem Leben erfahren und begriffen habe, vermag. Interessanter Weise nehmen Wissen und Erfahrungen weiterhin ständig zu. Wenn ich noch vor einigen Jahren ein Atheist war, der jegliches Göttliche verwarf, haben sich bei mir zunehmend Gesichtsfelder aufgetan, bei dem es mir etwas wohler ist, weil sie dem, was ich schon immer fühlte, am ehesten entsprechen. Es gibt etwas, zwischen Himmel und Erde, von dem wir in unserer Schulweisheit keine Ahnung haben. Bei einem Heiler bin ich mit der Welt der Strahlungs- und Energiefelder bekannt gemacht worden. In einigen Experimenten und Überprüfungen fand ich dies bestätigt. Dies fiel mir umso leichter, als ich bereits seit Jahren von den Dingen wußte, nur noch nicht die Zusammenhänge zum Beispiel von Physik, Universum und dem, was wir unsere Seele nennen, begriffen hatte. Vielleicht öffnet sich mir hier auch wieder nur eine Scheinwelt, an die man mangels vollständiger wissenschaftlicher Durchforschung in großen Teilen nur Glauben kann. Es ist eine materialistische Weltbetrachtung, welche den Energiefeldern und Strahlungen, aus der sich die jeweilige Aura eines Dings zusammensetzt und die in ihrer Summe mehr ist, als das Einzelne, ein Wort zuweist, was die Menschen bisher Gott genannt haben.
Der Prozeß meiner Lossagung von der Religion war relativ lang. Für mich stand ja meine Glückseligkeit auf dem Spiel. Würde ich mich irren, würde ich von Gott bestraft und wäre ich bis in die Ewigkeit verdammt. Die Argumente, die zu meiner Ablehnung der Kirche und der Religion geführt haben, hatten eine solche Vielschichtigkeit, daß ich sie hier unmöglich alle festhalten kann. Ich verdanke wohl alles Wesentliche auf dem Weg der Befreiung von der Religion der Kultur, meinem Selbststudium, meinen Büchern und meiner Auffassungsgabe. Mein Studium an der Ingenieurschule, Universität und in Parteischulen der SED kam später und bestätigte meine Entscheidungen.

Dem Leser, der mehr zu diesem Thema erfahren möchte, als in diesem Büchlein stehen wird, kann ich nur empfehlen, nach entsprechenden Informationen in Bibliotheken und im Internet zu recherchieren. Bücher dazu sind reichhaltig erschienen, wurden jedoch oft nicht so vordergründig in die Regale gestellt. Mit Recht, weil man die Persönlichkeit der Gläubigen nicht verletzen möchte. Aber auch aus Gründen der Vorherrschaft der Kirche, die früher den Fortschritt verbrennen ließ und heute diskriminiert oder in anderer Weise unterdrückt. Spätestens in allen Aufklärungsschriften seit der Renaissance finden sich Vorwürfe gegen die Dogmen der Kirche und ihre Verbrechen. Alle großen Philosophen und Schriftsteller, die Einfluss auf den Fortschritt auf dieser Erde hatten, haben sich mit Religion auseinander gesetzt und kritische Positionen eingenommen. Es gibt regelrechte Hetzschriften gegen den Klerus, wie der lange Zeit verbotene ‚Pfaffenspiegel‘, sachliche Faktendarstellungen, wo mit aller Härte, Klarheit und gebotener Objektivität gegen den Mißbrauch des Glaubens durch die Kirche und ihre Weltherrschaftspraktiken vorgegangen wird und es gibt die vielen Bücher, in denen über Religion und Kirche nachgedacht wird. Von Goethe, über Heinrich Heine, Bulgakow bis zu den Skandalromanen und Filmen in heutiger Zeit.

Wen ich mit diesen Texten erreichen möchte?

Die Gläubigen will ich nur ungern in ihrem Glauben stören, solange er ihnen hilft und sie damit im Leben gut gefahren sind. Damit ich keine Zweifel und Gewissensnöte aufkommen lasse, sollten diese Personen das Buch zum Film nicht lesen.
Denjenigen, die bereits im Glauben zweifeln, gebe ich hier Gedanken und Argumente, die ihn wahrscheinlich noch tiefer zweifeln lassen und die ihm vielleicht hilft, von der Fessel der Religion, zumindest der Kirche, loszukommen. Wer sich prüfen möchte, wie stark sein Glauben ist und wer sich zutraut, meine Argumente und Vorstellungen zu widerlegen. der ist auch herzlich willkommen in der Leserrunde. Und wer in seinem Leben niemals so richtig mit Religion zu tun hatte, erfährt hier einen guten Querschnitt pro und contra.


Der Gottesdienst zu Annas Konfirmation war nach meinen Empfindungen ausgezeichnet. Sowohl die Vielseitigkeit der Musik, der Texte und der Mitwirkenden wie auch die jugendgemäße Art und stellenweise gewählte Toleranz in der Religionsauffassung kamen selbst bei mir gut an. Das sage ich auch, nachdem ich bei der Bearbeitung des Videos die einzelnen Passagen mehrfach hören und sehen konnte.
Trotzdem möchte ich gerade am Beispiel dieser Veranstaltung im Folgenden zu einigen Inhalten aus meiner, aus einer materialistischen Sicht, kritische Gedanken darlegen, die nicht nur irgend ein strittiges Detail, sondern wesentliche religiöse Denkweisen und die Komplexität des Ganzen zum Inhalt haben.



