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Aus Kapitel 6:
Wir erlebten wirklich glückliche Zeiten. Es waren wunderbare Jahre in Gesundheit und Wohlstand. Unseren Kindern gefiel es sehr, dass wir oft Besuch hatten. Bei uns war immer etwas los, Langeweile war ein Fremdwort. Ich erinnere mich gerne an die malerischen Zugfahrten am Rhein entlang, die wir wiederholt mit ihnen unter-nahmen, um in Stuttgart bei Daimler Benz ein neues Auto abzuho-len. Dann wurde zuerst einmal der neue Wagen bestaunt, – alles roch noch so frisch – und nach einem guten Essen, nahmen wir alle darin Platz, um zurück nach Hause zu fahren.
In solchen Momenten fragte ich mich: Warum geht es uns so gut? Womit haben wir das verdient? Wenn ich solche Gedanken hatte, kam mir folgendes Zitat in den Sinn:
„Gottes Gnade ist es, dass er uns nicht das gibt,
was wir verdienen.
Gottes Barmherzigkeit ist es, dass er uns gibt,
was wir nicht verdienen!“
Manchmal beschlich mich jedoch die leise Vorahnung, dass es nicht immer so bleiben würde. Darum sagte ich mir: „Tank jetzt geistlich auf und sei auf alles gefasst, denn es können sich noch Vorfälle er-eignen, durch die Gott dich testen will!“ Doch was immer auch ge-schehen würde – wir hatten uns fest vorgenommen, ihm auf jeden Fall die Treue zu halten und gehorsam zu sein wie es in Psalm 25, 12-13 geschrieben steht:
„Was ist mit dem, der dem Herrn gehorcht?
Der Herr zeigt ihm den richtigen Weg. Er schenkt ihm Glück und Wohlstand, und seine Nachkommen werden das Land erben.“
Darunter verstehe ich keinen zähneknirschenden Gehorsam, sondern vielmehr die Bereitschaft, aus einer persönlichen Liebesbeziehung zu Gott heraus das gerne zu tun und zu akzeptieren, was er für rich-tig ansieht und mir verordnet.

An Heiligabend 1965 erhielten wir ein ganz besonderes Geschenk: Holger, unser drittes Kind, wurde geboren, blond und mit blauen Augen, wie alle unsere Kinder. Diese Schwangerschaft war, wie auch die vorherigen, normal verlaufen und wir waren voller Dank-barkeit. Da ich in einem Einzelzimmer lag, konnten wir dort nun zu fünft den Geburtstag Jesu und den unseres Neugeboren feiern.
Immer wenn ich wusste, dass ich wieder ein Baby erwartete, be-teten wir inständig für dieses neue Leben. Es war unser größter Wunsch, dass unsere Kinder Gottes Liebe erfahren, Jesus Christus nachfolgen und ihren Platz finden. Das war uns viel wichtiger als weltliche Statussymbole wie Karriere und Geld oder gesellschaftli-ches Ansehen.
Holger war gerade erst sechs Tage alt und noch im Krankenhaus, als uns plötzlich der Arzt zu sprechen wünschte. Er teilte uns mit, unser Sohn habe einen Herzanfall erlitten, weil er ein Loch im Her-zen hätte! Diese Mitteilung versetzte uns in Angst und Schrecken.
Interessant war, dass der Arzt mich fragte, ob ich während der ersten Schwangerschaftswochen, in denen sich das Herz eines Emb-ryos bilde, irgendwelche Aufregungen gehabt hätte. Das Einzige, was mir einfiel, waren einige Eskapaden, die wir mit einer jungen Hausgehilfin gehabt hatten. Aber dieses Wissen änderte nun auch nichts mehr an Holgers bedrohlichem Zustand. Zwar bestand noch keine akute Lebensgefahr, aber bei einer Lebenserwartung von nur etwa zwanzig Jahren würde er noch mehrere Operationen über sich ergehen lassen müssen. Welch traurige Aussichten! Wir merkten, dass wir auf Gottes Prüfstand waren und hielten uns an dem folgen-den Bibelvers aus Römer 8,28 fest:
„Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach dem Vorsatz berufen sind.“
Ich habe Folgendes gelernt: Dieses „… zum Besten dienen“ bedeu-tet nicht, dass ich hier auf Erden ein völlig sorgenfreies Leben verbringe. Vielmehr heißt es, dass mich alles näher zu Gott bringen soll, wenn ich es zulasse – auch ungeahnte Schicksalsschläge!
Kurt liebte es, diesen Vers zu singen, der von Peter van Woer-den, dem Neffen der bekannten Corrie ten Boom, vertont worden ist. Dennoch ging das alles nicht ohne Tränen ab.
Mir fiel es unsagbar schwer, ohne mein Kind, das in der Klinik bleiben musste, nach Hause zu fahren.
Unser Jüngster wurde nun künstlich ernährt. Deshalb durfte ich ihn auch erst nach sechs Wochen Krankenhausaufenthalt heimholen. Aber auch zuhause gab es Komplikationen, weil er so schwach war. Nach dem Baden hatte er Hunger, war aber zu müde zum Trinken. Wenn er wach wurde, trank er zwar gierig, konnte aber fast nichts bei sich behalten und nahm kaum zu. Es war zum Verzweifeln. Es wurde viel für Holger gebetet, und dann endlich griff Gott ein: Als er acht Wochen alt war, fütterte meine Mutter ihn und betete instän-dig für den kleinen Säugling. Von da an gab es keinerlei Probleme mehr. Wir waren überglücklich. Als wir der Kinderärztin von dieser Gebetserhörung erzählten, meinte sie nur: „Wenn doch alle Mütter in solchen Situationen beten würden!“
Unser Sorgenkind nahm rapide zu, so dass wir schon an eine vollständige Heilung glaubten, was aber leider nicht der Fall war. Wegen der Herzkrankheit waren Finger- und Fußnägel bläulich. Anfangs hatte er ein schiefes Köpfchen, wahrscheinlich weil er auf-grund seines Herzfehlers meistens auf der rechten Seite gelegen hat. Aber das normalisierte sich nach einiger Zeit. Auch das Sitzen und Laufen lernte Holger etwas später als gewöhnlich. Außerdem war er anfälliger für Krankheitserreger als seine Altersgenossen, und brauchte länger als sie, um sich davon wieder zu erholen. Dennoch wurde er allmählich kräftiger und entwickelte sich insgesamt sehr positiv.

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Tag der Veröffentlichung: 16.11.2011

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