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Kapitel 1

Washington D.C. - Juli, 2009


Schüsse verlieren den Lauf einiger Waffen. Michaels, Ayleens und die einer weiteren Person, ihrem Gegners.
Jeff Homer.
Dieser ist ihnen entkommen, nachdem sie ihn das zweite Mal unter Verhör hatten. Zwei Mal hat er es geschafft, sie gekonnt anzulügen. Beide Male mussten sie ihn gehen lassen.
Doch nun hat das Team einen letzten Beweis dafür, dass Jeff der Mörder ist. Der Mörder einer Navy Offizierin.
Das genannte Team besteht nicht nur aus Ayleen & Michael. Zu diesem Team gehört noch ihr Kollege Rene Jackson. Rene ist... Ja, ähm... Eigentlich kann man Rene nicht beschreiben, außer vielleicht kann man erwähnen, dass er ein Genie ist, was Computerdinge angeht. Und der Leiter, des Teams, ist Bill Aron Boyle. Ein etwas älterer Mann, der nie gute Laune hat. Sollte er sie doch einmal haben... dann zeigt er sie nicht.

Ayleen und Michael schaffen es Jeff Homer zu fangen. Ayleen trifft ihn mit einem gezieltem Schuss, direkt ins Bein.
„Es war zu einfach, was?“, will Michael von ihm wissen, nachdem die zwei auf ihn zu kommen und er ihm Handschellen anlegt.
Jeff Homer antwortet nicht.
Was auch? Er wird festgenommen, ins Gefängnis gebracht und darf dort einige Jahre bleiben. Da will niemand antworten.

Später, am frühen Morgen, sitzen sich Michael & Ayleen an ihren Schreibtischen gegenüber. Sie befinden sich in ihrem Team-Abteil, des Navy Jards.
Neben Michael am Schreibtisch tippt Rene, der von allen nur Jackson genannt wird, wild auf seiner Computertastatur ein.
„Was denkst du, hat sich Homer gedacht, als er seine Frau erschossen hat?“ Ayleens Frage dringt natürlich auch zu Jackson hervor, aber dieser ignoriert die Frage zuerst.
„Sie hat ihn betrogen und angelogen. Einen Grund wird er davon sicher haben.“
Ayleen schüttelt unglaubwürdig mit dem Kopf. „Ich glaube ihm das nicht. Ich hab ihm schon nicht geglaubt, wie er uns das erzählt hat.“
„Aber es stimmt doch, seine Frau ist ihm fremdgegangen.“
„Das weiß ich, aber das mein ich nicht. Ich glaub nicht, dass dies sein Grund ist.“
Nun sieht Jackson auf: „Vielleicht ist er ihr ebenfalls fremd gegangen...“
„Niemals.“, erwidert Michael.
„Warum?“, will nun Ayleen prompt von ihm wissen.
„Frauen sind unverbesserlich in solchen Sachen. Eine Frau geht häufiger fremd.“
„Ach, und das sagt dir eine Untersuchung?“ Ayleen sieht ihn fast schon herablassend an.
Michael geht um seinen Schreibtisch und tritt an den von Ayleen „Nein. Mein Wissen über das Spektrum 'Frau'“, erklärt er und stützt sich an ihrem Schreibtisch ab.
Boyle, der gerade vom Büro wieder kommt, geht an Michael vorbei und verpasst ihm einen Schlag auf den Hinterkopf.
Eine Geste die Boyle öfters macht, wenn Michael irgendwelche Dinge sagt, die einfach nur schwachsinnig sind. Dafür gibt es keinen freien Tag, nicht mal der heutige Montag Morgen.

 

In der Grundschule, 7:30 Uhr


Maria Miller ist bereits in ihrer Klasse angekommen. In der Klasse in der sie jetzt Matheunterricht geben wird.
Bis eben hat sie sich mit ihrer Freundin Megan Young unterhalten - die im Collage in der Nähe Arbeitet. Da Marias Auto allerdings in der Werkstatt ist, hat sich ihre Freundin bereit erklärt sie am Morgen mit zu nehmen. Daher ist sie jetzt auch schon so früh im Klassenzimmer. Sie hat keine Lust auf ein paar ihrer 'tollen' Kollegen. Warum muss Megan nur im College unterrichten? Warum kann sie nicht wie sie auch hier in der Grundschule arbeiten?

Die ersten Schüler und Schülerinnen betreten den Klassenraum. Maria sieht nur kurz auf, wie einige der Schüler sie freundlich - ja auch erfreut - begrüßen. Ein Lächeln ziert ihr Gesicht eh sie wieder hinunter sieht.
Eine Stimme allerdings lässt sie aufhorchen. Sie hebt den Kopf wieder.
Ein Mädchen, von 8 Jahren betritt den Klassenraum. Neben ihr zwei Jungen, mit denen sie sich am unterhalten ist. Das auch noch interessiert, bis sie zum Pult nach vorne sieht. Ihre Mundwinkel sinken hinunter und sie zieht den Rucksack nach oben, weiter auf die Schultern. Ihr Blick geht zur Seite.
„Oh, nein. Mathe...“, zieht sie das Wort lang. Gestresst und entnervt.

Dieses Mädchen ist Sina.
Lange dunkel blonde, fast schon braune, Haare. Ein wirklich schönes Mädchen. Sie trägt selten Kleider, bis zu gar nicht. Doch auch ihre Hosen sind nicht zu weiblich. Nein, als Junge gibt sie sich dennoch nicht aus. Sie kommt nur besser mit den Jungs aus.
Was nicht heißt, dass sie keine FreundInnen hat. Sie hat eine. Die ist nur nicht in ihrer Klasse und auch nicht in ihrem Alter.

Maria Miller beobachtet sie bis sie sich auf ihren Platz setzt.
Sina blickt nicht zu ihr. Das erwartet Maria auch nicht. Schon seit dem Beginn dieses Schuljahres - welcher ja nicht lange her ist - beschäftigt Maria sich ausschließlich um Sina. Sie ist ihr schon in der ersten Klasse aufgefallen. Doch es ist schwer in den ersten Monaten heraus zu finden, ob ein Kind das Fach wirklich nicht versteht oder eben nur noch nicht bereit dafür ist, von Kindergarten auf Schule zu schalten.
Davon gibt es auch einige, vor allem Jungs, aber das ist eine ganz andere Geschichte.

Ein Blick auf die Klassenzimmeruhr sagt Maria, dass sie noch eine menge Zeit hat. Somit lässt sie sich von Sina ablenken und senkt den Blick wieder hinunter zu ihren Unterrichtsunterlagen.
Weitere Kinder kommen in den Klassenraum, setzen sich oder stellen nur ihre Sachen ab um zu Freunden im Raum zu gehen um von ihrem Wochenende zu berichten.
Die Lehrerin am Pult beachtet somit kaum jemand. Aber etwas anderes erwartet Maria nicht. Es sind Kinder und der Unterricht hat noch nicht begonnen.
Maria ist eh mit ihrem Papierkram beschäftigt.

 

Los Angeles, 8:30 Uhr


Er ist nicht nervös. Er ist auch nicht aufgeregt. Er ist lediglich etwas ungeduldig.
Aber das auch erst seit ein paar Minuten. Vor diesen 'paar' Minuten war noch alles gut...

Vertieft hing John Carter über einem Roman. Einem wie er schon nach den ersten Seiten feststellen musste 'Bestseller'. Das Buch ist noch nicht Fertig, doch er war jetzt schon verrückt nach diesem Buch.
Er liest gerne. Das sollte er in seinem Beruf auch. Er ist schließlich Gutachter, für (neue) Autoren.
Er war gerade so sehr in dem Roman vertieft, dass er das Klingeln seines Telefons - neben ihm auf dem Schreibtisch - nicht vernahm. Er nicht. Aber seine Sekretärin draußen schon. Nach fast einer ganzen Minute öffnete sie die Tür und schaute zum Schreibtisch. Relativ genervt.
„Herr Cater...“ Auch sie hörte er zuerst nicht. „Herr Carter...

“, wurde sie lauter.
Und da, siehe einer an, kam John zu sich. Er hob erschrocken den Kopf.
Eigentlich hätte er jetzt etwas gesagt, oder gefragt was sie wollte. Aber da vernahm er das Telefon auch. Er sah zum Telefon, dann zu ihr. Er hob einen Finger in die Höhe, in ihre Richtung: „Einen Moment, das Telefon klingelt...“
Seine Sekretärin schüttelte nur den Kopf und verschwand wieder. Er jedoch drückte auf Lautsprecher. „Herr Carter. Ich wünsche sie umgehend in meinem Büro zu sehen. Es geht um eine sehr komplizierte Angelegenheit...“, hatte sein Chef ihm berichtet, nachdem er sagte, dass er dran sei.
Kurz darauf hatte sein Chef allerdings auch schon aufgelegt.


Aus genau dem Grund ist John nun so ungeduldig. Nun gut, ungeduldig trifft es auch nicht. Er ist eher unvorbereitet. Auch wenn er solche Situationen meist gut meistert, weiß er heute nicht was auf ihn wartet.
Er hat bis eben gerade überlegt, was in den letzten Wochen passiert ist. Ob er wieder aufmüpfig gegenüber seinen Kollegen war, oder ob der Chef zu Ohren bekommen hat, dass er die Frauen in seinem Arbeitsfeld ständig anbaggert.
Er hatte immer eine Ausrede parat. Aber ihm viel gerade nichts ein. Nein, keine Ausrede. Sondern, was er getan hat oder eben nicht.

Die große Tür zum Büro des Chefs ging auf und eine rothaarige Frau tritt heraus. „Sie können jetzt rein...“, meint sie etwas leise, senkt den Kopf und marschiert an John vorbei.
Dieser sieht ihr nach. Grinst dann allerdings nur und betritt den nun folgenden großen Raum.
„Also, ich kann das alles klären. Es war so...“, beginnt er auch schon. Er weiß nicht was passiert ist, dass heißt aber nicht, dass nichts passiert ist. Und somit beginnt er, wie er meistens beginnt.

„Halten Sie den Mund und setzten Sie sich, Herr Carter!“

John tut ohne Umschweife was von ihm verlangt wird. Vor dem Schreibtisch seines Chefs lässt er sich nieder und zieht den Stuhl etwas Richtung Schreibtisch.
„Ich hab beschlossen Sie zu befördern!“
John ist erfreut und will gerade mit seiner Dankesrede beginnen, als sein Chef ihn nicht einmal dazu kommen lässt: „Sie werden nach Washington D.C. versetzt!“

John weicht alle Farbe aus dem Gesicht.
Er weiß nicht was er sagen soll. Ihm fehlen die Worte.
Fragen beginnen sich in seinem Kopf zu bilden. Warum soll er die Stadt verlassen? Will die Firma ihn nicht mehr? Gefällt ihr seine Arbeit nicht? Seine Ideen, seine Vorschläge?
Er ist gerade etwas überfordert.

„Sie müssen das so verstehen. Hier in L. A. kann ich ihnen nicht viel mehr bieten. Also, in Washington gibt es eine höhere Chance, dass ihr Können und ihr Engagement besser aufgehoben ist. Sie sind ein guter Mitarbeiter, ein fleißiger noch dazu. In Washington suchen sie alle immer nach neuen Mitarbeitern, nach guten Mitarbeitern. Und ich bin der Meinung, Washington wird Ihnen gut tun, Sie werden Washington gut tun.“

Was sein Chef da alles von sich gibt schmeichelt John. Keine Frage. Aber er findet das Gerede fast schon aufgetragen.
„Die Firma in Washington erwartet mich?“
„So kann man es sagen...“
„Sie wollen mich wirklich nur befördern. Nicht feuern?“
„Was denken Sie von mir?“ Ein Lächeln verrät John nicht, was der Chef ihm sagen will.
Er hasst seinen Chef nicht. Er kann ihn nur nicht für voll nehmen. Sein Chef ist alt. Sehr alt. Zwar auch ein guter Chef, ein fairer Chef und ein dominanter Chef.
Aber John ist einfach John.

Immer noch leicht perplex und paralysiert steht John von seinem Stuhl auf, schiebt ihn dadurch etwas zurück.
„Danke!“
Ohne ein weiteres Wort seinerseits - oder auch nur auf Antwort seines Chefs zu warten - verlässt er das Büro.

Außerhalb des Büros stehen einige seiner Arbeitskollegen. Viel mehr Arbeitskolleginnen. Aber das kommt auf das Auge des Betrachters an.
Er bleibt vor der Tür stehen, sieht die anderen etwas verwirrt an.
„Wir haben es schon gehört. Dass du uns verlassen wirst, mein ich...“, beginnt der erste neben ihm.
Johns Blick streift zu ihm. Doch kein Wort verlässt seine Lippen.
Ein bisschen mehr Freiraum wäre ihm gerade recht.
„...Also, ich werde dich vermissen! Mit dir waren die Pausen immer so witzig!“
Aufgetragen!
John wendet sich von seinem Arbeitskollegen ab. Er konnte diesen Kerl noch nie leiden. Seit dem er hier vor ein paar Monaten anfing hing er John an der Backe, als sei er sein Schoßhund.

„Er hat recht...“, stimmt ihm nun eine Frau zu.
John sieht auf. Er lächelt wie die Frau neben ihn tritt und mit ihm weiter geht.
„Ich werde dich, ganz besonders vermissen!“, erklärt sie wieder. Jeder, der Anwesenden, hört den Unterton in ihrer Stimme. Und jeder weiß, dass zwischen ihr und John bereits etwas gelaufen ist.

Das war ein Mal. John wird umziehen. Fort gehen. Los Angeles verlassen.
Etwas, dass er selber noch nicht fassen kann.

 

Washington, College - 13:15 Uhr


Erleichtert ausatmend lehnt sich Jenni an ihren Spinnt, nachdem sie diesen eben offen hatte und ihre Bücher - der letzten Stunde - hinein getan hat.
„Ich kann nicht mehr. Ich bin fertig genug von Mathe eben gerade. Jetzt noch zwei Stunden Kunst und Literatur.“
Morgan lehnt sich seitlich neben sie an die Spinns. Er lächelt etwas. Dennoch eher fragend. „Wir haben jetzt eh große Pause. Aber was hast du gegen Kunst und Literatur?“
„Gegen das Fach an sich nichts. Eher an die Lehrerin mit der wir dieses Fach haben. Miss Young...“ Jenni verzieht angewidert das Gesicht. Sie mag diese Frau nicht.
„Was hast du gegen Miss Young? Sie ist eine nette Lehrerin und verdammt heiß!“

„Wer ist heiß?“, will Neil wissen, der nun ebenfalls auf die zwei zukommt.
Jenni wollte gerade eben Morgan antworten, als sie die Stimme von Neil vernimmt. Automatisch bekommt er ihre Aufmerksamkeit. Doch gleitet ihr Blick weiter zu der Person, die neben Neil - im Arm - auch zu ihnen kommt.
Seine Freundin. Ruby Smith.
Ruby Smith ist eine Klassenkameradin. Und wenn sie nicht Neils Freundin wäre würde Jenni sogar gut mit ihr auskommen. Okay: Das tut sie auch jetzt, obwohl Ruby mit Neil zusammen ist. Aber sie passt ihr nicht an seiner Seite. Absolut nicht. Die zwei harmonieren nicht miteinander. Rein gar nicht. Sie ist viel zu... viel zu klein für ihn.
Nun gut, die Ausrede ist schwach. Sehr schwach. Sogar für sie.

„Miss Young!“, erklärt Morgan. Dieser bekommt von Jennis Blicken genauso wenig mit wie alle anderen in ihrem Kreis. Das ist auch gut so. Für Jenni.
„Die ist doch auch heiß. Sagt unsere Jenni wieder etwas anders?“ Neil lacht bei seiner Aussage.
Als Antwort bekommt er Jennis beleidigten Blick und nach einem Hieb in seine Rippe ein kurzes - nicht bös gemeintes - lachen. Nicht bös gemeintes von Ruby gegenüber Jenni. Nur jeder kennt Jenni. Jeder kennt Jennis Meinung gegenüber Miss Young - außer diese vielleicht selber. Wobei diese es sich denken könnte.
Doch niemand kennt den Grund, warum Jenni Miss Young nicht leiden kann.
Und dieser Grund ist eine zu komplizierte Angelegenheit. Diese jetzt zu erklären würde jeden verwirrend.
Aber man wird es noch erfahren - keine Sorge...

Jenni verschränkt die Arme vor der Brust. „Ihr habt doch alle Keine Ahnung.“, schnauft sie sauer auf.
„Nö, da hast du recht!“, erwidert Morgan, direkt neben ihr. Jenni sieht ihn kurz an.
Doch eh sie den Gedanken hegen kann ihm auf seine Zustimmung irgendwas zu entgegnen harkt sich Ruby bei ihr unter. Somit löst sich Ruby von ihrem Freund. Doch das stört den reichlich wenig. Der geht etwas weiter auf Morgan zu und sieht den zwei, gemeinsam mit seinem Freund, hinter her.

Ruby hat andere Sorgen. Oder besser andere Arten zu versuchen Jenni auf andere Gedanken zu bringen. Jenni und Ruby sind keine beste Freunde, nicht mal sehr gute Freunde aber sie reden mit einander und verstehen sich sehr gut. Daher empfindet es Jenni auch nicht als schlimm, dass sie von ihren besten Freunden weg gezogen wird.

„Wie schaffst du das eigentlich?“ Ruby sieht Jenni fragend an. Allerdings bekommt sie ebenfalls einen fragenden Blick zur Antwort.
„Was meinst du?“, will Jenni wissen, eh sie die arme vor der Brust verschränkt und wieder nach vorne sieht.
„Wie schaffst du es mit den zwei aus zukommen, wenn ihr euch wohl nur am Zanken seit?“
Jenni lacht. „Das war doch kein zanken. Wir drei sind immer so. Das ist unsere Art. Wir können auch normal miteinander reden, keine Sorge. Das eine Wort folgt dem anderem und es gibt auch Gespräche die anders verlaufen als sie sollten. So wie das eben!“ Jenni wird anschließend leiser, verstummt schließlich ganz.

„Was ich aber eigentlich wollte...“, beginnt Ruby wieder und will nun endgültig vom Thema ablenken.
Jenni sieht wieder zu ihr, fragend. Aber sagen tut sie nicht. Schließlich hat Ruby ihren Satz nicht beendet.
„Ich möchte dir jemanden vorstellen.“
Jenni zieht eine Augenbraue in die Höhe: „Einen Jungen?“
Ruby lacht. „Nein, Quatsch. Ich bin zwar deine Freundin, aber ich nicht deine beste Freundin, dass ich dich noch verkuppeln würde.“
Erleichtert atmet Jenni aus. „Interessant, dass du uns als Freunde siehst!“, ist allerdings ihre anschließende Meinung zu Rubys Worten.
„Wir gehen seit fast zwei Jahren in eine Klasse, hassen uns nicht und zicken uns auch nicht an oder schweigen uns an. So etwas wie Freunde sind wir schon.“
Jenni antwortet nicht, wartet bis Ruby sie hinaus auf den Schulhof schiebt und ihr endlich den oder diejenige vorstellt, den sie möchte.
„Oder?“, will Ruby jedoch wissen.
Jenni sieht überrascht zu Ruby. Was? Ach... „Ja, klar. Über so was könnte man sich ja streiten!“, lacht sie dann leise auf.
Ruby nickt zufrieden, nicht der Aussage wegen, sondern dem was Jenni damit sagen will. Es ist eben ein ehrlich gemeintes zufriedenes Nicken. Das sollte man nicht falsch verstehen können.

Die zwei gehen auf eine Gruppe Jugendlicher, in ihrem Alter zu. Jenni sieht zu Ruby, diese sieht genau zu dieser Gruppe. So will sich Jenni diese Gruppe etwas genauer ansehen. Lauter Mädchen. Sportlich und dennoch elegant und sexy gekleidet. Sie weiß welche Mädchen das sind. Die Mädchen die zum Tanzen gehen. Cheerleading, Hip-Hop, Jazz und was nicht noch dazu gehört. Blondinen, Brünetten, Schwarzhaarige, ja sogar Rothaarige.
Nur eines der Mädchen steht ihnen mit dem Rücken entgegen. Und genau diesem Mädchen tippt Ruby nun auf die Schulter. Sofort dreht sich diese zu ihnen. Und wie das Mädchen Ruby sieht. fällt sie ihr sofort in die Arme: „Da bist du ja endlich. Wo warst du?“
„Ich hab noch etwas mit meinem Freund geredet und möchte dir eine gute Freundin und Klassenkameradin vorstellen. Also, Jenni, dass ist Lily Adams. Und Lily, dass ist Jenni Connor!“
Lily reicht Jenni die Hand. Jenni mustert das markante Gesicht, des Mädchens ihr Gegenüber. Das lange schwarze Haar liegt ihr perfekt in leicht gewellten Locken über den Schultern.
Nur zögernd hebt Jenni die Hand und ergreift die von Lily. Dann wandert ihr Blick zu Ruby: „Woher kennt ihr zwei euch?“, möchte sie dann wissen, eh sie fragend und lächelnd einmal zu Lily sieht.

Ruby lacht: „Das ist eine lange Geschichte. Besser, dass ist schon sehr lange. Wir kennen uns seit dem Kindergarten. Jedoch kamen wir beide auf verschiedene Schulen und schließlich ist Lily auch einmal für drei Jahre umgezogen um dort zur Schule zu gehen. Und nun ist sie wieder hier. Jop, das war auch schon die Geschichte!“
„Lang war die ja nicht!“, lacht Lily.
Jenni weiß nicht ob sie lachen oder etwas anderes tun soll. „Interessant.“, lässt sie dann allerdings nur verlauten. Sie bemerkt auf einmal, wie die Blicke der anderen Mädchen auf ihnen liegen. Das stört sie eigentlich nicht weiter. Oder, besser würde es nicht. Jetzt stört sie es schon. Irgendwie fühlt sie sich unwohl.

Aber auch Ruby bemerkt die Blicke der anderen. Sie kennt einige, aber mehr oder weniger nur vom Sehen. „Und du hast schon Freunde gefunden?“
„Ja, so kann man es sehen. Zwei von ihnen gehen mit mir in den selben Tanzkurz, am Nachmittag. Nein, nicht der von der Schule. Und die anderen sind hier Cheerleader und gehen hier in den Tanzkurz. Die fünf sind befreundet, ich kenne sie eben auch nicht sehr lange. Aber wir verstehen uns sehr gut.“
Die Mädchen lachen. „Sehr gut sogar. Wir teilen die selben Interessen.“
Die fünf Mädchen nähern sich nun, aber auch nur weil es etwas komisch steht, wenn sie abseits stehen.
„Mehr oder weniger!“, erwidert Lily, leicht lachend.
„Und die wären!?“, will Ruby wissen. Weil sie durch die Reaktion und das Lachen der Mädchen sicher sein kann, dass sie nicht nur das Tanzen meinen.
„Unseren Tanzlehrer!“, lacht eine die nun Lilys Schultern ergreift und sich somit etwas mehr zu den drei anderen lehnt.
„Ich stehe nicht auf ihn!“, hebt Lily die Hände ablehnend in die Höhe. Dabei sieht sie zu Ruby und Jenni, die sich nun beide ein breites Grinsen nicht verkneifen können. „Echt nicht. Ja, okay, er sieht gut aus. Aber mein Geschmack ist er nicht.“
„Aber er sieht gut aus...“, lacht nun auch Ruby und hebt ihre Augenbrauen 'verführerisch' hinauf und hinunter.

Jenni schüttelt mit dem Kopf. „Euch muss man verstehen!“
„Du bist auch ein Mädchen. Verstehst du uns nicht?“, fragt nun Lily. Jenni schüttelt zur Antwort mit dem Kopf. „Du kennst keinen Jungen, den du toll findest?“, fragt Lily weiter. Nun schweigt Jenni. Sie sagt bestimmt nicht in Rubys Nähe, dass sie auf dessen festen Freund steht. Der ja zu gleicher Maßen ihr bester Freund ist.
„Das war ein 'Ja'. Kein ausgesprochenes, aber immer hin war es eins.“, zieht Ruby Jenni nun zu sich. Wieder antwortet Jenni nicht. Sie will es ja nun auch nicht leugnen.

Zum Glück können die Mädchen es nicht aus ihr heraus quetschen. Die fünf anderen haben zu dem Thema eh nichts gesagt. Sie kennen Jenni nicht und da müssen sie nicht aufdringlich werden.
Der Grund, warum die anderen sie nicht ausfragen können ist der, dass der Unterricht weiter geht.
Jenni geht mit gemischten Gefühlen zum Unterricht. Erleichterung, dass sie nichts mehr zum Thema 'verliebt sein' sagen muss. Doch hat sie keine Lust auf Miss Young.

Kapitel 2

Navy Jard, 19:46 Uhr


Ayleen sieht ungeduldig auf ihre Armbanduhr. Von ihrem und Michaels Schreibtischen wandert sie bis zu Jocksons Schreibtisch. Und dann wieder zurück. Wie ein Tiger, nur das ihr Blick viel finsterer aussieht.
„Er treibt mich in den Wahnsinn, Jockson, mit seinem ständigem zu spät kommen.“ Ayleen hat ihre Worte nicht einmal ausgesprochen da dreht sie sich wieder neben Jacksons Schreibtisch zum Fahrstuhl. Dieser öffnet sich und Michael kommt mit schnellen Schritten zu seinem Schreibtisch. Er setzt seinen Rucksack ab und setzt sich dann auf schnaufend in seinen Stuhl zurück.
Mit den Händen in der Hüfte abgestemmt tritt Ayleen auf seinen Schreibtisch zu.
Michael allerdings hat gerade auf die Uhr gesehen: „Ich habe einen neuen Rekord gestellt!“
„Welchen? 15 Minuten zu spät gekommen zu sein ist ein neuer Rekord?“, will Jackson wissen.
„16 Minuten ist der Gute Herr zu spät!“, mischt sich Ayleen ein.
Michael sieht zu Jackson, dann zu Ayleen die ihn sauer mustert. „Was denn. Ich verbessere mich. Es war schon mal schlimmer!“
„Ich will es gar nicht wissen!“ Mit erhobenen Händen wendet sich Ayleen ab und will gerade auf ihren Schreibtisch zu gehen.

Allerdings versperrt ihr jemand den Weg.
Boyle geht an ihr vorbei und erschreckt sie regelrecht damit. Aber Ayleen ist nicht schreckhaft. Somit kann man das damit nicht vergleichen. In jeder anderen Situation hätte sie angegriffen. Nun allerdings nimmt sie eine ganz andere Haltung ein. Sie hebt den Brustkorb und steht fast schon so als würde sie salutieren wollen. Fehlt nur noch die Hand an der Stirn. Mit Blicken folgt sie Boyle.
„Für deine Geschichten deines zu spät Kommens haben wir später Zeit. Nun allerdings wartet ein toter Navy Offizier auf uns.“

„Ich holl den Wagen!“ Michael steht bereits auf, schnappt sich seine Tasche und ist verschwunden.
„Ich helfe ihm!“ Schon ist Ayleen hinter ihm her, schnappt auch ihre Tasche und ihre Jacke und ist weg.
„Hey, ich wollte den Wagen dieses Mal holen!“, ruft Jackson sauer hinter Michael her.
„Was kann ich dafür, dass du schläfst wenn Boyle etwas sagst, JackSchlafmütze!?“
Boyle folgt den zwei anderen, sieht aber noch einmal - wie er erneut um seinen Schreibtisch (der gegen über von Jacksons steht) kommt - zu diesem. „Brauchst du eine extra Einladung?“, will er wissen, geht aber an Jacksons Schreibtisch vorbei und auf den Fahrstuhl zu.
Jackson hat bis eben fassungslos hinter Michael und Ayleen her gesehen, die bereits längst im Fahrstuhl stehen und schon hinunter fahren. „Nein.“, erwidert er dann nur, steht auf und folgt mit schnellen Schritten Boyle.

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Michael ist schon bei der Arbeit. Aber dennoch nicht ohne, dass er redet. Er kann den Mund nicht halten. Auch wenn er es versuchen würde. Er würde es nicht schaffen. Somit redet er mit seinen Kollegen, ohne das die es wollen - ohne, dass es Boyle duldet - ohne, dass er sich dabei stören lässt. „Du sagtest etwas von einem Toten.“
„Ich weiß. Das ist auch richtig. Ein toter Offizier. Die zwei anderen Leichen, sind seine Schwestern. Und die sind nicht in der Navy.“
Das beantwortet Michaels Frage. Aber das muss sie. Da Boyle nie wirklich großartig lange Reden hält.

Nun treten auch Rony und O'Murphy zu den anderen. Und Rony ist erschüttert was er zu sehen bekommt. „Das grenzt ja schon fast an etwas Unnatürliches.“
„Warum?“, will Michael wissen. Er sieht zu Rony, dann wieder hinunter und macht weiter Fotos. 'Klick' - 'Klick'
„Es ist unnatürlich alle drei Geschwister in einem Zimmer umzubringen.“
„Wer geht hier von Mord aus?“, will Boyle wissen.
„Tun wir das nicht immer?“, entgegnet Rony.
Daraufhin schweigt Boyle.
Ronyy kniet sich jedoch nach unten zur Leiche. Da er Handschuhe trägt kann er die Leiche anfassen ohne, dass er Fingerspuren hinterlässt und seine eigenen 'Ermittlungen' zu behindern. Er ergreift das rechte Handgelenk des jungen Mannes, dreht es etwas - sodass Michael seine Arbeit tun kann.
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„Darf ich anfangen zu spekulieren?“, meint dann Michael.
„Spekulier du nur mal.“, erwidert Boyle, der etwas entfernt zu den zwei anderen Leichen geht.
„Nun ja, es ist eigentlich kein spekulieren. Er hat Verletzungen an den Handgelenken, seine Lage ist eigenartig. Ich vermute es war die Mutter!“
Boyle zieht die Augenbraue in die Höhe. Sieht von den Mädchen hoch: „Wie kommst du darauf?“
„Er hat sich gewährt. Vielleicht hat er seine Schwestern schützen wollen.“
Rony steht wieder auf, geht an dem jungen Offizier vorbei und tritt zu den Mädchen. „Er könnte recht haben. Sie haben keine Wunden...“
„Sie sind überrascht wurden...“, entgleitet es Boyle, trocken wie immer.

Ayleen und Jackson sind unterdessen in der Wohnung nach irgendwelchen Hinweisen und anderen Dingen am suchen. Beide hören den Gesprächen zu. Das ist nicht schwer.
„Ähm... Ich hab was gefunden!“, entfährt es plötzlich Ayleen. An der Küchentür bleibt sie stehen. Boyle sieht zu ihr, kann in die Küche schauen, aber nicht das sehen, was wohl Ayleen sieht.
Auch alle anderen wenden den Blick automatisch zu ihr. Nur Boyle bewegt sich in ihre Richtung. Neben ihr bleibt er stehen und sieht ebenfalls in die Küche. Und sieht dann auch das selbe wie Ayleen.
Eine Frau. Lange braune Haare, den Kopf hinunter gesenkt. Tot an der Küchendecke hängend.
„Die Theorie mit der Mutter hat sich dann wohl erledigt.“

„Wenn es denn die Mutter ist!“, kommt nun Michael auf die zwei zu. Er glaubt nicht daran. Er hält an seinem Verdacht fest. Wie immer. Er muss erst etwas haben, dass beweist, dass er Unrecht hat.
„Das lässt sich alles bei mir in der Pathologie herausfinden...“, erklärt Rony. „...Vier Leichen. Für die sind gar nicht alle Platz!“
„Alles klar, wir werden jetzt in den Nachrichten bringen lassen, dass unsere Mörder nicht mehr als drei Opfer haben dürfen!“, entgegnet Michael, der an den anderen vorbei geht und schließlich weiter Fotos um die Leiche herum macht.
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Auch Rony geht an den anderen vorbei um zu der Frau zu gelangen. Er stellt sehr schnell heraus, dass die Frau noch nicht so lange tot ist, wie die drei im Nebenraum. Dieses teilt er selbstverständlich dem Team mit.
„Vielleicht hat sie Selbstmord begannen, nachdem sie ihre Kinder umgebracht hat!“, ist Michaels nächste Version, des Falls. Er spekuliert eben gerne, wie man gerade wieder sieht.
„Warum bist du davon überzeugt, dass sie es war?“ Ayleen klingt schon ein wenig angriffslustig. Das komische, dass ist sie gar nicht. Das ist ihre Art. Ihre und die von Michael. Die zwei sind erpicht darauf sich zu streiten.
Doch keiner weiß warum. Und sie wohl am aller wenigsten.
Michael zuckt zur Antwort mit den Schultern. „Weil es immer...“
„...Ich weiß, ich weiß. Weil es immer die Frau war, oder?“
„Jop.“
„Aber das stimmt doch gar nicht!“
„Hört auf zu streiten. Wir haben einen Fall zu lösen!“, unterbricht Boyle die zwei. Er wendet sich ab, da sein Handy klingelt.
Michael und Ayleen wenden sich wieder ihrer Arbeit zu, nachdem sie sich kurze Blicke zuwerfen.
Michael senkt den Kopf wieder hinunter zur Kameralinse. 'Klick' - 'Klick'
Ayleen wendet sich gemeinsam mit Jackson wieder ihrer Vorherigen Arbeit. Allerdings ist Jackson schon die ganze Zeit damit beschäftigt. Er kennt die Streitgespräche der zwei anderen. Er ist ja auch derjenige der sie am meisten anhören darf. Doch weiß er nicht, was ihn mehr an Michael stört. Dass er sich immer mit Ayleen 'streitet' oder, dass er es auf ihn abgesehen hat.

„Ich hab etwas...“, lässt Jackson verlauten, nach dem Sekunden nur das Reden von Boyle aus der kurzen Entfernung zu hören ist. Jackson hat sich hinunter gekniet, nachdem er den Leichen, Schusswunden ablesen konnte. Was ja nicht schwer war.
Ayleen kommt auf ihn zu.
Jackson steht unter dessen auf. Er trägt inzwischen einen Handschuh. Und in dieser Hand hält er nun eine Kugel. Er grinst leicht und zufrieden.
„Tüten wir das Beweisstück ein. Dann bekommt Frida auch etwas Arbeit!“

Boyle wendet sich inzwischen wieder zu den anderen. „Das war Roberts. Er hat etwas für uns. Wir fahren zurück. Rony, du kommst allein klar? Oder soll einer der drei helfen die Leichen in den Wagen zu bringen?“
„Nein, nein. Geht ihr nur. Ihr werdet jetzt wohl mehr zu tun haben. O'Murphy ist ja da.“

Wieder im Navy Jard angekommen marschiert Boyle an den anderen vorbei: „Ihr wartet hier.“ Er geht die Treppen hinauf um zum Büro des Chefs zu gehen. Er möchte nur hören, was er zu sagen hat, oder besser, was er für ihn und sein Team hat. Es muss ja wohl etwas zu dem Fall haben. Boyle hat es nicht mit anklopfen und so geht er einfach in das Bürozimmer rein.
Roberts steht an seinem Bürotisch und telefoniert gerade. Besser mit seiner Assistentin, die vor dem Zimmer sitzt. Sie hat ihn vorwarnen wollen, dass Boyle da ist. Aber er sieht ihn ja nun bereits.

