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Hinweis

Falls ihr diese Geschichte schon einmal gelesen habt und euch wundert, warum es jetzt plötzlich ganz anders ist: Ich habe mich entschieden, anders an die ganze Sache ranzugehen, und das Kapitel, das nun folgt, ist das 'richtige' erste Kapitel. Ich plane, einmal wöchentlich ein neues Kapitel hochzuladen. Natürlich freue ich mich weiterhin über jedes Kommentar und ganz besonders konstruktive Kritik.

Danke für eure Aufmerksamkeit!

LG Vivian Marie

Kapitel 1

 

„Chris, was hast du bei der Aufgabe herausbekommen?“, sprach die Mathelehrerin mich mit lauter Stimme an und erweckte mich aus meinem unabsichtlichen Nickerchen.

„Also, ähm...“, stammelte ich verwirrt. Eigentlich wollte ich nur kurz meine Augen zumachen, aber wie es aussieht, bin ich wohl eingeschlafen – ich habe keine Ahnung, von welcher Aufgabe wir gerade redeten.

„Die Lösung ist 9,434“, flüsterte mir mein Sitznachbar Matthew zu, wofür ich sehr dankbar war.

„Ich habe 9,434 herausbekommen“, sagte ich schnell.

„Nein, das hast du nicht. Komm bitte nach dem Unterricht zu mir. Und Matthew, du hättest es ihm nicht vorsagen sollen, er muss es selbst lernen.“, bemerkte Mrs Anderson. „Aber du liegst richtig, die Lösung ist gerundet 9,434.“

Ich seufzte. Es ist nicht so, dass ich schlecht in der Schule bin. Eigentlich habe ich sogar ziemlich gute Noten. Nur Mathe ist das Fach, das ich absolut nicht verstehe, egal was ich tue. Meine Lehrerin hat mich schon öfter dazu gedrängt, Nachhilfe zu nehmen, aber das möchte ich nicht. Ich bin ein Mensch, der alles alleine hinkriegen möchte, und in den meisten Fällen klappt das dann auch.

„Die Stunde ist nun beendet. Ausnahmsweise gibt es keine Hausaufgaben.“, verkündete Mrs Anderson als es klingelte, woraufhin einige Jubelrufe meiner Klassenkameraden zu hören waren.

 

Nachdem sich die Klasse größtenteils geleert hatte, schnappte ich mir meinen Rucksack und trottete zum Pult.

„Ich habe bemerkt, dass du eingeschlafen bist. Hast du Schlafprobleme?Oder irgendein anderes Problem? Wir Lehrer sind da, um dir zu helfen, Chris.“, redete die Lehrerin mich an. Ich verdrehte innerlich meine Augen.

Klar, ich verstehe, dass es nur nett gemeint ist, aber wenn ich ein Problem hätte, wäre ein Lehrer wirklich meine letzte Wahl, um darüber zu reden.

„Nein, es ist alles gut, ich habe letzte Nacht nur ein bisschen wenig geschlafen, das ist alles.“, antwortete ich wahrheitsgemäß. Ich muss wirklich sagen, ich kann mich über mein Leben nicht beschweren. In meinem Leben hatte ich bisher wenige Probleme. Das Einzige, was eine Zeit lang wirklich ein Problem war, ist der Fakt, dass ich schwul bin.

Es ist nicht so, dass ich es als Problem angesehen habe. Im Gegenteil, ich war ziemlich glücklich, als ich endlich gecheckt habe, was mit mir los ist. Meine besten Freunde waren da eher das Problem. Sie kommen alle aus ziemlich konservativen Familien und waren deswegen ziemlich aufgebracht, als ich mich geoutet habe. Zum Glück hat die feste Freundin, Mia, von meinem besten Freund, Zach, ihn und die anderen davon überzeugen können, dass es nichts schlimmes ist. In der Zeit war ich natürlich ziemlich traurig, aber abgesehen davon geht es mir ziemlich gut.

„Ich habe hier noch deinen letzten Test, Chris. Vielleicht solltest du dir Nachhilfe nehmen.“, legte Mrs Anderson mir nahe. Sie drückte mir den Test in die Hand und ich beäugte ihn niedergeschlagen. Es war eine 5.

„Oder vielleicht könntest du ihm Nachhilfe geben, Matthew?“, schlug sie vor, als Matthew gerade die Tür öffnen wollte.

„Du bist der beste in Mathe, und da ihr ja auch Sitznachbarn seid, passt das ja.“ Ich sah ihn an. Er fuhr sich durch seine dunkelbraunen Haare und antwortete verlegen: „Ähm, ja, warum nicht?“

Jetzt, wo ich ihn näher betrachte, sieht er echt gut aus, objektiv gesehen. Seine großen braunen Augen wurden von langen Wimpern umrahmt und er hat breite Schultern, die von einem Marvel-Pulli bedeckt wurden. Jedoch ist er charakterlich wohl eher nicht mein Typ, denn er ist ein ziemlicher Streber. Es ist nicht so, dass ich das schlecht finde, denn es ist ja eigentlich eine ziemlich hilfreiche Eigenschaft, interessiert an der Schule zu sein. Aber ich fühle mich davon einfach nicht wirklich angezogen.

„Der Raum ist nach der 8. Stunde frei, falls ihr beide nichts vorhabt, könnt ihr ja gleich heute anfangen.“, unterbrach Mrs Anderson meine Gedanken. Ich wandte meinen Blick von Matthew ab.

„Ich habe Zeit“, äußerte Matthew sich.

„Ja, ich auch“, antwortete ich ihm, „Also treffen wir uns hier um 16 Uhr?“

„Abgemacht“, antwortete Matthew knapp und huschte aus der Tür.