Zu 1:
Die Kirche zu Beulnitz

2004 habe ich den Gottesdienst der evangelischen Kirchgemeinde Beulnitz anläßlich der Konfirmation aufgenommen. Anna, unsere Enkeltochter wurde hier eingesegnet. Für unsere Familie hat die herrliche Dorfkirche Tradition. Ich wurde selbst hier im Jahre 1951 konfirmiert. Mein Sohn und Via ließen sich hier trauen und unsere drei Enkelkinder haben daselbst ihre Taufe und die Konfirmation erhalten. Seit 1989 bin ich mit Videokameras dabei gewesen. 2004 konnte ich die Konfirmationsfeier in der Kirche vollständig aufzeichnen.


Zu 2:
Die Kirchgänger
Die Kamera fängt Bilder des Kircheninneren ein. Langsam füllt sich diese ehrwürdige Dorfkirche, die um 1050 erstmals erwähnt wurde, mit Christen aller Altersgruppen und sicher auch mit Nichtchristen.
Nach meiner Schätzung nehmen etwas über 250 Angehörige und Gäste an dieser Konfirmation der 25 Kandidaten teil.

Das sind wesentlich mehr Kirchengänger, als noch gegen Ende der DDR-Zeit üblich. Denn die allgemeine Aufklärung hatte, wie bereits seit der Renaissance, in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts erneut bei der Masse der Bevölkerung Wirkung gezeigt. Das Elend des 2. Weltkrieges, die erfolglose Anflehung Gottes in den Notzeiten und die unbeantwortete Frage von Millionen Menschen, warum Gott diese Verbrechen zuließ, der Zusammenbruch aller bisherigen Ideale und Hoffnungen und schließlich die sozialistische Alternative zu dieser bisherigen kapitalistischen Brutstätte für Verbrechen und Kriege haben eine schroffe Abwendung von der Kirche bewirkt. Hinzu kam die umfassendere und bessere Bildung des Volkes, die explosionsartige Erweiterung des Wissens der Menschheit und der rasante technisch-wissenschaftliche Fortschritt in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Am Ende der DDR füllten sich die Kirchen wieder. Aber nicht nur mit Gläubigen. Die Kirchen waren zum Asyl der Opposition geworden. Hier sammelte sich nun ganz offiziell, was schon jahrelang im Untergrund – auch in den Kirchen – herangereift war. In der Unterstützung oppositioneller Kräfte sahen die Kirchen bereits von Anfang der DDR an ihre Aufgabe. Ich habe es selbst in meiner intensiven Zeit der Mitarbeit in der Kirchgemeinde und Jungen Gemeinde miterlebt, will jedoch hier nicht weiter darauf eingehen. Es ist ein anderes Thema. Es sei damit nur erwähnt, daß sich die Kirche in der DDR dafür hergab, Totengräber des Sozialismus zu werden, obwohl die sozialen Zielstellungen zwischen Sozialismus und Religion sehr ähnlich sind und deshalb von beiden Seiten logischer Weise gemeinsam hätten verwirklicht werden können. Aber da zeigt sich wieder, zu was Religion gebraucht, genutzt, mißbraucht wird.

Dann brach das sozialistische Weltsystem zusammen. Damit zerrannen auch Hoffnungen und Lebensmaxime, Vertrauen und Visionen von Millionen Menschen, nicht nur hier im Osten. Wesentlich durch die neuen Einflüsse der Brüder und Schwestern aus den alten Bundesländern, vorrangig durch deren Medien, sahen nun viele ostdeutsche Einwohner in Ermangelung etwas Besserem in der Religion die altbewährte, scheinbar einzig verläßliche Weltanschauungsgrundlage. Man wählte im März 1990 mehrheitlich die Allianz für Deutschland und damit besonders die CDU/CSU. Es ging um die Einheit Deutschlands. Die meisten Ostdeutschen waren der Meinung, daß die CDU/CSU am ehesten die wirtschaftlichen und ökonomischen Probleme, die mit der Einheit verbunden sein würden, lösen und gleichzeitig die christlichen Werte, wie man sie damals in der sozialen Marktwirtschaft überzeugend wiederfand, einhalten würde.

Erst zögerlich und bald immer breiter kamen die Suchenden nun in den Schoß der Kirche zurück. Die Jugend sah darin eine Opposition zu ihren ungläubigen Eltern und bevölkerte auch die Religionsvereine. Es wurde wieder Mode, kirchliche Weihen den weltlichen vorzuziehen. Man trat nicht immer sofort in die Kirchgemeinden ein, aber man kam zunehmend da hin.

Und die Herrscher unserer irdischen Welt sahen es mit Genugtuung. Hier beschäftigten sich die Gläubigen mit sich selbst. Von hier her kommt keine Gefahr mehr. Niemand, der ihnen ernstlich auf die Finger schaute und sie von ihrem Gewinnstreben, Wirtschafts- und neuen Kriegsverbrechen abhalten könnte.