„Was gibt es?“
„Ich habe eben einen Anruf bekommen. Ein Kollege von Offizier Karter hat ein paar Informationen für euch.“
„Von wem?“
„Eurer neuen Leiche, zu der ich euch eben geschickt hab.“
„Woher weiß dieser Kollege, dass sein Kamerad tot ist?“
„Keine Ahnung. Jedenfalls hab ich ihn für morgen hier her bestellt. Er sagte, er hat Informationen!“
„Um von sich abzulenken?“ Boyle mag diesen Kollegen jetzt schon nicht.
„Das hab ich ihn nicht gefragt. Und um das herauszubekommen sind Sie ja zuständig. Ich gebe nur weiter...“
„Wann wird er hier sein und wie lautet sein Name?“
„Morgen früh, um 8:00 Uhr ist er hier. Sein Name ist Jason Gibler.“

Boyle verlässt das Büro und kommt nach wenigen Minuten wieder unten bei seinem Team an. Das ist allerdings nicht vollständig.
„Michael...“
„...Informationen zu dem toten Offizier und der anderen drei Leichen. Bin schon dran!“
„Ayleen...“
„...wurde durch Michael die Arbeit abgenommen!“ Boyle sieht zu Ayleen auf. Ayleen sieht Michael sauer an. Beide sitzen sie an ihren Schreibtischen. Michael grinst nur und sieht provokativ auf seinen Pc-Bildschirm.
„...du wirst dir alle Informationen zu Jason Gibler holen!“
„Wer ist Jason Gibler?“, will sie wissen. Ihr Blick geht fragend zu Boyle, aber auch Michael sieht Boyle fragend an.
Doch Boyle antwortet nicht. Aber er erwidert Ayleens Blick. Klärend und auffordernd zu gleicher maßen.
„Keine Fragen stellen. Einfach machen. Alles klar!“ Ayleen antwortet sich mit ihrer Aussage selber und wendet den Blick zu ihrem Bildschirm.

„Wo ist Jackson?“ Will Boyle - endlich - wissen. Er sieht aber nicht zu Jacksons Schreibtisch, was heißen muss, dass er mit bekommen hat, dass Jackson nicht anwesend ist.
„Der bringt Frida die Kugel, die er gefunden hat!“, antwortet Ayleen knapp.

Los Angeles, 21:30 Uhr


John ist froh zu Hause zu sein. Dieses Haus ist nicht mehr lange sein zu Hause. Das weiß er und das wird ihm erst jetzt richtig bewusst.
Es ist ein komisches Gefühl.

Schon seit Stunden sitzt er auf seiner weißen Couch und überlegt wie er das mit dem Umziehen hinbekommen soll. Zum Glück ist sein Chef nicht einer, der sagt, dass er sofort verschwinden soll und seine Sachen packen soll.
Schließlich braucht John erst mal eine Unterkunft in Washington. Und da fängt sein Problem an. Er weiß nicht einmal wie er an eine Wohnung, jetzt von hier aus, kommen soll. Bis ihm ein Name ein fällt. Der Name des besten Freundes seines Bruders.
Sein Bruder hat mit ihm studiert. Zusammen in Washington. Sein Bruder wohnt jetzt auch in Washington. Und wenn er und sein Freund sich noch nicht gestritten haben, dann auch noch gemeinsam mit ihm in einer Wohnung.
Dieser Freund, seines Bruders, heißt Jack Watson.

John muss lange nach der Nummer von ihm suchen, aber er findet sie schließlich. Schnell tippt er die Nummer ein und wartet, dass Jack abnimmt. Innerlich hofft er, dass dessen Handynummer noch stimmt.

„Watson.“
Gott sei dank. John atmet erleichtert aus. „Hey, Jack. Ich bin es John. John Carter. Bills Bruder.“
„Oh. Mit deinem Anruf hab ich nicht gerechnet...“
„Warum ich anrufe...“, beginnt John, nach einigen Sekunden des Schweigens.

Bill und John hatten früher ein sehr gutes Verhältnis. Das hat sich allerdings geändert. Schon bevor Bill geflogen ist. Sie haben sich auseinander gelebt. Aber John wollte ihm nicht ausschlagen zu fliegen. Das hätte er auch nicht gekonnt. Bill war ein Dickkopf. Schon immer gewesen. Das hatte er von seiner Mutter. Okay, John war auch nicht immer besser oder anders gewesen.

„...Ich brauche deine Hilfe!“
„Worum geht es?“ John ist erleichtert, dass Jack ihm helfen will. Aber vielleicht verlangt das ja auch nur Jacks Job.
„Ich bin nach Washington versetzt wurden. Ich würde gerne wissen ob du für mich irgendetwas hast. Nummern oder sonstiges. Ich brauche eine Wohnung. Ich dachte mir, ich mache das jetzt bevor es, damit ich das fertig hab.“
„Ich könnte dir die Nummer einer Maklerin geben. Sie ist hauptsächlich Raumausstatterin. Sie ist aber eine ebenso gute Maklerin, sie wird dir helfen können.“
„Hast du die Nummer da?“
„Nein, ich bin zu Hause. Ich hab sie auf der Arbeit. Ich ruf dich morgen an und reich sie dir durch.“
„Dann gebe ich dir am besten die Nummer meiner Arbeit. Dort erreichst du mich dann... Ich danke dir, Jack. Und es tut mir leid, dass ich noch so spät angerufen hab.“

 

Washington D.C. - Am nächsten Tag, 7:30 Uhr


„Guten Morgen ihr zwei.“
Jenni verdreht die Augen. Was will die Freundin ihres Vaters denn jetzt schon hier? Die quetschende Stimme ihrer kleinen Schwester dringt ihr kurz darauf in die Ohren.
„Hollyyyyy! Du bist ja schon da!“
„Ja, ich bin gestern mit eurem Vater her gekommen!“
„Daher, war der gute Herr so spät erst zu Hause!“ Jenni setzt sich auf einen der Hocker, die an der Tischplatte, an der Kochfläche dran ist, stehen. Ihr Blick liegt kurz und vorwurfsvoll auf ihrem Vater, der am Frühstückstisch sitzt. Und dann wendet sie den Blick zu ihrer kleinen Schwester die gerade dabei ist Holly zu umarmen.

„Und die junge Dame hat wohl wieder schlechte Laune!“, entgegnet ihr Vater, der dann aufsteht. Er trinkt den letzten Schluck seines Kaffees auf und geht auf seine Tochter zu. Er haucht ihr einen - wirklich ernst gemeinten liebevollen - Kuss auf die Stirn und geht dann auch zu seiner kleinen Tochter um ihr einen guten Morgen zu wünschen.
„Dad? Kannst du uns zur Schule fahren?“ Jenni sieht ihren Vater fragend an.
„Sorry, Schatz. Ich muss jetzt schon los. Die Arbeit lässt nicht auf sich warten.“
Enttäuscht atmet Jenni aus.
„Aber ich könnte sie doch hinfahren, Sam. Oder?“ Holly sieht nun von Sam zu seiner Tochter.
„Nein, nein. Lass mal stecken!“, erwidert Jenni nur darauf und erhebt sich wieder von ihrem Platz. „Komm Sina, wir holen Morgan ab, der wird uns sicher mit nehmen.“
Und schon verschwindet sie, die Hand ihrer kleinen Schwester ergriffen.
Das fängt ja schon gut an. Jenni will gar nicht wissen, wie der Rest des Tages wird.

Warum ist ausgerechnet die Freundin von ihrem Vater heute Morgen da? Schon am frühen Morgen die Schwester ihrer gehassten Lehrerin sehen dürfen ist doch echt... Da fehlen Jenni die Worte.
Ihr Vater hat die zwei, nach dem Tot ihrer Mutter, allein versorgen, erziehen und begleiten müssen. Ihre Mutter hieß Kate Conner. Von ihr haben sie den Nachnamen. Ihr Vater heißt schließlich nicht Conner. Er und Kate haben auch nicht geheiratet, beide wollten es nicht. Sie waren glücklich, verliebt und das zusammenleben hat ihnen gereicht. Kate bestand allerdings darauf, dass die Kinder ihren Namen tragen. Warum weiß Jenni aber nicht.
Holly kam dank ihrer Lehrerin, Miss Young, in das Leben ihres Vaters. Wie sie in das College kam empfand es ihr Vater noch als richtig sich als ihr Vater vorzustellen. An dem Tag wurde Miss Young von ihrer Schwester abgeholt und so lernten sich die beiden kennen.

„Jenni?“ Schon bestimmt zum dritten Mal ruft ihre kleine Schwester ihren Namen neben ihr. Sie wird regelrecht von Jenni hinter her gezogen. Jenni ist sauer. Zu recht? Wer weiß.
„Was?“, will sie nun etwas sauer, gestresst und genervt wissen. Ihre Schwester weiß, dass sie sich nicht angesprochen fühlen soll. Das tut sie auch nicht.
„Meine Lehrerin will mit Dad reden.“
Jenni verlangsamt sich etwas und sieht ihre Schwester fast schon entgeistert an.
„Warum?“
Sina verzieht ihre Mundwinkel hinunter: „Ich glaube, weil ich so schlecht in Mathe bin.“
„Ich bin auch schlecht in Mathe.“
„Miss Miller hat mir aber auch einen Brief mit gegeben.“
„Gib ihn Papa. Mal sehen, wann er Zeit findet, neben seiner Arbeit und Holly.“

Navy Jard, 7:48 Uhr


Ayleen sitzt bereits an ihrem Schreibtisch, wie Michael gerade an seinem ankommt.
„Was bist du schon hier?“
„Und warum bist du erst jetzt da?“
„Ich bin nicht zu spät.“
„Aber man kommt besser früher, als zu spät.“
„Ich nicht...“ Michael setzt sich auf seinen Stuhl und schiebt ihn an den Tisch heran. „Meine Arbeit ist eh fertig.“ Sein Blick geht kurz zu Jacksons Tisch. „Wo ist Jackson?“
„Unten bei Frida.“
„Was macht er da?“
„Sie hat ihn runter gerufen.“
„Da springt unser JackFlummi sofort.“
Ayleen schüttelt daraufhin nur verzweifelt den Kopf.

Mit einem Kaffee in der Hand kommt Boyle um die Kurve und geht direkt auf den großen Bildschirm zu, der neben seinem Schreibtisch an der Ecke angebracht ist. „Was habt ihr gefunden?“
Boyle ist gestern, nach den Anweisungen an die beiden verschwunden. Keiner der beiden weiß wo er war. Aber das fragen sie auch nicht. Er hat ihnen aufgetragen die Sachen fertig zu machen und dann ebenfalls zu verschwinden. Sie hatten die Nächte davor schon keinen Schlaf bekommen. Sie haben erst am frühen Morgen den letzten Fall beendet. Und eh sie am Abend wieder her gerufen wurden war kaum einer von ihnen außer Haus. Michael schon, aber auch nur weil er noch dabei war Jeff Homer dort hin zu bringen, wo er hingehört. Ins Gefängnis.

„Unser Offizier, Adam Karter... 24, aufsteigende Position. Er hatte Qualitäten um einer der Besten zu werden. Grund um dafür zu sterben? Immer doch! Und zwar der, dass er sicher anderen voraus war und immer Nummer eins war. Seine zwei Schwestern... Jessica und Giggi Karter... 10 und 15 Jahre. Sie leben mit ihrer Mutter zusammen in der Wohnung, in der wir sie gestern aufgefunden haben. Sie gingen beide noch zur Schule.“
„Was ist mit der Frau?“
„Sie war die Mutter der drei. Aber das wird Rony dir sicher noch bestätigen können.“
„Also lagst du falsch!“, mischt sich nun Ayleen ein, die sich zwischen die Männer gestellt hat.
„Das sie den Mord nicht begannen hat ist ja noch nicht bewiesen.“ Michael scheint seiner Ansicht stand zuhalten.
„Der Freund?“, unterbricht Boyle das Gespräch seiner Teammitglieder und ebenfalls den Blickkontakt der zwei. Denn Ayleen nimmt Michael die Fern-Maus aus der Hand und beginnt mit ihrer Arbeit.
„Jason Gibler... 24, genau wie unser toter Offizier. Arbeitete mit ihm zusammen, hat mit ihm sein Studium absolviert und steht aus der selben Position wie Karter. Nur, dass er erst seit kurzem so weit ist wie Karter.“
„Grund genug um ihn umzubringen!“, erklärt Boyle trocken und führt sich seinen Kaffeebecher an die Lippen, eh er einen großen Schluck daraus trinkt.

Hinter den dreien, die gerade im Navy-Jard nebeneinander stehen, geht die Fahrstuhltür auf. Sie kündigt Besuch an. Und der Uhrzeit zu vernehmen kann es eigentlich nur einer sein. Sie erhoffen nur einen. Keiner der drei denkt an Jackson. Alle an Jason Gibler.
Und ganz genau diesen erkennen die drei wie sie sich umdrehen. Jason kommt in Begleitung zweier Männer. Die gehören aber nicht zu ihm. Sondern zum Navy-Jard.
„Bringt ihn nach oben!“, zeigt boyle die Treppe hinauf, während Michael und Ayleen wieder an ihre Schreibtische gehen. Die zwei Männer gehorchen. Jason hat bis eben auf sein Bild auf dem großen Bildschirm gestarrt. Boyle sieht den dreien hinter her, achtet mehr auf Jason. Anschließend sieht er hinunter, zu seinem Kaffee, und trinkt ihn dann aus. Eh er sich auf den Weg nach oben macht wirft er den leeren Becher in den Mülleimer an seinem Schreibtisch.

Am großen, runden Tisch, oben in einem der Verhörräume, sitzt Boyle nun gegenüber von Jason Gibler. „Sagen Sie mir, woher sie wussten, dass ihr Kamerad tot ist!?“
„Ich wusste es nicht...“, beginnt der Angesprochene. Er macht den Eindruck als habe er sich nichts vorzuwerfen.
Das erkennt auch Boyle in seinem Blick und seinem Verhalten.
„...aber er sagte, er trifft sich mit seinem Dad.“
„Er trifft sich mit seinem Vater?“
„Ja. Seine Eltern sind geschieden.“
Boyle nickt anerkennend. Das wusste er schließlich nicht. Das verspitzt die Sache etwas.
Ein nächster möglicher Täter. Ein nächster 'Angeklagter'.
„Er hat sich gefreut ihn wieder zu sehen. Er war immer in einem sehr gutem Kontakt zu ihm. Sie haben sich öfters getroffen.“
„Und was ist mit Ihnen?“
„Was soll mit mir sein?“
„Wie standen sie ihrem Kameraden gegenüber?“
„Karter? Er und ich waren die besten Freunde.“
„Und das er wohl ein Ass war, was sein Stand beweist...“
„Ich war nie eifersüchtig, wenn Sie das glauben. Er war mein Freund. Er wäre ohne mich nie damit klar gekommen. Da waren wir sehr verschieden. Er war zwar sehr engagiert und motiviert. Aber er kam mit dem schnellem Aufstieg nie zurecht. Er fand sich zu jung.“
„Wo waren Sie zum Zeitpunkt des Todes?“
„Ich? Bei mir zu Hause. Er sagte, er wolle anschließend zu mir kommen. Aber er hat sich verspätet. Und das ist nie seine Art gewesen.“
„Aber wie sind Sie darauf gekommen, dass er tot ist?“
„Ich wurde von seinem Vater angerufen. Bei ihm war er auch nicht. Und schon rief mich seine Schwester, Jessica an...“

Unten wieder angekommen verkündigt Gibbs auch schon seine nächsten Aufgaben an sein Team: „Informiert euch über Karters Vater. Und forscht nach wo Gibler gestern war in der Zeit des Mordes.“
„Und was machst du?“, ruft Michael ihm hinterher. Da Boyle an den beiden vorbei geht und sich nicht an seinen Platz setzt.
„Ich gehe zu Rony...“

College - 9:30 Uhr


Die ersten zwei Stunden sind hinter Jenni gebracht. Mathe. Schon am frühen Morgen ihre gehasste Lehrerin zu haben macht den Tag echt nicht einfacher.
Aber nun ist sie erleichtert.
„Juhu...“, entfährt es ihr sogleich.
Ihre zwei Freunde lachen neben ihr.
„Du kannst ja doch reden!“, reagiert jedoch Ruby etwas verwirrt. Den ganzen Morgen, seit sie hier angekommen ist, hat Jenni den Mund nicht aufgemacht. Sie zieht es vor, wenn sie Mathe am frühen Morgen hat lieber ihre miese Laune für sich zu behalten anstatt sie an ihren Mitmenschen auszulassen - außer wenn es die betroffenen sind.
Nun ergreift ihr Freund ihre Hand. „Du musst wissen, Ruby. Unsere Jenni hasst Mathe und hasst Miss Young!“, erklärt Neil. Ruby sieht von ihrem Freund zu Jenni herüber. „Wirklich? Okay, Mathe ist auch nicht mein Lieblingsfach. Aber immerhin. Ich versteh bei Miss Young wenigstens etwas. Außerdem ist sie die beste Lehrerin die wir haben.“
„Ihr geht es eigentlich bei Miss Young eher um persönliche Dinge!“, meint wiederum Morgan. Er will seiner Freundin eigentlich nur helfen. Dass er ihr damit nicht wirklich hilft ist ihm wohl nicht bewusst. Er regt dafür Rubys Interesse an. „Ach? Warum? Kennst du sie? Ist sie deine Tante?“
„So was in der Art...“, entfährt es Jenni missmutig. Denn wenn sie darüber nachdenkt stimmt es doch. Oder? Wenn die ältere Schwester von ihrer Lehrerin ihren Vater heiratet (wenn es denn je soweit kommt!), dann ist doch ihre Lehrerin so etwas wie eine Tante. Zwar eine angeheiratete Tante. Aber ihre Tante ist sie dann schon.

„Will mich keiner aufklären?“, will Ruby wissen, nachdem keiner der anderen drei etwas gesagt hat. Jenni ist in Gedanken gewesen und die zwei Jungs haben wohl schon genug gesagt, was Jenni nicht gefällt.
„Sie ist zwar nicht meine Tante. Aber so was in der Art. Ihre Schwester ist die Freundin meines Vaters!“
„Oh!“
„Ja, du sagst es. Oh!“ Jenni klingt verzweifelt.
„Nein, ich meine, dass nicht böse. Ich meine, dass ich nun deine Reaktion nachvollziehe kann!“
„Danke...“
Keiner sagt etwas weiteres zu diesem Thema.

„Kann ich dich kurz was fragen?“, will Ruby nach wenigen Minuten von Jenni wissen, nachdem sie zusammen an ihrem Stammplatz in der Pause stehen.
Jenni schaut Ruby etwas verwirrt an. „Klar!“, erwidert sie jedoch nur und folgt Ruby sich ein paar Meter von Morgan und Neil zu entfernen.
„Ich hab gestern mit Lily telefoniert.“
„Mit deiner Freundin?“
„Genau. Sie hat mich gefragt ob ich nicht vielleicht Lust hätte mit Nachmittags zum Tanzkurs zu gehen. Du weißt ja, dass ich gerne tanzen.“
„Nur gerne?“
Ruby lacht etwas. Aber auch Jenni sieht sie mit einem Lachen an. „Eben. Also hab ich zugestimmt. Ich bin ja nicht zu dem aus der Schule gegangen, weil der langweilig ist. Und ja, ich hab halt zugestimmt.“
„Ist doch nicht schlimm. Was hat das mit mir zu tun?“
„Ich soll dich fragen, ob du auch Lust darauf hast!?“

Zuerst scheint Jenni mit der Frage etwas überfordert zu sein. Dann sieht sie fragend und verwirrt zu Ruby. Allerdings weiß sie nicht wirklich wie sie reagieren soll. „Warum fragt sie das? Sie kennt mich doch gar nicht.“
„Ja, und? Sie fragt aus Nettigkeit. Außer sie kenne ich da keinen und vielleicht hat sie sich gedacht, dass ich nicht nur sie als Gesprächspartner haben soll, fragt sie nach dir.“
„Das ist ja echt sehr nett von euch, aber...“
„Och mensch, Jenni.“
„Ruby, ich kann nicht tanzen. Ich bin total schlecht im Tanzen.“
„Das glaub ich nicht!“
„Es ist so.“
„Das musst du mir erst beweisen.“
„Und mich zum Deppen machen? Ich denk nicht dran.“
„Komm schon...“ Ruby sieht Jenni flehend an. Sie ist vor Jenni etwas in die Knie gegangen, hat die Hände zusammen gefaltet und sieht nun zu Jenni hoch.
„Sieh mich nicht so an. Das ist gemein...“
Ruby springt wieder auf. Freudig legt sie Jenni den Arm um die Schultern. „Gut. Dann werden wir heute Nachmittag zusammen hin gehen.“ Ruby grinst und dreht Jenni wieder zu den Jungs, um zurück zu ihnen zu gehen. „Du bist echt die Beste!“
„Ich weiß.“ Mehr kann Jenni darauf nicht erwidern. Sie weiß, dass sie viel zu gutmütig ist. Viel zu gut für diese Welt.

Niel und Morgen sehen die zwei Mädchen nun neugierig an. „Na, über was haben sich die Ladys denn unterhalten?“, will Morgen auch so gleich neugierig wissen.
Ruby lässt von Jenni und sieht Morgen grinsend an, wie sie sich etwas mehr zu Niel stellt. „Das würdest du zu gerne wissen, was?“
„Klar, sonst hätte ich nicht gefragt.“, lacht er nun. Er sieht allerdings von Ruby ebenso neugierig zu Jenni. Als ob er ihr die Antwort eher entlocken könnte.
Ruby scheint allerdings als ein Grinsen nichts zu sagen zu haben.
Jenni sieht von Ruby zu Morgen, nachdem einige Sekunden weder er etwas weiteres gefragt hat oder sie ihm geantwortet hat. Morgen sieht sie neugierig an. „Ruby hat mich gezwungen mit zum Tanzen am Nachmittag zu gehen.“ Jennis Blick geht, wie sie ihre Hände in ihren Hosentaschen versteckt, zu Niel. Als will sie mehr seine Reaktion sehen oder bemerken, als die von Morgen, der sie gefragt hat.
Vielleicht weicht sie Morgens Reaktion auch nur aus, weil sie weiß wie diese ausfallen wird.
„Du willst also mit? Hab ich das richtig verstanden?“ Er scheint ein Lachen zu unterdrücken. Aber kein gemein gemeintes.
„Genau!“, stimmt sie ihm nun zu und sieht wieder zu ihm, mit festem Blick. Ihrer Sache sicher.
„Obwohl du doch immer diejenige bist, die von sich sagt sie tanzt nicht gerne.“
„Und?“
„Nichts und. Ich bin halt neugierig. Ist eine Eigenschaft die mir angeboren ist. Sorry...“

Zum Glück ertönt die Schulglocke, die zum Unterricht dirigiert.
Die einzigen die aus dem Gespräch will ist Jenni. Morgen empfindet das Gespräch nicht als ungewöhnlich oder störend. Ruby und Niel wiederum hätten mehr hören können. Morgen und Jenni haben eine eigene Art und Weise mit einander zu reden. Es ist schon faszinierend ihnen zu zuhören.

Kapitel 3

Los Angeles - 10:34 Uhr


John ist gerade dabei seine Sachen zu packen. Es kommt ihm immer noch nicht so vor, als ob er nur versetzt wird. Er ist traurig. Er lässt alles hier zurück. Seine Kindheit, seine Mutter...
Seine Mutter! Er hat total vergessen, ihr Bescheid zugeben. Wenn er es schafft, wird er einfach nachher zu ihr fahren und ihr alles erklären. Vielleicht fragt er sie besser, ob sie mit will. Er weiß, dass sie dem nicht zustimmen wird. Aber ein Versuch ist es wert.

Das Klopfen an seiner Bürotür holt ihn aus seinen kurzen Gedanken. Er antwortet nicht, oder kann es nicht, denn die Tür geht bereits auf.
„Kommst du mit zur...“, weiter kommt die Person nicht. Diese sieht auf Johns Kartons die im Raum umher stehen. Die meisten sind bereits voll.
John dreht sich zur Tür. Lenny. Der Mann von gestern, der ihn am liebsten nicht gehen lassen will, steht in seinem Büro. „Was ist?“, will John ihn nun aus seinem Gestarre und aus seinen Gedanken befreien.
Lenny schüttelt kurz den Kopf, als ob er so von seinen Gedanken kommt, und sieht dann zu John. „Ich wollte fragen, ob du mit zur Pause kommst, aber ich sehe ja...“
„Nein, danke, Lenny. Ich mach das hier fertig. Besser der Chef sieht, dass ich nicht trödle. Du kennst ihn ja.“
Lenny lacht kurz auf, wird dann aber schnell wieder ernst und sieht etwas enttäuscht und traurig zu gleich hinunter. Verlässt dann rückwärts den Raum.

Kaum ist die Tür im Schloss, schon ertönt das Telefon auf Johns Schreibtisch. Er sieht auf, da er nicht mit einem Anruf gerechnet hat. Er löst sich vom Karton vor sich und geht um den Schreibtisch herum, um sich auf den Stuhl zu setzen und den Anruf an zunehmen. „...Oh, Jack du bist es... Ich hab gar nicht mehr an dich gedacht...“
„Ist schon okay, du wirst sicher eine menge zu tun haben.“
„Ja...“
„Ich rufe wegen der Nummer an.“
„Reich sie mir rüber. Ich suche gerade nur einen Stift und ein Blatt.“ John steht wieder auf und kramt in dem Karton ihm gegenüber auf dem Schreibtisch herum. Und er findet etwas zum Schreiben.
Jack diktiert ihm die Nummer und nachdem sich John bedankt beenden die zwei das Gespräch auch schon wieder.

Ohne weiter darüber nachzudenken faltet John den Zettel zusammen und steckt ihn sich in seine Gesäßtasche. Er will mit den Kartons möglichst schnell fertig werden. Und wenn er ständig abgelenkt wird, wird das nie was.

Washington, Navy-Jard - 11:02 Uhr


„Endlich...“
Michael sieht von seinem Schreibtisch auf. „Was hast du denn?“, fragt er dann etwas genervt.
Ayleen grinst und erwidert dann seinen Blick. Währenddessen steht sie auf und geht auf den großen Bildschirm zu. „Ich hab seinen Vater gefunden... das war total schwer. Bei ihrer Mutter stand etwas ganz anderes.“
„Es stand was anderes?“
„Frag nicht. Mein Computer spinnt eh ständig.“
„Ja. Das bekomme ich mit. Jackson sollte sich das mal ansehen.“
„Das hier sollte sich erst mal Boyle ansehen.“
„Warum?“

In genau dem Moment Antwort Boyle: „Was sollte ich mir ansehen?“
Ayleen und Michael sehen sich zu Boyle um. Wie immer kommt er aus dem Nichts. Wie macht er das nur?
„Das hier. Der Mann ist rein. Reiner kann man nicht sein. Er und seine Frau haben sich schon vor Jahren getrennt...“
„Schickt mir den Mann hier her.“, dreht sich Boyle von ihnen weg und macht sich an seinen Schreibtisch.
„Er ist schon auf dem Weg.“, erwidert Michael schneller als Ayleen reagieren kann.

„Und was hast du bei Rony herausgefunden?“
„Die Mutter hat ihr Kinder nicht umgebracht...“, ist das erste was Boyle auf Michaels Frage antwortet.
„Ha...“, macht Ayleen und sieht Michael triumphierend an.
Michael zieht die Mundwinkel etwas sauer nach rechts. „Und was noch?“
„...Die Frau hatte vor ihrem Tot Geschlechtsverkehr.“
„Und das hilft uns in wie fern?“
„Das ein Mann im Spiel ist. Ein zweiter Mann.“
„Mindestens ein zweiter...“, erwidert Michael. Er ist bereits am nachdenken. Ja, komisch. Das scheint ihm gar nicht ähnlich zu sehen. Aber so ist es.
„Was ist, wenn dieser zweite Mann vorher mit ihr geschlafen hat und nicht wusste, dass sie Kinder hat und das erst herausfand wie Karter zu ihr kam... Und er dann schwarz gesehen hat und ihn umgebracht hat...“
„Das schließt aber auch ein, dass er sie vorher schon kannte. Kein Mann, der nur einmal mit einer Frau schläft bringt gleich deren Kinder um. Außerdem heißt es ja noch lange nicht, dass es ein zweiten Mann in dieser Ganzen Sache gibt...“

Zum Glück hört Boyle die Fahrstuhltür. Er steht auf und geht einfach an den beiden anderen vorbei. Die können schön weiter diskutieren, spekulieren und was nicht sonst noch. Er geht und macht seinen liebsten Teil, seines Jobs. Das Verhören.

„Jackop Karter, richtig?“
„Ja, der bin ich... sagen Sie mir was passiert ist. Ist etwas mit meinem Sohn?“
„Sie wissen es nicht?“
„Nein was denn? Warum bin ich hier? Warum werde ich verhört...“
„Ihr Sohn ist gestern Abend ermordet worden.“
„Was?“ Jackop Karter steht von seinem Stuhl auf. „Ich hab mich verhört...“ Er scheint total außer Rand und Band zu sein. In ihm scheint Wut aufzukommen. Nicht zu vergessen der Schmerz.
„Und ihre Frau...“
„Ex-Frau...“
„Ihre Ex-Frau... Wir vermuten sie könnte etwas damit zu tun haben!“ Boyle weiß gerade nicht ob er bluffen soll. Oder ob es der Mann vor ihm tut.
„Niemals. Sie würde so etwas nie tun. Wo ist sie? Weiß sie es schon...“
„Wir haben sie auch in der Wohnung aufgefunden...“
„Wie geht es ihr...“
„Wir haben sie auch aufgefunden...“
„Das sagten Sie schon. Ich will wissen...“
„...tot aufgefunden.“

Jackop schweigt. Und setzt sich wieder. „Nein... Wer...“ Er schweigt plötzlich, legt die Ellenbogen auf den Tisch, legt eine Hand über seine andere und beginnt sie zu kneten. „Dieses Schwein... ich werde ihn umbringen!“
„Von wem reden Sie?“
„Will Spenser. Er war ihr neuer Mann. Sie haben nicht geheiratet. Jessica und Giggi... Sie sind ihre Töchter!“
„Nicht Ihre?“
„Nein. Adam war mein einziges Kind.“
Boyle weiß nicht mehr was er sagen soll. Alles könnte diesen Mann verletzten. Er weiß, dass dieser Mann nichts getan hat. Er ist Ahnungslos. Und wenn er ihm etwas vorspielen würde, er würde das merken. Aber dieser Mann sagt die Wahrheit. Und er will ihm nicht noch mehr Dinge sagen.

„Wir sind fertig, Mister Kater. Es tut mir leid...“
Der Mann ihm gegenüber nickt nur. Er muss seine Gedanken kontrollieren und sortieren.
„Sie können jetzt gehen, Sir.“
Wieder nickt der Mann nur. Doch er steht auf.
Boyle bleibt sitzen. Sieht dem Mann nach. Beobachtet ihn.
Bevor Jackop Karter den Raum verlässt, die Tür bereits geöffnet, dreht er sich noch einmal um. „Jessica und Giggi... Ihnen geht es doch gut, oder?“
Boyle sieht dem Mann in die Augen, schüttelt dann den Kopf. Eine Antwort. Eine bessere hätte er nicht geben können. Denn der Mann versteht ihn stumm. Seine Augen glänzen und er verlässt den Raum endgültig.

„Und was ist? War er es?“
„Nein!“ Boyle will an den beiden vorbei. Aber er schafft es nicht. Er sieht zu ihnen auf. „Was?“
„Was hat er gesagt?“
„Ach... Er hat mir einen Namen gegeben. Will Spenser. Er ist der Vater der beiden Mädchen. Seht zu, dass ihr mir dieses Schwein hier her bringt!“
„War er es?“
„Nach den Worten von Jackop Karter, ja.“
„Und du glaubst diesem Mann?“
„Ja.“ Boyle verschwindet. Er will hinunter. Mal sehen was Frida heraus gefunden hat bis her.

Jackson und Frida sind beide in Fridas Labor. Beide vertieft in ihrer Arbeit.
„Und? Seit ihr schon weiter gekommen?“
Erschrocken fahren beide Angesprochenen herum. „Wo kommst du her?...“
Boyle will gerade antworten.
„Sag es nicht. Ich weiß es ja...“ Frida dreht sich wieder um. „Die Suche wegen des Kerls mit dem die Mutter geschlafen hat ist noch nicht fertig. Das kann noch dauern. Du hast mir die Probe erst vor 15 Minuten her gebracht.“
„Davon rede ich gar nicht. Außerdem hat sich das erledigt...“
„Echt? Wie kommts?“, will Jackson wissen.
„Ich weiß von wem das ist.“
„Das Sperma?“
„Ja.“
„Du kannst das ruhig sagen. Ist doch nichts schlimmes...“

„Was ist mit der Kugel?“, wechselt Boyle das Thema. Und keiner hat es bisher gewagt seine Anforderungen in Frage zu stellen. Oder ihn wieder auf das vorherige Thema zu führen. Außer Michael vielleicht.
„Das wollte ich dir gerade sagen...“
Boyle sieht auf Fridas Computerbildschirm. Doch diese sagt nichts. Sieht ihn einfach an. Somit sieht Boyle wieder zu ihr. „Erzähl schon!“
Frida lächelt und sieht ebenfalls nach vorne: „Wir haben die Waffe zur Kugel gefunden...“
„Das könnte ich euch auch sagen!“
Frida und auch Jackson sehen zu Boyle. Sie wissen, das es stimmt was er sagt.
„Wenn ihr sonst nichts habt, dann geh ich wieder...“ Boyle stützt sich bereits wieder ab.
„Wir haben heraus gefunden wem die Waffe gehört.“, erklärt Jackson knapp.
Nun wird Boyle hellhörig. „Wie denn das? Na lasst mal hören.“
Frida grinst wieder: „Das ist zu kompliziert um es dir zu erklären. Die Waffe ist auf einen gewissen Will Spenser registriert.“

Grundschule - 12:30 Uhr


Sina hat gerade ihre letzte Stunde hinter sich gebracht. Und ist darüber sehr erfreut. Denn sie hatte Mathe. Ein Fach das sie hasst. Weil sie es nicht kann.
Und ihre Lehrerin verzweifelt regelrecht an ihr.

Sina will gerade den Raum verlassen, da ruft Maria Miller, ihre Lehrerin, nach ihr.
„Sina... Bleib doch noch mal hier!“, sind Marias Worte an sie, die Sina zum stoppen bringen. Das junge Mädchen dreht sich um. Sieht Maria fragend und unwissend an und geht dann auf das Lehrerpult zu.
„Was gibt es denn? Ich muss nach Hause. Holly macht sich sonst Sorgen.“
„Es geht ganz schnell...“, beginnt Maria zu lächeln: „Hast du den Brief schon an deinen Vater weiter gegeben?“
Sina sieht zu Boden: „Nein!“
„Es ist aber sehr wichtig, Sina. Ich möchte dir nur helfen...“
„Ich weiß...“, sieht Sina wieder hinauf, direkt in die Augen ihrer Lehrerin. „Aber...“ Weiter kommt sie nicht, da wird das Gespräch unterbrochen.

