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UNDINE
Natürlich waren Mickey und Tom einverstanden.
Aber das stellt mich jetzt vor die Aufgabe, Monstermaid auf direktem Wege in die Kissen zu bugsieren und sie damit dahin zu bringen, wo wir sie haben wollen. Ein wirklich gutes Gefühl habe ich ja nicht bei der Sache. Frauen und Geld. Ganz schlechte Kombination.
Wie Bombe und Zünder. Jedes für sich ist wohl durchaus angsteinflößend, aber meist ungefährlich. Aber wehe, die beiden tun sich zusammen, dann fliegt einem die Kacke schneller um die Ohren, als man „Leb wohl“ sagen kann! Oder anders gesagt: Wenn man zuviel zündelt, kommt der Scheiß gebündelt!
Das reimt sich nicht nur, es stimmt auch.
Bevor ich mich jedoch dieser Herausforderung stelle, muss ich mich erst noch einer anderen Angelegenheit widmen, nämlich dem Artikel über Blind Dates, zu dessen Zweck ich im Hades der Neuzeit, dem Internet, eine Dame mittleren Alters aufgerissen habe.
Undine wäre ihr Name und sie sei geschieden. Inzwischen weiß ich, dass Frauen, die im Web einen meist seltsam anmutenden und in der Regel gefälschten Namen angeben, im Kontaktanzeigenmarkt des Internets bereits eine feste Größe sind und dadurch einfach zu vermeiden versuchen, von dem einen oder anderen gescheiterten Date wiedererkannt zu werden.
Undine sei Sternzeichen Löwe und ihr Beruf ein medi- zinischer. Im Herzen sei sie aber Künstlerin. Sie male und schreibe gern. Das wäre eigentlich der Punkt, an dem es für mich uninteressant wird, denn Künstler bin ich selber und weiß um die neurotisch bedingten Ausnahmezustände dieses Berufsstandes. Ich sag nur: zwei Minus ergeben normalerweise kein Plus!
Es gab da aber noch eine Spalte in ihrer Anzeige, die meine Aufmerksamkeit erregte. In diesem Teil der Annoncen findet man häufig so intellektuell als auch tiefgründiges, wie z.B.: „Lass die Sonne in dein Herz“; „Lebe jeden Tag, als wäre es dein letzter!“ oder auch immer wieder gern: „Carpe Diem“. Und bei letzterem wissen sie auch bloß, was das heißt, weil sie den „Club der toten Dichter“ gesehen haben. Soviel zur Fraktion der hirnfreien Poeten. Die meisten von denen müssten sich sowieso eher „Carpe Noctem“ auf ihre Fahnen schreiben, denn wenn sie ihren Anblick bei Tageslicht feilbieten, werden ihnen ruckzuck die Opfer ausgehen! Und dann sind da noch die Autistischen.
Äh, ´tschuldigung, die Authentischen. Die schreiben: „Krasse Dompteuse sucht wilden, aber zähmbaren Tiger!“. Wild, aber zähmbar??? Ansehnlich, aber nicht schön??? Gebildet, aber kein Besserwisser???
Vielleicht kann mir das bei Gelegenheit mal jemand erklären. Das Beste war aber „Nimmersatter Rubens- brocken (!!!) sucht literaturbewanderten Sexgott“. Wäre ich auf der Suche nach der Frau für`s Leben, wäre die meine erste Wahl, keine Frage. Aber für meine Zwecke schien mir Undine besser geeignet.
Ah, Stichwort. Der Grund, warum ich beim Lesen von Undines Anzeige nicht gleich zur nächsten weitergeklickt habe, lag an ihrem Statement: „Allem Anfang wohnt ein Zauber inne“. Das ist gut. Schlicht und gerade deshalb gut. Und alles, was wir an Schlichtem und Gutem kriegen können, brauchen wir dringend! Im Übrigen weiß der Kenner, dass es sich hierbei um ein Zitat aus dem Gedicht „Stufen“ von Hesse handelt. Könnte sich lohnen oder aber zumindest interessant werden, eine Frau kennenzulernen,
die einem derart literarisch daherkommt. Wer nun bei der ersten (und in der Regel auch letzten) persönlichen Begegnung nur das Allerschlimmste erwarten würde, dem ginge es wie mir. Aber ich bin lernfähig, denn diesmal war ich vorbereitet. Will sagen, Tränengas für mein körper- liches Wohlbefinden und der Beibehaltung von eben- diesem, meinen 175 PS starken schwarzen Mini Cooper für die schnelle und zielgerichtete Flucht, bei der man in diesem Wagen übrigens verdammt gut aussieht. Und gäbe es den Unsichtbarkeits-Tarnumhang von Harry Potter tatsächlich, hätte ich den auch noch mitgenommen.
Ich fühlte mich also ganz Herr der Lage. Bereit dem Feind ins Auge zu blicken, und ihn, würde er auch nur einmal auf eine Art blinzeln, die mir miss fiele, ohne eine Spur von Mitleid oder gar Reue zu vernichten! Man merkt mir kaum an, dass ich schon das eine oder andere Mal eine unschöne Erfahrung gemacht habe, nicht wahr? Natürlich erhascht auch mich dann und wann ein Fünkchen Optimismus, aber unterm Strich … wer glaubt denn schon an Märchen?
Oder gar an wahre Liebe? Ok, ok, Romeo und Julia
vielleicht, aber hey, die waren beide dreizehn. Da glaubt man doch noch jeden Scheiß!
Copyright © ACABUS Verlag im Diplomica Verlag GmbH 1997-2010
Texte: erschienen im Acabus Verlag
ISBN: 978-3941404960
Tag der Veröffentlichung: 06.05.2010
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