Für mich ist es ein Bild, bei dem es mich gruselt, sehe ich die heutigen Kirchgänger in ihrer oberflächigen Art der Religionsausübung und ahne deren Uninteressiertheit an Gegenwartsanalysen und Zukunftsvisionen. Man denkt konservativ. Das heißt, man ist zufrieden, wie es ist und hofft und betet, daß es noch lange Zeit so bleibt.
Da entdecke ich auch wieder jene Menschen, die unter dem Motto ‚sehen und gesehen werden‘, dazugehören wollen oder denken, dazugehören zu müssen. Wollen, weil sie zu dem Mittelstand gehören oder zumindest den christlichen Machtausübenden nahe sein wollen und weil sie sich danach sehnen, in dem eingebildeten Mainstream unserer Zeit eingereiht zu werden. Müssen, weil sie sich gezwungen fühlen, um von ihrem Chef, Nachbarn, Bekannten anerkannt und geachtet zu werden.

Und viele Bürger sehen natürlich wahrhaftig in der Religion ihren Trost und ihre Zuversicht. Es sind oft die Schwachen, deren eigene Persönlichkeit sich nicht ohne fremde Hilfe und ohne göttliche Aufsicht und Zuwendung zu Recht findet. Und es sind die wertvollen Menschen, die über das Leben und den Tod, über Gott und die Traditionen, über Verlässlichkeit und Zuwendung viel nachdenken und gutgläubig glauben, hier ihre Heimat für die Seele, ihre Antwort auf ihre Fragen gefunden zu haben.

Zu 3:
Das erste Musikstück

Der Gottesdienst beginnt mit dem Einzug der Konfirmanden und einem volksmusikartigen Musikstück. Es hat nicht mehr viel von der Ehrwürdigkeit früherer Gotteshäuser an sich. Wie der weitere Ablauf des Gottesdienstes zeigt, verkommt die Kirche zunehmend zu einem Jahrmarkt oder Tingeltangel. Es klingt sehr schön, aber es entbehrt jeglicher Feierlichkeit. Die Devise scheint zu sein: Nur nicht die Jugend zu sehr mit alten Dogmen verschrecken. Wir kommen den jungen Leuten entgegen, wenn sie dafür unsere Kirche akzeptieren.

Zu 4:
Der Pfarrer beginnt mit dem Organisatorischen

Begrüßung und andere Förmlichkeiten. Das überspringen wir hier.
Jetzt beginnt der eigentliche Gottesdienst.
Dieses Wort ist auch nachdenkenswürdig. Dienst an Gott? So wie man die Hausordnung machen muß, muß man in gewissen Zeitabständen Gott dienen? Der Pfarrer nennt es heute ‚Feier der Konfirmation‘. Gefällt mir schon besser.
Der Auftakt ist ein echtes, altes Wohlkling -Kirchenlied ‚Lobet den Herrn‘ . Alle singen den barocken, nicht mehr Jedem verständlichen Text mit, oft ohne über den Inhalt nachzudenken. Durch die fünf Verse beginnen sich bereits die Seelen der dafür empfänglichen Gemeindemitglieder zu einem gemeinsamen Fühlen zu verschmelzen. So etwas ist in kurzer Zeit nur mit einem gemeinsamen Gesang zu einer eingängigen Melodie, zu dem Orgel- und Posaunenklang und einem geeigneten Text schaffbar.
In dieser Perfektion beherrscht das nur die Kirche. Wir hatten in unseren wichtigsten Partei- und politischen Veranstaltungen auch die Tradition des Mitsingens von Arbeiter- und Kampfliedern. Auch in anderen Parteien sind diese emotionalen Liedeinlagen aus dem vorhergehenden Jahrhundert übernommen worden. Jedoch schafften wir nur selten diesen Tiefgang, wie er in den Kirchen seit Jahrhunderten üblich ist.

Zu 5:
Die Litanei

Mit der Litanei beginnt die eigentliche Gottesdienstfeier. Ich habe den Eindruck, im Rahmen der ökumenischen Bestrebungen ist die evangelische Kirche von den mir geläufigen lutherischen Gepflogenheiten etwas abgerückt und hat katholische Rituale in die Zwiesprache zwischen Priester und Gemeinde aufgenommen.
Die altvertrauten Klänge, der gemeinsame Gesang, die düsteren Texte haben eine hypnotische Wirkung auf die Anwesenden und vertiefen ein Gefühl der Gemeinsamkeit der Gleichgesinnten und ein Behütetsein im Schoß der Kirche. Das ist psychologisch sehr geschickt und hat sich seit Urzeiten als ein Versinken in ein gewolltes Dogma bewährt.
Das herrliche Gefühl, ‚Gott ist bei uns‘, ist weiter nichts wie die Aura der Gemeinde, der Gleichgesinnten, die mit Hilfe der Musik und Mystik auf eine gleiche Wellenlänge eingestimmt wird.

So eine Massenhypnose erlebt der Einzelne bei allen Großveranstaltungen, sei es ein Kirchentag, eine Pop-Veranstaltung, ein Festival des politischen Liedes, eine guten Theateraufführung oder anderswo. In der Kirche überkommen einen dabei die wohltuenden Sinnesempfindungen des Geborgenseins und der Sicherheit. Wenn du dafür empfänglich bist, durchströmen dich wohlige Gefühle, die nicht nur Karl Marx treffend mit ‚Opium für das Volk‘ beschreibt.

Damit ist zweierlei ausgedrückt: Religion wirkt angenehm wie eine Droge auf den dafür bereiten Menschen. Und Religion kann als Droge bewußt eingesetzt und mißbraucht werden, um Menschen in eine andauernde Zufriedenheit – Genügsamkeit – Unterwürfigkeit …. zu bringen. Solcherart manipulierte Geschöpfe leben in einer Phantasiewelt und überlassen das Irdische weitgehend den Manipulatoren und den davon Profitierenden.