„Sina!?“, erklingt hinter ihr eine männliche Stimme.
Sina dreht sich fragend um. Und auch ihre Lehrerin sieht von Sina auf, zur Klassentür.
Maria Miller mustert den Mann ihr gegenüber. Dann geht ihr Blick zu ihrer Schülerin. Diese bekommt große Augen, ein breites und erfreutes Lächeln bildet sich auf ihrem Gesicht und sie rennt auf den Mann zu, mit nichts als einem von Freude begleitetem: „Ahhhhh...“
Das muss dann wohl der Vater von Sina sein. Vermutet Maria spontan.

Sina springt in die Arme des Mann, der sie mit Freuden hoch nimmt. „Na, Schnecke. Freust du dich, mich zu sehen?“
Sina ist so erfreut, dass sie außer ein zustimmendes Nicken gar nichts hervorbringt.

„Hallo, Sie müssen, dann der Vater von Sina sein, stimmt..“
Der Mann ihr gegenüber und auch Sina sehen nun zu Maria. Beide wollen gerade anfangen etwas zu erwidern, da redet Marai aber weiter.
„...Ich habe gehofft, Sie mal persönlich zu treffen. Ich würde mich gerne mit Ihnen über Sinas Leidenschaft zum Unterrichtsfach Mathe unterhalten...“
Sina sieht entschuldigend zum Mann, auf dessen Armen sie sitzt. Aber nicht weil, sie sich für ihre Lehrerin entschuldigen will, sondern eher wegen der 'Leidenschaft' zur Mathe.
Ein Lacher vom Mann, der Sinas Blick mustert: „Da scheinst du ganz nach deiner großen Schwester zu kommen...“

Sina senkt den Blick, etwas beleidigt und als fühle sie sich erwischt. Ja, okay, sie ist nicht gut in Mathe. Aber ob das an ihrer Schwester liegt? Diese sagt zwar ständig, dass sie Mathe hasst und das ihr Vater ihr helfen soll. Aber der kann ihr nicht helfen und sagt ihr immer, dass sie die Hilfe von Holly annehmen soll. Aber das will Sinas Schwester nicht. Sina hingegen versucht die Hilfe von Holly anzunehmen, aber für Sina ist Mathe dennoch ein Fach, dass sie wohl nie verstehen wird...

„Also gegen ein Treffen hab ich nichts. Wir können uns dann auch gerne über Sinas Mathe Leidenschaft unterhalten. Aber ich bin nicht Sinas Vater... Ich bin ihr Onkel und gleichzeitig, der beste Freund ihres Vaters. Ben Johnson, sehr erfreut.“ Ben reicht Maria seine Hand. Selbstverständlich so, dass er Sina nicht vom Arm fallen lässt.
Marai scheint leicht irritiert. Er hätte wirklich Sinas Vater sein können. Eigentlich hat sogar alles darauf geschlossen. Die Begrüßung, die Blicke der beide in die Augen des jeweils anderen - so vertraut und liebevoll. Ja, sogar das Aussehen...
„Das tut mir wirklich leid. Maria Miller, Sinas Mathelehrerin...“
„Ich weiß.“ Ben grinst nun. Die Frau ihm gegenüber scheint zu ihrer wohl verwirrten Art nun auch etwas ratlos und verunsichert zu sein.
„Verzeihung... Aber, könnten Sie Sinas Vater ausrichten, dass es wirklich sehr Wichtig wäre, wenn er den Termin wahr nimmt, oder mich wenigstens kontaktieren könnte... Ich kann Ihnen noch meine Nummer mit geben.“ Maria Miller dreht sich um und geht mit schnellen Schritten an das Lehrerpult um Stift und Zettel zu holen.
Ben schaut unter dessen zu Sina. „Ist sie immer so?“
Sina nickt lächelnd: „Ich finde sie total toll...“

Das tut Sina wirklich. Frau Miller ist ihre Lieblingslehrerin. Oder jedenfalls eine. Ihre Klassenlehrerin mag sie auch sehr gerne. Aber Frau Miller ist immer freundlich, sehr lustig und macht vieles mit, was andere Lehrer nicht dulden würden.
Aber genau aus dem Grund lächelt sie auch gerade, wie sie ihre Antwort gibt.

Ben geht mit Sina hinter Maria her und lässt sich dann den Zettel reichen. „Unter der ersten Nummer kann er mich hier erreichen, unter der zweiten bei mir zu Hause.“
„Und kann ich Sie unter der zweiten Nummer auch erreichen?“ Ben grinst nun schelmisch, ja er flirtet. Er flirtet gerne. Aber Maria verleiht ihn dazu. Diese Frau hat eine unglaublich anziehende Ausstrahlung. So einfach, so faszinierend. So natürlich, so wunderschön...
Maria lächelt nun etwas ablenkend: „Richten Sie bitte aus worum ich Sie gebeten hab.“ Sie packt nebenbei ihre Sachen in ihre Tasche - auch sie hat schließlich für heute Feierabend. Wie dies geschehen ist und Maria den Raum verlassen will, steht Ben immer noch neben dem Lehrerpult, mit Sina auf dem Arm. Er grinst. Immer noch. Doch er setzt sich in Bewegung.

Außerhalb des Raumes will er Maria folgen, weil er ja eigentlich noch eine Antwort braucht. „Ähm, Onkel Ben... Wir müssen in die andere Richtung. Da geht es zum Lehrerzimmer.“ Sina kichert etwas.
Ben bleibt stehen. „Stimmt!“ Ben wartet noch ein paar Sekunden.
Maria hat die Worte von Sina gehört und dreht sich kurz um. Lacht dann aber und schüttelt den Kopf ehe sie sich wieder umdreht.
Sina und Ben verlassen das Schulgebäude - in die andere Richtung.

Navy Jard - 13:53 Uhr


Boyle kommt gerade die Treppen des Navy-Jards herunter. Er war bei Roberts. Hat ihm erzählt, was er bis her hat. Und ihm gesagt, dass er den nächsten Mord nicht annehmen kann, sondern abgeben muss. Er konzentriert sich ungern auf zwei Fälle, wenn sie nichts miteinander zu tun haben.
Wie er zurück bei seinem - gerade nicht vollständigem Team - angekommen ist beendet Ayleen gerade ein Telefonatgespräch mit den Worten: „Okay... Ja, bis später!“
„Ich hoffe das hat mit deiner Arbeit zu tun gehabt...“, sieht Boyle kurz zu ihr. Er weiß die Antwort, ohne das Ayleen etwas sagt.
Aber diese sagt auch nichts.

„Habt ihr Will gefunden?...“, will Boyle wissen und setzt sich an seinen Schreibtisch.
„Ja.“, erwidert Ayleen knapp. Sie sieht hinter Boyle her, blickt ihn einfach an. Fast schon enttäuscht oder verzweifelt.
Boyle wartet auf Antwort. Er schaut hoch. „Was!? Muss ich dir jedes Wort aus der Nase ziehen?“, will er dann wissen.
„Er kann es nicht gewesen sein, Boyle...“
„Wie er kann es nicht gewesen sein? Wer denn sonst...?“
„...ich hab ihn vorhin mit Müh und Not erreichen können. Er ist auf einer Geschäftsreise und er wird vor heute Abend nicht hier sein können...“
„Ich will ihn dennoch sprechen.“
„Ich habe ihm gesagt, dass er dann her kommen soll. Heute Abend wird er hier sein...“

Boyle setzt sich schnaufend in seinen Stuhl zurück. „Das gibt’s doch nicht...“ Er sieht schließlich zu Michael. Dann setzt er sich wieder auf: „Was ist mit dem Auftrag, den ich dir gegeben hab, bezüglich Jason Gibler.“
Michael sieht auf. „Du hast nicht mehr nachgefragt. Ich dachte für dich wäre das Thema gegessen.“
„Alles könnte nützlich sein. Was hast du herausgefunden?“
„Er war zur besagten Zeit zu Hause, ich hab bei ihm angerufen.“
„Michael...“
Dieser steht auf. „Ich bin schon weg.“
Boyle Blick streift zu Ayleens Tisch. Strafend sieht auch er nun zu ihr.
„Ich begleite ihn!“, erhebt auch sie sich von ihrem Platz.
Boyle setzt sich wieder zurück in seinen Stuhl, schnauft erneut auf.

Michael und Ayleen kommen allerdings nicht weit, denn sie werden fast um den Haufen gelaufen. Oder eher Michael wird fast um den Haufen gelaufen.
Von einer Frau.
Diese hat so eben den Fahrstuhl verlassen und mit hektischen Handbewegungen und einem ebenso hektischem Gang versuchte sie sich den Weg zu einem bestimmten Mann zu manövrieren.

Die unbekannte Frau streift Michael an der Schulter, zieht ihn regelrecht zur Seite. Sie sieht zu ihm auf, bringt dann ein kurzes: „Tut mir leid“, hervor und marschiert dann weiter.
„Ich will zu Agent Boyle...“, plappert sie dann vor sich hin.
Michael und Ayleen schaffen es nicht weiter zu gehen. Sie sind neugierig geworden. Jedenfalls so lange bis Boyle von seinem Stuhl aufsteht, antwortet: „Der bin ich!“ und anschließend zu den zwei anderen sieht, die seiner Meinung nach schon längst weg sein sollten.
Ayleen wendet sich als erste ab und sieht dann zu Michael.
Dieser starrt immer noch der gut aussehenden Frau hinterher. Natürlich nicht ohne dabei ein Lächeln zu zeigen.
„Michael!?“, holt Ayleen ihn dann aus seinen Gedanken. Er schüttelt schwach den Kopf und sieht zu ihr: „Was?“, fragt er dann nur, während er sich mit Ayleen wieder zum Fahrstuhl dreht.
„Sag mir nicht, dass du gefallen an der Frau findest?“
„Warum nicht? Sie sieht verdammt gut aus!“

Während dessen geht die Frau auf Boyle zu. „Ich bin Rose Baker, die beste Freundin von Karen Karter!“
Boyle hebt interessiert den Kopf, dann erhebt er sich ganz von seinem Stuhl: „Kommen Sie mit.“ Und schweigend folgt Rose Barker ihm.

Ein Taschentuch in den Händen halten versucht sie das Zittern ihrer Hände zu kontrollieren und vielleicht auch die Tränen.
„Erzählen Sie mir alles was sie wissen...“, fordert Boyle. Er ist ruhig, einen Kulli in der Hand haltend, die Arme auf dem großen rundem Tisch liegend.
Rose sieht einmal zu ihm auf, in seinen Augen liegt Mitleid, Interesse, Neugierde und noch vieles mehr was schwer zu erkennen ist. Aber darauf achtet sie gar nicht. Sie beginnt zu nicken und schließlich auch zu erzählen: „Karen und ich kennen uns seit dem wir klein sind. Sie hat mir immer alles erzählt. Die letzten Jahre hatte sie es echt nicht einfach. Nachdem sich Jackop und sie getrennt und anschließend auch geschieden haben wurde es schlimmer. Zwar wussten beide, dass es miteinander nicht geht aber sie konnten auch nie ohne einander. Ihr Chef, Will Spenser, war ihr nach der Scheidung eine große Hilfe. Ihr Chef war schon seit längerem in sie verliebt. Er hätte alles für sie getan. Aber Will Spenser war nicht immer der für den man ihn hielt. Ich mag diesen Mann nicht. Er tat ihr nicht gut. Er hat sie geschlagen. Und dennoch hat sie sich auf ihn eingelassen...“
„Hat er sie schon vorher geschlagen, eh sie die Kinder bekommen hat?“, unterbricht Boyle. Er tut es ungern, weil er gerade so viele Neuigkeiten erfährt. Und immer noch nicht von Wills Unschuld überzeugt ist. Jedenfalls nach den Worten der Frau vor ihm eher nur gestärkt und bestätigt.
Rose schüttelt den Kopf: „Nein, das mit dem Schlagen fing erst vor ungefähr 5 Jahren an. Seit dem sie sich beschwerte, dass die zwei sich weniger sehen. Da er immer so oft auf Geschäftsreisen ist.“
„Was hat das aber alles mit dem Fall zu tun, Miss Barker?“
„Karens bester Freund, Luc Harper, er war vor dem Mord bei ihr!“

College - 14:55 Uhr


Jenni hat eigentlich keinen Unterricht mehr. Die einzigen die noch Unterricht haben sind Morgan und Neil. Sie haben Geographie. Nachhilfe. In der Schule ist es kein richtiges Fach. Und lernen tun die zwei auch nicht sehr viel. Jenni hat ihnen schon wie oft angeboten ihnen zu helfen. Aber die Jungs müssen ja ihren Mann stehen. Sie lassen sich ungern von einer Frau helfen. Schlimm...
Warum Jenni nun dennoch in der Schule ist? Ruby! Diese will noch ein paar Minuten mit ihrem Freund verbringen, eh die Mädchen zum Tanzen gehen. Der Kurs kann glücklicher Weise in der Schulturnhalle stattfinden. Weil an dem Tag kein Nachmittagskurs in der Turnhalle stattfindet.
Und Jenni? Die wird langsam neugierig, wie es da so abläuft. Auch wenn sie nicht wirklich eine Tanzgöttin ist, ist es dennoch sehr interessant wie die Mädchen ihren Tanzlehrer beschwärmen.

„Ich freu mich soooo sehr...“
„Und ich erst. Er ist unglaublich toll...“
„Jaaa, und so gut aussehend!“

Jenni hört den Mädchen einfach nur zu. Lässt sie reden. So toll kann er doch sicher nicht sein, oder? Also wirklich. Auch, wenn sie gespannt ist, wie er denn aussieht und wie er so ist - ist ja auch kein Wunder, wenn die Mädchen um sie herum so am herum schwärmen sind. Irgendwo ist es ja schon leicht kindisch, was die Mädchen machen. Dieses schwärmen. Vor allem, von jemanden der ihr Tanzlehrer ist. Und somit sicher von sich aus nicht wirklich Interesse zeigt.
Jenni sieht einmal zu Ruby und Lily, die sich unterhalten, aber das Gespräch der anderen mit bekommen. Lily verdreht nur die Augen. „Hört gar nicht auf diese Gänse...“ Damit entlockt Lily Ruby ein Lachen. Jenni aber grinst nun auch.

Nach weiteren Minuten des Wartens ertönt allerdings ein Raunen und Tuscheln in der dreier Gruppe, die neben Ruby, Lily und Jenni steht. Das Raunen von Lilys neuen Freunden. „Da kommt er...“, beginnt die Erste.
Lily reagiert nicht.
Jenni dreht sich nach hinten, natürlich neugierig.
Und auch Ruby sieht interessiert zu dem Ankömmling.

Ein junger Mann, er ist höchstens drei Jahre älter als die Mädchen die auf ihn warten. Groß. Gut gebaut. Blond-braunes kurzes Haar.
Bewundernd heben Jenni und Ruby die Augenbrauen. Doch, ja... Schlecht sieht er nicht aus. Nein, definitiv nicht.
Der junge Mann kommt an den Mädchen vorbei, lächelt und begrüßt die Mädchen mit einem freundlichem: „Hey, wenn ihr alle da seit, dann können wir ja starten...“ Sein Blick streift über alle anwesenden Mädchen. Und bei Jenni und Ruby stockt er. Bleibt sogar stehen und dreht sich ganz zu ihnen, als ob er zuerst gar nicht gemerkt hätte, dass sie da waren. „Oh, wir haben ja zwei neue Gesichter unter uns...“ Er lächelt immer noch, wie er von Ruby zu Jenni sieht und dann wieder zurück zu Ruby. „Die Mädchen haben euch bestimmt schon gesagt wer ich bin...“
„Nur, dass Sie der Tanzlehrer sind. Mehr nicht!“, entgegnet Ruby.
Er blickt sie an, sein Lächeln noch nicht verloren. „Wenn das so ist... Ich bin David Black!“ Die zwei Mädchen nicken nur. „Aber lasst uns keine Wurzeln schlagen, auf gehts. Wir wollen ja was tun heute, oder?“
In der Halle ist Jenni die Erste. Sie macht ja nicht mit. Somit setzt sie sich auf eine Bank und schaut sich etwas im Raum umher. Nur um den Anblick von dem Tanzlehrer abzuwenden. Der ihr ehe egal ist. Aber Jenni kennt den Raum und somit hat sie nach wenigen Minuten nichts mehr zu tun. Ihr Blick geht schließlich gerade aus, zu den Fenstern.

„Machst du nicht mit?“, will David Black dann von ihr wissen, der eben noch alles für den Unterricht vorbereitet hat.
Jenni sieht zu ihrer Rechten, dort lässt sich David nieder, dann schüttelt sie mit dem Kopf: „Ich begleite Ruby, die mich erst heute gefragt hat ob ich mit will.“
„Aber du kannst auch gerne so mitmachen. Du musst nicht extra umgezogen dafür sein!“, lächelt er sie nun aufheiternd an.
Jenni schüttelt erneut mit dem Kopf, ein leicht sarkastisches Lachen verlässt dabei ihre Lippen: „Nein, wirklich. Danke. Aber ich kann nicht tanzen.“
„Das glaub ich dir nicht! Jeder kann schließlich tanzen.“
„Jeder, außer mir!“

Die zwei können sich nicht weiter unterhalten, da kommen die ersten Mädchen schon rein gestürmt und direkt auf die zwei zu. Sie bombardieren David mit Fragen, sodass er aufsteht und Jenni allein auf der Bank zurück lässt.
Aber das stört diese nicht. Eher im Gegenteil. David war etwas aufdringlich. Ihrer Meinung nach.

Wie alle anwesend sind beginnt David den Unterricht. Er redet nicht sehr viel zu beginn. Aber die Damen befinden sich ja auch nicht in einem 'normalem' Unterricht. Hier gibt es wenig Theorie. Hier muss Praxis gemacht werden. Tanzen kann man nicht hören, schreiben oder lesen. Nunja, eigentlich schon. Aber viel besser ist es einfach nur zu tanzen. Und dabei höchstens zu hören, was zu tun ist.

Jenni bewundert die meisten Mädchen. Nein, eigentlich alle. Denn sie können tanzen. Einige besser. Aber keine schlecht. Schlechter als sie schafft es eh keiner - wie sie selber meint. Doch ihr Blick bleibt öfters an Ruby und Lily haften. Aus verschiedenen Gründen. Die zwei können wirklich sehr gut tanzen. Wenn Jenni sagen kann, dann besser als die anderen Mädchen. Aber sie schaut auch zu den beiden, oder eher zu Ruby, weil bei ihr David steht. Er hilft ihr. Bei jedem Schritt. Klar, Ruby ist das erste Mal dabei. Aber so wie er ihr hilft sieht das schon nicht mehr normal und 'Hilfestellung anbieten' wollend aus. Jenni denkt darüber nach, was Neil sagen würde, wenn er sie so mit David tanzen sehen würde. Jenni weiß, dass Neil zum einem selber sehr gut tanzen kann aber zum anderem auch sehr leicht eifersüchtig werden kann. Wenn er findet, das Grund besteht. Und Jenni ist der Meinung, dass es das tut. David sieht nicht schlecht aus. Und Ruby... wenn sie zu David hoch sieht - nachdem sie auf ihre Schritte schaut - dann sieht sie ihn etwas komisch an. Wobei komisch wahrscheinlich das falsche Wort ist.
Aber Jenni weiß ja, dass Ruby Neil liebt.

Kapitel 4

Los Angeles - 18:09 Uhr


John steht vor einem großen, weiß-beachen Haus. Große Fenster ragen ihm entgegen, während seine Schritte zielstrebig auf die Eingangstür zu gehen. Diese hat einen blauton, dass farblich gut mit den Rahmen der Fenster zusammen passt. Er kennt das Haus. Seit dem er klein ist schon. Es ist das Haus seiner Mutter. Und seines Vaters. Aber sein Vater lebt nicht mehr. Seine Mutter lebt allein in diesem großen Haus.

Er klingelt nicht. Er betritt das Haus einfach. Er hat ja schließlich einen Haustürschlüssel. Und den sicher nicht umsonst.
„Mutter?“ Er sieht in jeden Raum, in den er schauen kann. Er weiß aber wo er sie aufzufinden hat. Im Wohnzimmer.
Seine Mutter sitzt auf einem Sessel, der am Fenster steht und in Richtung Fernseher 'schaut'. Der Blick seiner Mutter würde auch darauf liegen. Auf dem Fernseher. Wenn sie doch nicht die Stimme ihres Sohnes gehört hätte. Sie lächelt. „Jooohn...“, zieht sie seinen Namen nun leise und sehr erfreut lang.
„Ja, ich bins...“ John setzt sich zu seiner Mutter, auf das Sofa, das in unmittelbarer Nähe steht. „...Ich möchte dir etwas berichten...“, führt er dann fort.
Seine Mutter hört ihm zu. Immer noch das Lächeln aufgesetzt. Aber sie sagt nichts. Ihre Blicke sagen ihm, dass er weiter sprechen kann. Dass sie ihm folgt.
„...Ich bin versetzt worden!“, erklärt er dann.
Die Mundwinkel seiner Mutter wandern hinunter. Langsam, aber dennoch in kürzer Zeit. „Wohin?“, haucht sie dann. Ihre Stimme ist schwach. Aber nicht erst gerade. Das ist sie schon lange.
„Nach Washington!“, erklärt John wieder.
„Nach Washington...“, wiederholt sie leise, sieht zur Seite auf den Teppichboden. „...Zu Bill.“, ergänzt sie dann. „Schön.“, blickt sie dann wieder zu ihm.
„Warum ich aber hier bin, Mutter...“ John ergreift die Hand seiner Mutter, die auf der Sessellehne liegt. „...ich möchte dich mit nehmen. Ich lass dich nicht hier.“
Johns Mutter schüttelt mit dem Kopf. „Ich bleibe hier.“

Da ist er. Der Dickkopf seiner Mutter. John hat damit gerechnet. Bill war genauso. Er wollte sich von nichts und niemandem abhalten lassen. John hat ihn gehen lassen. Seine Mutter nur nicht. Die zwei haben sich sehr in den Haaren gehabt. Jeder war mit seinem Dickkopf versuchend dem anderen den Dickkopf auszutreiben.

„Keine Widerrede, Mutter. Du kommst mit.“
„Nein, John. Ich bin alt. Ich hab nicht mehr viele Tage zu leben. Dir jetzt noch den ganzen Stress machen und mich mit nehmen. Oder mir den ganzen Stress machen. Das Packen. Das zum Flughafen kommen. Der Flug. Nein. Ich bin zu alt. Flieg du alleine.“ Seine Mutter ist sich ihrer Sache sicher.
John leider zu sicher. Er kann sie doch nicht alleine hier zurück lassen. Das würde er sich nie verzeihen. Nein, nie.

Wie er eine halbe Stunde später wieder zu Hause in seiner Wohnung ist legt er den Schlüssel zur Seite und spaziert direkt auf sein Wohnzimmer zu. Er lässt sich auf dem Sofa nieder, das natürlich noch hier ist. Kaum das er auf dem Sofa sitzt, kommen die ersten Fragen. Er blickt im Wohnzimmer umher. Soll er alles hier lassen? Oder soll er doch lieber alles mit nehmen? Oder doch dort kaufen? Da sich sein Rang, auf der Arbeit nur verbessert hat, kann er sich diese Fragen nun wirklich intensiv durch den Kopf gehen lassen. Wenn er eine neue Wohnung haben möchte, würden da nicht auch neue Möbel ganz gut tun? Oder soll er lieber alles was ihn an Los Angeles erinnert auch lieber mit nehmen? Dass er sich gleich in Washington wohl fühlt...

Über diese Gedanken springt er plötzlich vom Sofa auf. „Oh schitt...“, macht er dann und holt aus dem Flur seine Arbeitstasche, die er mit dem Schlüssel im Flur abgelegt hat. Er holt sie ins Wohnzimmer, um sie auf einen Tisch zu stellen. Ergreift in eine der Seitentaschen, kräuselt die Stirn und greift dann in die andere Seitentasche. „Komisch. Ich hab sie doch...“, redet er mit sich selber. Er holt eine der Akten aus der Tasche, blättert darin herum, dreht die Akte dann so, dass die Öffnung gen Tisch hält und schüttelt die Akte quasi aus, als ob er hofft, dass etwas herausfallen soll. Aber das soll es. Verzweifelt lässt er sich dann auf dem Stuhl nieder, der am Tisch und direkt hinter ihm steht. „Aber ich hab sie doch nicht etwa...“ Er schaut auf die Uhr. Fast sieben Uhr. „Ich muss sie finden. Wer weiß, ob ich überhaupt noch jemanden erreiche...“ Bei diesen Worten steht er wieder auf und marschiert um den Tisch. „Wo hab ich sie denn hin gemacht, nachdem...“ Er bleibt abrupt stehen, schlägt sich dann mit der flachen Hand gegen den Kopf. „...nachdem ich sie in meine Hosentasche gemacht hab.“ John greift in seine Gesäßtasche und holt die Nummer der Maklerin heraus, die Jack ihm gegeben hat. Ohne lang zu überlegen tippt er die Nummer in sein Haustelefon ein und legt sich den Hörer an das rechte Ohr. Es tutet einmal, es tutet zweimal, es tutet dreimal, es tutet viermal... John ist kurz davor aufzulegen, da hört er das der fünfte Tut unterbrochen wird.

Eine Frauenstimme dringt ihm an das Ohr. Er ist erleichtert. Und das hört man. Sein Brustkorb senkt sich, woran man jetzt bemerkt, dass er leicht angespannt zu sein schien. Er redet bestimmt eine gute halbe Stunde mit der Maklerin. Die Frau klingt ziemlich zielstrebig und sehr ernst. Aber sie klingt eben so amüsant und charmant. John jedoch macht sich kaum Gedanken um das was er jetzt so alles aus ihrer Stimme hört und ihren wechselnden Tonfällen. Er braucht eine Wohnung in Washington. Nicht mehr und nicht weniger. Er sieht diese Maklerin einmal, höchstens zweimal wegen der Wohnung, wenn er sich die unterschiedlichen - die sie ihm zeigen wird - nicht gefallen. Danach sicher nie mehr. Außer er überlegt sich die Wohnung doch anders einrichten zu lassen.

„Danke Ihnen. Und Verzeihung das ich so spät störe. Aber Sie haben sicher schon schluss oder?“
„Im Grunde hab ich nie schluss. Wofür hat man denn Handys?“
Erst jetzt fällt John auf, dass er eine Handynummer vor sich hat. So in Eile war er, dass er darauf gar nicht geachtet hat. „Naja, jedenfalls. Vielen Dank, dass ich auf Sie zählen kann. Auf Wiederhören.“
„Keine Ursache, Herr Carter. Und ich hab sogar schon einige Wohnungen die Ihnen sicher gefallen werden. Ja, auf Wiederhören.“
„Wie..“ Weiter kommt John nicht. Die Frau hat aufgelegt. Wie sie hat schon Wohnungen, die ihm gefallen könnten? Woher will sie das denn jetzt schon wissen, was ihm gefällt?

Washington, Navy Jard - 19:34 Uhr


„Zweifelst du nun daran, dass die Mutter irgendetwas mit dem Fall zu tun hat.“ Ayleen grinst ihren Gegenüber an. Sie hat ihre Ellenbogen auf ihren Schreibtisch gelegt und beugt sich nun leicht auf diesen hinunter.
Michael hebt den Blick von seinem Computer. „Nein, die Mutter hat sicher was mit dem Fall zu tun, liebe Ayleen.“, betont Michael seinen Satz ganz besonders.
Ayleen zieht die Augenbrauen hinunter. „Warm glaubst du das immer noch?“
„Ihre Leiche hing in der Küche. Wie 'nicht daran beteiligt' kann man denn sein, deiner Meinung nach?“
Ayleen verdreht die Augen.

Michael hört hinter sich Stimmen und dreht sich dann zu den Treppen des Navy Jards. Er erkennt Boyle, der mit einer Frau die Treppen hinunter kommt. Sie sieht richtig fertig aus. Und Michael erkennt die Frau. Es ist du gut aussehende Dame, die ihn vorhin angerempelt hat um zu Boyle zu kommen. Michael lächelt.
Ayleen hat Michael beobachtet. Sie verdreht erneut die Augen.

„Es wäre sehr freundlich, wenn Sie noch etwas bleiben würden. Mein Kollege kümmert sich um Sie. Trinken sie erst mal was.“ Boyle wendet sich von Rose ab und dreht sich zu seinen Kollegen, um an seinen Schreibtisch zu kommen. „Cook... Begleite Miss Barker...“
Michael grinst erneut. Tut was ihm befohlen wird. Mit dem reinstem Vergnügen.
Das sieht auch Ayleen. Es stört sie nicht. Aber es wundert sie, dass Boyle ausgerechnet Michael den Auftrag gibt eine bildschöne Frau zu begleiten und zu trösten. „Aber, er...“
„Ja, ja, ja... Schon klar. Lass ihn. Ich glaube das ist unser geringstes Problem. Was habt ihr über Jason Gibler heraus gefunden?“
Ayleen berichtet ihm alles, was sie herausgefunden haben. Aufs Kleinste. So wie es Boyle erwartet. Aber wenn sie auch nur eine Sache vergessen würden, würde das den ganzen Fall verlängern und verschlimmern können.
„Ich möchte Karen Karters Ex Mann, Jackop Kartner, hier haben. Und du musst dich über einen gewissen Luc Harper informieren und ihn her bringen. Er soll der beste Freund von Karen Karter sein.“ Boyle dreht sich mit dem Blick auf seine Armbanduhr zum Fahrstuhl um. „Und ich hoffe für Spencer das er bald auftaucht.“

Als ob Will Spencer darauf gewartet hat ertönt die Fahrstuhltür und er kommt quasi aus dem Fahrstuhl gehechtet. „Ich hab so schnell gemacht wie es ging. Das Flugzeug ist mit Verspätung eingetroffen. Mein Fahrer ist so schnell gefahren wie er nur konnte. Es tut mir leid. Ich bin Will Spencer, ich möchte zu...“
„Zu mir. Sie können mir sofort folgen, Mister Spencer.“ Boyle marschiert mit schnellen Schritten an Will Spencer vorbei, der unter schwerem Atem nun weiter eilen muss. „Worum geht es überhaupt? Mir wurde berichtet, dass es dringend sei. Es ginge um meine Frau.“
Boyle antwortet nicht. Geht einfach weiter. Den langen Gang, zum Verhörraum.
„Sehr gesprächig sind Sie ha nicht.“, bemerkt Will dann, etwas sarkastisch.
Boyle macht an eine der Türen Halt und öffnet diese dann.
„Was wird das hier? Ein Verhör? Was hab ich getan?“
„Bis jetzt noch gar nichts. Aber das werden wir noch herausfinden.“

Unterdessen erledigt Ayleen die Anrufe und Untersuchungen die sie machen muss. Sie arbeitet bestimmt eine gute Stunde an allem.

Während dieser Zeit ist Michael immer noch bei Rose. Er hat ihr gerade eine Flasche Wasser aus dem Automaten gezogen und schüttet nun die Hälfte der Flasche in einen leeren Becher, den er ihr dann vor die Nase stellt. „Trinken Sie.“
„Danke.“
„Ich tue nur meinen Job.“, Michael lächelt aufheiternd, während er sich gegenüber von ihr nieder lässt.
„Das ist also Ihr Job? Interessant...“, lässt sie gespielt verblüfft verlauten. Ein Lächeln kann sie aber nicht unterdrücken.
„Naja, nicht DAS hier. Das alles im Gemeinen. Seien Sie beruhigt, Miss Barker, wir finden den Mörder ihrer Freundin.“
„Danke.“
„Dafür bin ich doch da.“
„Sie sind mir ein komischer Vogel. Cook richtig?“
„Ja. Aber nennen Sie mich ruhig Michael.“
„Dann nennen sie mich Rose.“
„Gerne, Rose. Ein schöner Name!“
„Flirten Sie etwa mit mir, Michael?“
„Funktioniert es?“
Rose lacht auf.

Ayleen wird in ihrer Arbeit unterbrochen und zwar von einer aufgeregten Frida, die auf sie zu gestürmt kommt.
„Wo ist Boyle?“, will diese sofort wissen.
„Er ist gerade ein Verhör durchführen. Mit seinem immer noch Topkandidat Will Spencer.“
„Er war es nicht.“
„Das denken Michael und ich auch. Michael glaubt immer noch das es die Mutter war. Und ich glaube seit gerade, dass es Luc Harper ist.“
„Der ist es auch. Ich hab die ganzen Proben seines Spermas und was ihr noch alles an der Mutter entdecken konntet das auf Kontakt einer anderen Person schließen lässt, untersucht. Und ich komme auch auf Luc Harper. Aber wie kommt ihr auf ihn? Sein Name ist bis her nicht einmal gefallen.“
„Eine gewisse Rose Barker, mit der Michael jetzt sicher fleißig flirtet, hat von ihm berichtet.“
„Wir müssen damit zu Boyle, Ayleen.“, meint Frida.
„Warte hier. Wir warten jetzt erst mal auf Harper und dann sehen wir weiter. Boyle sollte so lange auch nicht mehr mit Will Spencer am reden sein.“

Jackop Karter kommt im Navy Jard an.
Gerade rechtzeitig, wie Frida mit ihren letzten Recherchen fertig geworden ist.
„Ich sollte her kommen. Was gibt es?“, will Jackop Karter sofort wissen.
„Setzen Sie sich. Zu Ihnen kommen wir gleich.“, lässt Ayleen ihn auf einen freien Stuhl, den sie her geholt hat, setzten.
Etwas ungeduldig tut der Aufgeforderte dies auch.
Frida hingegen läuft wie ein Tiger auf und ab. Von der einen Seite des Bereiches, von Boyles Team, bis zur anderen.
Keine fünf Minuten später kommt, wie Karter anwesend ist, auch endlich Harper an.
Ayleen geht um ihren Schreibtisch herum und führt Harper zu seinem Verhörraum. „Warten Sie hier.“, meint sie knapp und lässt ihn allein während sie sich auf den Weg zu Boyle macht.

„Könnten Sie mir nun erklären was los ist?“
Boyle und Will Spencer sitzen sich bereits einige, wenige, Minuten gegenüber.
Boyle schweigt, liest sich die Akte von Will Spencer durch.
Will Spenser wiederum wird ungemütlich. „Wenn Sie jetzt nicht reden, werde ich ungemütlich. Ich werde...“
„Klappe.“ Boyle knallt die Akte zu und sieht zu Will Spencer hinauf. „Wie lange sind Sie nun mit Karen Karter zusammen?“
„16 Jahre. Sagen Sie mir was passiert ist.“
„In ihrer Wohnung wurden vier Leichen entdeckt.“
„Oh mein Gott. Um wen handelt es sich?“
„Um ihren Stiefsohn, ihre zwei Töchter und ihre Frau.“
„Oh, mein...“ Will Spencer unterbricht sich selber.

Das Klopfen und das anschließend aufspringen, der Tür unterbricht die beiden in ihrem Gespräch. Ihrem Verhör.
Ayleen tritt herein, tritt an Boyle heran, beugt sich leicht vor um ihm etwas leise zu berichten: „Karter und Harper sind da.“
Boyle steht auf. „Sie entschuldigen uns?“
„Bin ich freigesprochen? Hat sich alles geklärt?“
Boyle sieht ihn lange an. Das ist das Einzige was er sagt? Was er wissen will?

