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Leseprobe

Der Gedanke, ab dem Pensionsantritt in eine völlige Unabhängigkeit zu geraten, macht vielen Menschen zu schaffen. War doch bisher alles geregelt, jede Minute verplant und gab einem doch diese gewisse, sichere Routine eine durchaus wohlige Rückendeckung. Man stand, so glaubte man zumindest, mitten im Leben, wurde respektiert ob seiner Berufserfolge, war auch immer bemüht noch ein Stück „weiter“ zu kommen – und mit einem Schlag befand man sich auf einem Seil ohne Netz darunter. Alles was man jahrzehntelang angestrebt und zum Teil auch erreicht hatte sollte auf einmal zu Ende sein? Und waren da nicht auch noch die lieben, guten Freunde, die einem dringend abgeraten hatten, die Sicherheit, die uns die Ausübung unseres Berufes doch geben kann, aufzugeben? Im Sinne von: „Na, du wirst schon sehen!“ und „Hand aufs Herz, seit der Nachbar in Pension ist, tut er sich schwerer als früher; sein Gang ist anders, er spricht über andere Dinge, bemerkt auf einmal, dass ihm dies und das weh tut und jammert einen eigentlich nur noch an. Die ganze frühere Spannkraft und Energie ist aus seinem Körper gewichen.“
Ich gebe zu, dass mir Menschen mit den letztgenannten Schwierigkeiten bekannt sind. Ich habe allerdings auch die Anderen kennen gelernt oder schon gekannt. Diejenigen, welche noch mit 80 in TV-Sendungen etwas zu sagen hatten, die in diesem Alter sogar noch Erfindungen gemacht haben, die niemals nachgelassen haben, ihren Interessen nachzugehen, und die sich dadurch eine immense Lebenskraft erhalten konnten, welche sich auch in Form einer stabilen Gesundheit manifestierte.
In vielen Köpfen der sogenannten Älteren geistert die Erwartungshaltung herum, dass man alles das, was man vor der Pension nicht gemacht hat, dann endlich, weil man ja Zeit hat, machen darf und kann. Leider funktioniert das in dieser Art nicht ganz. Wenn man vor der Pensionierung ein langweilig Desinteressierter war, wird man das wahrscheinlich auch in der Pension sein. Der Grundstein für ein erfülltes Leben wird natürlich nicht mit dem Pensionsantritt gelegt. Ich will damit sagen, dass man denen, die ihr ganzes Leben keine Interessen für irgendetwas gehegt haben, die Interessen nicht einimpfen kann. Ganz abgesehen davon, dass dieses Buch sowieso nur für diejenigen geschrieben ist, die Verantwortung für sich und ihr Leben übernehmen und nicht auf ein Wunder warten. Auch Wunder müssen vorbereitet und erarbeitet werden.

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Tag der Veröffentlichung: 18.02.2011

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