Zu 6:
Laßt uns beten

Der alte Zauber, die alte Wirkung. Ein Ritual, was uns Ältere so vertraut und bekannt ist und deshalb seine Wirkung ausübt. Bei mir zwar nicht im alten und gewünschten Sinne, aber doch in einer angenehmen Erinnerung an gehabte Gefühle und empfundene Geborgenheit.
In allen Religionen der Welt wird auf irgendeine Art zu den Göttern gebetet. Das Beten suggeriert, daß da jemand da ist, dem ich meine Sorgen und Gefühle mitteilen kann. Ob er darauf reagieren wird ist zweitrangig. Man weiß ja, daß es in den seltensten Fällen ein Zeichen gibt. Aber Gott wird es registriert haben und bei Gelegenheit darauf zurückkommen.
Der Gemeinde scheint es, als hätte der Priester eine Verbindung zu Gott aufgebaut und wenn man sich jetzt da mit reinhängt, kommt man an den Vater oder den Sohn, unseren Herrn, am ehesten heran. Immerhin ist man in einem Gotteshaus, da muß man doch erhört werden.

Aufgeklärte Menschen wissen, daß es keinen Gott gibt, den man anbeten kann und der uns erhört. Beten ist eine Art der autogenen Beeinflussung. Dies kann den Betenden beruhigen oder in anderer Art helfen. Mehr nicht. Wer daran glaubt, empfindet oder empfängt vielleicht auch irgendeine Zuwendung, indem ihm aus der Aura der Natur oder des Universums Energie zuströmt. Das ist das, was Gott leisten kann. Allerdings handelt es sich hier nicht um den Kirchen-Gott, sondern um die bisher noch nicht erforschten Kräfte unseres Kosmos, denen manche von uns Menschen den Titel Gott ersatzweise zuordnen.


Zu 7:
Das Evangelium des heutigen Tages

Das Verlesen und Anhören des Evangeliums erfolgt ehrfurchtgebietend stehend. Der Text wird in der Regel nicht kommentiert oder besprochen. Er wirkt für sich. Jeder kann ungestört den Text in sich nachklingen und setzen lassen. Diese ‚Worte Gottes‘ sind oft schon Mittelpunkt in Predigten gewesen. Der Hörer kennt sich also damit aus und kann damit umgehen. Anschließend kommt deshalb immer eine Musik.

Die heutige Konfirmationsgemeinde besteht aus einem Gemisch von erfahrenen Christen, von Gelegenheits- und von Nicht-Christen. Soviele Menschen hat der Pfarrer nicht immer zusammen. Deshalb ist es für ihn wichtig, die Leute hier noch einmal mit dem Grundwissen eines Christen auszustatten bzw. dieses Wissen zu wiederholen und zu vertiefen. Die Bergpredigt ist also nicht zufällig gewählt worden.

„Wir hören Matthäus 5.Kapitel:
(1) Als er aber die Volksmengen sah, stieg er auf den Berg; und als er sich gesetzt hatte, traten seine Jünger zu ihm.
(2) Und er tat seinen Mund auf, lehrte sie und sprach
• (3) Glückselig die Armen im Geist, denn ihrer ist das Reich der Himmel.
• (4) Glückselig die Trauernden, denn sie werden getröstet werden.
• (5) Glückselig die Sanftmütigen, denn sie werden das Land erben.
• (6) Glückselig, die nach der Gerechtigkeit hungern und dürsten, denn sie werden gesättigt werden.
• (7) Glückselig die Barmherzigen, denn ihnen wird Barmherzigkeit widerfahren.
• (8) Glückselig, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen.
• (9) Glückselig die Friedensstifter, denn sie werden Söhne Gottes heißen.
• (10) Glückselig die um Gerechtigkeit willen Verfolgten, denn ihrer ist das Reich der Himmel.
Amen.“

In dem Text fehlte der Rest der Bergpredigt:
„(11) Glückselig seid ihr, wenn sie euch schmähen und verfolgen und alles Böse gegnerisch gegen euch reden werden um meinetwillen.
(12) Freut euch und frohlockt, denn euer Lohn ist groß in den Himmeln; denn ebenso haben sie die Propheten verfolgt, die vor euch waren.“

Bei Johannes und Marcus im Neuen Testament finde ich keinen Hinweis auf die Bergpredigt. Nur noch bei Lucas 6. Kapitel:
Seligpreisungen - Weherufe.

( 20 ) Und er erhob seine Augen zu seinen Jüngern und sprach:
• Glückselig ihr Armen, denn euer ist das Reich Gottes.
• (21) Glückselig, die ihr jetzt hungert, denn ihr werdet gesättigt werden. Glückselig, die ihr jetzt weint, denn ihr werdet lachen.
• (22) Glückselig seid ihr, wenn die Menschen euch hassen werden und wenn sie euch absondern und schmähen und euren Namen als böse verwerfen werden um des Sohnes des Menschen willen;
• (23) freut euch an jenem Tag und hüpft, denn siehe, euer Lohn ist groß in dem Himmel; denn ebenso taten ihre Väter den Propheten.
• (24) Aber wehe euch Reichen, denn ihr habt euren Trost dahin.
• (25) Wehe euch, die ihr voll seid, denn ihr werdet hungern. Wehe euch, die ihr jetzt lacht, denn ihr werdet trauern und weinen.
• (26) Wehe, wenn alle Menschen wohl von euch reden, denn ebenso taten ihre Väter den falschen Propheten.