„Frida hat von deiner Probe, die wir gefunden haben und die du analysiert haben wolltest Wichtiges gefunden.“
„Wer?“
„Harper.“
„Sprich du mit Karter. Ich nehme mir Harper vor.“
„Was willst du von Karter wissen Boyle?“
„Was er von Harper weiß. Und wie er zu Will Spencer steht.“
„Das wissen wir doch.“
„Ich will wissen, ob er was mit dem Mord zu tun hat. Ich will wissen, was Will Spencer zu dem Mörder machen könnte...“
„Wer glaubst du ist es?“
Boyle antwortet nicht. Er geht weiter, zum Verhörraum. Der oben ist.
Ayleen schaut ihm nach. Eh sie sich zu Karter wendet, der vor ihrem Schreibtisch sitzt.

Frida tigert immer noch vor sich hin. Nun ja, jetzt nicht mehr, denn sie hat Boyle gesichtet. „Boyle.“
„Ich weiß es schon.“
„Aber...“
„Nichts, aber, ich muss jetzt mit einem Verdächtigem reden.“ Boyle öffnet die Tür, zum Verhörraum. Er bleibt aber noch an der Tür stehen. Dann dreht er sich zu Frida.
Diese steht direkt neben ihm.
Er haucht ihren einen Kuss auf die Stirn. Dann tritt er ein.
Frida grinst, dreht sich um und geht wieder hinunter. Sie ist ihm bis oben hin gefolgt. Für wohl nur diesen Kuss.

Ayleen hat sich zu Karter gesetzt. „So, ich hab noch ein paar Fragen an Sie.“
„Was ist los? Bin ich jetzt wieder verdächtigt wurden?“
„Ganz ruhig, Herr Karter. Wir können nicht gleich sagen, dass Sie es nicht sind oder, dass Sie es sind. Und darum geht es hier gar nicht. Ich will andere Dinge von Ihnen wissen.“
„Glauben Sie ich war es? Glauben Sie im Ernst, ich würde meine Ex-Frau umbringen ? Und dann noch dazu ihre zwei Töchter und meinen eigenen Sohn? Für wie gestört halten Sie mich? Ich bin Vater, war Ehemann. Und Sie glauben...“
„Jetzt mal ganz ruhig. Ich glaube gar nichts. Ich sagte, ich möchte Ihnen Fragen stellen. Beruhigen Sie sich doch erst einmal.“ Ayleen macht eine Pause, nachdem sie versucht hat Jackop Karter zu beruhigen.
Jackson kommt gerade zurück, aber mit schnellen Schritten auf der Suche nach irgendwem, wie Ayleen ihn erblickt.
„Haben Sie Durst? Möchten Sie etwas trinken?“, fragt Ayleen in Richtung Karter.
Der Angesprochene nickt.
Ayleen sieht zu Jackson: „Warte, könntest du Herrn Karter gerade ein Wasser holen, Jackson?“, sieht sie ihn bittend an.
Jackson sieht zu ihr, etwas ungeduldig: „Ich Suche Boyle, wir haben gerade etwas anderes heraus gefunden. Etwas, was ihn sicher interessiert.“
„Bitte.“
„Na schön.“ Und schon macht er sich auf den Weg um Wasser zu holen.

„So. Und nun atmen Sie ganz ruhig weiter. Darf ich Ihnen ein paar Fragen stellen?“
Jackop Karter sieht Ayleen etwas unschlüssig und immer noch leicht gereizt an, dann nickt er allerdings ergeben und bereitwillig.
Jackson kommt nach keinen zwei Minuten zurück, stellt den Becher ab und will dann weiter nach Boyle suchen.
„Boyle ist oben.“, ruft Ayleen ihm dann Hilfestellung gebend hinter her.
„Oh, danke dir.“ Kaum ist Jackson da gewesen, schon ist er wieder weg.

Ayleen sieht wieder zu Jackop: „Können sie mir etwas zu Luc Harper sagen?“
„Er ist der beste Freund meiner Ex-Frau gewesen. Sie verstanden sich schon immer sehr gut. Zwischen ihnen lief nie etwas. Jedenfalls nicht während unserer Ehe. Nachdem wir uns geschieden hatten wurde ihr Kontakt enger. Sie brauchte seine Hilfe. Bis sie dann kurz darauf mit Will Spencer zusammen kam. Und nun die Kinder von ihm hat. Ich weiß, dass das Verhältnis zu Luc ihr immer wichtig war. Und ich weiß auch, dass die zwei sich oft getroffen haben, wenn Will mal nicht da war. Aber mehr weiß ich nicht.“
„Wie stehen Sie selber zu ihm?“
„Zu Luc? Ich fand ihn immer sehr aufrichtig, sehr ehrlich. Und er hat weder mir gegenüber etwas falsches gesagt, getan oder anderes. Ebenso auch nicht meiner Ex-Frau gegenüber. Wird er etwa auch verdächtigt?“
„Ja.“
„Glauben Sie mir. Er würde Karen nicht mal ein Haar krümmen können.“
„Warum glauben Sie das?“
„Er liebt sie. Seit dem er weiß, dass er es darf. Wobei ich nicht daran zweifeln würde, dass er sie immer schon geliebt hat.“
„Und wie stehen Sie persönlich zu Will Spencer?“
„Ich kenne den Mann nicht. Und weiß nur eines. Er ist der Falsche für Karen.“ Jackop macht eine Pause, während Ayleen ihn anschaut. „War.“, fügt er dann hinzu. Oder ersetzt er viel mehr. Er schaut hinunter, in seinen Schoß, den Becher Wasser schon seit einigen Minuten in der Hand haltend. „Das sie tot ist werde ich mir nie verzeihen können. Es ist alles meine Schuld...“

„Ihre Schuld? Warum?“ Ayleen sieht Jackop Karter interessiert an.
Dieser sieht wieder auf. „Ich war nicht da. Verstehen Sie. Meistens hole ich meinen Sohn immer persönlich ab, eh wir zum Eisessen gehen, oder uns in eine Bar setzten, oder gar einfach nur in meine Wohnung setzten um zu reden. Und dieses Mal haben wir uns gleich bei mir getroffen. Er wollte noch nach Hause, da er etwas holen wollte. Aber er kam nie bei mir an. Ich hätte hin fahren müssen. Ich hätte ihn holen müssen. Ich hätte da sein müssen. Ich hätte ihnen helfen müssen.“
„Nein, Herr Karter. Sie sind ganz sicher nicht daran Schuld. Ganz sicher nicht...“
Ayleen hat Antwort genug bekommen. Jackop Karter ist ehrlich. Er lügt nicht. Ayleen erkennt so was. So was erkennt man einfach.

Boyle hat sich inzwischen zu Luc Harper an den Tisch gesetzt. Er durchforst auch seine Unterlagen. Wie eben noch die von Will Spancer. Er lässt sich ungern stören, bei seinen Verhörungen. Er hasst es viel mehr. Aber er wollte nun mit Harper sprechen. Spencer kann warten. Boyle hat seine Antwort schon. Er weiß schon, wer es war. Er braucht nur noch das kleine I-Tüpfelchen. Und aus dem Grund muss er mit ihm (Luc Harper) sprechen.

„Entschuldigung?...“ Luc Harper spricht Boyle nur vorsichtig an.
Boyle sieht auf. Fragend.
„Warum bin ich hier? Ist etwas mit Adam?“
„Ja. Er ist tot.“
„Bitte? Weiß seine Mutter Bescheid? War sie schon hier?“
„Sie weiß Bescheid. Sie ist ebenfalls tot.“
„Karen ist tot...“ Luc Harper öffnet die Augen weit. Unglaubwürdig. Ihm wird da doch gerade ein Witz erzählt... Sein Atem wird unregelmäßig. Schneller. Unkontrollierter. Fassungslosigkeit spiegelt sich in seinen Augen wieder. „Sie ist... Nein... nein... Das kann nicht sein.“ Seine Augen werden schließlich glasig.
„Jessica und Giggi sind auch tot.“
„Was? Alle tot... Was ist nur passiert? Wann ist das passiert?“
„Vor drei Tagen. Am Samstag.“
„Wann ungefähr?“
„Gegen 20:00 Uhr.“
„Ich war vorher noch bei Karen...“
„Wie ist Ihr Verhältnis zu Misses Karter?“
„Ich liebe sie. Und das weiß sie. Und wir haben uns verabredet. Weiß ihr Mann schon davon? Davon, dass sie tot ist?“
„Weiß er. Er sitzt unten.“
„Wird er verdächtigt?“
„Ja.“
„Er kann es aber nicht gewesen sein... Er...“ Luc Harper unterbricht sich selber, er denkt nach. Überlegt wohl.
„Er? Er was?“, will Gibbs wissen.
„Mir ist jemand entgegen gekommen, wie ich die Wohnung verlassen hab, mit dem Fahrstuhl hinunter gefahren bin und diesen verlassen hab.“
„Wer war es?“
„Keine Ahnung. Ich dachte es wäre Will. Aber der ist noch gar nicht da. Der ist erst heute wieder gekommen, von seiner Geschäftsreise.“
„Was haben Sie bei Misses Kater gemacht?“
Luc Harper will gerade willig antworten, da klopft es an die Tür und Jackson steckt den Kopf hinein. Er bittet Boyle einmal hinaus zu kommen.

Boyle ist nur ein paar Minuten draußen. Kurz darauf setzt er sich wieder gegenüber von Luc Harper. „Wir waren bei der Frage, was sie um diese Zeit bei Misses Karter getan haben. Also?“
„Wir haben geredet.“
„Nur geredet?“
„Ja, okay, wir haben auch miteinander geschlafen.“
„Tun Sie das schon länger?“
„Ja“
„Wissen Sie...“
Harper schaut auf, da Boyle einmal stoppt. Als ob er es selber nicht glaubt, was er da jetzt gleich sagt. „Was denn?“
„Wissen sie, dass Jessica und Giggi Ihre Töchter sind?“
Luc Harper schaut Boyle lange an, bis er dann zu nicken beginnt.
„Weiß es Mister Spencer?“
„Ich bezweifle es. Sie konnte es ihm nicht sagen. Sie war der Ansicht, dass er nicht lange gezögert hätte und...“ Harper spricht nicht weiter. Stoppt plötzlich. Als habe er die Antwort.

Und Boyle lächelt. Nein, er grinst. Aber nicht lange. Wäre ja auch ungewohnt für ihn. „Danke.“
Boyle steht auf. Schließt die Unterlage von Harper und nimmt diese mit. „Folgen Sie mir.“
Harper steht von seinem Stuhl auf und folgt Boyle. In ihm steigt Wut auf. Gewaltige Wut.

Boyle geht, gefolgt von Luc Harper, die Treppe des Navy-Jards hinunter. „Jackson, McKenzie, Karter... folgen!“ Er geht an ihnen vorbei.
Ayleen und Rene stehen sofort auf. „Kommen Sie. Wir sollen ihm folgen.“, erklärt Ayleen Jackop Karter, der leicht verwirrt ist.
Michael und Rose Baker kommen gerade wieder zurück, Rose einiger maßen beruhigt, und sehen wie die fünf an ihnen vorbei marschieren.
Boyle deutet mit dem Finger an, dass sie ihm auch folgen sollen.
Und dies tun die zwei Gemeinten dann auch.
Während allerdings Boyle der Einzige ist, der in den Verhörraum zu Will Spencer hinein geht, gehen die anderen in den Nebenraum, von dem sie alles beobachten können - durch die große Scheibe.

„Sie waren bereits hier, hab ich recht?“
„Ja, ich warte hier auf Sie. Und Sie verschwinden einfach.“
„Das meinte ich nicht. Sie waren vor heute hier in der Stadt.“
„Nein. Ich...“
„Klappe. Sprechen Sie! Ich hab keine Lust auf langes Hin und Her. Sagen sie die Wahrheit.“
„Ich bin erst heute...“
„Ich warne Sie, Sie Schwein. Sprechen Sie, oder ich werde ungemütlich.“
Will Spencer verzieht das Gesicht, wird aggressiv. „Okay. Dieses Schwein hat meine Frau gevögelt. Und das schon seit Jahren. Hätte ich das gewusst, eh ich in die Wohnung kam und sie mir das sagte, nachdem ich fragte was Harper wieder hier gemacht hat, dann hätte ich das Schwein gleich mit umgebracht. Sie hat mir gesagt, dass unsere Töchter gar nicht unsere sind. Dass dieses Schwein sie gezeugt hat. In der Zeit wie ich mit ihr zusammen war. Ich habe rot gesehen. Durch das schreien kamen Jessica und Giggi in die Küche. Und dann kam auch noch Adam. Ich hab meine Waffe gezückt. Erst Giggi. Dann wollte Adam mich aufhalten. Doch auch Jessica musste dran glauben. Und schließlich auch Adam. Aber Karen... Das war ich nicht.“

Im Nebenraum stehen inzwischen alle Beteiligten.
Das Navy-Team. Was heißt: Jackson, Cook, McKenzie und sogar Frida ist noch dazu gekommen.
Und die anderen betroffenen im Fall. Die da wären: Jackop Karter, Luc Harper und Rose Barker.
Inzwischen sind die drei letzteren den Tränen nahe. Ach was, das ist Gelogen. Während Jackop Karter nur eins zwei Tränen, in gewissen Abständen, die Wange hinunter sickern laufen sie bei Luc Harper mit dessen Schweigen pausenlos an seiner Wange hinunter. Die einzige die ihrer Trauer auch laut freien Lauf lässt ist Rose Barker. Klar sie war eben gerade beruhigt wurden. Aber bei den ernsten und knallharten Worten konnte sie nicht mehr an sich halten.
Jackop Karter war wohl auch der Einzige, der drei, der nicht wusste, dass die Mädchen von Luc Harper sind. Sodass dieser ihm jetzt freundschaftlich und stützend eine Hand auf die Schulter legt.
Aber wie gesagt. Von den drei. Bei dem Team sind es Michael und Ayleen die nun verblüfft zu Frida und Rene sehen.

„Reden sie keinen Unsinn.“, hören sie Boyle sagen.
„Ich habe Karen nicht umgebracht.“
„Haben Sie nicht? Sie waren nicht so in ihrer Wut, da sie rot gesehen haben, dass sie sich vorgestellt haben, wie ihre Frau einen anderen, wie nannten Sie es so schön 'vögelte' und auch noch Sie anlog und sagte, dass es die Ihren Kinder sind, die sie gebar? Und wollten Sie nicht nur die Kinder umbringen, sondern nachdem das Magazin leer geschossen wurde hatten Sie gar keine andere Wahl und mussten Hand anlegen? Haben Karen gepackt, ihre Handgelenke fest umschlossen. Sie zu einer Schublade mit gezerrt und während sie nach etwas suchten, was Ihnen helfen würde, sie gegen das Armaturenbrett gedrückt? Und haben sie ihr nicht das Seil mehrfach um den Hals geschnürt, während sie sich dabei wand? Sie zu einem Stuhl gezerrt und sie gezwungen darauf zu steigen, sich hinter sie gestellt und dann oben an der Decke festgebunden. Von Ihrem Stuhl runter gestiegen und sie bestimmt erst nach kurzer Wartezeit - in der sie sich sicher noch mit ihr unterhalten haben - den Stuhl weg gekickt haben und sie dann alleine gelassen haben? Und zwar genau um 20:24 Uhr. Sie wurden gesehen. Glauben Sie nicht, dass Waffenschüsse Nachbarn anlocken? Oder glauben Sie nicht, dass im Nachbarhaus neugierige Menschen wohnen?“

Michael, Ayleen, Frida und Rene grinsen. Sie wissen, das Boyle sich das alles ausgedacht hat. Doch hat er sicher wieder ins Schwarze getroffen. Oder jedenfalls Ansatzweise. Doch da sich ein Täter wenige genaue Dateien behält gesteht Will Spencer nach kurzer Zeit. Ihm werden Handschellen angebracht und er wird hinaus geführt.

Alle anderen verlassen schließlich auch den Raum. Michael und Ayleen bringen die drei die ausgesagt haben zum Fahrstuhl. Und während Michael Rose noch ein kleines Lächeln schenkt, und diese es leicht erwidert, sieht Ayleen verwundert zu ihrem Kollegen, nachdem sich die Fahrstuhltüren schließen.

„Lass mich raten. Du hast ihre Telefonnummer?“
„Jap.“

Los Angeles - 22:08 Uhr


John ist damit beschäftigt alles fertig für seinen Umzug zu machen. Er ist seit einigen Stunden bereits wieder zu Hause. Nachdem er bei seiner Mutter war. Aber da diese einfach stur blieb, konnte er nichts anderes machen, als es zu akzeptieren, dass sie nicht mit ihm wollte. Er kann sie nicht zwingen. Er hat ihr versprochen sie jeden Tag anzurufen, sobald er Zeit hat und dazu kommt. Am Anfang wird dieses recht schwer, das weiß er jetzt schon.

Nachdem er soweit alles Wichtige aufgeschrieben hat holt er nun den Zettel hervor, auf dem die Nummer von der Maklerin steht. Er überlegt kurz. Er hat sie zwar heute schon angerufen, aber er hat wichtige Fragen vergessen. Er schaut auf die Uhr. Gleich zehn nach zehn. Ob sie noch wach ist? Bei ihr wird es sicher schon nach ein Uhr morgens sein. Wenn er da jetzt anruft, dann wird er wohl eine schlecht gelaunte und müde Maklerin am Ohr haben. Das will er lieber nicht riskieren. Er will sich nicht, eh er in Washington ist schon mit ihr anlegen. Dann ruft er sie lieber morgen früh gleich an. Und bespricht alles mögliche dann.

So schaltet er den Computer vor sich noch einmal ein. Und dann sucht er gleich nach Flügen die er buchen kann. Wenn er einen direkt auf morgen bucht, dann wird das sicher zu teuer. So sucht er sich einen günstigen in der nahen Zukunft aus. Am besten ist ja Montag Morgen. So hat er die nächsten Tage noch um sich richtig von allen und vor allem seiner Mutter zu verabschieden. Dann hat er außerdem genug Zeit um seine Sachen zu packen, nochmal bei der Maklerin anzurufen und zu fragen, wann es ihr am besten passt wegen eines Rundgangs durch eine der ersten Wohnungen.
Natürlich muss er somit erst mal nach einem guten Hotel suchen, dass er mindestens eine oder zwei Wochen beherbergen kann, eh seine Wahl fest steht. Und er dann einzieht.
Mit all diesen Gedanken erklärt sich sehr schnell, was mit seinen ganzen Sachen und Möbeln geschieht: Nur die aller Wichtigsten der Wichtigsten Sachen kommen mit. Alles andere wird er in den nächsten Tagen an einen guten Möbelverkäufer verkaufen. Somit hat er dann auch wieder gutes Geld für die erste Miete seiner Wohnung.

Nachdem John seinen Flug für Montag Morgen um 8:30 Uhr gebucht hat fährt er seinen Computer wieder herunter.
Er schreibt sich alles notwendige, was er die nächsten Tage noch tun muss auf - um ja nichts zu vergessen, da kennt er sich schließlich gut genug.

Und dann kann er sich beruhigt, zufrieden und entlastet ins Bett machen.

Kapitel 5

 6 Tage später - Montag, 7:36 Uhr


John steht bereits am Flughafen. Alles fertig gepackt. Er lässt alles zurück. Er hat sich nur noch von seiner Mutter verabschiedet. Das war ihm wichtig.
Doch nun kann er es kaum abwarten. Er steht bereits ungefähr 15 Minuten hier und wartet, dass die Leute vor ihm und hinter ihm endlich in das Flugzeug gelassen werden.
Er merkt, wie ungeduldig er doch eigentlich ist. Besonders wenn es um solche Dinge geht.

Nach weiteren fünfzehn Minuten beginnt die Schlange vor ihm sich endlich zu bewegen.
Immerhin ein Anfang.
Langsam merkt er Aufregung und Freude in sich aufsteigen. Warum? Das kann er sich selber noch nicht so ganz erklären. Aber er freut sich auf seinen neuen Job und hofft sehr, dass er dort hinten gut aufgenommen wird. In Washington.
Wie seine Kollegen wohl sind. Und wie sein Chef sein wird. Er ist gespannt.

Eine gute halbe Stunde später sitzt er endlich im Flieger.
Das hat ja recht lange gedauert.
John lehnt sich zurück. Sein Gepäck ist schön verstaut. Und somit schließt er nun die Augen und sinkt in einen Schlaf.
Das ist es was er nach diesen 6 Tagen Stress echt braucht.

„Ich werde dich vermissen. Rufst du mich auch mal an?“
John lächelt schief. „Nein. Dafür werde ich wohl wenig Zeit finden.“
Seine Mutter sieht ihn nun mit traurigen Augen an. „Mhh. Kann ich verstehen.“
„Mama, das war ein Scherz. Aber klar ruf ich dich an. Sobald ich da bin. Und dann immer wenn ich Zeit hab, versprochen.“
„Danke. Du bist ein Schatz. Und grüß mir deinen kleinen Bruder.“
„Du bist doch immer noch sauer auf ihn.“
„Und dennoch liebe ich ihn, John.“
„Ist gut. Ich richte ihm deine Grüße aus.“
„Schön.“
John schweigt. Da es seine Mutter auch tut. Er weiß nicht was er noch sagen soll. Es ist früh, und er will gleich früh und überpünktlich am Flughafen sein. Wie lang die Schlange wohl sein mag, wenn er ankommt? Hoffentlich nicht zu lang. Er will nicht als Letzter einsteigen. Ungeduldig blickt er zur Uhr.
„Du kannst ruhig gehen, John. Doch du bist eh zu früh.“
„Ich weiß. Daher bin ich ja noch hier.“
„Ach, komm, mach das du weg kommst.“



Schreckhaft wacht John auf. Was... Warum träumt er von seiner Mutter? Er weiß, dass er sie jetzt schon vermisst. Aber so sehr, dass er von ihr träumt? Das fängt ja gut an. Schwer ein und ausatmend muss er fest stellen, dass er sie sogar schrecklich vermisst. Er lehnt sich wieder zurück. Und sieht zur Seite.
Neben ihm, am Fenster, sitzt eine junge Frau die ihn nun mit großen Augen anschaut. „Alles okay, bei Ihnen?“
„Ja. Klar. Ich vermiss nur meine Mutter.“

 

 

Washington - College, 8:56 Uhr


Jenni schreckt auf. „Was, was... hab ich verschlafen?“ Sie sieht zu Morgan.
„Nicht ganz. Du pennst in Geographie. Ich dachte du liebst Geographie.“ Morgan sieht sie fast schon besorgt an.
„Das tue ich für gewöhnlich auch, allerdings hab ich gestern Mathe bis in die Puppen gelernt. Ich hasse Miss Young.“
„Was kann die denn dafür?“
„Die bestraft uns mit diesen blöden Tests. Reichen Arbeiten nicht?“
Morgan beginnt amüsiert zu lachen.
„Können wir an Ihrem Gespräch teil haben Mister Blake und Miss Conner?“
„Entschuldigen Sie, Herr Tomsen.“, lässt Morgan kleinlaut verlauten. Er sieht dabei hinunter auf seinen Tisch. Um sich das Lachen zu verkneifen.
Auch Jenni kichert leise vor sich hin, wie sich Herr Tomsen wieder nach vorne dreht und dem Unterricht widmet.

Morgan sieht nach wenigen Minuten erneut zu seiner Sitznachbarin.
Jenni hat den Kopf auf ihre Hand abgestützt. Und immer wieder fallen ihr die Augen zu. Sie kann sich einfach nicht konzentrieren. Sie ist einfach viel zu müde.
„Jenni.“, flüstert Morgan und stießt seinen Ellenbogen an ihre linke Schulter.
„Lass mich, Morgan, ich bin wach...“
„Das sehe ich.“ Aber er belässt es dabei. Schmunzelt nur und sieht dann wieder nach vorne.

Jenni wiederum hofft, dass die Stunde bald vorbei ist. Dass sie was Essen kann, was Trinken und vor allem sich erst mal Wasser ins Gesicht spritzen kann.
Für Mathe muss sie fit sein. Sie will es nicht wieder verhauen. Und wieder. Und wieder. Wie es eben immer bei ihr der Fall ist.
Doch kann sie auf die Schulglocke lange warten. Denn wie sie auf die Uhr sieht fällt sie fasst vom Glauben ab. Erst 9:03 Uhr. Gott sei Dank. Keine halbe Stunde mehr.
Jenni sinkt wieder hinunter auf den Tisch, platziert erneut die Arme auf den Tisch und schließt die Augen.
„Weck mich, falls ich die Klingel überhöre...“, flüstert sie noch in Morgans Richtung und schließt dann die Augen wieder.

Daraufhin kann Morgan allerdings nur mit dem Kopf schütteln. Er sieht über Jenni hinweg zu Neil, der nun ebenfalls verwundert zur hinunter sinkenden Jenni blickt.
Neil blickt zu Morgan, dann deutet er mit einer kurzen Kopfbewegung hinunter zu Jenni.
„Mathe.“, erklärt Morgan knapp.
Neil nickt verständlich. Zuckt aber kurz darauf mit den Schultern und dreht sich zur anderen Seite, zu seiner rechten. Dort sitzt nämlich Ruby. Die für ihn viel wichtiger ist. Viel wichtiger als Jenni. Und erst recht viel wichtiger als der Unterricht.

Und dann kommt der erlösende Gong. Der Jenni doch tatsächlich weckt. Sie sieht etwas erschrocken in der Klasse umher. Sie dachte sie wäre zu Hause.
Morgan lacht unter dessen und zieht sie dann von ihrem Stuhl hoch. „Komm schon.“
„Ja, ja...“
„Das tue ich ganz gewiss nicht.“
„Du hilfst mir jetzt erst mal zum Bad zu finden.“ Jenni lässt sich von Morgan zum Bad führen. Hinter ihnen Neil und Ruby.
„Ich begleite dich. So kann ich mir die Nase pudern.“, erklärt Ruby und kichert einmal.
Jenni schüttelt mit dem Kopf. Lässt Ruby aber mit in die Mädchentoilette kommen. Schließlich kann sie ihr das nicht verbieten.
Und Neil lächelt seine Freundin an.

Vor einem Spiegel angekommen sieht sich Jenni an. „Warum sagt mir keiner, dass ich Augenringe hab.“
„Sorry, ich hab dich bis eben nicht gesehen. Aber es gibt Schlimmeres.“
„Stimmt, den Test gleich zu verhauen.“
„Welchen Test?“ Ruby sieht fast schon entsetzt aus.
Jenni hat den Kopf hinunter gesenkt, um das Wasser, dass sie in ihre aneinander gelegten Handflächen laufen lassen hat, einmal über ihrem Gesicht zu verteilen. Den Kopf lässt sie etwas im kühlem Nass ruhen. Bis sie den Kopf wieder hebt und ihre Hände über dem Waschbecken abschüttelt. „Den Mathetest, bei Miss Young.“
„Achso. Wenn es nur das ist.“, winkt Ruby mit der Hand ab. Diese hat sich bis eben im Spiegel beobachtet. Nur nachgesehen ob denn noch ihr Make-Up sitzt.
„Wenn es bei mir so einfach wäre.“ Jenni trocknet sich die Hände und das Gesicht.
„Hast du Lust morgen wieder mit zum Tanzen zu kommen?“, fragt Ruby sie dann. Die zwei verlassen die Toilette. „Von mir aus. Wenn du ohne mich nicht hin willst. Ich glaub ja Herr Black steht auf dich.“

Dieses Argument bekommt nun auch Neil mit. „Wer steht auf Ruby?“
„Ach niemand.“, lacht Ruby auf und wirft Jenni einen fragenden Blick zu. Keinen strafenden, nein einen ehrlich gemeinten fragenden. Als ob sie sich fragt, ob sie damit richtig liegt oder nicht.
„Aber...“, will Neil dann beginnen.
„Ich irre mich sicher, Neil. Du kennst mich doch. Ich bin was das angeht doch eh von der falschen Welt.“ Insgeheim fragt sie sich, warum sie Ruby deckt. Oder wie man das auch immer nennen kann. Schließlich wünscht sie sich nichts sehnlicher, als an deren Stelle zu sein.
Nun bekommt Jenni ihren besten Freund zum Lachen. „Da hast du recht.“
Morgan schweigt. Er sagt ungern etwas zu Themen die nichts mit ihm zu tun haben. Und das hier hat definitiv nichts mit ihm zu tun.

„Ich hab Hunger. Lasst uns was essen.“, meint Jenni dann, um das Thema komplett vom Tisch zu fegen. Wie immer gelingt ihr das einmalig.
Die anderen drei stimmen ihr zu und so geht es auf zur Mensa des Collegs.

Gesättigt und zufrieden machen sich die vier zurück zur Klasse. Es wird sicher gleich weiter gehen. Die Pausenglocke müsste in wenigen Minuten zum Mathe Unterricht klingeln.

Mathe. Nur wenn Jenni dieses Wort denkt bekommt sie Brechreize. Und gerade wie sie vor ihrer Klasse steht merkt sie das ungute Gefühl im Magen. Hat sie genug gelernt? Hat es sich gelohnt gestern Abend bis 3 Uhr nachts auf zubleiben und die letzten Mathearbeitsblätter und Aufgaben durchzugehen. Und alle nochmal zu rechnen? Zwar zweifelt sie nicht daran, aber der bevorstehende Test bereitet ihr keine angenehmen Gefühle.

Morgan legt ihr einen Arm um die Schulter, wie er sie ein wenig beobachtet hat. „Hey, du packst das. Du hast sicher nicht umsonst gelernt.“, will er sie aufmuntern.
„Ach, ich werd das hier verhauen. Und bei der nächsten Arbeit erst recht.“
„Es ist nur ein Test, Jenni.“, wirft nun Neil ein.
„Ich kann kein Mathe. Da bringt mir der Satz 'Es ist nur ein Test' auch nichts, danke.“, wirft sie ihm entgegen. Auch wenn sie ihm nicht böse ist, dass er das sagte. Aber, dass er sie nicht verstehen kann erklärt sich für sie nicht. Und das als bester Freund.

Miss Young kommt um die Ecke. „Guten Morgen, Kinder. Und seit ihr bereit?“ Sie lächelt die Kinder nacheinander an. Auch Jenni. Oder besser, vor allem Jenni?
Sie öffnet die Klassentür und lässt die Kinder eintreten. Zuletzt betritt Jenni den Raum, hält sich immer noch den Magen. „Geht es dir nicht gut, Jenni?“, fragt sie besorgt.
„Doch, doch. Alles bestens.“ Jenni geht einfach an ihr vorbei, schaut nicht mal zu ihr hoch. Warum auch. Sie will das alles hier hinter sich haben. Und das so schnell es geht.

Miss Young verteilt das Arbeitsblatt. Gott sei Dank ist es nur eines. Dafür muss Jenni feststellen, dass es dafür immerhin dennoch genug Aufgaben sind. Sie stützt den Kopf ab. Verzweifelt.
„Lest euch erst in Ruhe die Aufgabenstellung durch. Und wenn ihr Fragen habt könnt ihr mich jeder Zeit fragen. Viel Glück. Ihr dürft anfangen.“
Jenni vertieft sich in das Blatt. Auch wenn ihr auf einmal ganz andere Gedanken kommen. Und die Zahlen vor ihrem Auge zu tanzen beginnen. Ihr Magen sich im gleichen Takt zu drehen scheint. Sie nimmt ihren Kulli zur Hand und beginnt zu schreiben. Und zu schreiben und zu schreiben. Ihr Kulli will gar nicht mehr aufhören zu schreiben. Und ihr Kopf plötzlich gar nicht mehr zu denken.

Nach einer guten Stunde weiß Jenni nichts mehr und ist durch. Sie hat eins, zwei Aufgaben ausgelassen. Aber auch nur, weil sie die angefangen hat aber nicht mehr weiter wusste in der Rechenweise. Sie gibt das Blatt ab und setzt sich leise wieder auf ihren Platz. Dann lässt sie den Kopf wieder auf den Tisch sinken und schüttelt mit dem Kopf. Sie ist sich sicher, sie hat es voll verkackt.

Eine halbe Stunde später klingelt es zur Pause und alle, die bis her noch nicht abgegeben haben, müssen nun abgeben. Egal wie weit sie sind. Jenni packt ihre Sachen zusammen.
„Morgen bekommt ihr die arbeiten wieder.“, erklärt Miss Young laut. „Jenni!?“, ruft sie dann etwas ruhiger.
Jenni tritt auf das Pult zu.
„Hast du gelernt?“, fragt Miss Young dann weiter.
Jenni nickt.
„Das hab ich sehen können. Der Anfang sieht sehr gut aus.“

 

 

Navy Jard - 11:23 Uhr


„Na, wie war dein Date mit Rose gestern?“ Ayleen kommt gerade im Navy Jard an, legt ihre Tasche an die Seite ihres Tisches und lässt sich dann auf ihrem Stuhl nieder. Schnaufend zieht sie denn Stuhl anschließend an den Tisch heran. Nur kurz sieht sie zu ihrem Kollegen auf.
Michael grinst breit. „Es war herrlich. Candle-Light-Dinner in einem noblem Restaurant. Natürlich hab ich bezahlt. Und dann waren wir noch bei mir.“
„Oho... Und, ist was gelaufen?“
„Das bleibt mein Geheimnis.“ Wieder grinst er breit.
Kurz darauf hört man nur das Tippen der Tastaturen ihrer Computer.
„Oh. Da fällt mir ein.“, beginnt Michael dann. „Du und Kyle Johnson. Ihr hattet ja auch ein Date. Wie war es?“
„Och, es war kein richtiges Date. So, nach dem 5. Date hört es sich dann auf, dass als Date zu benennen.“
„Das heißt ihr seit in die weiterführende Kategorie gewichen.“
„Was ist die weiterführende Kategorie?“ Ayleen sieht ihn etwas skeptisch an. Aber gleichermaßen neugierig und fragend.
„Na, ihr habt eine Beziehung.“
„Wenn man das nach einem Monat immer wieder Mal treffen und während dessen niemand anderes treffen so nennen kann.“ Sie zuckt mit den Schultern. Sieht wieder auf ihren Computerbildschirm. Und beginnt plötzlich zu Lächeln.
„Ihr seit in einer Beziehung. Dein Lächeln sagt alles.“

Rene kommt auf einmal um die Ecke und unterbricht das Gespräch schließlich.
Ayleens Glück.
Micheals Pech. Er würde schließlich zu gerne wissen, was das alles bei Ayleen zu bedeuten hat.
„Ich habs, ich habs.“, ruft Jackson auf.
„Was hast du?“, will Michael wissen und steht von seinem Platz auf. Er kommt zu Jackson, der nun an die großen Bildschirme tritt.
„Ihr wisst doch noch alles über die kleine Schwester unseres Opfers, Kira Geller.“
„Du meinst Melissa Geller.“
„Korrekt. Die hat...“, beginnt Jackson und wird jedoch kurz darauf unterbrochen.
„Du beginnst ohne, dass ich da bin? Seit wann gibt es diese Regel?“ Boyle taucht neben den dreien auf.
Auch Ayleen hat sich inzwischen dazu gestellt und will die neusten Errungenschaften von Jacksons und Fridas Arbeit erfahren.
„Sorry, Boss.“
„Rede weiter.“, meint Boyle jedoch trocken und reagiert weiter gar nicht.
Jackson sieht ihn einige Sekunden schweigend an, dann nickt er und fährt fort. „Also, Melissa war am besagten Tag nicht allein. Sie war mit unserem Verdächtigen zusammen. Und nun ratet mal, was Frida und ich gefunden haben, an ihrer Kleidung.“
„Pulverspuren?“, beginnt Michael.
„Nein.“ Jackson beginnt zu grinsen.
„Blutspuren?“, fragt nun Ayleen.
„Ja, aber welche?“ Jacksons Grinsen wird nun breiter. Er weiß es ja schließlich.
„Würdet ihr mit dem Mist aufhören!? Jackson, spuck es aus.“, unterbricht Boyle etwas schroff.
„Es ist Kiras Blut.“

Mit große Augen schauen sie nun zu Jackson.
„Das heißt sie hat etwas mit dem Mord zu tun. Dieses Biest hat gelogen.“
„Was erwartest du!? Das tun hier alle.“, entgegnet Boyle, trocken wie man ihn kennt.
Nun sieht Michael ihn verständnisvoll an. Hätte er auch selber drauf kommen können. Er selber würde... nein, er würde schon zugeben, wenn er jemanden erschießen würde. Oder umbringen. Aber er ist in diese Lage noch nicht gekommen. Und wenn doch, dann hat er nicht kaltblütig ermordet um Rache zu bekommen, oder weil es ihm Spaß machte. Nein, dann hatte alles mit der Arbeit und seinem Pflichtgefühl als Agent zu tut.