Ich stand reglos da und schaute ihm hinterher. Verdammt, er sieht wirklich gut aus. Rasch schüttelte ich die Gedanken ab und verließ ebenfalls das Klassenzimmer.

 

***

 

„Und ich habe gehört, dass du mit John rumgemacht hast? Ich wusste gar nicht, dass du auf ihn stehst!“, sagte Mia gerade zu Lucy, als ich mich mit meinem Mittagessen in der Hand zu ihnen an den Tisch setzte. Heute gab es in der Cafeteria vegetarische Lasagne, was mein absolutes Lieblingsessen ist.

„Worum geht's?“, fragte ich die beiden. „Wir reden von der Party gestern bei Nate“, erklärte Mia mir. „Ich war nicht da, und habe anscheinend einiges verpasst!“ Sie drehte sich erwartungsvoll um zu Lucy. Diese strich ihre kurzen, blonden Haare aus den Augen und seufzte.

„Also, ich weiß auch nicht... ich glaube, ich habe mich in ihn verliebt.“, antwortete sie mit einem unergründlichen Blick in ihren Augen.

„Warte, was? Das ist ja das erste Mal, dass ich so etwas von dir höre!“, stieß Mia überrascht aus. Ich kannte Lucy nicht so gut, aber jetzt, wo ich so drüber nachdenke, fällt mir auf, dass ich wirklich noch nie gehört habe, wie sie in einer Beziehung war.

Ich drehte mich um und blickte auf die Uhr an der gelb gestrichenen Wand der Cafeteria. Shit, es ist schon 15:55, fiel mir auf. Das heißt, ich hatte noch 5 Minuten Zeit, um mein Mittagessen aufzuessen.

Mia fragte Lucy weiterhin aufgeregt über John aus, während ich mir die Lasagne in den Mund schaufelte.

„Leute, ich muss jetzt gehen“, verabschiedete ich mich hastig, schnappte mir meinen Rucksack und eilte durch die Cafeteria. Ich hörte noch, wie Lucy verwundert rief: „Aber wo gehst du denn hin?“

 

Schwer atmend rannte ich den Flur entlang und seufzte erleichtert auf, als ich endlich den Klassenraum erreichte. Ich warf einen schnellen Blick auf die Uhr und bemerkte, dass es bereits 16:01 war. Gut, eine Minute ist nun wirklich nicht schlimm, aber ich wollte auch keinen schlechten Eindruck machen. Schnell riss ich die Tür auf und stolperte ins Klassenzimmer, und ich wollte mich gerade für meine Verspätung entschuldigen, als ich bemerkte, dass der Raum komplett leer war.

Ich setzte mich an meinen gewohnten Platz in der Mitte des Zimmers, schmiss meinen überladenen Rucksack neben mich und fischte mein Handy heraus. Zurückgelehnt schaltete ich es an und sah, dass ich eine Nachricht von Matthew erhalten hatte.

Mein Herz setzte einen kurzen Schlag lang aus. Vielleicht ist ihm ja etwas dazwischengekommen und er schreibt, dass er nicht kommen kann? Vielleicht hat er es sich mit der Nachhilfe generell auch anders überlegt? Ich weiß nicht, warum mir plötzlich all diese Fragen durch den Kopf schossen, ich kenne ihn ja nicht einmal wirklich. Eigentlich wollte ich ja auch gar keine Nachhilfe haben. Was ist bloß mit mir los?

Ich schüttelte den Kopf. Wahrscheinlich bin ich nur ein bisschen verwirrt und kaputt, weil ich gestern so wenig geschlafen habe.

Letztendlich entsperrte ich mein Handy und öffnete die Nachricht.

„Sorry, mir ist was dazwischengekommen, ich kann heute doch nicht.“, schrieb Matthew.

Ich seufzte enttäuscht. Wahrscheinlich war ich nur so enttäuscht weil bald die Matheprüfung ansteht und ich gehofft hatte, dass die Nachhilfe mir doch etwas bringen würde. Zumindest redete ich mir das ein.

Also stand ich wieder auf, nahm meinen Rucksack und verließ das Zimmer.

 

***

 

Als ich zu Hause ankam, öffnete ich die Tür, legte meinen Rucksack ab und ging ins Wohnzimmer. 

„Hallo, Chris, alles gut?“, fragte mich meine Mutter, die auf dem Sofa saß und gerade ein Buch las. Sie blickte hoch zu mir mit ihren großen Augen, die meinen sehr ähnlich waren. 

„Ja, in der Schule ist nichts spannendes passiert.“, antwortete ich und setzte mich gegenüber von ihr auf das andere Sofa.

„Mrs Anderson hat mich angerufen. Anscheinend hast du im letzten Mathetest eine 5 geschrieben, hat sie mir erzählt.“

Ich stöhnte. Es war klar, dass das passieren würde. Mrs Anderson ist die Art von Lehrerin, die wirklich wegen jeder Kleinigkeit die Eltern anruft.

„Ja, das stimmt.“, antwortete ich niedergeschlagen, „Aber Matthew, ein Junge aus meiner Klasse, gibt mir jetzt Nachhilfe in Mathe.“

Meine Mutter schaute überrascht von ihrem Buch hoch. „Du nimmst freiwillig Nachhilfe? Was ist denn mit dir passiert?“, sagte sie ungläubig.

Impressum

Texte: Vivian Marie
Cover: Bookrix
Tag der Veröffentlichung: 25.05.2019

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für meine beste Freundin, die gerade ebenfalls ein Buch schreibt. Sie ist eine Quelle der Inspiration für mich und genau genommen hätte ich ohne sie garnicht angefangen zu schreiben. (Diese Geschichte ist sozusagen ein 'Ableger' ihres Buches, es sind die gleichen Charaktere nur eine andere Geschichte :D)

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