Diese Bergpredigt ist eines der Schlüsselstellen im Neuen Testament, auf dem die Kirche als Handlanger der Obrigkeit ihre Demagogie aufbaut. Und umgekehrt. Die Oligarchen unterstützen die Religion wegen solcher Textstellen und Einflußnahmen der Kirche auf die Gläubigen. Es ist eine der fundamentalen Stellen des Evangeliums. Denn neben den allgemeingültig anwendbaren Worten findet doch gerade der sozial-ökonomisch belastete Teil der Gemeinde hier für das Leid und Ungemach, was er durch die Reichen und Herrscher dieser Welt zu ertragen hat, seinen Trost.
Es würde bereits ausreichen, hieße es im Neuen Testament: ‚Seid zufrieden, nehmt es nicht so tragisch‘, Jedoch die Gläubigen mit den von Christus wünschenswerten Eigenschaften werden nicht nur als ‚selig‘, sondern superlativ sogar als ‚glückselig‘ bezeichnet. Seid glückselig,
• daß ihr Arm seid,
• daß ihr hungert,
• wenn ihr über eure Angehörigen und Freunde trauert (die z.B. im Krieg gefallen sind)
• wenn ihr verfolgt werdet (z.B. weil ihr für Gerechtigkeit eintratet oder weil ihr eures Glaubens wegen euch Feinde geschaffen habt)
ihr werdet im Jenseits von Gott belohnt und entschädigt!

Kann man es noch direkter, höhnischer und menschenrechtsfeindlicher sagen?

Oder. Seid
• sanftmütig gegen eure Widersacher,
• barmherzig gegen euren Nächsten (also helft euch in eurer Not selbst und kommt nicht auf die Idee, von den Reichen etwas zu verlangen),
• reinen Herzens (also sündigt nicht gegen die Gebote (z.B. du sollst nicht begehren Deines nächsten Gut ….; Du sollst nicht töten (wenn du nicht dafür aufgefordert bist, sagen die Priester in der Bundesarmee))
• Friedensstifter (u.a. wenn sich jemand gegen deinen Oligarchen oder Vorgesetzten erheben will).

Mit diesem Bergpredigt-Text wird der Gläubige zahm und dankbar gemacht, trotz allem Schmach und Elend, daß er erlebt hat. Denn es wird am Ende alles gut ausgehen – lautet die Botschaft. Kümmere dich nicht um solche kleinen Wehwehchen – du wirst dafür das Himmelreich erben. Gott liebt dich dafür und dankt es dir. Nicht jedem Menschen ist so eine Glaubensprobe beschert. Freue dich, daß du dich nun bewähren kannst. Sei sanftmütig – sei glückselig. Und wehe den Reichen. Die haben es dereinst beim jüngsten Gericht schwer. Die sind nicht zu beneiden.

Ein gläubiger Mensch sieht dies natürlich anders. Er erkennt darin einen wunderbaren Auftrag für sein Leben mit seinen Mitmenschen.
Und er sieht nur sich und seine menschlichen Schwächen. Er weiß, wie er ständig zwischen Gut und Böse pendelt und ihn trösten diese Seligsprechungen der Tugenden, mit denen man im Alltag häufig nicht viel anfangen kann, die aber einen guten Platz im Himmelreich in Aussicht stellen. Er glaubt fest an die Auferstehung der Toten und er hat keinerlei Argwohn.

Keinen Argwohn dazu, daß es unter den sich christlich gebenden Potentaten dieser Welt viele gibt, die nicht an solche Dinge glauben, die seine Gutgläubigkeit fördern und sträflichst für ihre Zwecke ausnutzen.
Er weiß, daß es das Böse im Menschen gibt. Aber daß Menschen, die oft sogar seine Vorbilder sind, so gemein sein können, kommt dem guten Alltagsgläubigen nicht in den Sinn. Erst wenn er die Scholastik der Religion näher durchdacht und die Widersprüche in Masse sich nicht erklären lassen kann, kommt vielleicht ein Zweifel.
Aber wer denkt schon nach, wenn man gesagt bekommt, daß dies geglaubt werden muß, daß man es nicht mit Logik erfassen und nicht beweisen kann, daß Gott Vertrauen und Glauben verlangt. Solche Sätze bekommt ein Gläubiger – so oder in sinngemäßer Form – auf Fragen, die sich nicht einleuchtend beantworten lassen, als Antwort.


zu 8:
Saxofon-Solo

Nun setzt ein Musikblock ein, der für den Kenner ein Genuss ist, den ich in so einem Hause und bei den relativ einfachen Verhältnissen nicht erwartet habe.

Die heutige Kirche ist sehr unterhaltsam geworden. Man scheut sich nicht, eine Art Unterhaltungsmusik und einen neutralen Kunstgenuß in den Gottesdienst einzuflechten. Alles natürlich zu Ehren Gottes.