„Sagte sie nicht, sie würde heute noch verreisen?“, unterbricht Ayleen nun die anderen und alle Gedanken der Personen um sie herum.
Die anderen sehen sie lange an, als ob sie in ihrem Hinterstübchen nach der selben Aussage von Melissa Geller suchen würden.
„Stimmt. Im Letzten Verhör hat sie das noch erwähnt.“, meint nun auch Jackson.
„Na, was wartet ihr noch. Auf geht’s, wir müssen sie finden.“, befiehlt nun Boyle streng, packt seine Sachen und hetzt seine Kollegen durch den Gang.

Keine halbe Stunde später beginnt eine rasante Verfolgungsjagd durch Washingtons Nebenstraßen. Das dumme an der Sache ist nur, dass sie blind fahren, da Melissa ihnen sicher weit voraus ist.
Jackson fuchtelt an irgendwas herum. „Ich kann damit schauen wo sie hin will.“, hat er nur knapp erklärt, ohne Michaels weitere nervtötenden und stichelnden Fragen zu lauschen. Die ihn nur stören würden seine Arbeit zu machen.
Ayleen fährt den Wagen, den großen Track. Neben ihr Jackson am herum fuchteln und Michael am anderen Ende des Wagens; dem wie gewöhnlich von Ayleens Fahrstil schlecht wird.
Boyle fährt den anderen Wagen, einen kleinen, schwarzen. Direkt neben Ayleen auf der zweispurigen Straße.
Über Funk sind sie im Kontakt.

„Rechts.“, schreit Jackson, eh die anderen sehen können, wo es hingeht.
Nun befinden sie sich auf einem schmalen Weg. Kies und Sand unter ihnen.
„Was tun wir hier?“, fragt Boyle der nun hinter den dreien fährt.
„Sie sind hier eingebogen.“
„Wie konntest du das sehen?“, will Michael skeptisch wissen.
„Ich sagte doch, das Ding...“
„Ja, ja. Nerv nicht. Arbeite weiter.“, unterbricht Michael Rene.
„Was meinst du, was ich hier tue? Ich arbeite vielleicht!“
„Dann mach weiter. Boah, Ayleen pass auf, wir fahren nicht mehr auf der Straße, mir wird schlecht.“
„Genwöhn dich gefälligst dran. Ich nehm doch keine Rücksicht nur auf dich.“
„Könntest du aber.“
„Wir müssen hier einen Fall erledigen, ja, und nicht auf dein Wohlbefinden achten.“
„Haltet alte drei eure Klappe.“ Boyle schreit sie regelrecht an. Er ist zwar nicht mit ihnen in einem Wagen, aber das braucht er nicht. Dass er sie gehört hat, hat völlig gereicht um ihm gewaltig auf die Nerven zu gehen.

Schweigend geht die Fahrt weiter. Man soll es kaum glauben, aber so ist es. Außer Michaels Würgereize, die hin und wieder zu hören sind, ist es wirklich leise.

„Wir müssten gleich da sein.“, bricht Jackson als erster und wohl einziger, der es dürfte (abgesehen von Boyle), das Schweigen unter den Viern.
„Ich seh aber nichts. Und wir stecken hier so gut wie in der Pampa.“, lässt Michael frustriert verlauten.
„Pampa?“, fragt Ayleen verwirrt. Sie kennt diese ganzen Slangs hier noch nicht so richtig. Immer wieder erhascht sie solche Wörter - meist von Michael - und muss fragen, was sie damit meinen.
„Scheiße, am Arsch der Welt. Im Nichts.“
„Oh, verstehe.“

Nach fünf weiteren Minuten, in denen sie bereits unterwegs sind kommen sie nun am Ende des Weges an. Direkt an einen Wald.
„Fahr links.“, meint Jackson, der vertieft ist auf den Bildschirm seines Laptops, der auf seinen Knien liegt.
„Wehe uns führt das nirgends wo hin. Ich hab heute noch eine Verabredung.“, flucht Michael.
„Mit Rose?“, fragt Ayleen und hebt ihre Augenbrauen in einem schnellem Tempo hinauf und hinunter.
Michael wirft ihr einen bösen Blick zu, wie sie auch schon Boyles Stimme war nehmen können.
„Rose? Rose Baker?“
„Jaha?“, meint Michael dann leise, etwas verzweifelt. Er erhascht noch Ayleens 'Tut mir leid' Blick und sieht dann hinaus aus dem Fenster.
„Du weißt, dass...“
„Hey, Hey... Da. Ihr Wagen.“, meint plötzlich Ayleen, die ihren Wagen hält. Sie zeigt hinaus, wie sie den Wagen aus macht und dann aussteigt.
Alle anderen steigen auch aus. Boyle aus seinem eigenen Wagen und kommt um den großen herum.

Sie laufen eine Weile, vom Wagen von Melissa entfernt weiter. In den Wald hinein. Bis ihnen eine Blockhütte entgegen ragt. Ohne Umschweife gehen sie darauf zu.
Sie ist verschlossen. Wie unerwartet.
Ayleen und Boyle sehen hinein, während Jachson nach einem Schlüssel sucht, der irgendwo hier versteckt sein könnte ohne darauf zu achten, dass Michael dabei ist die Tür mit seinen Methoden zu öffnen.
Michael tritt schließlich einmal gegen das Türschloss und zack geht die Tür auf.

Alle richten ihre Waffe in das Innenleben der Hütte.
Und dann sehen sie, was Ayleen und Boyle nur schwach von außen erkennen konnten.
Eine Frau liegt auf dem Boden. Melissa Geller.
Blut direkt an ihrer Schläfe. Eine Waffe in der Hand, die nun mehr auf dem Boden als in deren Hand liegt. Die Augen der Frau sind geschlossen. Sie rührt sich nicht. Die Agenten schließen schnell eins und eins zusammen.
„Damit ist das erledigt.“, meint Ayleen und lässt ihre Waffe sinken
„Feiges Biest.“, entgleitet es Michaels Lippen.
Daraufhin verpasst Boyle Michael einen Schlag auf den Hinterkopf.
„Aber ist doch wahr.“
„Das war für Baker, nicht für Geller.“

 

 

Grundschule - 12:32 Uhr


Maria verabschiedet gerade die Kinder, die vergnügt und erfreut ihre Klasse verlassen. Draußen im Flur erkennt sie Ben Johnson. Dieser hebt gerade Sina auf seinen Arm.
Auch, wenn sie schon 8 ist, ist sie relativ klein für ihr Alter.
Ben sieht lächelnd zu seiner Nichte. „Na wie war die Schule?“
„Langweilig.“, entgegnet Sina dann nur. Und muss lachen, wie ihr Onkel sie zu kitzeln beginnt.

Wie Ben Maria Kopfschüttelnd an ihnen vorbei laufen sieht lässt er seine Nichte hinunter. „Geh schon mal zum Auto, ich komm sofort nach.“
Sina nickt, lächelt und hüpft hinaus aus dem Schulgebäude.
Ben sieht ihr nur kurz nach, dann sieht er hinter Maria her und folgt dieser. Kurz vor dem Lehrerzimmer erwischt er sie. „Miss Miller!?... Hallo.“
„Mister Johnsen.“
„Oh, Sie können sich also noch an mich erinnern?“ Ein erfreutes Lächeln bildet sich auf Bens Lippen.
„Sie sich ja auch an mich.“, entgegnet Maria.
„Da haben wir wohl etwas gemeinsam.“
„Haben Sie Sinas Vater Bescheid gegeben, wegen ihrem Brief und, dass ich ihn sprechen muss deswegen?“
Ben kratzt sich etwas verlegen am Hinterkopf. „Also... ganz ehrlich...“
„Also nicht. Bitte richten Sie ihm das aus. Oder geben Sie mir seine Nummer.“
„Hat man die als Lehrer nicht für gewöhnlich eh schon?“
„Ja. Aber Sina ist nicht in meiner Klasse. Ich bin nicht ihre Klassenlehrerin. Ich bin nur ihre Mathelehrerin. Und der Klassenlehrer von Sina ist momentan krank.“
„So lange?“
„Ja, er liegt im Krankenhaus. Schwerer Unfall.“
„Oh. Das tut mir leid.“
„Ist schon okay...“ Sie wendet sich wieder ihm zu, nachdem sie eher abgewandt war. „Bitte sagen Sie ihm Bescheid.“
„Unter einer Bedingung.“
„Kommt gar nicht in Frage. Ich lass mich nicht bestechen. Ich komm schon an Sinas Vater heran.“
„Tun Sie nicht. Und das wissen Sie.“
„Okay, und welche Bedingung wäre das?“ Interessiert sieht sie ihn nun an.
„Sie müssen mit mir essen gehen!“

Maria sieht Ben mit großen Augen an. Hat er sie das gerade tatsächlich gefragt? Schließlich schüttelt sie mit dem Kopf. „Das ist ja Erpressung.“
„Ist es nicht. Das ist eine Einladung. Entweder sagen Sie ja, oder Sie sagen nein.“
„Wenn ich nein sage, dann werden sie Sinas Vater nicht Bescheid geben.“
„Also...“, beginnt Ben gerade.
„Nein. Ich versteh schon. Ist gut, ich gehe mit ihnen aus. Aber nur, wenn Sie es ihm heute noch sagen und er mich heute Abend noch bei mir zu Hause anruft.“
Ben sieht Maria lange an. Dann nickt er zufrieden. Und lächelt.
„Deal.“, hält sie ihm die Hand hin.
Er will sie gerade ergreifen, da zieht er die Hand allerdings wieder zurück. „Das mach ich nicht. Vergessen Sies. Ich zwinge Sie nicht mit mir zum Essen zu gehen.“

Maria sieht Ben nun etwas verwirrt an. Er war doch der darauf bestand. Sie wollte nur drauf eingehen. Warum will er nun abspringen?

„Ich sage Sinas Vater Bescheid. Er wird Sie heute noch anrufen. Versprochen.“ Ben dreht sich bereits auf seinem Absatz um und will gerade gehen.
Maria schüttelt kurz lächelnd den Kopf, sieht dabei zur Seite. Dann ergreift sie Bens Schulter. „Hey. Hören Sie. Ich gehe mit ihnen Essen. Und wir vergessen diesen Deal okay? Sie lösen einfach nur meine Bitte aus.“

Etwas verwirrt und überrascht sieht Ben Maria an. „Aber warum?“, will er dann wissen.
Maria zuckt mit den Schultern. „Wahrscheinlich weil sie ein zu guter Mensch sind und mich nicht zwingen wollten. Ein guter Zug muss ich sagen.“ Aufmunternd lächelt sie ihn nun an.

„Hätten Sie auch beim Deal noch gewollt? Oder wäre es da doch gezwungen?“ Kann sich Ben nun wieder ein Lächeln entlocken. „Mh. Gute Frage. Ich denke aber, dass ich dennoch gerne mit ihnen Essen gegangen wäre.“
„Mist.“, flucht er dann leise.
„Warum?“
„Mein Plan hätte funktioniert und ich mach einen Rückzieher. Was, wenn sie mich nicht mehr gefragt hätten?“
„Das habe ich aber. Und außerdem können Sie nun sicher sein, dass ich sie viel sympathischer finde als zu Beginn oder eben gerade.“ Sie zwinkert ihm zu, öffnet dann endlich die Tür zum Lehrerzimmer und zieht anschließend die Tür leise hinter sich zu.

Ben blickt auf die geschlossene Tür, dann dreht er sich mit einem Mal um. „Strike.“, macht er dann und dazu die passende Handbewegung, in dem er die Hand zur Faust ballt und dann den Arm in einer Position in der sein Vorderarm in einer 90% Richtung zu seinem Oberarm liegt seitlich an seinem Körper entlang gleiten lässt. Dazu geht er leicht in die Knie.
Kurz darauf richtet er sich wieder auf, sieht sich kurz um und macht sich dann hinaus zu Sina, die wartet sicher schon über 10 Minuten an seinem Wagen.

 

 

Flughafen - 19:55 Uhr


Pünktlich in Washington angekommen rappelt John sich auch langsam wieder auf. Er wurde geweckt, von einer netten blonden Stewardess.
Er tut den Gurt wieder an und macht sich gefasst auf die Landung.
Endlich unten angekommen schnallt er sich ab und steht auch so gleich auf. Dann marschiert er schnurstracks hinaus um erst mal aus dem Flughafen zu gelangen.
Anschließend macht er keine Umschweife und nimmt den direkten Weg zum Hotel.
Dort chekt er ein und lässt seine Koffer nach oben bringen, während er natürlich mit nach oben in den letzten Stock fährt.

Er hat ein tolles Zimmer, das er so lange bewohnt, bis er die perfekte Wohnung gefunden hat. Oder was auch immer ihm seine Maklerin zeigen wird.
Für ein paar Minuten fesselt ihn der Ausblick, des Hotels so sehr, dass er alles um ich herum vergisst.
Auch vergisst seine Mutter anzurufen.
Unter ihm ragt ein weiter und großer Pool empor. Dieser besitzt ein großen, breiten Bereich auf dem Sonnenliegen und andere Sitzmöglichkeiten stehen.
Wenn er morgen nicht schon früh aufbrechen müsste würde ihn der Bereich sicher reizen.
Was man da alles für Frauen treffen kann...

Doch seine Mutter vergisst er dann doch nicht völlig. Er sucht nach seinem Handy. Er hat nämlich wenig Lust hier noch drauf zu zahlen, weil er das Telefon des Hotels benutzt. Nur um einen kurzen Anruf nach London zu tätigen.
Seine Mutter freut sich riesig ihn zu hören und davon zu hören, dass er gut angekommen ist und es ihm gut geht.
Die zwei unterhalten sich noch ein paar Minuten, bis John sagt, dass es hier in Washington bereits spät ist und er seinen Jetlag ausschlafen will.

Sein nächstes Ziel ist das Bett. Schließlich muss er morgen wirklich früh raus, da dort sein erstes Treff mit der Maklerin ist.
Auch wenn es erst gegen 20:00 Uhr ist. Das stört ihn nicht. Wenn John schlafen will und müde ist, dann schläft er auch. Der Tag ist ja eh so gut wie hin.

Kapitel 6

Am nächsten Morgen, 8.36 Uhr


John schlägt etwas müde die Augen auf. Sein Blick geht direkt zu seinem Schreibtisch, auf dem der Wecker steht. Dann schreckt er auf einmal geschockt auf. Warum hat sein Wecker nicht geschellt, er muss doch schon längst auf der A...
Da sieht er sich im Zimmer um. Oh. Ja, stimmt. Da war ja was. Er muss ja heute gar nicht arbeiten, er ist ja gar nicht mehr in L.A..
Er schlägt die Decke über den Körper und steht dann auf. Er macht sich erst mal unter die Dusche um sich bereit für die Außenwelt zu machen.

Wieder außerhalb des Badezimmers klopft s bereits an der Tür. Wen erwartet er? Oder besser wer erwartet ihn?

An der Tür steht ein Arbeiter des Hotels, neben ihm ein Wagen. John sieht vom Mann zum Wagen, dann zurück. „Einen guten Morgen, Mister Carter. Ihr Frühstück.“, meint der junge Mann und schiebt dann den Wagen in das Zimmer in das er Einlass bekommt wie John sich von der Tür entfernt. „Danke.“, meint John etwas in Trance. Er weiß gar nicht warum er jetzt etwas bekommt. Eigentlich wollte er gerade sein Zimmer verlassen.
Aber er riecht bereits den frischen Kaffee. Eine Tasse wird sicher drin sein.

Der junge Mann, der den wagen hinein gefahren hat bleibt neben diesem stehen. John sieht von dem Wagen wieder zu ihm. Er versteh, zieht aus seiner Hosentasche einen Geldschein und reicht ihm den Mann. „Einen schönen Tag noch, Mister Carter.“
„Danke.“, fasst sich John wieder sehr kurz.

Eine Tasse eingeschenkt sieht er auf einem Tablett einen ungeöffneten Briefumschlag Etwas verwirrt nimmt er ihn herunter. Auf dem Briefumschlag steht 'Carter' drauf. Wird wohl an ihn sein. Wenn er hier schon auf dem Wagen liegt.
R setzt sich samt Kaffee und Brief an einen kleinen Tisch im Raum. Stellt die Kaffeetasse zur Seite und öffnet den Brief.

Guten Morgen Herr Carter,
wenn Sie diesen Brie erhalten hatte ich recht, was ihre Wahl des Hotels angeht. Keine Sorge, ich hab ihnen nicht nachspioniert. Ich hab mir nur fast gedacht, wo sie einchecken würden. Und ich lag richtig.
Somit werde ich auch bei meinen ausgewählten Wohnungen, die ich Ihnen heute präsentiere, richtig liegen. Sie werden Ihnen gefallen.
Ich erwarte Sie heute um 10.30 Uhr pünktlich an der ersten Adresse, die ich Ihnen hier im Brief am Ende noch schreiben werde.
Genießen Sie Ihren Kaffee.
Und lassen Sie sich sagen, dass ich Unpünktlichkeit nicht ausstehen kann.

Mit freundlichen Grüßen,
Jude Larsen

John lächelt amüsiert, steht wieder auf, stellt die geleerte Tasse zurück auf den Wagen und steckt den Brief ein. Danach verlässt er sein Hotelzimmer.

 


Grundschule, 9.18 Uhr


Maria Miller steht gerade in ihrer zweiten Stunde. Mathe. In Sinas Klasse. Sie hat gerade ein paar Matheaufgaben an die Tafel geschrieben, die die Kinder an der Tafel ausrechnen sollen. Ganz viele melden sich freiwillig. Nur Sina nicht, die schaut gebannt zu, wie gut die anderen ihr Aufgaben lösen.

Nach einiger Zeit mag Maria Sina allerdings gerne dran nehmen. Sie hat es rüher immer selber gehasst, wenn der Lehrer einen aufgerufen hat, obwohl man sich nicht gemeldet hat. Dann wollte man nichts sagen, dann wusste man die Antwort eben mal nicht. Was war daran schlimm? Nicts, aber Lehrer lieben es die Schüler zu ärgern und bloßzustellen.
Maria weiß heute, dass das nicht stimmt. Sie selber nimmt Schüler nur dann dran, wenn sie weiß, dass die Schüler es wissen, aber selber entweder nicht wissen, dass sie es wissen oder einfach zu unsicher sind sich zu melden.

„Danke Luisa. Du kannst dich wieder setzen. Das war echt klasse.“ Das junge Mädchen setzt sich wieder, erfreut, an ihren Platz. „Jetzt haben wir nur noch eine Aufgabe, vor der Pause.“, beginnt Maria, sieht sich in der Klasse um und bleibt dann mit ihren Blicken bei Sina hängen. „Sina.“, sieht sie das Mädchen lächelnd an.
Etwas überrascht und eingeschüchtert - fast schon ängstlich - sieht Sina zu ihrer Lehrerin auf. „Ja?“, fragt das kleine Mädchen dann, etwas zu hoch für ihre gewöhnliche Art. „Hast du Lust die letzte Aufgabe mit mir gemeinsam an der Tafel zu machen?“, fragt Maria dann freundlich, ein lächeln aufgesetzt und den Kopf Abrei etwas zur Seite gelegt.
Sina nickt schwach. „Okay, Miss Miller.“

An der Tafel steht Sina so, dass sie ihren Klassenkameraden ihren Rücken zeigt und steif auf die Aufgabe sieht. 5-3-1. Sina hasst Aufgaben in der man doppelt etwas tun soll. Einmal Minus rechnen ist schon die Höhle für sie, aber dann auch noch zwei Mal? Wie kann man Kindern nur so etwas antun?
„Ich kann das nicht.“, flüstert sie dann leise in die Richtung ihrer Lehrerin.

„Keine Sorge, wir bekommen das hin.“, meint Maria, lächelt dann zuversichtlich. Sina sieht zu ihr auf. „Gemeinsam.“, ergänzt Maria dann und Sina nickt erneut.
„Beginnen wir ganz einfach. Was 5-3 ist, dass weißt du doch, oder?“
Sina sieht auf die Tafel, dann hinunter zu ihren Händen. Sie hält sie so vor den Körper, dass ihre Mitschüler nicht sehen, dass sie mit der Hand zählt - sie ist aber nicht die einzige die das am Ende der 1. Klasse noch macht. „2.“, meint Sina da, leicht erfreut, dass sie das Ergebnis hat. Erwartungsvoll sieht sie zu ihrer Lehrerin hinauf. Diese nickt dann. „Die 2 schreibst du dir jetzt unter die 5-3, damit wir wissen, dass das 2 ergibt.“
Sina tut was ihr aufgetragen wird.
„Und jetzt haben wir noch die 2-1.“ Maria zeigt mit der Kreide in der Hand auf die Zahlen an der Tafel. „Das ist 1.“, sagt Sina plötzlich wie aus der Pistole geschossen.
„Stimmt genau. Also ist unser Ergebnis.“
„Eins.“
„Klasse, Sina. Das kannst du jetzt an die Tafel schreiben.“
Sina nimmt die Kreide die ihre Lehrerin ihr reicht und schreibt eine 1 an die Tafel.

Schließlich erlöst die Kinder der Schulgong in die Pause. Sina rennt zu ihrem Platz und packt ihre Sachen zusammen. Den Schulranzen können sie aber stehen lassen, da sie den Klassenraum eigentlich nie wechseln. An der Tür angekommen dreht sich Sina aber nochmal in den Klassenraum. „Danke, Miss Miller.“


Nur wenige Minuten später kommt Maria im Lehrerzimmer an. Sie hasst diesen Ort. Es gibt nichts schlimmeres als das Lehrerzimmer. Aber da sie jetzt nicht das Glück hat draußen auf dem Pausenhof Aufsicht machen zu können ist sie hier bereits vor dem Eintreten in Gedanken dabei zu überleben, wie sie die 15 Minuten aushalten wird. Zwischen ihren Kollegen. Redegewandte, nervende Kollegen.

Am Stundenplan der am Ende des Raumes, mittig, an der Wand hing bleibt sie stehen. Sie schaut nach wann sie für eine Kollegin aus der 3. Klasse den Unterricht vertreten soll. Vertretungsstunden hat Maria nur dann gerne, wenn sie vorbereitet ist. Und ungern, wenn sie nicht ihre Fächer unterrichten kann. Mathe, Englisch und Kunst. Sie mag es gar nicht, den Kindern nur Mandalas zum Ausmalen vorzulegen und mit ihnen über Dinge zu sprechen, die sie nichts angeht. Klassen interne Gespräche um die sich normaler Weise die Klassenlehrerin kümmern soll. Und keine Vertretungslehrerin, die die Klasse eh kaum kennt.

Wenn man das alles jetzt so hört, denkt man, dass Maria eine strenge Lehrerin ist. Und das in der Grundschule. Sollte man so was nicht verbieten?
Maria Miller ist aber keine strenge Lehrerin, sie ist nur organisiert und gerne vorbereitet. Sie verlangt etwas von ihren Kindern, weil sie weiß, was in ihnen steckt ober was sie brauchen.
Das ist etwas, was nicht jeder Lehrer hat.

„Hey,Maria.“, wird sie aus ihren Gedanken gerissen. Sie hat sich gerade in ihren Terminkalender die Vertretungsstunden eingetragen. Sie sieht auf und direkt in das Gesicht eines Arbeitskollegen. Sie senkt den Blick kurz, um die Augen zu verdrehen - so, dass es der Kollege nicht mitbekommt.
„Hey, Kai.“, erwidert sie dann, lächelt sogar.

„Bitte, lieber Gott, hilf mir hier raus. Bitte.“, fleht sie in Gedanken und senkt ihren Blick wieder, voll beschäftigt auf ihren Terminkalender. Egal, ob sie die Stunden bereits eingetragen hat.
„Wie waren deine Stunden gerade. Englisch und Mathe hattest du gerade. Die 1b ist wirklich schlimm, oder?“
„Mhh...“, macht Maria gerade da bemerkt sie das, was ihr das Leben rettet. Jedenfalls für die nächsten paar Minuten. Hofft sie jedenfalls.
Ihr Handy klingelt.

„...Aber entschuldige mich kurz, ich muss da dran.“, hat Maria bereist ihr Handy aus ihrer Hosentasche heraus geholt und wendet sich, mit Schritten nach hinten, von Kai ab.
Sie geht auf den Hinterausgang zu, dreht sich im Gehen um und öffnet dann die Tür um ins Freie zu kommen.
Sie kennt die Nummer nicht, aber dennoch geht sie dran. „Wer auch immer da ist, ich danke Ihnen.“
„Okay, ich bin gerührt. Aber, wenn ich jetzt sagen würde, dass Sie in wenigen Tagen sterben bin ich dann immer noch das Danke wert?“, erklingt eine Männerstimme am anderen Ende der Leitung.
Maria stutzt etwas. Was hat sie da gerade gesagt? Warum bedankt sie sich bei jemanden den sie nicht kennt?
Aber viel wichtiger: Wer ist da dran?

Der Hinterausgang vom Lehrerzimmer führt direkt auf den Parkplatz der Lehrer. Der ist mit Absicht auf der anderen Seite der Schule, um die Kinder nicht in Versuchung zu bringen, dass sie etwas mit den Autos machen könnten. Nicht, dass man das von den kleinen Kindern, Grundschulkindern wohl bemerkt, erwartet. Von denen nicht, aber eher von den Kindern, die auf die weiterführende Schule daneben gehen. Deswegen ist der Parkplatz auch abgesperrt. Da kommt man nur rein, wenn man einen Parkschein hat, den nur die Arbeiter der Schule bekommen.
Marias Auto steht seit dieser Woche übrigens auch wieder hier. Sie darf es wieder fahren, nachdem es ja die ganze letzte Woche in der Werkstatt war.

„Ähm, mit wem spreche ich?“, will Maria nun wissen, sich auf dem Parkplatz umsehend - als sei der Anrufer hier in der Nähe - und hoffend, dass der Anrufer nur ein Scherz gemach hat.
„Hier ist Ben Johnson, ich hoffe ich hab Ihnen keine angst gemacht? Das wollte ich nicht, ich wollte nur witzig sein.“
„Etwas angst haben Sie mir schon gemacht, Ben.“
„Aber Sie danken mir immer noch?“
„Wofür?“
„Dafür, dass ich angerufen habe.“
„Ja, denn gerade hat mich ein Kollege...“ Maria unterbricht sich selber. Warum sollte sie ihm erzählen, dass ein Kollege sich gerade an sie heran machen wollte? Was geht das Ben Johnson etwas an? Gar nichts. Genau deswegen wechselt sie jetzt schnell das Thema. „Sie haben mich angerufen. Darf ich erfahren warum?“
„Hat Sam Anderson, Sina Conners Vater sie gestern angerufen?“

Maria erinnert sich kurz an das lange Gespräch von gestern Abend mit Sinas Vater zurück. Dieser Mann ist ganz anders als sie erwartet hat. Zuerst dachte sie, da sie ihn nie zu Gesicht bekommen hat, dass er absolut nicht an dem Schulstand seiner Tochter interessiert sei, aber das komplette Gegenteil ist der Fall gewesen. Er war sehr aran interessiert und hat ihr sehr dafür gedankt, dass es endlich zu einem Anruf kam, wenn der auch eher von ihr aus ging. Dass seine Tochter Probleme in Mathe hat, dass ist ihm durchaus aufgefallen und er setzt alles Mögliche dran, dass sich das kleine Mädchen in Mathe verbessert. Und er hat gleich nach allen anderen Fächern gefragt, die Maria mit Sina hat. Denn sie hat ja noch Englisch und auch Kunst mit Sinas Klasse. Aber in diesen Fächern ist sie einer der besten, was Sinas Vater sehr beruhigt hat.

„Ja, wir haben gestern telefoniert. Danke nochmal fürs weitergeben.“
„Ich hab es Ihnen versprochen.“
„Und Sie möchten jetzt ganz sicher nach dem Essen fragen, hab ich recht?“
„Ist es so offensichtlich?“ Maria hört wie Ben etwas verlegen lächelt. „Ein wenig. Aber ich hab es Ihnen versprochen. Schlagen Sie also etwas vor.“
„Wie wäre es mit Freitag, gegen 20.00 Uhr?“
„Klingt perfekt.“

 


College, 9.37 Uhr


„Erde an Jenni.“ Morgan winkt vor Jennis Gesicht mit der Hand wild hin und her. Er versucht ihre Starre irgendwie zu befreien.
Jenni, er und auch alle anderen stehen gerade seit 7 Minuten in ihrer 15 Minuten Pause, in er ersten offiziellen Schulpause.

Da heute Dienstag ist hatten sie gerade Mathe uns gestern hat Miss Young angekündigt, dass sie die Test heute wieder dabei hat, benotet und durchgesehen. Keine Ahnung wie sie das geschafft hat, aber sie hat sie tatsächlich heute mitgehabt und zum Ende der Stunde ausgeteilt. Morgan war sich sicher, dass es Lehrer mit Absicht so machten die Arbeiten oder Tests erst zum Ende der Stunde auszuteilen, damit die Kinder sich den ganzen Unterricht nicht richtig konzentrieren konnten, weil sie wisse wollten, was sie haben. Er war einer davon. Er fragte sich ob er eine glatte eine 1 bekommen hat, oder eine 1-.
Aber er wusste auch, dass die Lehrer sich nicht die ganze Stunde mit den Tests oder Arbeiten herumschlagen wollten. Denn es gab immer Schüler die sich darüber aufregten, was sie für Noten bekommen haben. Oder aber die mit den Lehrern über ihre Noten diskutieren wollten. Aber es gab auch Schüler, die wenn sie eine schlechte Note bekommen hatten, sich den Rest der Stunde weigerten mit zu machen.
Morgan verleugnet nicht, dass er gut in Mathe ist. Er liebt Mathe, er kann Mathe. Und das weiß jeder in der Klasse. Jeder würde es ausnutzen. Aber nicht Jenni. Seine beste Freundin, die sogar neben ihm saß und jede Möglichkeit hätte oder nutzen konnte bei ihm abzuschauen. Sie tat es nicht. Er hatte Jenni schon wie oft angeboten, dass er ihr Nachhilfe geben könnte, aber sie nahm es nicht an. Sie wollte es selber packen.
Sie isst genauso stur wie er, wenn es bei ihm um Geographie geht.

Morgan erkennt ein Lächeln auf Jennis Lippen und schüttelt sie nun auch an den Schultern. „Was ist los. Ist die Note in Mathe so schlimm? Und warum lächelst du? Stellst du dir gerade vor wie du Miss Young folterst?“
Jenni schüttelt den Kopf, um zu aus ihren Gedanken zu kommen. „Was sagst du?“, fragt sie dann und sieht ihren freund etwas verwirrt an.
„Was ist mit dir los? Warum sagst du nichts, seit wir raus sind? Ist die Not so schlecht?“ Jenni schüttelt als Antwort nur mit dem Kopf, hebt ihr Hand und reicht Morgan das Testblatt.

„Eine 3-. Das tut mir leid.“, reicht er es ihr zurück.
„Was? Es tut dir leid? Eine 3- ist eine 3.“
„Aber eine 3- ist doch eine schlechte Note, fast eine 4.“
„Ja, aber nur fast. Eine 3 ist eine 3. Das Minus dahinter stört mich nicht. Weißt du was das heißt?“
„Miss Young hasst dich nicht?“
„Eine Lehrerin hasst ihre Schüler auch nicht, Morgan.“, tadelt Ruby, die eigentlich - ebenso wie Neil - fasziniert zuhört. Sie liebt es Jenni und Morgan zu zuhören.
„Ich weiß Ruby, aber ich versuche in Erfahrung zu bringen was mit Jenni los ist.“


Jenni beobachtet Morgan, Neil und Ruby. Alle drei anderen beobachten oder mustern Jenni. Ganz besonders Morgan. Diesen schaut Jenni nun auch an. „Was?“, fragt sie.

Die vier stehen an ihrem Stammplatz in der Pause. An den Spinds in einem der zwischen Gängen. Dieser Platz ist aber nicht nur ihr Stammplatz. Viele der Schüler des Colleges verbringen hier ihre Pausen. Vor allem an kalten Tagen. Aber da es Juni ist ist es sehr warm draußen, und der größte Teil des Colleges befindet sich draußen, auf dem großen Pausenhof.

„Also, nun sag schon Jenni, was geht in deinem Köpfchen vor?“, will Morgan nah wenigen Sekunden des Schweigens wissen. Er hat bis eben Jenni aufs genauste beobachtet, aber er versteht nicht warum sie sich über eine 3- freut. Da steckt noch etwas anderes dahinter.
„Hast du Miss Yound gestern nach der stunde bedroht oder sie bestochen?“
„Morgen, dass traust du mich doch nicht echt zu?“
„Nein, eigentlich nicht. Aber ich weiß, dass du weder sie noch ihre Schwester ausstehen kannst.“
„Denkst du sie hat die Note in eine gute Note geändert, dass ich sie mag?“ Jenni weiß nicht ob sie diese frage jetzt böse stellt, oder ob sie sich das jetzt auch wirklich fragen soll. Aber geht eine Lehrerin so weit, dass sie einer Schülerin die sie privat kennt eine bessere Note gibt, dass Jenni zu irgendetwas zu stimmt, was mit ihrer Schwester zu tun hat. Mit Holly. Vielleicht sogar auch mit ihrem Vater.
Wider schüttelt Jenni den Kopf. So was traut wieder weder Holly - egal wie wenig sie sie mag - noch einer Lehrerin und am aller wenigstens ihrem Vater zu.

