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STRESS UND „SICH SELBST ERKENNEN“
Was passiert nun, wenn du permanent reagierst und dich auf die Bedürfnisse der Umgebung einstellst? Hast du dich einmal gefragt, warum die Anzahl der psychosomatischen Erkrankungen so rapide zunimmt? Warum die Praxen der Psychologen und Psychotherapeuten überfüllt sind und mit Wartelisten arbeiten? Warum es so viele Menschen mit Rückenproblemen und Hauterkrankungen gibt?
Die Grundursache möchte ich dir an einem Beispiel verdeutlichen. Stell dir folgende Situation vor:
Ein kleines Mädchen hat als Kindergartenkind einen Traum. Sie möchte Sängerin werden. Ständig singt sie vor dem Radio und veranstaltet ihre eigene kleine Show. Wenn sie das tut, ist sie ganz in ihrer Welt verschwunden. Sie ist ein kleiner Star und auch, wenn sie gerade nicht singt, fühlt sie ihre Stimme in sich. Die Eltern belächeln dieses kindliche Verhalten ten, lassen sie aber gewähren. Dann wird sie größer und lernt auf Wunsch ihrer Eltern „etwas Anständiges“. Sie macht eine Ausbildung zur Friseurin, geht jeden Tag brav zur Arbeit und ist „erwachsen“ geworden.
Von ihrem kleinen Traum ist nicht viel übrig. Sie hat ihn vielleicht sogar vergessen oder schämt sich dafür, wie sie als Kind vor dem Radio herumgehüpft ist. Als erwachsene Frau tut sie das, was von einer erwachsenen Frau konventionell erwartet wird. Vielleicht hat sie in einem Alter von 30 Jahren, in dem „anständige Leute“ dies auch tun, geheiratet und Kinder bekommen. Sie kümmert sich um ihre Familie, geht arbeiten, kontrolliert die Hausaufgaben und vielleicht schaut sie Samstag abends eine Talentshow und fiebert mit ihrem Favoriten mit. Dort schaut sie dann zu, wie junge Menschen versuchen, ihre Träume zu ver- wirklichen. Sie hört wie sie singen und bewundert wie sie tanzen.
Ihre Ausstrahlung ist weit von dem des kleinen Mädchens entfernt, das im Wohnzimmer ihre Zuschauer, alle ihre Stofftiere und Puppen, mit ihrem Gesang und Tanz begeistert hat. Heute wirkt sie nur noch abgespannt. Der Rücken tut ihr schon lange weh von der Arbeit und sie
ist permanent krank. Der Körper reagiert auf die verletzte Seele mit Krankheiten und Stress, wenn du deine Wünsche nicht auslebst und verdrängst.
Eine andere Variante ist die einer extremen ausgelebten Midlife-Crisis, wie wir sie aus schlechten Spielfilmen kennen: Sie schneidet sich die Haare kurz und färbt sie sich schrill, zieht hohe Pumps an, verlässt ihre Familie und geht zu jedem Casting, um ihre Karriere als Popsängerin aufleben zu lassen. Aber auch in dieser Variante ist eine Bauchlandung wahrscheinlich und keinem ist geholfen.
WÄRE UNSER LEBEN NICHT VIEL
BUNTER UND LUSTIGER, WENN WIR
UNSERE KLEINEN „SPINNEREIEN“
PFLEGEN WÜRDEN?
Unsere Familie zum Beispiel wünschte sich seit vielen Jahren sehnlichst einen Hund. Der jährliche Besuch der Hundeausstellung gehörte fest in unser Programm, doch meine Töchter und ich dachten, dass für einen kleinen Vierbeiner in unserem Haus kein Platz wäre. Ein Hund braucht Zeit und kostet Geld. Doch irgendwann siegte das Gefühl über die Vernunft und wir kauften uns spontan einen kleinen Lhasa Apso. Tatsächlich bekommen wir es trotz Berufstätigkeit und vieler Schulstunden der Kinder hin, viel Zeit mit unserem kleinen Rüden zu verbringen. Unser Leben ist dadurch wirklich lustiger geworden und wir können uns ein Leben ohne Hund nicht mehr vor- stellen. Die täglichen Schmuseeinheiten, das Gassigehen und Herumtoben ist natürlich zeitaufwendig. Doch es gibt sehr viel Kraft und Energie für den Arbeitsalltag.
Damit du dir ein Bild von deiner eigenen Lebenssituation machen kannst, gibt es einen einfachen STRESSTEST, der Aufschluss darüber gibt, in welchem Teilbereich deines Körpers der meiste Stress vorliegt. Dies ist die Berechnung deiner eigenen Stresswerte.
Bevor du nun deine eigenen Stresswerte berechnen kannst, möchte ich dich auf ein paar wesentliche Dinge aufmerksam machen. Je höher deine Stresswerte, desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass du deine eigenen Bedürfnisse vernachlässigst. Es kann sein, dass du dich als Erwachsener noch nicht genug von deinen Eltern distanziert hast und du noch nach ihren Mustern lebst. Oder du lebst das Leben deines Partners, deiner Kinder, deiner Freunde oder deiner Vorgesetzten. Wer sein Zentrum noch nicht gefunden hat (und die Suche kann ein Leben
lang dauern), trägt auf diese Weise ein großes Päckchen auf dem Rücken, das bei der alltäglichen Belastung zusätzlich drückt und hemmt.
Es gibt bereits viele Stressfaktoren, die du nicht beein- flussen kannst. Dazu gehören die Umweltbelastung, Straßenlärm, allgemeine politische und soziale Ereignisse, wie Arbeitslosigkeit, Streiks, Preiserhöhungen. Was du jedoch ändern kannst, ist deine eigene Einstellung. Trage deinen Anteil am Gesamten – wie im Kleinen, so auch im Großen. Wenn du in deinem eigenen Umfeld dafür sorgst, dass es friedlich ist, so stärkst du auch im Kleinen den Frieden in der Welt. Dies zählt in allen Bereichen deines Lebens.
Zum Beispiel auch im Umgang mit unserer Erde: Wenn du dich umweltbewusst verhältst, kleine Wege nicht mit dem Auto zurücklegst, auf Verpackungen und Entsorgung achtest, dann kannst du ein Vorbild für andere sein. Du trägst deinen Teil bei. Überlege dir daher, was du tun möchtest und lebe bewusst. So erlebst du, dass du einer Situation nicht machtlos ausgeliefert bist, sondern aktiv mitgestaltest. Dieses Mitgestalten und aktiv werden trägt automatisch dazu bei, dass du dich besser fühlst.
Copyright©ACABUS Verlag im Diplomica Verlag GmbH 1997-2008
Texte: ISBN: 978-3-941404-60-1
erschienen im Acabus Verlag
Tag der Veröffentlichung: 04.05.2010
Alle Rechte vorbehalten
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