In Wahrheit jedoch vornehmlich aus zwei Gründen: Die modernen Menschen unserer Zeit werden mit einer ihnen gemäßen Musik in die notwendige seelische Verfassung transportiert, da die alten Weisen die jungen Leute vielleicht nicht mehr so ansprechen. Deshalb lockt man sie mit einer angeblich modernen, zeitgemäßen Kirche, die im Einklang steht mit dem Zeitgeist, mit den neuen Erkenntnissen der Menschheit. Man nimmt offenbar an, daß der Gläubige eine modernere Musik mit einer modernen Religion gleichsetzt, sich praktisch dadurch reformiert und aktuell vorkommt.

Ich empfinde es als eine Art Gotteshausentweihung. Wenn die alten Worte nicht mehr überzeugen, sollte man es aufgeben. Unsere Religion ist doch sowieso nur noch ein Relikt aus unserer Geschichte, eine erhaltenswerte Tradition, eine Lebenshilfe für Menschen, die Gottesvorstellungen brauchen. Der primäre Religionsinhalt ist eindeutig durch unsere Erkenntnisse widerlegt. Sekundäre Inhalte, wie Wertevorstellungen oder geschichtliche Ereignisse rechtfertigen kein so groß aufgezogenes Dogma, wie es die Kirche propagiert.

Eines Tages wird die Menschheit einen neuen Zugang zu den Fragen vom Sinn des Lebens haben, von bisher noch nicht anerkannten bzw. nicht erkannten Energiefeldern, Bioströmen oder ähnlichem, von etwas, was die Seele einer Sache transportieren kann, was Dirigent der Evolution und der Entwicklung biologischer Prozesse sein könnte. Dann wird man mehr von dem eigentlich Göttlichen unserer Welt begreifen. Man wird den Realitäten ins Auge blicken müssen und sich nicht mehr mit fiktiven Drohungen, Hoffnungen und Versprechungen abgeben.

Deshalb sollte der Erhalt der Religion rechtzeitig unter Denkmalschutz gestellt werden, bevor die letzten Spuren alter Dogmatik und Scholastik verwischt und vergessen sind. Zu dem düsteren Inhalt der Bibel gehört auch die klassische Palette von der sentimentalen bis zur euphorischen Kirchenmusik. Und die vielfältigen Traditionen. Das Christentum ist ein wesentlicher Bestandteil der Menschheits -Kulturgeschichte. Man wird die Kirchen und ihre Mythen eines Tages wie ein Museum, wie eine Volkskunst pflegen. Man wird nachfühlen, wie wundersam befreiend und erlösend so ein Gottesdienst mit den gemeinsamen Gesängen und den unverständlichen, benebelnden Texten sein konnte. Selbst die heutigen vergeblichen Versuche, die alten Mythen an unsere Zeit anzupassen, könnten in einigen Jahren unter Schutz stehen.

Unter so einer Sicht etwa erlebe ich die Kirche heute und beurteile sie, wie sie auf mich oder andere wirken kann. Ich erinnere mich, was ich als angenehm empfunden habe und heute noch verspüre und ich frage mich, warum das so ist. Ich erlebe aber auch erschreckend, wie die Religion mißbraucht wird, wie unter den Deckmantel der christlichen Werte Weltpolitik für die Reichen gemacht wird, wie sie weiterhin Menschengeschlechter heranziehen, welche Gott und dem Kirchenalltag ergeben sind und den weltlichen Dingen ihren Lauf lassen. Und ich schaudere vor der Vielzahl der Gläubigen, die ehrlichen Herzens immer noch in der Droge Religion ihre Zuflucht suchen und finden.


Zu9:
Die Predigt zur Konfirmation

Die Predigt beginnt sehr weltlich, bleibt volkstümlich und verständlich, entbehrt nicht einem gesunden Sarkasmus, ist unterhaltsam, auf ihre Art logisch und enthält Spuren einer neuen Auffassung, wie man jungen Leuten Gott nahebringen könnte.

Da ist von ‚dem geheimnisvollen Wesen‘ die Rede, das man nicht sieht. Ein wahrer und schöner Zungenschlag. Es geht nicht um Gott in der Höhe, im Himmel oder wo auch. Er ist allgegenwärtig um uns. Das Letztere sagt man schon immer, es erhält aber angesichts der Erkenntnisse der Quantenphysik und Relativitätstheorie eine neue Bedeutung. Da spielen Raum und Zeit keine Rolle und auch bei Gott gibt es keinen Raum oder Zeitbegriff. Gott könnte demnach die Aura des Universums sein, die Summe aller Energiefelder, die Einfluß auf das biologische Geschehen auf unserer Erde haben. So sinniere jedenfalls nicht nur ich über diese Grundfrage der Menschheit, seit es denkende Wesen gibt. Ich weiß nicht, was sich der Priester so darunter vorstellt. Finde es aber schlau, die Türen der Phantasie zu öffnen, das bisherige Dogma aufzureißen.

Dann sagt der Redner, daß wir in der Kirche sind, ‚weil die Kirche sozusagen für den unsichtbaren Gott steht‘. Das kann ich so verstehen, daß durch die Zusammenkunft Gleichgesinnter, die Auren der Religiosität sich potenzieren und damit für alle dafür Empfänglichen spürbar werden. Da gebe ich dem Mann recht.