„Das denkst du gerade, oder?“, ertappt Morgan sie plötzlich und holt sie schließlich völlig ins hier und jetzt zurück.
„Ja, dank dir. Hör auf damit. Ich freue mich einfach nur wahnsinnig über eine 3-.“
„Aber es ist eine 3-, Jenni, keine...“
„Keine 1? Willst du das sagen?“
„Nein, aber ich bin mir sicher, dass du das besser kannst, wenn du doch nur meine Hilfe annimmst.“
„Tue ich nicht und auch diskutiere ich das nicht nochmal mit dir.“
„Ist ja gut, ist ja gut. Das Angebot steht immer noch.“
„Ne, dafür muss ich in Mathe erst total absinken.“
„Was heißt das, wenn du eine 6 schreibst?“
„Genau.“ Jenni weicht ihm nun auch und wendet sich an Ruby. „Wie war das mit heute Nachmittag?“, will sie gerade in Erfahrung bringen, als Morgan das Thema wieder auf das vorherige lenkt.
„Hand drauf, Jenni.“, meint er dann, mit ernster Miene.
Sie sieht zu ihm auf, dann zu seiner Hand. „Okay.“, macht sie dann, zuckt mit den Schultern und nimmt dann seine Hand entgegen um sie zu schütteln. Sie wird eh keine 6 schreiben. Sie ist zwar schlecht, aber zu einer 6 würde sie es nie kommen lassen.

„Und was habt ihr beide bekommen?“, fragt Morgan dann an die zwei anderen gerichtet. Er lächelt und tut so, als sei nichts gewesen.
Ruby und Neil lachen jedoch nur kurz auf. „Ich hab eine 3+“, meint Ruby dann.
„Eine 2. Und du, Kumpel?“
„Eine 1 natürlich.“
„Angeber.“, sind sich dann die anderen einig.

 


Am Ende der Innenstadt, 10.14 Uhr


Jude Larsen sieht auf ihre Armbanduhr. Eine Minute noch, dann kommt John Carer zu spät. Wie erwartet. Sie stell ihn sich ganz genau so vor. Sie weiß immer sofort besceid über ihre Kunden. Sie hat Jack Watson nur ein klein wenig nach John Carter ausgefragt, aber auch nur das nötigste. Alter, derzeitiger Wohnort, Vorlieben und Schwächen. Viel konnte ihr Jack Watson zwar auch nicht sagen, aber sie reimt sich den Rest meistens selber.

Sicher wird ihr hier gleich ein gutaussehender Frauenschwarm vor die Füße treten und erst mal einen blöden Anmachspruch ablassen, nachdem er sich schnaufend entschuldigt, dass er zu sät gekommen ist. Er wäre die letzten Meter gerannt, damit er nicht unpünktlich kommt, aber er hätte es gerade noch so geschafft.

Jemand tippt ihr an die Schulter und bringt sie dazu sich um zudrehen. Vor ihr steht ein dunkelhaariger Mann, der einen Bart trägt, eine Hand in der Hosentasche hat und sie fragend mustert. Er hat markante Gesichtszüge und sieht recht gut aus. Wobei... nein, er sieht verdammt gut aus. Und gut gebaut ist er auch. Sicherlich zieren unter seinem blauem Hemd wohlgeformte, nicht zu übertriebene Muskeln seinen Oberkörper.

„Jude Larsen?“, will der Mann ihr gegenüber dann wissen.
Verdammt.
„John Carter.“, lässt sie sich nicht anmerken und, reicht ihm ihre Hand und sieht ihn mit fester Miene an. „Sie sind pünktlich, Herr Carter. 10 Minuten eher wie ich erwartet hab.“
„Laut Brief kennen Sie mich aber bereits sehr gut. Warum aber dutzen wir uns nicht, wenn wir uns gerade mit Vornamen begrüßt haben?“

Verdammt. Er hat einen Anmachspruch gebracht. Aber so locker und so versteckt, dass er sogar für Jude nicht gerade dazu taugt, dass sie John Carter nicht ausstehen könnte. Im Gegenteil, der Mann wirkt total sympathisch.
Aber wieder schafft sie es, sich nichts anmerken zu lassen. Sie ist halt eine gute Schauspielerin. Das muss sie aber auch sein, nach den Erfahrungen die sie bereits mit den Männern machen durfte.
Sie schafft es nämlich immer an die falschen Männer zu geraten. Die die sie am Ende sitzen lassen und sagen, es wäre ihre Schuld, sie sei entweder zu besitzergreifend zu organisiert oder einfach zu stur. Die zwei letzteren Sachen treffen zu. Aber Jude ist alles andere, nur nicht besitzergreifend. Es gab aber auch andere Fälle, die bekannten, wie betrogen zu werden oder aber einen Mann zu treffen, der entweder eine Freundin, eine Verlobte oder aber n Frau hatte.
Nicht, dass Jude mit vielen Männern gegangen wäre, aber ausgehen ist ja nicht gleich in einer Beziehung mit jemand sein. Oder?

„Mister Carter, bekanntlich sietze ich alle meine Klienten.“
„Alles klar, tut mir leid. Ich dachte nur...“ Weiter spricht er gar nicht, er lässt den Rest im Raum stehen, bemerkt, dass er besser nichts falsches sagen sollte.
„Gehen wir doch am Besten hinauf und schauen uns die erste Wohnung an.“ Auf diese Worte hin setzt sich Jude in Bewegung und verlangt, dass John ihr folgt.
Das tut dieser gehorsam.


Im ersten Stock bleibt Jude stehen, dreht sich einmal zu John und und öffnet dann die Wohnungstür. „Die Wohnung ist die kleinste von den dreien die ich ihnen zeigen werde. Sie gefällt mir aber sehr gut. Sie ist in einem guten Stand und ich denke sie wird Ihnen gefallen.“
John nickt nur und betritt dann die Wohnung.

Er schaut sich dann in Ruhe um, wenn er Fragen hat stellt er sie natürlich sofort. Aber er hat keine. Ihm gefällt die Wohnung zwar, das Wohnzimmer und das Schlafzimmer sind sehr schön geräumig. „Die Küche ist sehr klein.“
„Das stimmt. Aber ich denke, da Sie ein sehr beschäftigter Mann sind wird das das kleinste Problem sein.“
„Da liegen Sie aber falsch, Miss Larsen. So gut, wie Sie denken, kennen Sie mich gar nicht.“
Jude sieht ihn aufmerksam an. Was er will er damit sagen?
„Ich liebe es zu Kochen. Kochen ist mein Hobby. Abgesehen von meiner Arbeit und der Frauen.“ Jetzt zwinkert er ihr zu. Das musste er einfach tun. Er will nicht als Hausvater dastehen. Lieber bleibt er der Macho, der er in ihren Augen ist. Denn darüber ist er sich sicher, als diesen hat sie ihn abgestempelt. Und warum sollte er ihr nicht das geben, das sie sehen will? Die wird ihm heute Nachmittag eh von der Hand 'fr'essen.

„Sie kochen gerne?“, will Jude allerdings wissen.
„Das hätten Sie jetzt nicht gedacht, was?“
„ein, habe ich tatsächlich nicht. Aber das macht nichts, wir haben ja noch zwei Wohnung. Naja, besser eine Wohnung und ein kleines Haus. Aber das Haus kann ich ihnen bedauerlicher Weise erst am Freitag zeigen, da es noch nicht ganz fertig ist.“
„Neubau?“
Jude nickt nur.

„Darf ich dann die andere Wohnung sehen?“, fragt John, nachdem sich die zwei sicher schon eine gute ¾ Stunde in der Wohnung befinden.
„Ja, aber die ist etwas weiter weg, da müssten wir jetzt ein bisschen Laufen.“
„Das ist nicht schlimm, dann könnten wir ja einen Abstecher in ein Cafè, dass ich auf dem Weg hier her gesehen habe, machen. Ich würde sie auch zum Frühstück einladen. Wenn Sie möchten.“
„Wenn ich möchte? Versuchen Sie mit mir zu flirten?“
„Funktioniert s?“
„Nein, kein Stück.“
„Schade.“
Jude lacht kurz auf. „Sie sind doch so wie ich vermutet habe.“
John grinst, er wollte das hören. Jetzt ist sein Ruf weder hergestellt.

 


Grundschule, 13.11 Uhr


Gerade in ihr Auto gestiegen und den Motor angemacht, klingt bereits Marias Handy. Sie hasst es eigentlich bei der Autofahrt zu telefonieren, da aber auf dem Display der Name ihrer Freundin steht nimmt sie an. Sie steckt kurz vorher das Handy noch in die Ladestation im Autos und drückt dann auf annehmen.
„Maria hier.“

„Hey, Liebes, ich hab ein Problem.“, erklingt die Stimme von Megan Young.
Maria schmunzelt, ja ihre Freundin hat eigentlich immer ein Problem. Und am Ende stellt sich heraus, dass das Problem doch nicht mehr es groß ist.

Um das alles zu wissen kennt Maria ihre Freundin schon lang genug. Um genau zu sein sind es inzwischen über 10 Jahre her. Mit jungen 23 Jahren haben sich die zwei kennen gelernt und ginge in den selben Studiengang. Mathe. Seit dem ersten Jahr an saßen sie neben einander, haben sich zuerst hassen gelernt, dann toleriert und am Ende beschlossen Freundinnen zu werden. Heute sind sie die besten Freunde.
Dennoch sind sie unterschiedlicher denn je. Denn ihre Freundin, Megan, ist eher etwas aufgeweckter, immer gern im Mittelpunkt und ist auch dazu noch wahnsinnig gutaussehend. Sie hingegen ist eher ruhiger, nie gern im Mittelpunkt, dafür leicht verträumt, zwar sehr selbstsicher aber keineswegs so schön wie ihre Freundin. Das diese gar nicht so sieht. Megan liebt das Auftreten ihrer Freundin und findet, dass sie eine Naturschönheit ist. Das jedenfalls sagte sie ihr mal.

„Dann schieß mal los.“, lächelt Maria nun und ist gespannt was Megan ihr nun zu sagen hat. „Es ist so, am Freitag ist das bekannte monatliche Familienessen der Conners und da meine Schwester ja jetzt auch zur Familie gehört bin ich auch eingeladen.“
„Oh!“, entfährt es Maria.
„Oh? Nur ein 'Oh!' Fällt dir dazu ein?“, erwidert Megan, histerisch fast schon frustriert.
„Nein, ehrlich gesagt, war das 'Oh' auf die Straße gerichtet. Hier gab es gerade einen Autounfall und ich stecke mitten drin.“
„Was? Ist dir was passiert?“
„Mit mitten drin stecken mein ich, dass ich gerade dazu gekommen bin.“
„Achso, du musst immer gleich übertreiben.“
„Du hörst mir einfach nicht zu.“
„Lassen wir das. Wie schlimm sieht es aus?“
„Sehr schlimm, ist aber auf der anderen Straßenseite, ich komme gerade so daran vorbei, mit den anderen. Ich würde ja aussteigen, aber dafür ist es jetzt zu spät.“
„Außerdem musst du mit mir telefonieren.“
„Stimmt, wie könnte ich das nur außer Acht lassen!?“


„Darf ich weiter erzählen?“
Maria hat gerade aus ihrem Autofenster geschaut um etwas von dem Unfall mit zu bekommen. Aber es sind zu viele Menschen hin und her gesprungen, gerannt, gehumpelt, dass man kaum etwas gesehen hat.

„Klar darfst du.“
„Was hab ich nochmal eben gesagt?“
Maria weiß, dass Megan das nicht zur Kontrolle für sie fragt, sondern zur Kontrolle für sich selber. Da sie es wirklich nicht mehr weiß.
Megan schafft es sehr oft vom Thema abzuschweifen und von einem zum anderem Thema überzugehen, sodass sich Menschen in ihrer Umgebung des öfteren fragen, was genau Megan eigentlich sagen will.
Das sie dadurch Lehrerin geworden ist wundert Maria bis heute. Aber da scheint sie es zu können, denn wie Maria weiß kommt Megan gut bei ihren Schülern an. Aber das könnte auch an ihrem Aussehen liegen.

„Dass du zum Essen bei den Conners eingeladen bist und, dass das für dich ein Problem ist...“ Maria macht kurz eine Pause. „Warum aber ist es ein Problem?“
„Ich unterrichte zufälliger weise die älteste Tochter von Hollys neuem Lover.“
„Neuem Lover? Ich fand schon, dass das mehr als ein Lover auf mich wirkte für sie.“
„Ja, ist es auch, aber was soll ich denn da? Jenni wird mich mit Blicken töten, ich sehe das alles jetzt schon vor mir. Das wird ein Desaster, eine Katastrophe.“
„Ach, sieh das nicht so eng. Es wird schon nicht so schlimm. Ist das echt, das erste Mal das du dabei bist. Wenn diese Essen monatlich sind dann waren die doch schon öfters.“
„Ich hab es bis jetzt immer geschafft davon weg zu kommen. Entweder ein Termin von der Schule, dann ein Treffen mit dir, oder irgendwas anderes. Letztes Mal war ich zum Beispiel ehrlich krank.“
„Du hast schon 5 Mal gefehlt? Und jetzt, wo die zwei ein halbes Jahr bereits zusammen sind willst du dich drücken. Ich denke es würde Holly sehr viel bedeuten, wenn du dabei bist.“
„Ich weiß nicht...“, beginnt Megan. Sie schmollt, das merkt Maria sofort. „...magst du nicht mit kommen.“
Maria stockt. Hat sie das jetzt richtig verstanden? Ihre Freundin will, dass sie zu einer Familie geht die sie gar nicht kennt, noch nie gesehen hat, bis auf die jüngste Tochter im Unterricht? Das wäre schon etwas komisch. Nein, mehr wie das. „Ich würde ja gern, aber...“
„Ich weiß, dass es komisch wäre. Aber du kennst dich Sina, so lernst du ihren Vater richtig kennen...“
„Ich kann nicht, Megan. Ich hab am Freitag Abend schon was vor.“
„Ach und was?“
„Ich bin zum Essen eingeladen wurden.“
„Aha.“, jetzt ist Megan interessiert, das Thema von eben ist für sie beendet. „Wie heißt er, kenne ich in?“
„Nein tust du nicht, er heißt Ben Johnson.“
„Oh, interessant. Keiner deiner Schulkollegen, oder?“
„Nein.“
„Ein Vater?“
„Nein, Megan und jetzt muss ich auflegen, ich muss noch was in der Stadt besorgen.“ Damit beendet Maria das Gespräch. Ungern, aber ihre Freundin fragt zu viel. Und sie hat definitiv zu viel verraten.

Kapitel 7

Am Ende der Innenstadt, 13.14 Uhr


Jude und John kommen gerade aus der zweiten Wohnung raus. Diese hat John etwas besser gefallen wie die erste, denn dort ist die Küche etwas größer und geräumiger.

„Dann trennen sich nun unsere Wege?“, will John, mit einem süffisanten Lächeln, wissen. Jude reagiert darauf in dem sie die Augen verdreht, sodass John es nicht entgeht. Das will sie aber auch nicht, sie will ihm verdeutlichen, dass sie nicht interessiert ist. Ist sie das echt nicht? Noch ist sie sich da nicht ganz im Klaren drüber. „Sieht ganz danach aus.“, erwidert sie knapp.

„Es war schön Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben, Miss Larsen.“, reicht John seiner gegenüber die Hand. „Wir sehen uns wieder...“, erwidert Jude und ergreift dennoch seine Hand, um sich für heute zu verabschieden.
„Ist das ein Versprechen?“, will John wieder, mit diesem verschmitztem Lächeln wissen. „Weil wir am Freitag noch ein Haus besichtigen müssen, denke ich, dass es ein Versprechen ist, ja.“
„Oh, und ich hab gedacht, dass sie mich sympathisch finden.“
„Ich finde Sie sympathisch, Mister Carter...“
„Also würden Sie mit mir ausgehen, wenn ich Sie um ein Date bitte?“, unterbricht John Jude. „So sympathisch sind Sie mir dann doch nicht.“, entgegnet Jude und lacht kurz auf.
„Schade.“, entfährt es John. Halb ernst, halb scherzen wollend.
„Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag, Mister Carter.“ Jude wendet sich nun von John ab, geht dann los um weiter zu einem anderem Termin zu kommen.
John sieht ihr noch etwas nach, lässt dann die Hände in den Hosentaschen verschwinden und dreht sich um. Er wird es schon noch schaffen, sie für ein Date zu begeistern.

John und Jude sind nicht mal 20 Meter auseinander, da findet plötzlich ein Autounfall statt.
Erschrocken wenden sich beide zur Straße wo - nach dem das erste und einzige was sie eigentlich mitbekommen ein Knall ist und sie deswegen auf die Straße sehen - sie sehen, dass es zwei Autos ganz schön schlimm erwischt hat.
Der nächste Blick gilt dem anderem auf der Straße, als wollen sie sicher gehen, dass es dem anderem gut geht. Anschließend sehen sie wieder zum Unfallort. Es scheint, dass sich keiner der beiden Fahrer mehr rührt.
Jude reagiert schnell und zückt dann ihr Handy aus der Handtasche. Aus dem Augenwinkel her sieht sie, dass John auf sie zu geht.
„Wen rufst du an?“
„Na, wen wohl? Die Polizei.“

 


Navy Jard, 13.19 Uhr


„Warum hast du Boyle erzählt, dass ich mit Rose ausgehe?“ Michael steht an Ayleens Schreibtisch und sieht sie verzweifelt an.
Seit gestern, wie Boyle die Nachricht erfahren hat, schaut er Michael nur noch mit strafendem Blick an. Wechselt kein Wort mit ihm.
„Es ist mir so raus gerutscht. Es tut mir leid.“
„Das hilft mir jetzt auch nicht mehr.“ Michael wendet sich von Ayleens Schreibtisch ab, sieht dann zu Renes. Er stockt und mustert ihn etwas wütend. „Und du lachst?“
„Ich hab nicht gelacht, Michael.“
„Wage es dich ja nicht zu lügen.“
„Michael, beruhige ich.“
„Ich mich beruhigen? Ich steh ständig unter Strom, wenn Boyle in der Nähe ist und das nur, weil ich gefallen an einer Frau finde die in einem alten Fall verwickelt war!? Ist das nicht etwas unfair? Und außerdem hättest du Ayleen auch irgendwie darauf hinweisen können, dass Ayleen uns zu gehört hat.“

„Ich hätte es eh irgendwann heraus gefunden, Cook.“, kommt Boyle gerade - wie soll es anders sein - wieder aus dem Nichts. So erscheint es den Kollegen jedenfalls, denn Ayleen und Rene sehen überrascht zu Boyle und Michael zuckt zusammen - als ob er wieder eine Kopfnuss erhalten hätte.
„Sorry, Boss.“
„Was sage ich immer zu Entschuldigungen?“
„Du darfst dich nie entschuldigen.“
„Regel Nr. 6.“, meinen Ayleen und Jackson dann zustimmend.

„Wir haben andere Probleme, ein Offizier hatte gerade einen tötlichen Autounfall. Packt eure Sachen, dann lasst uns fahren. Ayleen, du fährst.“ Boyle wirft ihr den Schlüssel zu, diese fängt ihn. Bei Boyle muss man schnell reagieren, der hat den Schlüssel schon geworfen wie er den Satz nicht mal vervollständigt hat.
Ayleen grinst, setzt ihren Rucksack auf und geht los.
„Warum fährt Ayleen?“, fragt Michael, bleibt stehen und sieht fassungslos einmal zuerst zu Boyle und dann zu Ayleen.
„Weil wir uns beeilen sollen, eine von den zwei Zeugen hat es sehr eilig wieder weg zu kommen. Sie haben zwar wenig gesehen, aber die Frau hat bei der Polizei angerufen.“
„Haben die Zeugen was mit unserem Fall zu tun?“
„Das werden wir erfahren, wenn wir da sind. Daher soll es ja schnell gehen.“, erklärt Boyle wie auch er schon längst auf dem weg zum Fahrstuhl ist. Gefolgt von Jackson und dann auch von Michael. „Aber...“, beginnt Michael wieder.
„Nichts aber, ich beschreibe die Frau nicht Michael, eh du mit ihr auch noch was anfängst.“
Ayleen und Jackson verkneifen sich ihr Lachen, während Michael zu krummeln beginnt eh sich die Fahrstuhltüren schließen.

 


Am Ende der Innenstadt, 13.25 Uhr


Es ist vielleicht 10 Minuten her, dass Jude bei der Polizei angerufen hat. Diese ist bereits eingetroffen und nach dem sie die Fahrer identifiziert haben tätigten einer von ihnen einen Anruf. Jetzt tauchen zwei weitere Wagen auf, ein schwarzer Dodge Charger und ein weißer großer Dodge Sprinter, auf dem an der Seite in Großbuchstaben NCIS steht. Aus dem schwarzen Wagen steigen vier Personen aus, von denen eine direkt auf den Tatort zu geht. Die anderen drei gehen auf den großen Wagen zu. Aus diesem steigen zwei Männer aus, ein älterer Herr und ein wesentlich jünger Mann.

Jude und John beobachten das Treiben interessiert, aber Jude etwas ungeduldig. Sie hat noch einen Termin. Um 14.00 Uhr und eigentlich wollte sie pünktlich sein - weil sie Unpünktlichkeit hasst.

„Krass, wie schnell die doch mit der Kommunikation sind oder.“
„Ja, es geht hier ja auch um Leben und tot.“
„Naja, eher wohl nur um das eine.“ John sieht zu Jude. Diese sieht kurz darauf zu ihm, wirft ihn einen verzweifelten Blick zu. „Sie sind echt gemein. Über so was spricht man nicht so abfällig.“
„Das war doch nicht abfällig.“, verteidigt sich John.
„Ach, versuchen Sie immer so ein ernstes Thema mit Witzen zu überspielen.“
„Na, mich betrifft das ja nicht.“
„Jetzt schon. Sie sind hier, ebenso wie ich. Dabei müsste ich schon weg sein. Aber dank der Polizei komme ich sicher zu spät.“
„Ganz ruhig, meine Teuerste.“
„Shhht, da kommen welche. Endlich.“

Jude hat recht, denn wie John nach vorne sieht kann auch er erkennen, dass sich eine Frau und ein Mann nähern. Sie scheinen im Austausch zu sein. Sie scheinen sich uneinig zu sein, denn die Frau sieht erstaunt zum Mann, der sagt aber nichts mehr sieht zu Jude und John.

„Hallo, Special Agents McKenzie und Cook.“, kündigt sich der Mann an. „Wir müssen ihre Aussagen aufnehmen. Wir versuchen es kurz zu machen, da wir gehört haben, dass Sie noch einen Termin haben.“ Er sieht kurz zu Jude, dann aber zu John. Dieser zuckt mit den Schultern. „Ich nicht, ich hab alle Zeit der Welt.“, zwinkert er dann der Frau zu. Diese verdreht die Augen. „Ihr werdet euch prächtig amüsieren, Michael. Er ist wie du...“ Die Frau geht an ihrem Kollegen vorbei und bittet dann die Frau ihr zu folgen. John sieht ihr nach, dann sieht er zum Mann ihm gegenüber. „Was meinte sie?“
„Unwichtig...“, winkt der Mann mit der Hand ab.


Jude entfernt sich mit der Agentin etwas und bleibt mit ihr an einem Wagen der Polizei stehen. Sie sieht etwas geduldig zu der Frau, sie will aber auch nicht unhöflich erscheinen. Die Frau betrachtet sie interessiert, ihren Notizblock in der einen Hand und in der anderen einen Kulli um damit Judes Aussage zu notieren.

„Was genau konnten Sie beobachten, Miss...?“
„Larsen. Jude Larsen. Ich habe gar nichts beobachtet. Ich habe nur einen lauten Knall gehört und mich dann zur Straße gewendet. Da waren aber auch schon die Autos ineinander gefahren. Ich war etwas verwundert und überfordert. Irgendwann war ich aber wieder bei klarem Verstand und rief dann die Polizei.“
„Sie waren also nicht bei den Autos, haben ins Innere gesehen oder nachgesehen ob die Fahrer noch leben?“
„Nein, war ich nicht. Ich hab nur von hier gesehen, dass sich keiner der beiden bewegt hat. Ich vermutete, dass sie tot sind. Sind sie es nicht? Haben sie es etwa geschafft?“
„Nein, leider nicht. Ist ihnen etwas anderes aufgefallen? War vielleicht noch jemand in einem der Autos?“
„Das weiß ich nicht, das hab ich nicht gesehen.“
Die Frau wirkt etwas angestrengt, presst kurz den Zeigefinder und den Daumen an die Stirn und atmet dabei schwer aus. „Okay, vielen Dank, dann lasse ich sie jetzt gehen.“
Jude sieht einmal auf ihre Armbanduhr. Da könnte sie es ja doch schaffen. Gut, dass sie keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzt, sonst wäre sie wahrscheinlich nicht pünktlich um 14.00 Uhr da. „Danke.“, macht sie kurz und wendet sich ab.

Bei John verläuft das Gespräch sehr ähnlich, nur wenige Abweichungen sind zu erkennen.

„Können Sie mir in kurzen Worten schildern, was Sie gesehen haben?“
„Ich habe nicht sehr viel gesehen. Ich hab den Knall gehört und nachgesehen ob es Miss Larsen getroffen hat.“
„Ihre Begleitung?“
„Sie ist nicht meine Begleitung, sie ist Innenausstatterin und hat mir eine Wohnung gezeigt.“
„Seit wann machen Innenausstatter so etwas?“, lässt der Agent das Thema etwas vom Fall abschweifen. Oder ist das Taktik? „Fragen Sie sie selber, ich kenne sie erst seit heute.“, zuckt John etwas uninteressiert mit den Schultern.
„Können Sie sich an etwas anderes erinnern? Haben sie etwas gesehen, etwas gehört was Ihnen komisch vor kam?“
„Nein, ich hab nur eine gutaussehende Frau auf der andern Straßenseite gesehen. Die war genauso überrascht wie wir.“
„Die Frau, die gerade bei meinem Kollegen ist?“ Der Mann zeigt nach hinten, John folgt seinem Daumen und nickt dann. „Sie sieht wirklich gut aus.“, bestätigt John noch einmal und grinst vielsagend. Dann sieht er zu den anderen Frauen, zu seiner Rechten. „Ebenso wie ihre Kollegin.“, zieht er dann die Augenbrauen in einem schnellem Tempo hinauf und hinunter und sieht den Mann vor sich an.

„Wir sind fertig.“, sagt der Agent, weicht etwas zurück. „Sie können dann gern wieder gehen.“ John aber sieht wie der Agent sich umdreht und etwas auf seine Kollegin zu geht die sich von Jude abwendet. Er bekommt nur noch schwach mit, dass die zwei reden.
„Er ist gar nicht wie ich. Er ist total anzüglich.“
„Also doch wie du, Michael.“

 


College, 13.49 Uhr


Genau wie letzte Woche um diese Zeit steht Jenni mehr gelangweilt als interessiert auf dem Pausenhof. Neben ihr Neil, Morgan und Ruby. Die Jungs haben gleich wieder Nachhilfe in Geografie. Und Jenni begleitet Ruby wieder zum Tanzunterricht. Wie sie es gestern und heute wieder 'versprochen' hat.

Nach guten 5 Minuten verlassen die Jungs die Mädchen, um rechtzeitig im Raum zu sein und gute Plätze zu bekommen. Ruby wendet sich an Jenni, die anderen Mädchen stehen noch etwas Abseits und Lily ist auch noch keine Spur, nicht dass die heute gar nicht kommt.

„Kommt...“, beginnt Jenni im selben Moment wie Ruby „Um auf...“ zu sagen beginnt. Die zwei Mädchen verstummen und schmunzeln kurz. „Beginn du zu erst.“, macht Ruby dann.
„Kommt Lily heute überhaupt?“
„Ja, sie hat es nicht so mit der Pünktlichkeit.“, wirkt Ruby mit der Hand ab. Sie weiß, dass Lily ihr gestern gesagt und versichert hat, dass sie heute kommt. Auf Lily konnte sich Ruby bis heute schon immer verlassen.

„Um auf gestern zurück zu kommen...“, ist es nun Ruby die ihren vorherigen Satz beenden will, denn für sie ist das andere Thema gegessen. Und sie kennt Jenni inzwischen recht gut, seit diesem Schuljahr, dass es für sie ebenso gegessen ist. Jenni wollte sicher nur nicht in einer unangenehme Stille neben ihr stehen.  Jedoch sieht jenni sie nun neugierig an, ein Zeichen für Ruby, dass sie weiter reden kann.
Und seit gestern geht ihr dieser eine Satz, von Jenni wohl bemerkt, nicht mehr aus dem Kopf.
„...du denkst echt, dass David Black was an mir findet?“

„So hab ich das nicht gemeint.“, will sich Jenni gerade raus reden, weiß aber gar nicht warum sie das tut. Müsste sie sich nicht ganz andere Dinge fragen? Warum Ruby das interessiert? Warm sich Ruby dafür interessiert, was David Black ihr Tanzlehrer von ihr denkt?

„Deine Worte waren: 'Ich glaube, dass Mister Black auf dich steht'.“
„Das du das so weißt wie ich das sagte. Ich hab da sicher was vor mich hin gelabbert, weil ich so aufgeregt war wegen Mathe und noch im Halbschlaf war.“
„Jenni, bitte...“
„Was denn Ruby, du hast doch Neil oder?“, will sie dann wissen.
„Ja, und ich empfinde auch etwas für ihn, aber ich glaube ganz ehrlich...“ Ruby stockt, sie ist sich nicht sicher ob es richtig ist, das Jenni zu sagen. Seiner besten Freundin. Aber sie weiß etwas von ihr, dass sie ihr hätte gar nicht sagen brauchen, was alles komplizierter macht, aber auch besser.

„Darf ich ehrlich sein Jenni?“
„Klar.“ Zwar ist Jenni völlig verwirrt, aber warum sollte Ruby ihr gegenüber nicht ehrlich sein? Sie sind doch jetzt auch so etwas wie Freunde.
„Ich weiß, dass du in Neil verliebt bist.“


Jennis Augen weiten sich. Woher...? Woher soll Ruby das wissen? Wer hat es ihr gesagt? Hat sie es ihr selber gesagt und weiß es gar nicht mehr?
Eigentlich weiß keiner, dass Jenni in Neil verliebt ist. Nur sie... und ihr Tagebuch.
Woher kann es dann Ruby wissen? Die, die sie am aller wenigsten zu kennen scheint. Nicht einmal Morgan hat eine Ahnung und der kennt sie besser als ihr Tagebuch es tut.

„Das stimmt...“, schüttelt Jenni mit dem Kopf.
„Leugne es besser nicht. Ich sehe es dir an, Jenni. Es ist dir wichtig, was er von dir denkt, du sieht zu ihm, wenn du etwas unsicher bist nur um zu wissen wie er darauf reagiert, wie er dich sieht. Ich bin zwar nicht die aller hellste, aber so was sehe ich.“
„Ruby, das...“
„Er weiß es nicht, wenn du das denkst. Und er wird es nicht erfahren. Nicht von mir, keine Sorge.“
Erleichtert atmet Jenni aus. So hätte sie Ruby nie eingeschätzt. Dass sie etwas aus dem Nähkästen plaudert ist nicht gemeint, sondern, dass sie Jenni das Gefühl vermittelt es ehrlich zu meinen.

„Warum sagst du mir das alles, Ruby?“, will Jenni wissen, da ertönt gerade die Schulglocke die zum Unterricht dirigiert. Aber daran müssen sich die zwei nicht stören lassen, denn keiner der Mädchen hat bis her hysterisch aufgeatmet um zu signalisieren, dass ihr Tanzlehrer da ist. Der gutaussehende Tanzlehrer David Black.
Apropos David Black...

„Warum ich dir das alles sage? Eine gute Frage. Mir ist David Black letzte Woche auch aufgefallen, dass er sehr oft bei mir war im Unterricht. Und komischer Weise hatte ich das Gefühl er war häufiger bei mir als bei anderen. Das klingt albern, ich weiß. Könnte ja auch daran liegen, dass er einfach nur nett zu einer neuen sein will. Aber Lily war das letzte Mal auch erst zum zweiten Mal da, und bei ihr war er viel seltener.“
„Ich weiß nicht, was ich davon denken soll, Ruby.“
„Es tut mir leid, dass ich dich damit nerve. Es ist schwachsinnig so zu denken, oder?“
„Überhaupt nicht. Mir ist das auch alles aufgefallen, aber auch, dass du nicht uninteressiert wirktest. Aber ich hab die Gedanken immer wieder verworfen, weil ich dachte, dass du Neil liebst.“
„Denk jetzt bitte nichts schlechtes. Ich mag Neil, sehr sogar, aber...“
„Ich glaub ich verstehe was du meinst.“

„Bin ich zu spät?“, taucht urplötzlich und unerwartet Lily bei den beiden auf. Die zwei sehen sich immer noch an, als würden sie immer noch miteinander reden - mit Blicken. Ruby schüttelt dann den Kopf. „Nein, Mister Black ist noch nicht da.“
„Doch jetzt schon.“, lächelt Lily und deutet hinter sich.
Ruby und Jenni drehen sich um und erkennen, dass Lily recht hat. Ein eigenartiges Gefühl macht sich in den beiden breit. Bei beiden mit unterschiedlichen Bedeutungen.


„Hab ich euch gerade unterbrochen?“, reißt Lily die zwei anderen aus ihren Gedanken. Diese wenden den Blick vom Tanzlehrer wieder zu ihr. „Nein, natürlich nicht.“, beschwichtigt Ruby dann und harkt sich bei Lily unter. „Ich bin froh, dass du jetzt da bist und auch, dass Mister Black da ist. Ich will tanzen.“
Somit gehen die drei Mädchen gemeinsam in die Schulsporthalle.

Jenni ist die erste in der Halle, denn sie hat erneut keine Turnsachen dabei. Aber sie hat Ruby ja schon gesagt, dass sie nicht tanzen wird und das wird sie nicht. Und es wird sie da auch niemand auf die Beine bekommen. Weder eine Ruby Smith, noch ein David Black.
Dieser ist als erste, mit ihr in der Halle.

„Du magst heute schon wieder nicht mit tanzen?“, fragt er dann, setzt sich wieder neben sie, auf die Bank auf die sie sitzt. Er hat kurz vorher alles für die Stunde vorbereitet. Musikanlage aufgestellt, CD eingelegt und auf eine Nummer gestellt um dieses Lied gleich mit den Mädchen ein zu proben.
„Nein, mag ich nicht.“, entgegnet Jenni dann knapp, sie sieht hinunter zu ihren Füßen, als wolle sie wie letztes Mal erklären, dass es keinen Sinn hat. Dass sie zwei linke Füße hat.

Nach und nach kommen die anderen Mädchen herein und David steht bereits wieder auf, um sich warm zu machen. Was er dann auch von den anderen Mädchen verlangt.

Wie Ruby und Lily den Raum betreten entschuldigt sich Ruby kurz und kommt dann auf Jenni zu, die nur kurz lächelt.
„Kannst du mir einen Gefallen tun?“, fragt Ruby. Sie wirkt sehr vorsichtig, etwas zurückhaltend. Jenni mustert sie etwas skeptisch und nickt dann langsam, um Ruby zu verdeutlichen, dass sie erst hören will, was Ruby will.
„Kannst du David etwas beobachten? Nur um mir zu sagen, ob ich mir was einbilde oder aber, ob mein Verdacht richtig liegt?“
„Warum willst du das? Kennst du David etwa?“
„Nein, woher denn auch? Ich frage einfach nur, weil... ja, weil...“
„Weil du auch Gefallen an ihm findest!“, sieht Jenni Ruby nun geschockt an. Dass ihr das noch nicht klar wird, nachdem Ruby darauf einging, wundert sie jetzt schon etwas. Aber eigentlich hat Jenni ja - bis gerade eben - geglaubt, dass Ruby Neil wirklich liebt. Doch nun... nun wirkt es so, als würde sie Ruby helfen wollen von ihm los zu kommen. Irgendwie gefällt ihr das, aber irgendwie auch nicht. Was passiert, wenn Neil das erfährt? Er wird doch sicher verletzt sein. Und was geschieht dann? So wird Jenni noch weniger Chancen bei ihm haben.

