Meine Großeltern väterlicherseits lebten in Hamburg.
Als Kinder waren wir manches mal dort für ein paar Tage zu Besuch und viele kleine Begebenheiten sind mir im Gedächtnis geblieben.
So war es immer eine Freude, dort vor dem Zubettgehen
das Sandmännchen im Fernsehen anschauen zu dürfen.
Denn das gab es bei uns in NRW nicht. Natürlich wussten wir nicht, dass dies aus der DDR gesendet wurde, wir liebten dieses Sandmännchen!
Wir wurden in das große Bett der Großeltern gelegt und
meine Großmutter erzählte uns das Märchen vom Fischer und seiner Frau. Nur daran kann ich mich erinnern. Vielleicht weil es teilweise von meiner Oma in Plattdeutsch gesprochen wurde: Butje Butje in de See
mine Fru die Ilsebill will nit so as ik dat will.
Ich liebte diesen Spruch in der mir ja fremden Sprache.
Meine Großeltern bewohnten eine Wohnung in einem Zweifamilienhaus in Blankenese. Nur wenige Meter von dem Hirschpark entfernt. In diesen Park haben wir immer für uns Kinder abenteuerliche Spaziergänge gemacht.
Eine lange Alle mit riesigen Bäumen und wir fanden auf diesen Weg manchmal ständig Geld. Mal 2Pfennigstücke, mal 5Pfennigstücke. Erst Jahre späterwurde uns verraten, dass mein Opa, der vorne weg ging, das Geld hatte fallen lassen, damit wir es fanden.
Die Hirsche, die Enten, der Spielplatz mit der Rutschbahn,die einem Elefanten nachgestellt war.
Selbstverständlich hatten wir immer altes Brot dabei um die Enten zu füttern. (Heute ärgere ich mich, wenn dies Menschen tun, obwohl die Schilder auffordern dies zu unterlassen aufgrund der Krankheiten die dann entstehen können bei den Tieren)
Unheimlich, aber was umbedingt ein Highlight wie man heute sagt war, das war ein Tunnel durch den man ging.
Als ich im Erwachsenenalter diesen Tunnel noch einmal aufsuchte, war ich enttäuscht, weil er völlig harmlos und recht kurz war.
Aber als Kind hat man ja bekanntlich eine andere Perspektive und mit dem magischen Denken zusammen war dies wie eine Mutprobe da durch zu rennen.
Wenn man am anderen Ende aus dem Hirschpark kam, konnte man auf die Elbe schauen und dieser Geruch von Seeluft, Salz , Tank den rieche ich wenn ich daran denke. Es ging dann runter zu den alten Lotsenhäusern und zum Strand. Da Blankenese ja berühmt ist für sein
Treppenviertel am Süllberg, fuhren wir mit einem roten Kleinbus immer zurück nach oben. Diese Kleinbusse fand ich faszinierend, ob sie heute noch in Betrieb sind?
Das Einkaufen mit meiner Oma war auch von Eindrücken erfüllt. Besonders wenn es ein paar Stufen hinunter in einen Fischladen ging. So etwas kannte ich ja nicht, dass ein Geschäft unterhalb des Bürgersteiges lag.
Wieder zuhause gab es dann frischen Möhrensaft aus der Presse. Lecker!!!
In der Poststraße, mitten in Hamburg, betrieben meine Großeltern einen Lebensmittel Feinkostladen. Da in der Nähe sich das Ohnsorgtheater befand waren auch Heidi Kabel und Henry Vahl häufiger Kunden.
Um in das Ladenlokal zu gelangen musste man in das Haus hineingehen und dann rechts in den Laden schwenken. Dieser war letztendlich ein recht schmaler
Verkaufsraum, im Keller darunter lag der Wirtschaftsraum, in dem täglich reichlich Frikadellen gebraten wurden. In dem Laden führte eine schmale Treppe in das Büro. Die Frontscheibe war so angelegt, dass man von dor aus nach unten in den Laden sehen konnte.
Meine Eltern nutzen oft die Zeit zum Einkauf in Hamburg und wir Kinder wurden dann in der Zeit bei meinen Großeltern gelagert. Wir mussten stundenlang,
zumindest kam uns das so vor, in dem Büro bleiben. Zuerst war das ja noch interessant mit den diversen Bürogeräten , zB. einem Locher zu spielen.
Wenn der Kaffeevertreter kam, dann schenkte er uns immer ein Heft mit einer Geschichte von der Kaffebohne
Darbove. Lustige Geschichten.
Wenn uns langweilig wurde, hockten wir uns vor die Glascheibe und beobachteten wie im Laden verkauft wurde. Man konnte hören was dort gesprochen wurde. Und wir machten uns natürlich einen Spaß daraus Faxen zu schneiden und Geräusche zu machen und wenn jemand hoch guckte wurde schnell der Kopf eingezogen.
Im Vergleich zu den Taten heutiger Kinder waren wir absolut harmlos und pflegeleicht.
Spannend war es wenn wir in das Treppenhaus, in dem der Laden lag, spielen gehen durften. Wir hüpften da im Flur rum und dann kam die absolute Mutprobe, denn in dem Haus fuhr ein Paternoster. Unheimlich, denn wer wusste wo der nach unten hin verschwand! Vielleicht resultiert daher meine Panik vor Aufzügen.
Mein Bruder hat dazu natürlich noch genussvoll meine Angst geschürt und naiv wie ich war glaubte ich auch alles. Das wäre heute sicherlich schnell verboten worden, dass Kinder vor einem Paternoster spielen und mutig da hineinspringen. Aber damals kümmerte sich keiner darum der uns da spielen sah. Auch diese Zeit hatte also ohne weiteres ihre Vorteile.
Abends, nach Geschäftsschluss fuhr mein Opa uns zuliebe immer durch den alten Elbtunnel. Mit dem Auto ging es in einen Fahrstuhl, dann hinunter in den langen gekachelten Gang. Auch gruselig, aber immer
wieder ein Erlebnis. Den habe ich bei meinem Hamburgbesuch im Erwachsenenalter auch besucht und hier fand ich doch wieder die Gefühle aus meiner Kindheit.
Der Laden existiert leider nicht mehr.
Natürlich gab es auch öfter Besuch im Zoo Hagenbeck
und ein Spaziergang nach Teufelsbrück.
Viele Erinnerungen verbunden mit schönen Gefühlen und
nachhaltigenden Gerüchen.
Texte: Foto und Textrechte liegen bei der Autorin
Tag der Veröffentlichung: 02.09.2011
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