‚Es mache Mühe, daß man Gott nicht sehen kann. Dadurch wird unser Glauben so geheimnisvoll‘. Wie wahr. Das Geheimnisvolle ist es, was die Religion so lange überleben ließ. Der unsichtbare Gott ist es. Wenn uns die Zusammenhänge um die Aura der Lebenden und Toten, der Natur, der Menschheit, des Universum näher bekannt sein werden, wird das Geheimnisvolle zurückgehen und damit die Bereitschaft, an das zu glauben, was uns die Religion bis dahin vermittelt hat. Es wird irgendwann einmal zunehmend Wissen mit Glauben vermischt auftreten und damit die Spielräume der Mythen stark einengen.

Gut formuliert sind auch die Passagen, wo es heißt, ‚Was macht dieser unsichtbare Gott jetzt?‘ und auf die Zusatzfrage, ob man dies beantworten kann, kommt prompt ‚erstaunlicher Weise. JA‘.
‚Er wendet sich jedem Einzelnen von euch GLEICHZEITIG 100 %ig zu.‘

Was für eine ungewohnte Präzision in Glaubensfragen! Das ist doch schon wissenschaftlich formuliert, denn wenn man die Mathematik benutzt, handelt es sich um Wissenschaft (sagte Karl Marx). Diese Formulierung nehme ich ernster, als sie womöglich gemeint war, denn sie trifft genau die Besonderheit der Quantentheorie, wonach es keine Begriffe wie Zeit und Nacheinander gibt. Diese in der Kirche durch uns selbst multiplizierte Aura erfaßt tatsächlich alle Anwesenden gleichzeitig, unmittelbar.
Mystisch wird es dann bei der Vorstellung, daß Gott jeden einzelnen Menschen besser kennt, als seine Mitmenschen oder er sich selbst. Freilich wird die Aura des Menschen ein Gemisch dessen verströmen, was die Persönlichkeit des Individuums ausmacht. Aber wer ist Gott in diesen Energiefeldern, wie erfaßt er dies alles und wie reagiert er darauf? Das sind Fragen, die waren uns schon immer unklar und werden es wohl auch noch eine Zeit bleiben.
Bisher war es den Gläubigen untersagt, darüber nachzudenken. Man soll sich von Gott keine bildliche Vorstellung machen. Gott ist allmächtig, allgegenwärtig, unendlich, unbegreifbar. Basta.

Dann kommt ziemlich ausführlich das Thema Engel. ‚Engel sind keine selbständigen Wesen‘ sondern ‚die Verbindung – der verlängerte Arm zu Gott. Sie führen seinen Willen aus‘.‘Wir fühlen uns durch sie behütet und getröstet‘.
Da haben wir wieder so ein Gemisch aus altem Kirchenglauben und eventuell moderner Interpretation.

Warum der Engelkult wieder hervorgeholt wird, weiß ich nicht. Ich vermute, daß man dem Gläubigen unablässig etwas Neues anbieten muß. Er ist es aus Wirtschaft, Politik und Medien so gewöhnt. Außerdem ist es nicht neu, es wird nur neu, einem allgemeinen mystischen Trend folgend, in den Vordergrund gerückt. Etwas, was uns Allen täglich Hilfe und Unterstützung in besonderen Fällen verspricht, wenn Gott mal keine Zeit hat. Letzteres sind meine Worte und Gedanken, denn die Menschen sind enttäuscht, daß Gott keine Wunder mehr vollbringen läßt und so viel Unrecht auf der Erde duldet. Da empfinden es manche Bürger schon als Ausweg und Alternative, wenn sich wenigstens ein Engel um sie kümmert.
Vielleicht gibt es wirklich Energieströme, in denen sich die Auren unserer Verstorbenen zusammengeschlossen haben, die uns mit ihren beschränkten aber auch unbegreiflichen Möglichkeiten so zur Seite stehen?

Und die Predigt schließt mit dem Wunsch ab ‚wir müssen hellsichtig sein, damit wir mitbekommen, wenn die Engel da sind.‘
Ja, falls es solche Energiefelder gibt, die uns nützlich sein können, müssen wir eine Sensibilität dafür entwickeln. Ich halte dies für möglich, zumal es wohl Menschen geben soll, die dafür ein besonderes Gespür besitzen.


Zu 10:
Junge Gemeinde

Dieser Block wird von einer Band mit entsprechend jugendgemäßer Musik eingeleitet. Ein weibliches Mitglied der Jungen Gemeinde berichtet über die vielfältigen Freizeitbetätigungen und Möglichkeiten aktiver Arbeit in der Kirche.

Es ist einerseits sehr gut, wie die Jugend sinnvoll beschäftigt und an eine gesellschaftliche Arbeit herangezogen wird. Es ist nützlich, wie man sie von der Straße und den Entgleisungen heutiger Welt wegbringt. Andererseits schafft man Nachwuchs für einen blind gehorchenden Christentyp, der entweder bereit ist zur bescheidenen Unterordnung unter den vermeintlich göttlichen Willen oder aber zur gehorsamen Politikausübung auf allen möglichen Ebenen, ‚so wahr mir Gott helfe‘. Diese sich dann in der CDU/CSU vereinigenden Aktiven sind wegen ihres Dogmas, ihrer Unterwürfigkeit christlicher Dogmen, Konservativität und Besserwisserei eine Gefahr für die Demokratie, wie es alle Parteien sind, die einen Glückseligkeitsanspruch, ein Vereinsdenken, eine Parteidisziplin, einen Haß gegenüber Andersdenkenden entwickeln.