„Jenni, bitte.“, fleht Ruby sie an. Sie sieht sie ehrlich an. Und Jenni erkennt, dass Ruby nicht aus Lust und Laune so reagiert, dass etwas in ihr vorgeht - was sie vielleicht jetzt noch nicht in Worte fassen kann. Und auch weiß Jenni somit, dass Ruby Neil niemals mit Absicht verletzen würde.
„Okay, mache ich. Aber da muss am Ende auch was für mich raus springen.“
„Ich weiß da schon das perfekte. Danke.“, zwinkert Ruby ihr zu springt regelrecht erfreut zu den anderen, sodass David beginnen kann.


Jenni beobachtet David. So wie es Ruby ihr aufgetragen hat. Aber das hätte sie eh getan. Denn sie mag das Beobachten. Erfahren, was jemand macht und vor allem warum. Jenni weiß, dass sie darin sogar sehr gut ist. Sie schafft es immer sehr gut einzuschätzen wie jemand tickt und was er vielleicht warum macht.
Am liebsten würde sie das gerne beruflich machen. Das klingt jetzt komisch, aber diese Gabe muss man doch sicher auch irgendwo ausüben dürfen, oder?
Und das kann man auch, aber dafür müsste Jenni nur mit einer Person - die diesen Beruf ausübt - in Konfrontation und Diskussion gehen...

David verhält sich aber nicht sehr auffällig. Er ist ein richtig sympathischer Kerl, findet Jenni. Er schau den Mädchen immer mal wieder über die Schulter. Seine Plätze wechseln eigentlich ständig. Mal ist er bei der einen, dann bei einer anderen. Etwas länger verweilt er in der ersten Runde bei Ruby. Und auch neben ihr bleibt er sehr lange sitzen und unterhält sich in kurzen Sätzen mit ihr. Aber Jenni schafft es noch nicht so recht durch in hindurch zu schauen. Vielleicht bemerkt er selber nicht, dass er bei Ruby länger bleib wie bei den anderen.

„Warum tanzt du so ungern?“, will er nach einer ganzen Weile wissen, wie er sich wieder zu ihr setzt. Jenni sieht zu ihm, zuckt dann mit den Schultern. „Ich kann es einfach nicht.“
„Hast du es denn schon mal ausprobiert?“
„Ja, ich hab zu Hause schon mal für mich getanzt.“
„Wer hat dir da gesagt, dass du es nicht kannst?“
„Meine Füße, über die ich gestolpert bin.“ Jenni sieht David klärend an, dieser lächelt nun amüsiert. Er lacht nicht, nein es ist wirklich ein Lächeln.
Kurz darauf will er aufstehen, doch Jenni macht etwas was ihr gar nicht ähnlich seht. Oder besser würde man ihr die Frage, die sie stellt nicht zutrauen.
„Mister Black, sind sie derzeit verliebt?“
Damit veranlasst Jenni, dass sich David wieder setzt. Er mustert sie etwas fragend.
„Tut mir leid, so was sieht mir eigentlich gar nicht ähnlich.“, will sie das Ganze nun etwas mildern und hofft, dass sie nicht vor Scham rot anläuft.
„Warum fragst du mich das?“
„Keine Ahnung. Aus Interesse?“, klingt Jenni nun mehr fragend als ernst.
„Wenn die Frage darauf hinaus gehen sollte, ob ich eine Freundin habe, nein, das habe ich nicht. Und derzeit ist auch noch keine andere in Aussicht.“, erklärt er dann ehrlich.

Er hätte selber nicht gedacht, dass er gerade einem Mädchen, das er kaum kennt - ja, eigentlich nur zwei Tage (wenn man die nicht gesehenen Tage, der Woche abzieht) - dies einfach so sagt. Einfach so ehrlich zu ihr ist und ihre Frage nicht eher aus dem Weg geht.

„Beantwortet das deine Frage?“, will er dann lächelnd wissen.
Jenni nickt jedoch nur. Immer noch leicht beschämt. Sie ist froh, dass er nun wirklich aufsteht um den Unterricht zu beenden.


Außerhalb der Turnhalle wartet Jenni auf Ruby und Lily die gemeinsam aus der Turnhalle treten, nachdem sie sich wieder ihre Alltagskleidung angezogen haben.
„Ladys, ich muss jetzt Heim. Ich will duschen und muss dann noch für einen Mathetest lerne, den wir morgen schreiben.“
„Bei Miss Young?“, will Jenni plötzlich wissen. Ohne dass sie wirklich merkt reagiert sie gleich wieder angriffslustig.
„Jap.“, bestätigt Lily knapp. „Dann viel Spaß.“, lacht Ruby, zieht Jenni etwas zu sich, sodass sie nichts mehr sagen kann und umarmt mit der anderen Hand ihre Freundin. „Wir sehen uns dann morgen.“, sagt sie dann und winkt Lily noch zu wie diese sich von de zwei entfernt.

„Ihr seit echt beste Freundinnen.“, meinte Jenni kurz nachdem sie Lily nicht mehr sieht. Sie schaut zu Ruby und bemerkt, dass diese nun intensiv ansieht. Ruby wendet für einen Moment den blick nochmal in Lilys Richtung und zuckt mit den Schultern. „Es ist komisch, aber bevor sie gegangen ist haben wir uns besser verstanden. Nach den drei Jahren hat sich einiges geädert. Unser Verhältnis ist nicht mehr das selbe.“
„Echt? Schade eigentlich.“
„Ich finde es nicht schlimm. Ich komme immer noch sehr gut mit ihr aus, vielleicht müssen wir uns ja auch nur wieder aufwärmen, was unsere Freundschaft angeht. Aber abgesehen davon verstehe ich mich ja mit dir inzwischen auch gut. Wenn ich daran denke, dass wir zu Beginn des Schuljahres gar nicht viel miteinander geredet haben.“
„Ich denke du hast, alles braucht seine zeit. Ich bin mir aber sicher, dass du dich sehr bald wieder so wie früher mit Lily verstehen wirst.“
„Danke...“ Ruby sieht Jenni lächelnd an. Sie schätzt sie sehr dafür, dass sie sich immer gleich Sorgen um einen macht und immer nur das Beste für einen will.

„...Jetzt aber was anderes.“, beginnt sie dann aber, zieht Jenni nochmal etwas näher und setzt sich endlich mit ihr in Bewegung.
„Was hast du in Erfahrung gebracht?“, fragt sie auch sogleich neugierig. „Nicht sehr viel. Er hat keine Freundin und er ist derzeit auch nicht verliebt. Aber, das heißt ja noch lang nicht, dass er Interesse hat. Außerdem hat er mir viel mehr gesagt, wie er nichts gesagt hat.“
„Versteh ich nicht, was meinst du?“
„Ich sollte ihn doch von dir aus beobachten. Und das habe ich. Du hattest recht, er war auch heute wieder öfters bei dir. Genauso wie das letzte Mal. Da ich in aber zu wenig kenne war es schwer zu beobachten warum er länger bei dir war. Ob es Nettigkeit war, oder aber du ihm als Person schon sehr angenehm warst.“

„Wie wäre es, wenn ich dir helfe mit Neil zusammen zu kommen?“ Die aussage platzt regelrecht aus Ruby heraus, aber dennoch klingt sie sehr nachdenklich und bedacht. Sie will es Jenni nicht direkt überstülpen oder von ihr verlangen.
„Wie willst du das anstellen?“, fragt Jenni aus reinem Interesse, nicht, dass sie sofort zustimmen wird. Auch, wenn sie es schon gerne würde. Sie will aber keines Falls die zweite Geige spielen.
„Das erkläre ich dir jetzt, denn eigentlich müssen wir ihn nur dazu bringen mit zum Tanzen zukommen.“

 


Flat Street 305, 19.57 Uhr


„Jenni, lass dir doch von Holly helfen.“ Ihr Vater steht ihr gegenüber und versucht vorsichtig auf sie einzureden. Und das schon seit sicher einer halben Stunde.
„Nein, sie ist nicht meine Mutter, ich lass mir sicher nicht von ihr helfen, Dad.“
Damit ist das Gespräch beendet.
Sam sieht zu Holly, die diese Aussage sehr getroffen hat und geschockt zwischen Vater und Tochter sieht. „Wenn sie meine Hilfe nicht will, Sam, du kannst sie nicht zwingen.“
Jenni ist aber schon weg, denn sie stampft aus der Küche, hört die Worte aber schwach.

Im Flur hört sie die Türklingel und öffnet die Haustür, eh ihr Vater aus dem Flur kommt um das selbe zu tun.
Vor ihr steht ihr Onkel. Ben. Der Grinst. Wie immer.
„Onkel Ben.“, ruft Jenni erfreut, aber leise - da sie ihm gegenüber steht - auf. Sie umarmt in freudig, drückt sich richtig an ihn. „Hey, Kleines. Was ist los?“, fragt er dann scherzend, erwidert die Umarmung. „Versprich mir, Onkel Ben, dass ich deine Freundin vorher absegnen kann.“ Jenni sieht zu ihm auf, wirft ihn einen fast schon straffenden Blick zu. „Wer sagt, dass ich eine Freundin hab?“
„Niemand, aber versprich es mir.“
„Ich verspreche es.“, erwidert der Unwissende und sieht verwundet zu seinem besten Freund auf, der an der Wand zur Küche lehnt. Er winkt mit der Hand ab und so weiß Ben, dass Jenni wieder böse mit ihrem Vater ist.

Jenni geht hinauf in ihr Zimmer, würdigt ihrem Vater keines Blickes mehr. Sie klopft bei ihrer Schwester an die Zimmertür - dessen Zimmer gegenüber von ihrem liegt. „Onkel Ben ist da Sina.“
Diese kommt kurz darauf aus dem Zimmer gestürmt und rennt die Treppe hinunter. Von der letzten Stufe springt sie auf den Arm ihres Onkels, der das Spiel bereits kennt. Unter dessen macht Sam endlich die Haustür zu.

„Hey Schnecke.“ Sina drückt ihn ebenfalls fest und sieht ihn dann mit großen Augen an. „Willst du zu Papa?“ Ben nickt, lässt sie aber nicht herunter, was Sina zuerst erwartet hätte. „Kommst du am Freitag zum Familienessen?“, fragt das kleine Mädchen weiter und sieht ihren Onkel weiterhin mit glänzenden Augen an. „Deswegen bin ich hier...“, beginnt Ben und sieht dann zu seinem Freund. Dieser deutet auf das Esszimmer und bittet in somit den Flur zu verlassen und ihm zu folgen.

„...ich hab am Freitag eine Verabredung.“
„Mit einer Frau?“, fragt Sina interessiert. „Sina!“, ermahnt Sam seine Tochter, muss aber lachen. Ben fasst das aber nicht schlimm auf, er kennt ja seine 'kleine Schnecke'. „Um ehrlich zu sein, ja. Ich hoffe ihr seit mir nicht böse. Das nächste Mal komme ich wieder. Das verspreche ich euch.“

Kapitel 8

Freitag - Am Ende der Innenstadt, 9.22 Uhr


„Guten Morgen, Miss Larsen.“, taucht John hinter Jude auf. Diese schreckt etwas auf. „Erschrecken Sie mich nicht so.“
„Dann eben keinen Guten Morgen.“
„Guten Morgen, Mister Carter. Wie ich bemerke geht es ihnen wieder prächtig.“
„Bei solch einer Begleitung.“
„Es ist noch nicht mal 10.00 Uhr und Sie flirten schon wieder?“
„Nicht doch...“, entrüstet sich John gespielt ernst. Jude kann daraufhin nur die Augen verdrehen und geht dann voraus. John hingegen kann seinen Satz nicht mehr beenden und folgt. „Es tut mir leid.“, stießt er dann hervor. Er hat sein Tempo erhöht um Jude zu erreichen. Diese aber achtet nicht auf seine Entschuldigung. Denn sie merkt, dass er sie nicht ernst gemeint hat.

„Das ist nun das Haus, das ich Ihnen noch zeigen wollte.“, erklärt sie während sie den Schlüssel bereits im Schloss umdreht und dann die große Tür öffnet. „Das Haus ist nicht riesig, es ist eine Haushälfte, aber hat vier Stockwerke. Den Keller, das Erdgeschoss, das zweite Stock und einen kleinen Dachboden.“
John hört interessiert zu, beginnt sich kurz darauf schon umzusehen. Gerade aus von der Haustür aus, den Flur entlang, befindet sich die Küche. Eine riesige Küche. Natürlich noch nicht aufgebaut. Aber man erkennt, dass der Raum für die Küche ist. John strebt selbstverständlich zuerst diesen Raum an. Er hat ihn als erstes gesehen, was soll er da machen?
Wenn John wollte, er hätte sich länger in der Küche aufhalten können, denn in seinen Gedanken steht die Küche bereits und sieht umwerfend aus.

Eine Tür, links davor, führt hinunter in den Keller. Er schaut nur kurz zu dieser Tür hinein und schließt sie darauf hin schon wieder. Da wird er später runter gehen. Die anderen Räume sind wichtiger.
Unten befinden sich noch zwei größere Raume, die an der Küche angrenzen und ohne Tür ineinander übergehen. Im Flur, rechts von der Haustür ist noch ein kleines Badezimmer. Kommt man von den größten Räumen führt eine Treppe gebogen hinauf in den 1. Stock. Dort befinden sich zwei, voneinander abgetrennte, große Räume und ein kleiner Raum. Außerdem noch ein großes Bad mit einer Badewanne und einer Dusche. „Klasse. Keine Badewanne die man als Dusche verwenden muss.“, lässt John verlauten. Jude nickt. „Ich wusste, dass Ihnen das gefällt.“
„Wem gefällt das nicht?“, stellt John eine Frage auf die er keine Antwort haben will. Und er bekommt auch keine. Ihm huscht ein Lächeln über die Lippen. Er hätte erwartet, dass sie was sagt. Das überrascht ihn. Sie ist nicht ganz so, wie er sie sich in den letzten Tagen ausgemalt hat, nach dem ersten Treffen.
Aber das macht nichts, John liebt Überraschungen.


Nach dem sich John den Dachboden angesehen hat, der jetzt nicht sehr spannend ist gehen er und Jude noch hinunter in den Keller. Dort befinden sich zwei große Abstellräume. Der Keller ist in einem sehr guten Zustand, sodass es John wundert. Er hat sich den Keller anders vorgestellt.

„Was sagen Sie zum Haus?“
„Ich liebe diese große Küche.“ John lächelt etwas.
Inzwischen sind Jude und John wider m Erdgeschoss gelandet. Wieder befinden sie sich in der Küche.
Jude beobachtet John wie er die Küche betrachtet, mustert und anscheinend schon einen eigenen Gedanken hat wie diese eingerichtet aussieht.

„Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Sie wirklich gerne kochen.“
„Ich koche nicht gerne, Miss Larsen...“
„Ich wusste es.“, unterbricht ihn Jude. Als habe sie in gerade bei etwas verbotenem erwischt. Sie wusste es, hatte sie doch recht mit ihrer Vermutung. Er ist der typische Macho, der Frauen einfach irgendwas auftischt um sie herum zu bekommen
Es hätte am Dienstag Mittag fast geklappt. Sie hatte ihm geglaubt.
„Nicht doch. Was ich sagen wollte ist, dass ich es nicht gerne mache, sondern, dass ich es leidenschaftlich mache. Ich liebe das Kochen.“
„Aber warum?“
„Das ist etwas, das ich Ihnen mal wann anders erzähle. Wir kennen und kaum.“
„Und das von Ihnen.“
„Was soll das denn jetzt heißen.“
„Sie überraschen mich immer wieder.“, gesteht Jude ehrlich. „Etwas anderes möchte ich auch nicht erreichen.“ Er grinst erneut.

Nach weiteren Minuten in denen die zwei in der Küche stehen räuspert sich Jude. John sieht überrascht zu ihr. „Wie gefällt Ihnen das Haus?“, will Jude noch einmal au die schlussendliche Frage hinaus.
„Ich nehme es.“
„Brauchen Sie keine Bedenkzeit?“
„Nein, ich will diesen Raum hier einrichten.“, erklärt John ehrlich. Er breitet dabei die Arme etwas aus, um seine Aussage zu verdeutlichen und mehr Druck zu verleihen. Er sieht zu Jude, diese Lächelt schwach.

„Ich werde Ihnen alles nötige zu kommen lassen. Weitere Infos zum Vermieter, zum Haus und auch eine weitere Nummer unter der sie mich erreichen können auf der Arbeit, falls sie Hilfe brauchen zum Einrichten. Abgesehen bei der Küche.“ Wieder huscht ein Lächeln über ihre Lippen, das John erwidert in dem er kurz auflacht.

Außerhalb des Hauses und nachdem Jude das Haus wieder verschlossen hat reichen sich die zwei die Hände. „Ich danke Ihnen, Miss Larsen.“
„Ich helfe gern.“
Die beiden verlassen das Grundstück zu unterschiedlichen Seiten. Und somit trennen sich auch John und Judes Wege gänzlich. Fürs Erste.

 


College, 13.08


„Endlich Wochenende.“
Alle drei um sie herum sehen zu Jenni. „Sagst du das, weil du dich ehrlich auf das Wochenende freust, oder weil wir gerade Mathe hatten?“, will Morgan grinsend wissen. Jenni wirft ihrem besten Freund einen strafenden Blick zu. Das beantwortet seine Frage. Aber er will dennoch weiter bohren, oder besser sie noch etwas ärgern.
„Also hab ich recht.“
„Morgan.“, lässt Jenni genervt verlauten. „Was denn?“
„Hör einfach auf.“, ermahnt sie ihn.

„Leute, habt ihr was am Wochenende vor?“, holt Neil die zwei aus ihrem Gespräch. Er sieht zu seinen besten freunden herüber, dann aber auch zu seiner festen Freundin die neben ihm geht und dessen Hand in seiner liegt.
„Ich hab heute Abend ein Familienessen, aber sonst hab ich frei.“, erklärt Jenni. „Bei mir steht eigentlich nichts an, ich bin frei.“, grinst Morgan.
Neil sieht nun zu Ruby. „Ich muss für unsere Chemiearbeit am Dienstag lernen.“, erklärt diese nun, sieht ihren Freund entschuldigend an. „Kannst du das nicht an einem Tag ausfallen lassen.“
„Nein, ich finde es wichtig zu lernen. Ich will keine 4 bekommen.“
„Das wirst du nicht.“

Morgan und Jenni achten nicht sehr auf das Gespräch zwischen dem Paar, Jenni beobachtet sie nur ein wenig.
„Sag mal, wie läuft eigentlich das Tanzen derzeit?“, fragt Morgan auf einmal. Jenni sieht zu ihm, zuckt dann mit den Schultern. „Wie soll es schon laufen?“
„Na, tanzt du inzwischen mit?“
„Wie kommst du darauf. Mister Black würde mir eh nicht helfen bei meinem Tanzproblem, weil er viel mehr mit Ruby beschäftigt ist.“

Jetzt hat Jenni die Aufmerksamkeit von Neil, der neben ihr eigentlich immer noch im Gespräch (oder in der Verhandlung) mit seiner Freundin war.
„Was hast du gesagt?“
Jenni wendet sich ertappt zur anderen Seite. Sieht kurz zu Ruby, die sie etwas gebannt anstarrt. Sie darf jetzt nichts falsches sagen. „Ach nichts, du weißt wie ich bin.“
„Ja, wenn du die Beobachterin bist, dann bist du in deinem Element. Warst du Beobachterin?“ Jenni senkt den Blick, während Neil kurz darauf zu seiner Freundin sieht. Diese sieht ihn dann an und hebt entschuldigend die Hände. „Keine Ahnung was sie da gesehen hat.“

„Ich werde das nächste Mal dabei sein.“, erklärt er dann sicher und feststellend. „Aber ihr habt Dienstags Geographie.“
„Stimmt, verdammt. Aber das Schuljahr ist fast rum, im nächsten Jahr wird der Stundenplan anders aussehen und dann werde ich Nachhilfe für Geographie wahrscheinlich nicht mehr machen.“
„Warum nicht?“
„Weil mir Herr Tomsen sagte, dass sich meine Noten verbessert haben.“

 

 

Flat Street 305, 18.23 Uhr


Jenni sitzt gerade an ihren Mathehausaufgaben - die sie immer zuletzt macht, damit sie sich dafür Zeit lassen kann - und ist sichtlich am Verzweifeln.Bis es an der Tür klopft.

„Schatz, kannst du Holly und mir unten etwas helfen für heute Abend?“ Ihr Vater steht in der Tür und sieht sie bittend an. „Dad, ich bin gerade an meinen Mathehausaufgaben, darf ich die vielleicht noch fertig machen!?“ Sie wendet sich nach beantworten wieder von ihm ab, nachdem sie ihm einen eher genervten Blick zuvor geschenkt hat. „Sicher, aber du weißt, das dir Holly gern bei deinen Hausaufgaben helfen würde. Sie versteht Mathe.“
„Ja, kein Wunder, ihre Schwester ist Lehrerin und hasst mich.“
„Jenni.“, ermahnt er sie.
„Ich bin in einer halben Stunde unten.“
Kurz darauf schließt ihr Vater die Zimmertür wieder.

Unten in der Küche kommt Sina auf ihn zu gerannt. „Papa, darf ich euch helfen?“, will sie neugierig und voller Elan wissen. „Ich weiß nicht, geh besser etwas spielen Sina.“
„Sam, lass sie ruhig. Sie kann mir gern etwas beim Kochen helfen.“, lächelt Holly beruhigend und sieht dann zu Sina hinunter. Sie steht gerade an der Küchenfläche und bereitet alles für das Abendessen vor. „Hast du Lust mir zu helfen, Sina?“ Eifrig nickt das Mädchen und rennt um den Tresen herum. „Sam, holst du uns den kleinen Hocker aus dem Wohnzimmer, sonst kann meine Assistentin mir nicht richtig helfen.“
Dieser gibt sich geschlagen, lächelt und tut was ihm aufgetragen wird.

Nachdem der kleine Hocker angekommen ist und Sina sich darauf gestellt hat um einen besseren Überblick über die Küchenfläche zu heben beginnen die zwei zu Kochen.
„Kommt deine Schwester auch?“, will Sina nach einigen Minuten wissen.
„Sie hat es gesagt. Ich hoffe, dass sie es dieses Mal wirklich schafft.“
„Ist Jenni nicht so erfreut, weil sie ihre Lehrerin ist?“
„Ich denke ja eher, dass es daran liegt, dass Megan Mathe bei ihr unterrichtet.“ Sina muss darauf hin zu lachen beginnen, weil Holly das sehr witzig sagte.
Aber sie versteht ihre Schwester, denn sie mag Mathe auch nicht. Aber dafür ihre Lehrerin.

„Ich bin eher fertig geworden.“, kommt Jenni in die Küche, hat die letzten Wortfetzen noch mitbekommen und schaut aus dem Grund etwas mies gelaunt drein. Sie verschränkt die Hände vor der Brust. Ihr Vater wendet sich zu ihr, nachdem er den anderen beiden gespannt und lächelnd zu gesehen hat.
„Hilf mir bitte den Tisch für später zu denken.“
Jenni bleibt nichts anderes übrig als zu helfen. Aus diesem baldig stattfindendem Alptraum wird sie nicht heraus kommen können.

 


Im Restaurant 'Jolene', 19.43 Uhr


Es dämmert bereits, wie Ben Johnson das Restaurant betritt. Er sieht sich um, er mag das Restaurant sehr. Er liebt es hier zu essen. Und er hofft, dass es Maria auch gefallen wird. Es ist ein eigenartiges Gefühl. Er hatte schon seit längerer Zeit kein richtiges Date mehr gehabt. Er empfindet das heute schon als eine Art Date. Wobei sie s sicher nicht so auffasst. Oder? Sie kommt sicher nur aus Höflichkeit, nicht weil sie ihn wirklich kennen lernen will. Dabei muss er gestehen, dass er das schon will.
Denn komischer Weise hat sie ihn völlig aus der an geworfen. Er weiß selber nicht genau warum er mit ihr geflirtet hat. Nicht, dass er das nicht gerne getan hätte. Er hat es einfach getan, weil er öfters mit gutaussehenden Frauen flirtet.
Aber Maria Miller. Sie ist einfach nicht seine Liga. Oder er ihre? Es ist schwer zu sagen, denn er selber ist ganz sicher nicht abgeneigt was das heutige Treffen angeht. Hoffentlich wird auch sie hier nicht gezwungen auftauchen.

Am Eingang steht ein kleiner Tresen an dem eine Frau steht und die Gäste willkommen heißt. So auch ihn. „Kann ich ihnen helfen, Mister?“
„Ja, durchaus. Ich hab reserviert. Für zwei. Auf den Namen Johnson.“
„Einen Moment...“ Sie sieht hinunter, auf ihr schlauen Buch und nickt dann resignierend. „Okay, folgen Sie mir bitte.“
Ben tut was von ihm verlangt wird.

Das Restaurant umgibt eine wundervolle Atmosphäre. Es strahlt sowohl Wärme, als auch Ruhe und Eleganz aus. Es läd einfach dazu ein, sich setzten zu wollen, zu reden, einfach den Tag genießen zu wollen und gelassen den Tag zu beenden.
Hier treffen sehr viele kulturelle Eindrücke aufeinander. Es wird etwas rustikal, aber dennoch nobel und einladend auf alle Nationen. Ebenfalls die Menükarte lässt viele Möglichkeiten diesbezüglich offen. Es gibt eine regionale Küche, eine globale und eine saisonale Küche.
Der Anblick des Restaurants lässt sich durchaus sehen. Und nicht nur Ben geht hier gern essen, auch andere Personen die er kennt und mit denen er zusammen arbeitet bestätigen, dass es dort sehr toll ist und auch das Essen mit das Beste ist, was man so in Restaurant bekommen kann.

„Ihr Tisch, Mister Johnson. Wann erwarten Sie ihren Gast?“ Ben schaut auf seine Armbanduhr. „Ich hoffe, dass sie gegen Acht Uhr hier ist.“, entgegnet er, während er dann Platz nimmt. „Sie warten also mit dem Bestellen?“
„Ja.“
Die Frau verlässt Ben schließlich, was diese wenig stört. Er schaut sich etwas um. Er hat einen Sitzplatz außerhalb des Gebäudes bekommen, auf der Terrasse. Es ist immer noch sehr angenehm warm und die ersten Sterne am Himmel geben dem Ganzen noch den letzten Schliff.
Zwar steht Ben nicht sehr auf Kitsch, aber heute will er mal nicht so sein.


Maria kommt einige Minuten späte, wie Ben bereits sitzt, ebenfalls im Restaurant an. Sie ist hier heute zum ersten Mal. Sie hat immer nur von dem Restaurant gehört. Jetzt ist sie gespannt, wie sie hier heute Abend heraus geht.

Den Tresen am Eingang beachtet Maria zuerst gar nicht. Sie sieht sich um, interessiert aber gleichzeitig suchend. Sie hofft Ben zu finden. Aber das ist gar nicht so einfach bei den ganzen vorbei huschenden Menschen.
„Màm, kann ich Ihnen helfen?“, wird Maria plötzlich in ihrer Suche unterbrochen. Sie sieht zur Stimme und erkennt eine Frau vor einem Tresen.
„Vielleicht. Ich bin verabredet. Mit einem Ben Johnson.“
„Ja, der Herr erwartet Sie bereits.“
Interessant, ein Mann der etwas von Pünktlichkeit versteht. Dabei muss Maria gestehen, dass sie nicht immer so pünktlich war. Ihr Beruf hat sie so überpünktlich gemacht. Als sie noch jünger war hat sie gerne mal jemanden warten lassen.

Über ihre Gedanken hinweg folgt Maria der Frau hinaus auf eine große Terrasse. Sie sieht sehr schön und einladend aus, wie alles was sie jetzt so auf den ersten Blick erhaschen konnte.
Die Frau tritt etwas zur Seite, wie sie und Maria am Tisch angekommen sind. Aber das brauchte sie nicht, denn Maria und Ben haben sich bereits erkannt. Ben ist inzwischen auch schon aufgestanden.
Und die unbeteiligte Frau verschwindet wieder. Sie hat schließlich auch zu tun.

„Hallo...“, beginnt Ben. Er weiß aber gar nicht was er richtig sagen soll. Ein 'schön, dass du da bist' klingt sehr komisch in seinen Augen. Und bis her sind sie auch noch nicht beim 'Du'. Und das macht das Ganze etwas viel unangenehmer, als es eigentlich ohnehin schon ist.
„Hallo. Da bin ich. Wie ich es versprochen habe.“ Maria lächelt, ergreift dann Bens Hand die er ihr nach kurzem Überlegen gereicht hat.

„Mein Deal war schon echt gemein, oder?“, will Ben mit leichten Gewissensbissen in Erfahrung bringen. Er deutet auf den Stuhl ihm gegenüber. Maria will sich gerade setzen, da ergreift Ben ihren Stuhl und schiebt in weiter an den Tisch hinan. „Was für ein Gentleman, danke. Und keine Sorge, so schlimm war es nicht. Wenn ich es nicht gewollt hätte, dann wäre ich nicht gekommen.“
„Sie wollten also ein Date mit mir?“
„Erstens: stimmt das nicht. Und zweitens: können wir das Sie lassen? Mit diesem 'Sie' fühle ich mich echt unwohl, das würde sich gerade völlig falsch anfühlen.“
„Ich bitte darum, dass wir das Sie lassen. Ich wollte nur nicht unhöflich sein.“
„Das waren Sie...“ Maria macht eine etwas längere Pause, in der sie überlegt ob sie jetzt 'Sie' oder 'Du' gesagt hast. Ein kurzes Lachen seinerseits bestätigt ihr, dass sie ihn gesietzt hat. „Das warst du in der Schule bereits, wie du den Deal vorgeschlagen hast.“, korrigiert und beendet sie dann.
„Das werde ich nun sicher den ganzen Abend vorgehalten bekommen.“
„Nein, nicht den Ganzen. Während ich esse unterbreche ich es kurz.“


Angeregt unterhalten sich die zwei. Vertiefen sich dabei völlig in ihre Gespräche und nehmen nur sehr schwach ihre Umwelt wahr. Auch wenn ein Kellner kommt und sie etwas fragt beachten sie dies nur sehr kurz und geben genau so kurze Antworten. Sie vergessen zuerst sogar völlig, dass sie sich auch was zu Essen bestellen wollten.

„Möchten der Herr und die Dame vielleicht die Karte haben?“
Ben und Maria sehen sich an, dann zum Kellner. Sie lachen kurz auf. „Ja, bitte.“, richtet Ben das Wort an den Kellner der dann verschwindet um innerhalb von wenigen wieder am Tisch zu stehen und ihnen die Karte zu reichen.
Die beiden versinken in die Karte. Maria sieht schließlich interessiert zu Ben. „Kannst du etwas empfehlen?“
„Ja, das Risotto hier ist einsame Spitze.“
„Dann habe ich meine Wahl bereits.“, lächelt Maria und legt die Karte zur Seite. Ben winkt den Kellner zu ihnen und gibt dann ihre Bestellung ab. Der Kellner dankt ihnen und nimmt ihre Karten wieder mit.

„Da fällt mir auf, dass ich dich gar nicht gefragt hab, was du beruflich machst. Was ich mache weißt du ja. Aber was macht Ben Johnson beruflich?“ Sie lächelt kurz und sieht Ben dann interessiert an.
„Nichts spektakuläres macht er. Er ist Autor.“
„Nichts spektakuläres nennst du das? Ich finde schon, dass das Schreiben durchaus spektakulär ist.“
„Ehrlich? Was kann daran schon spektakulär sein?“
„Einiges. Du musst doch voller Ideen und Fantasien sprühen.“
„Aber was hat das mit spektakulär zu tun?“
„Du selber empfindest es nicht so. Heißt dass du wurdest in das Geschäft rein gewachsen?“
„Nein, die Entscheidung Autor zu werden war meine eigene.“
„Oh, jetzt verstehe ich...“ Maria macht eine Pause. „Was verstehst du?“, ist Ben nun neugierig geworden. „Deine Eltern wollten nicht, dass du Autor wirst.“
Ben sieht Maria intensiv an. „Erwischt. Aber woher hast du das gewusst?“
„Das war nicht schwer. Wenn du von deiner eigenen Leidenschaft negativ redest, dann kann doch nur etwas dahinter stecken und wenn es nicht deine eigene Meinung ist, dann entweder deiner Freunde oder deiner Eltern. Doch da Freunde meist auf der Seite eines Freundes stehen mussten es die Eltern sein.“
„Interessante Schlussfolgerung.“
„Ich bin Lehrerin, Schlussfolgerungen sind mein Leben.“ Theatralisch winkt Maria mit der Hand ab, was Ben zu einem amüsierten Lachen bringt. Maria erwidert das Lachen kurz darauf.

 


Am Tisch etwas entfernt, 20.48


Im Restaurant 'Jolene' ist es recht voll. Kaum ein Tisch ist unbesetzt.
Und nicht all zu weit von Maria und Bens Tisch, auf der Terrasse, sitzen zwei bekannte Gesichter. Auch sie haben sich dieses Restaurant ausgesucht um sich zu treffen, um Zeit miteinander zu verbringen. Denn sie haben sehr wenig Zeit zusammen.

„Du siehst heute umwerfend aus, Rose.“
„Nur heute?“, schmollt die Gemeinte. „Du weißt wie ich das meine.“
„Nein, eigentlich weiß ich nie genau was du meinst, Michael.“ Nun lacht sie etwas und sieht ihrem Gegenüber direkt in die Augen.
„Hast du keine Lust den Abend mit mir zu genießen?“, wirkt Michael fast schon verletzt, sieht Rose interessiert an und ergreift ihre Hand die sie auf dem Tisch platziert hat.
„Sicher doch. Wir haben ja auch einfach zu wenig Zeit.“
„Ist das ein Vorwurf?“
„Ja, aber nicht allein an dich. Ich meine mich genauso.“
Zustimmend nickt Michael.

„Gefällt dir das Restaurant?“, will Michael wissen.
„Ja, es ist echt schön hier. Sehr romantisch irgendwie.“
„Das liegt an mir.“
„Und wieder so charmant der Herr.“

Den beiden werden die Karten gereicht. Rose nimmt die Karte dankend an. Der Kellner wiederum sieht zu Michael, eh er ihm die Karte reicht hält er inne. „Für Sie wie gewohnt, Mister Cook?“ Der Angesprochene nickt nur. Der Kellner verschwindet daraufhin wieder.