Die Junge Gemeinde als Kaderschmiede für die CDU-Parteifunktionäre bzw. Bosse der Politik, Wirtschaft und Medien!
Jede Organisation sorgt über die Jugend rechtzeitig für ihr Überleben. Das ist das Normalste von der Welt. Wir müssen nur unterscheiden, was für Ideologien für die Zukunft der Menschheit nützlich sind und gefördert werden müssen und welche schädlich, überholt, reaktionär, konservativ sind und deshalb eher ein Auslaufmodell sein sollten. Die Kirche gehört für mich zum Auslaufmodell.

An was die Leute glauben, ist ihre Sache. Wie sie sich aber organisieren, um ihren Glauben zur materiellen Gewalt werden zu lassen, ist eine Angelegenheit, die für den Bestand und die Entwicklung einer Gesellschaft sehr wichtig ist. Hier sollte man sich einmischen, um dem Fortschritt eine Zukunft zu geben. Aber es ist schwer zu erkennen, was echter Fortschritt und was nur ein gespielter ist oder gar nur eine Verirrung, eine Sackgasse, eine Selbsttäuschung. So wie hier in unserem Gottesdienst, wo durch Modernisierungsopfer die alten Dogmen aufgewertet werden sollen, ist kein Fortschritt zu erkennen.


Zu 11:
Eine Taufe

In die Feier der Konfirmation ist eine Taufe eingebunden. Im Film sind die Passagen vor und nach der Taufe herausgeschnitten. Wir erleben nur den Taufakt selbst.
Das ist eine alte Tradition, inmitten der Gemeinde ein Menschenkind der Obhut Gottes zu empfehlen. Dies gibt das Gefühl der Verbundenheit und des Füreinander -Daseins. Es ist urchristlich. Es ist anrührend anzuschauen und macht nachdenklich, über die eigenen Verpflichtungen, die man vielleicht selbst als Pate irgendwo übernommen und bisher womöglich nur ungenügend wahrgenommen hat. Die Gemeinde freut sich über den Nachwuchs.

Wie schrecklich müssen die Jahre gewesen sein, wo nur noch zehn alte Leute zum Gottesdienst kamen und sie den Untergang ihrer christlichen Welt erkennen mußten. Jetzt geht es doch wenigstens wieder aufwärts.
Denken die Christen.

Und ich denke, oh ihr Armen, Unselbstständigen. Könnt ihr nicht ein gottgefälliges Leben aus eigener Kraft leben, ohne die moralische Knute Gottes Zorn? Könnt ihr euch nicht selbst entscheiden, ohne euch durch Gebete bei Gott erst mehrfach abzusichern? Könnt ihr nicht einfach … nein, viele Menschen können es eben nicht. Und wollen es nicht. Sie sind so zufrieden. Und das ist ihr Recht.

Mit der Taufe ist für die Eltern etwas Nützliches verbunden: Ihr Kind erhält zwei Paten, die sich in dem Fall, daß sie sich nicht mehr um ihr Kind kümmern können, für sie einspringen. Der Hauptsinn der Taufe ist natürlich aus der Sicht der Kirche gegeben. Das Kind wird in die Gemeinschaft der Christen aufgenommen und sozusagen Gott geweiht. Die Eltern und Paten werden verpflichtet, das Kind im christlichen Glauben und im Sinne der Heiligen Kirche zu erziehen. Die Kirche nimmt das Kind in ihren Schoß auf.

Das klingt so warm und freundlich. Man kann es auch anders ausdrücken: Die Kirche sichert sich diese wenige Monate alte Seele, die noch lange keine diesbezügliche Entscheidung fällen kann und fesselt sie an sich. Ihren Eltern hat sie jahrelang zuvor schon ins Gewissen geredet, dem Neugeborenen so schnell wie möglich den Weg zum Himmelreich frei zu halten, indem es sozusagen an Gott veräußert wird. Es gibt christliche Religionsgemeinschaften, da erfolgt die Taufe erst, wenn sich eine solche Persönlichkeit herausgebildet hat, daß sie eine so tiefgreifende Entscheidung bewußt fällen kann. Unsere christlichen Kirchen erfanden die Konfirmation bzw. Kommunion, wo man den Jugendlichen die Möglichkeit gibt, sich für Gott selbst noch einmal zu entscheiden. So geht es auch. Das ist demokratisch fast zu vertreten, jedoch ist das Alter von 14 Jahren noch nicht zu einer rechtsfähigen Entscheidung geeignet.


Zu 12.
Konzertmusik zum Zuhören

Ein Kunstgenuß, ohne Gottesbezug. Die Gemeinde singt nicht mit. Sie hört erstaunt die bisher in dieser Umgebung und Welt ungehörten Klänge. Und sie denkt, ‚wie modern doch alles geworden ist. Es ist schön, daß sich die Kirchenfürsten von den alten Zöpfen befreien. Gott ist zu uns hinüber gewechselt, in die neue Zeit. Er läßt sich auch etwas angejazztes gefallen‘.

Ja, die USA lassen grüßen. Aus Amerika kommt eben aller Fortschritt. Dort regiert sogar wieder ein Präsident von Gottes Gnaden. Die Kirche unterstützt aktiv seine Kriege … nein, soweit denkt der brave Christ bei uns hier nicht. Noch nicht.

Fortsetzung folgt

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Texte: Rechte des Fotos und der Abhandlung beim Autor
Tag der Veröffentlichung: 13.11.2009

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