Tony sieht zu Rose, die ihn nun etwas fragend ansieht. „Ich bin öfters hier.“, erklärt er dann. Rose legt den Kopf etwas schief und zieht die Augen etwas zusammen. „Allein natürlich.“, erklärt er dann.
Ein Schweigen umhüllt sie in dem Rose hinunter zur Karte sieht, ihm wohl nicht ganz glaubt. Und er sieht sie prüfend an. Warum glaubt sie ihm nicht?

„Erzähl mal, wie war es auf der Arbeit?“, versucht er sie nun auf die einfachste Methode abzulenken. „Sehr ruhig.“
„Braucht momentan keiner eine gute Anwältin?“, lächelt er schelmisch. Sie sieht von der Karte zu ihm auf. „Nein, und jetzt hör auf etwas gut machen zu wollen.“
„Bist du nicht sauer?“
„Nein, warum denn auch? Ich glaube dir, Michael.“
„Das solltest du auch, Rose. Ich bin schon länger nicht mehr mit einer Frau hier gewesen. Ich gehe nur mit ganz besonderen Frauen hier hin.“
„Und ich bin eine dieser besonderen Frauen?“ Michael nickt ehrlich. „Wann warst du das letzte Mal mit einer Frau hier?“, will sie dann wissen. „Vor drei Jahren.“, antwortet er als ob er seit dem mit gezählt hatte. „Wow, das ist ja eine lange Zeit.“
„Seit dem ist mir eben keine ehrwürdige Nachfolgerin begegnet.“
„Ich bin schwer beeindruckt, Herr Cook. Würden Sie mir mehr über diese Frau erzählen?“
„Das ist eine sehr lange, unschöne Geschichte.“
„Ich habe Zeit.“

 

 

Wieder am Tisch von Ben und Maria, 20.59 Uhr

 
Die zwei genießen ihr bestelltes Essen. In dieser Zeit schweigen sie. Und eigentlich müsste in solch einer ungewohnten Situation, zwischen Menschen die sich kaum kennen, eine unangenehme Stille legen. Doch ein jeder der beiden hängt in seinen Gedanken. Keiner der zwei findet diese Stille unangenehm.Ein ausschlaggebender Punkt.

 
„Hat es dir geschmeckt?“, will Ben nach Beenden des Essens wissen. „Hervorragend. Danke.“„Danke nicht mir, danke dem Koch des Hauses.“„Wow, er ist aufs Scherzen aus, der Herr.“, lächelt Maria.

 
Maria legt ihre Servierte zur Seite. Diese hat sie sich eben zur Hand genommen um sich den Mund etwas zu säubern. Diese Aktion hat Ben dazu gebracht das Gespräch wieder zu eröffnen, oder weiter zu führen.„Möchtest du noch etwas bleiben?“„Ich würde gern aufbrechen, wenn es dir nichts ausmacht.“„Wenn das nicht heißt, dass sich unsere Wege sofort trennen, dann stimme ich ein.“ Er hat Maria kaum Zeit zum Entscheiden gelassen, denn er winkt bereits einen Kellner an den Tisch.

 
Nach weiteren 10 Minuten verlassen Maria und Ben das Restaurant. „Darf ich dich noch begleiten?“„Wo musst du denn lang?“, will Maria wissen.„Dahin wo du mich führst.“, lächelt Ben etwas verschmitzt. „Nein, im Ernst...“, beginnt er nach einer Pause. „Ich mag nicht, dass der Abend so endet, Maria. Sonst habe ich echt das Gefühl, dass du das nur getan hast um mir einen Gefallen zu tun. Als sei das ein abgemachter Deal.“„Quatsch. Der Abend ist sehr gelungen. Besser als manch andere Freitage in meinem Leben.“„Dann lass mich dich begleiten.“Maria sieht Ben in die Augen, er sieht sie fast schon flehend an. „Okay.“, gibt sie dann nach. „Ich hab es aber noch ein bisschen bis zu mir. Wenn wir die U-Bahn unter dem Park entlang nehmen geht es allerdings etwas schneller.“„Lass uns den Park nehmen, dann können wir noch etwas den Abend genießen.“

 
„Ist es unhöflich dich aufzufordern etwas von dir zu erzählen?“, fragt Ben nach einigen Minuten, in denen sie bereits los gegangen sind. „Nein, ist es nicht. Aber du musst auch von dir erzählen.“Und so reden die zwei. Angeregt, ehrlich und sehr offen. Maria weiß gar nicht warum sie so ehrlich ist und ob sie je so mit einem Mann reden konnte.Jedoch geht es Ben nicht anders.

Vor Marias Apartment verlangsamt sie ihre Schritte. „Da wären wir...“ Sie macht eine Pause. „Ben, der Abend mit dir war wirklich nett.“ Ben sieht sie lange an. Nickt schwach. Er will den Abend jedoch nicht so ende lassen. Und so tritt er etwas näher. Aber hält noch einen gewissen Abstand. „Wenn ich sagen würde, dass ich dich gerne wieder sehen würde, was würdest du darauf erwidern?“

 

 

Flat Street 305, 21.14 Uhr

 
Eine drückende Atmosphäre hängt über dem Tisch, der im Esszimmer des Hauses steht. Das Abendessen ist bereits vor, vielleicht, einer guten halben Stunde beendet worden. Da keiner mehr Hunger hat.

Aber diese drückende Atmosphäre liegt allein dank einer Person an diesem Tisch in der Luft. Dank Jenni. Diese weiß das, will es aber nicht wahr haben. Auch, wenn sie dieses schlimme Gefühl im Magen kaum aushält. Denn dieses Gefühl sagt ihr, dass irgendwas komisch ist.

Keiner dieser monatlichen Essen ist je in ihrem Sinne abgelaufen und ausgegangen. Wobei, keiner ist gelogen. Denn vor diesem halben Jahr waren die Essen hier immer wundervoll. Ben war hier, hat mit den Mädchen gelacht und wenn er mal eine Freundin dabei hatte dann war diese immer sehr offen und nett. Davon ab, dass ihr Onkel seeehr selten eine Frau mit zu den Essen mitgebracht hat.

 
Dass ihre Lehrerin jetzt mit am Tisch sitzt, nach 6 Monaten, macht die Sache nicht einfacher. Nein, sie macht sie schlimmer. Die letzten 5 Male waren noch irgendwie okay, wobei schlimm immer noch das beste Adjektiv ist. Aber da war ihre Lehrerin nicht anwesend, weil sie nie konnte. Krank war oder eben immer was anderes hatte um nicht zu kommen. Jenni war das immer recht gewesen. Dann musste sie nicht damit klar kommen, dass die Schwester ihrer meist gehassten Lehrerin die Freundin ihres Vaters ist. Der Gedanke allein daran bereitet ihr wieder Kopfschmerzen.

 
Sina, die neben ihr sitzt, redet angeregt mit ihrer Lehrerin, die ihnen gegenüber sitzt. Was ein weiterer schlimmer Punkt an diesem Abend ist. Links neben Jenni, am einem Ende des Tisches, sitzt ihr Vater. Am anderem Ende, rechts neben Sina, sitzt Holly. Jedes mal wenn Jenni aufsieht, sieht sie zu ihrer Lehrerin. Das Gefühl, dass in ihr dann aufkommt ist kaum zu beschreiben. Fast so, als müsse Jenni jedes Mal die Antwort auf eine Frage wissen, die nie gestellt wird.

 
Irgendwann räuspert sich ihr Vater, neben ihr. Keine Ahnung ob er das beabsichtigt macht, aber alles schweigt danach auf einmal. Und Jenni kommt es so vor als würden ihre Kopfschmerzen stärker werden.„Es ist wirklich schön, dass du heute mal kommen konntest, Megan.“, beginnt ihr Vater.Den Vornamen ihrer Lehrerin zu hören lässt Jenni kurz zusammen zucken und dann ein Gefühl aufkommen, als würde sie eine Gänsehaut bekommen. Ihr Vater sieht zu ihrer Lehrerin, während Jenni ihren Vater gebannt ansieht. Irgendwas stimmt mit seiner Tonlage nicht.„Das passt sehr gut, denn wir möchten euch etwas sagen.“Jenni verfällt in eine Art Trance, eh sie zu Holly sieht - die ihren Vater verliebt anlächelt - und dann wieder zu ihrem Vater sieht.„Wir wollen heiraten.“„WAS?“, schreit Jenni fast schon. Keine Trance, kein Stillstand, keine Gänsehaut. Nichts. Gerade steigt nur Wut in ihr auf. Alle Blicke ruhen nun auf ihr. „Aber... Aber du hast sie doch noch nicht gefragt oder?“„Nein, wir wollten euch vorher fragen, was ihr davon haltet. Wir haben darüber gesprochen, aber noch nichts...“„Ich bin dagegen...“ Jenni erhebt sich von ihrem Platz, mit so einer Kraft, dass der Stuhl nach hinten umfällt. „...ich will das nicht. Niemals. Ohne mich, Dad. Ohne mich.“ Und dann verlässt sie den Raum und geht die Treppen hinauf.


„Ich freu mich für euch.“, hört sie noch ihre Lehrerin, aufmunternd, flüstern.

Kapitel 9

2 Monate später - Navy Jard, 12.07 Uhr

 

Mit dem Kopf in den Händen abgestützt sitzt Ayleen auf ihrem Platz und starrt Gedankenverloren auf den Boden des Navy-Jards.

„Woran denkst du?“, will Jackson von ihr wissen.

Die beiden befinden sich als Einzige aus ihrem Team in ihrem Bereich. Sie sind also ganz unter sich.

Ayleen sieht nur kurz zu Jackson. „Ich weiß nicht...“

„Doch nicht daran, dass der treue Freund sich nicht meldet?“

„Irgendwie schon.“

„Ayleen, er weiß, dass du viel um die Ohren hast.“

„Ja, und deswegen ist er jetzt sauer. Und ich weiß nicht was er jetzt macht, weil er sich nicht meldet. Ach, diese Männer...“

 

„Was haben wir jetzt schon wieder angerichtet?“, will Michael wissen, der gerade dazustößt. Er setzt sich auf seinen Schreibtischstuhl und sieht dann interessiert zu Ayleen, als er seinen Stuhl etwas weiter an den Tisch schiebt.

„Nicht ihr, Michael. Nur er. Er allein.“

„Er hat sich immer noch nicht gemeldet? Und du hast ihn gestern auch nicht mehr gesehen?“ Michael sieht seine Kollegin fast schon schockiert an.

„Nein, er reagiert nicht auf meine Anrufe...“

„Dann ist er wirklich sauer.“

„Aber ich hab doch nichts gemacht. Ich hab ihm nicht mit Absicht abgesagt. Wie oft müssen wir wegen Gibbs länger machen...?“

„Ich kenne das.“

„Wie machst du das, ist Rose nie sauer deswegen?“

„Irgendwie schaffen wir es immer. Aber sie macht auch manchmal länger als erwartet. Da gleicht sich das aus. Du musstest dir ja unbedingt einen Sportler anlächeln. Die haben halt keine Verlängerungen.“

„Doch. Aber nie so lange.“

 

„Eure Privatgespräche über Ayleens Sportler könnt ihr auf später verschieben, jetzt haben wir allerdings einen toten Sportler im Baseballstadtion.“

Die Anwesenden beenden ihr Gespräch, auch wenn Jackson unter ihnen eben kaum noch mit diskutierte. Boyle hat es mal wieder geschafft, sich gekonnt anzuschleichen.

„Und was hat das mit uns zu tun?“

„Der Tote ist ein Navy Officier. Packt eure Sachen, Ronald hab ich schon Bescheid gegeben. Ihn und O'Murphy treffen wir dort.“ Boyle greift in einer Schublade, an seinem Schreibtisch, nach seiner Waffe und gefolgt von seinen Teammitgliedern geht er dann auf den Fahrstuhl zu.

 

„Vermissen tust du deinen Freund aber noch nicht, oder Ayleen?“, will Michael neben ihr wissen, er hat sie gerade mit schnellen Schritten eingeholt. „Nein, warum?“

„Hätte ja sein können. Aber unser Toter kann er ja nicht sein, er ist ja kein Navy Officier.“

„Und er spielt kein Baseball, er spielt Fußball.“

 

Als das Team auf dem großen Baseballfeld angekommen ist trauen sie ihren Augen nicht.

In Mitten des großen Baseballfelds ist eine Absperrung. Nichts ungewöhnliches. Ungewöhnlich ist jedoch der Zustand des Opfers. Einige Knochen sind gebrochen und es sieht fast so aus, als habe jemand dem Opfer Erde und Gras in den Mund gesteckt. Jedoch gibt es keine Anzeichen auf Blut oder ein gebrochenes Genick.

 

„Was ist denn hier passiert?“, will Michael erschrocken wissen.

„Nach was sieht es deiner Meinung nach aus?“, fragt Boyle trocken.

„Nach brutalem Mord.“

„Davon können wir noch nicht ausgehen.“, hebt Boyle das Absperrband hoch um darunter lang zu gehen und zum Opfer zu gelangen.

Der Rest seines Teams scheint allerdings wie festgewachsen.

„Was wartet ihr, macht eure Arbeit. Ayleen mach die Messungen, Michael untersuch die Umgebung, und Jackson hol dein schlaues Ding heraus um mir Infos zum Toten zu geben.“

Endlich schafft es sein Team sich in Bewegung zu setzen. Sie lassen ihren Boss ungern warten.

 

Boyle sieht sich um, er scheint wen zu suchen und wie er etwas weiter drei Personen entdeckt zögert er nicht lange und macht sich auf den Weg zu den Gesichteten.

„Sie haben uns gerufen?“, fragt Boyle einen Mann in Uniform. Der Mann nickt. „Nach dem die Herren sagten, dass sie bei der Navy sind wussten wir, dass das hier kein Fall für die Polizei ist.“

„Danke, ich mache weiter.“, erklärt Boyle knapp und geht nicht weiter auf das Gesagte des Mannes ein, sondern schickt ihn wieder davon. Boyle sieht dem Mann noch nach, wie er ein paar Leute zu sich pfeift und ihnen mitteilt, dass ihre Arbeit hier getan ist. Dann dreht sich Boyle zu den zwei übrig gebliebenen Männern.

 

„Sie haben den Toten hier aufgefunden?“

Die zwei nicken, einer setzt dann zum Reden an. „Jared war nur ein paar Minuten vor uns fertig in der Umkleide, er wollte schon raus und sich warm machen. Wir waren vielleicht 5 Minuten nach ihm hier draußen.“

„Woher kennen Sie... Jared?“

„Er gehört zu meinen Teams.“

„Welchen Teams?“

„Meinem Arbeitsteam und unserem Navy-Baseballteam.“

„Sie haben ein Baseballteam gegründet?“ Boyle verzieht das Gesicht. Mehr uninteressiert, als interessiert. „Genau. Wir sind mit mir als mehr oder weniger Teamleiter 10 Mann. Jared war unser bester Pitcher.“

„Sie sagten Sie haben ihn gefunden. So wie er da jetzt liegt?“

„Ganz genau. Es war ein ehrlich unschöner Anblick.“

„Ist es jetzt noch.“, erklingt plötzlich die Stimme des anderen Mannes. Boyle sieht zum anderen Mann in der Runde. „Kannten Sie ihn gut?“, fragt er dann an beide gerichtet weiter. Der zweite Mann sieht von der Leiche zu ihm. „So gut, wie man jemanden eben kennen kann, wenn man zwei Leidenschaften teilt.“, sagt der Erste.

„Jared und ich waren sehr gute Freunde.“, erklärt der andere jedoch. Sehr in Gedanken, seine Stimme klingt sehr leise und fast schon rau, oder erstickt.

 

Boyle will gerade etwas sagen, da allerdings sieht der zweite, der beiden Anwesenden, zu ihm auf. „Ich glaube wir haben noch gar nicht unsere Namen genannt.“

Boyle sieht auf seinen schlauen Zettel. „Tatsächlich.“ Für gewöhnlich geschieht ihm das nie. Und wenn Boyle etwas nicht tut, dann hat das einen Grund.

Aber bei diesem merkwürdigem Anblick des Opfers, bei diesem merkwürdigem Fall ist das wohl kein Wunder.

 

„Ich bin Lieutnant Dan Willson und das ist Commander Banjamin Cuper.“, stellt der zweite sie nun vor.

„Sie waren gut mit ihm befreundet, können Sie mir etwas mehr über Ihren Freund erzählen?“, richtet Boyle sich dann an Dan Willson. Dieser schluckt schwer, nickt dann aber. Sein Blick streift von Boyle an diesem vorbei und wieder zu seinem Freund, der nun von Ronald und O'Murphy auf eine Liege transportiert wird. „Wir teilten uns ein Zimmer auf dem Stützpunkt. Er war immer einer der besten von uns, was viele nicht gut hießen und ihn deswegen auch gern mal eine Lektion erteilten. Aber diese waren immer harmlos...“

„...vielleicht ist eine der Lektionen zu weit gegangen.“, führt nun Banjamin Cuper den Satz zu ende. „Meinen Sie?“, hinterfragt Boyle um zu sehen wie Cuper darauf reagiert nachdem er sich selber einmischen musste.

„Sehen Sie sich ihn doch mal an.“, wird Cuper wütend. „Ich hab ihn schon gesehen.“, versucht Boyle ihn zu beruhigen. „Ich wollte nur wissen, wie Sie darauf kommen, dass die anderen ihm eine Lektion erteilen wollten. Wohl seine Letzte. Wenn es so wäre, wo sind die anderen?“ Boyle und Cupers Blicke treffen sich. „Was soll das heißen? Wollen Sie uns das in die Schuhe schieben? Wir waren doch gar nicht hier, das sagten wir schließlich gerade. Wir waren noch in der Umkleidekabine.“

„Ich will Sie gar nicht beschuldigen. Ich beschuldige niemanden. Es geht mir einfach nur darum herauszufinden was Sie gesehen haben und ob Sie mir bei meiner Ermittlung behilflich sein können.“

„Wie Sie sehen kann ich das nicht. Sie entschuldigen mich, ich habe heute noch einen wichtigen Termin.“

Boyle kommt gar nicht dazu etwas zu erwidern, Cuper verschwindet ohne ein weiteres Wort. „Entschuldigen Sie ihn. Er verkraftet es sehr schwer, wenn jemand aus seinem Team verletzt oder gar... tot aufgefunden wird.“, will Willson Cuper verteidigen.

„Ist einem seiner Mitglieder schon einmal so etwas passiert?“

„Vor 4 Jahren waren es 3 seiner Männer. In einem Einsatz.“ Boyle nickt, sieht Cuper aber weiterhin hinterher. Ganz koscher ist ihm der Typ jedoch nicht.

 

Nach einigen Minuten entlässt er auch den anderen der beiden und tritt zurück an sein Team. „Was habt ihr?“, will er dann wissen.

„Der Tote ist Lieutman Jared Kornwill, 26 Jahre. Nicht verheiratet, lebte mit seinem Kollegen zusammen auf dem Stützpunkt.“, beginnt Jackson. Ayleen reicht ihm unterdessen die Messungen, die er sich kurz durchliest. „Die Umgebung ist sauber. Ich hab nichts gefunden. Es ist unglaublich wie sauber es hier ist. Außer die Stelle an die er gelegen hat und die, die ich seinen Fußabdrücken abnehmen konnte ist auf dem gesamten Spielfeld kein einziger Grashalm schief. Entweder unser Mörder ist sehr raffiniert, oder aber...“

„...er hat seine Tat nicht hier begannen.“, beendet Boyle Michaels angebrochenen Satz.

 

 

2 Tage später, Montag - College, 7.51 Uhr

 

Der erste Schultag. Die Ferien sind vorbei. Ein neues Jahr und Jenni ist so gespannt auf das Jahr, wie auf alle anderen zuvor. Nämlich reichlich wenig. Was gibt es auch für einen Grund, dass sie sich groß freuen soll? Keinen. Ihr bester Freund, den sie liebt, ist immer noch vergeben. Ihr anderer bester Freund hilft ihr in dieser Sache auch nicht groß weiter. Und dann ist sie dazu verdonnert mit der Freundin, ihres besten Freundes, zum Tanzen zu gehen. Und das aller Schlimme an dieser ganzen Sache ist, dass diese Freundin langsam aber sicher zu einer guten Freundin wird. Warum muss Ruby auch nur so nett sein?

 

„Und freust du dich auf unseren ersten Tag, nach den Sommerferien?“, fragt Morgan neben ihr. Jenni beachtet ihn zuerst gar nicht. Sie sitzt mit ihrer Schwester im Wagen von Morgan und lässt sich von ihm mitnehmen. Sie sollten gleich da sein. Sie sind heute recht spät dran. Aber das scheint Jenni gerade nicht zu stören.

 

„Jenni?“ Immer noch reagiert sie nicht. So blickt Morgan in den Rückspiegel und sieht zu Jennis kleiner Schwester Sina. „Was hat sie?“

Das kleine Mädchen zuckt mit den Schultern und lächelt den älteren Jungen an. „Sie redet schon seit dem wir draußen auf dich gewartet haben nicht besonders viel.“, erklärt die Jüngste dann. „Ist sie heute Holly begegnet?“

„Nein, da wir verschlafen haben, haben wir sie und Papa verpasst.“

 

„Halloho...“, macht Jenni nun neben ihnen. „...ich kann euch hören.“

„Das ist schön und ich dachte, du wärst wieder eingeschlafen. Alles gut bei dir?“

„Ja, sicher ich war nur in Gedanken. Da! Nimm den. Dann sind wir nah an der Schule.“, deutet Jenni hinaus auf eine Parkplatz und verhindert, dass Morgan auf irgendetwas was mit der neuen Freundin ihres Vaters zusammen hängen könnte zu sprechen kommen könnte.

Die drei steigen aus dem Wagen aus, nachdem Morgan ihn zum Stehen gebracht hat und ihn ausgestellt hat. „Hör mal Jenni, wenn etwas nicht stimmt, dann sag es ja? Geht es um deinen Vater?“ Jenni sieht ihren besten Freund mit finsterem Blick an während sie um das Auto gehen und stehen bleiben um Ausschau nach Neil und Ruby zu halten. Dann jedoch merkt sie, dass ihre Schwester bei ihnen steht. Interessiert schaut sie zwischen den beiden hin und her. „Sina?“ Die Kleine schaut nun fragend zu ihrer Schwester. „Dein Unterricht beginnt. Flitz los.“

„Oh ja. Bis später. Ich hab dich lieb.“

„Ich hab dich auch lieb.“

 

Jenni sieht ihrer Schwester noch nach, um zu sehen, dass sie ja gut ins Schulgebäude kommt und auch nicht zu sehr trödelt. Sie bemerkt gar nicht, dass Morgan sie beobachtet. „Du und Sina versteht euch echt gut.“

„Auch nicht immer. Sie kann auch ein schlimmes Biest sein.“

„Aber immerhin hast du jemanden mit dem du dich mal zoffen kannst. Einzelkind sein hat auch echt manchmal seine Nachteile.“, erklärt er. Jenni lacht kurz auf. „Och ja. Du armes Einzelkind.“ Morgan schüttelt nur den Kopf. „Komm, lass uns rein. Neil und Ruby sind sicher schon drin.“, zieht sie ihn dann am Handgelenk mit.

 

Im Schulgebäude ist es sehr leer, denn die meisten sind an ihren Klassen. Jenni und Morgan haben nur noch drei Minuten um pünktlich zum Unterricht zu kommen. Und dennoch verlangsamt Morgan auf einmal, als sie nur noch wenige Meter vor ihrem Klassenzimmer sind, sein Tempo.

Jenni wendet sich zu ihm. „Was ist? Komm schon. Ich will nicht direkt am ersten Tag zu spät kommen.“

Morgan sieht sie neugierig und fragend an. „Was ist los mit dir?“

„Was soll los sein? Wir sind in Eile.“

„Das meine ich nicht. Du warst im Auto so still, so kenne ich dich gar nicht. In den Ferien hast du dich gar nicht gemeldet. Ich dachte, wir wollten uns treffen. Ich verstehe das nicht. Was ist in den Ferien bei dir passiert?“

Jenni denkt an die Neuigkeit von ihrem Vater und Holly. Sie verzieht das Gesicht. „Ich erzähl es dir später, okay? Aber jetzt...“ Sie sieht nach vorne, nach dem sie gerade eben um eine Ecke gebogen sind. „...sollten wir rennen.“

Morgen sieht, was Jenni sieht und erhöht mit seiner besten Freundin das Tempo um es noch rechtzeitig ins Klassenzimmer zu schaffen, eh ein Mitschüler die Tür hinter sich schließt.

 

Die zwei sehen Ruby und Neil, die sich gerade auf ihre Plätze setzen, so wie alle anderen. Sie haben es geschafft. Auch die zwei setzen sich an ihre Stammplätze. Direkt nebeneinander. Ihr Klassenlehrer sitzt bereits am Pult und öffnet das Klassenbuch.

Jenni und Neil begrüßen die anderen zwei. „Danke, dass ihr gewartet habt.“, beschwert sich Morgan. „Wir haben gewartet. Aber ihr seit voll spät dran. Ich komm doch nicht am ersten Tag zu spät.“, erwidert Neil.

„Ich konnte ja nicht ahnen, dass unsere Freundin verpennt.“

„Was Jenni verpennt?“ Neil sieht geschockt von Morgan zu Jenni. Diese hat ihn bis eben angestarrt, als sehe sie ihn zum ersten Mal. Ist er in den Ferien nochmal hübscher geworden? Unglaublich wie seine blau-grauen Augen zu seinem dunklem Teint passen. Apropos dunkler Teint, war er vor den Ferien schon so braun? Oder war er im Urlaub und in der Sonne? War er allein weg? Mit seiner Familie? Oder gar mit Ruby? Naja, die zwei sind jetzt fast ein Jahr zusammen, fährt oder fliegt man da schon gemeinsam in den Urlaub?

„Jenni?“, winkt Neil vor ihrem Gesicht herum. Die Angesprochene schreckt etwas hoch und merkt, dass ihr leichte Röte ins Gesicht steigt. Aber das bekommt keiner mit, außer Ruby die sie nun ebenfalls fragend ansieht. „Was denn?“, will sie dann, wieder gefasst, wissen.

„Seit wann verpennst du?“

„Ich habe nur verschlafen, weil ich vergessen hab meinen Wecker zu stellen. Ich hatte schreckliche Ferien.“

„Warum?“

„Unwichtig. Mister Collins beginnt.“, winkt sie schließlich ab, hat sich kurz vorher bereits abgewandt und hofft, dass ihren Freunden das reicht.

 

„...Ich werde euch jetzt noch den neuen Stundenplan an die Tafel schreiben, eh ihr dann die 2. Stunde nach Plan habt.“, kündigt der Lehrer an und wendet sich dann an die Tafel.

Nachdem Mister Collins die ersten zwei Stunden vom Montag an die Tafel notiert geht ein Raunen durch die Klasse. Auch Jenni stöhnt verzweifelt auf. „Das war so klar.“

Der Lehrer dreht sich um und lächelt schwach. „Ach kommt schon. Ja, Mathe am Montag früh ist nicht das Beste um die Woche zu starten, aber ich weiß, ihr macht das Beste draus.“ Er zwinkert einmal und man erkennt sofort, dass er wirklich meint was er da sagt.

Und trotz, dass sich Jenni nichts schlimmeres vorstellen kann, als Mathe in der ersten Stunde am Montag zu haben, muss auch sie lächeln. Sie mag Mister Collins. Mit ihm als Klassenlehrer haben sie echt Glück gehabt.

 

 

Baglino Interior Design, 8.23 Uhr

 

„Das ist der beste Desiner Teppich den Sie derzeit irgendwo bekommen. Ein wirklich edles Stück, klar der Preis ist sehr beachtlich. Aber fühlen Sie nur wie unglaublich fein und dennoch weich der Stoff ist. Ein Wohlfühlen unter den Füßen, ein wahrer Anblick jeden Zimmers.“

Ja, wenn Jude etwas kann, dann verkaufen. Gut verkaufen. Nicht nur Möbel und Teppiche, nein sie kann auch Wohnungen verkaufen. Das tut sie hier zwar gerade nicht. Aber das Paar, das vor ihr sitzt, konnte bereits beeindruckt werden mit der Wohnung die sie ihnen gezeigt hat. Und jetzt ist sie dabei dem Paar Möbel und Teppiche schmackhaft zu machen, die in deren Budget passen und zu ihrer Wohnung.

 

Ihr eigentlicher Beruf ist es eine Angestellte dieses Hauses zu sein, in dem sie sich gerade befindet. Nicht zu vergessen, dass dieses Haus sehr angesehen ist. Ein jeder hat bereits davon gehört. Zwar ist der Besitzer keiner dem eine große Kette gehört, aber dennoch spricht sich seine Arbeit seit den letzten Jahren sehr rum. Das Haus ist nicht sehr groß und wirkt eigentlich eher wie eine Bank auf den ersten Blick. Hier wird nichts verkauft. Denn schließlich sind Innenausstatter dafür bekannt, dass sie Häuser nach Wunsch einrichten. Nur selten bekommen sie die Möglichkeit ganz allein ihren Ideen nachzugehen. Jedenfalls geht es Jude so.

Hier in diesen vier Wänden sitzt sie mit Kollegen an unterschiedlichen Tischen, in wenigen Büros (von dem jedes einem Arbeiter gehört). Das Haus streckt sich in nur zwei Stockwerke. In das Erdgeschoss in dem, mit ihr, 10 Mitarbeiter in ihren Büros sitzen und dem ersten Stock, wo ihre Chefs (Patrick J. Baglino Jr. und Paul W. Baglino) den Laden im Auge behalten und bestimmen welche Arbeiter Talent haben und welche nicht. Und Jude zählen sie zu einen der wenigen, die wirklich was können. Außerdem besitzt das Haus ein großes Lager, wo sich einige Kataloge befinden. Darunter Probe-Kataloge von Teppichen, Sofabezügen und Möbel-Kataloge. Natürlich wissen Sie, dass Jude ebenfalls auch Wohnungen vermittelt, was aber eher einen anderen Hintergrund hat und was die zwei Chefs als eine Art Bereicherung sehen, denn wenn Jude Wohnungen und Häuser vermittelt, so kann sie mehrere Kunden zu ihnen führen und sie dazu animieren ihre Wohnungen von Innenausstattern einrichten zu lassen.

 

Das verheiratete Paar, das Jude auf Mitte 40 schätzt sieht sie interessiert, aber gerade auch etwas zweifelnd an. „Ganz ehrlich, Miss Larsen. Der Teppich ist echt schön, aber wenn ich den Preis sehe, dann muss ich echt passen. Was sagst du, Schatz?“ Der Mann sieht zu seiner Frau und erhofft Unterstützung. Diese jedoch hat ein Glänzen in den Augen. „Wieso? Der Teppich ist wunderschön. Und so teuer ist er dann auch nicht.“

„Also, ich finde 5.000 Dollar schon recht teuer. Für einen Teppich. Nur einen, Schatz. Das kann nicht dein Ernst sein.“

Jude beobachtet das Paar, sie pflegt es in einem Gespräch zwischen den Käufern nicht groß mitzureden, denn es ist ganz verständlich, dass um gewisse Preise gestritten wird.

 

„Sie haben nicht zufälliger Weise einen Teppich, den man in dieser Größe bekommt und der dennoch etwas günstiger ist?“, fragt schließlich die Frau, sichtlich geschlagen. Sie hat den vielen Argumenten ihres Mannes zugestimmt und sich schließlich mit ihm geeinigt, dass jedoch etwas mehr Geld in das gemeinsame Bett und den Möbeln im Wohnbereich gesteckt wird.

„Aber sicher.“, lächelt Jude und blättert etwas weiter vor in dem Probe-Katalog, den sie aus dem Lager her geholt hat.

 

Das Paar, welches an Judes Schreibtisch platz genommen hat, verbringt noch einige weitere Minuten bei ihr. Jedoch schaffen die drei nicht viel weiter als zu den Wohnzimmermöbeln zu kommen, denn da unterbricht Judes Telefon sie. Entschuldigend sieht sie vom klingelndem Gerät zu ihren Kunden. „Da müsste ich gerade dran.“

„Kein Problem.“

 

Jude nimmt das Gespräch an und ist sichtlich überrascht, dass einer ihrer Chefs am Apparat ist. An ihrem Blick erkennt man, dass sie etwas verwirrt ist und nach dem Auflegen sieht sie entschuldigend zu ihren Gästen. „Wir müssten den Rest ein andern Mal besprechen, mein Chef verlangt nach mir.“, entschuldigt sie sich dann ehrlich für die Störung und für das folgende Schließen des geführten Gespräches. Das Paar vor ihr versteht und verlässt dann, mit einem zufriedenem Lächeln, ihr Büro. Das tut Jude auch, jedoch benutzt sie den Fahrstuhl (ja, obwohl es nur zwei Stockwerke gibt, hat das Haus einen Fahrstuhl), sodass sie schneller oben ist - oder eher etwas Zeit schinden kann.

Im zweiten Stock befinden sich nur zwei Zimmer. Vom Fahrstuhl aus führt ein Gang nach rechts und links. Rechts befindet sich Patricks Büro und aus diesem Grund wendet sie sich nach links, denn zu Paul muss sie; da dieser sie anrief.

 

Vorsichtig klopft sie an, als würde sie ihn stören können, obwohl er sie erwartet. Nach einem „Herein“ vom anderem Ende der Tür betätigt sie die Türklinke und betritt das große Zimmer. Als ein Zimmer ist das nicht mehr zu vergleichen, ein Bürozimmer ist es auch nicht mehr. Es gleicht fast einem großem Raum. Einem prächtigem, majestätischen Saal. Ja, Saal ist der richtige Ausdruck. Sie kennt die Innenausstattung auswendig, samt Möbelbeschreibung und samt Besitzer.

 

Paul W. Baglino. Das W in seinem Namen steht für Wayne. Aber Paul mag seinen zweiten Namen nicht besonders. Er hat ihn von seinem Großvater, den er nie besonders leiden konnte. Er ist Mitte 30 und recht gutaussehend. Er hat einen gut gebauten Oberkörper und passt eigentlich gar nicht hier in das Geschäft. Und er hat deutlich weniger Ahnung, als sein Bruder. Aber da er hier sehr ungern ist und sein älterer Bruder eh das Sagen hat braucht dieses Wissen nicht weiter erläutert zu werden. Noch wichtig zu wissen wäre, dass Paul fast verheiratet wäre. Warum fast? Nachdem seine damalige Verlobte erfuhr, dass er eine Affäre hatte - die ebenfalls nichts von ihr wusste - löste die Verlobte die Verbindung und verschwand. Paul hat sie nie wieder gesehen.

Woher Jude das alles wusste? Nein, nicht wegen ihres gern gehabten Vorwissen der Personen mit denen sie es zu tun hat. Nein, der Grund ist ein viel simplerer. Sie ist diese Affäre.

 

„Da sind Sie ja, Miss Larsen.“

„Sie haben mich erst vor einer Minute angerufen.“, erwidert sie, leicht genervt. Sie versucht allerdings möglichst neutral zu wirken.

„Es hat eben ein John Cater bei mir angerufen. Er hat nach Ihnen verlangt und diese Nummer angegeben wo Sie ihn erreichen können. Ihr Freund?“

„Nein, ein Klient. Aber er hat meine Nummer von hier gar nicht...“ Sie kommt nicht weiter, da unterbricht ihr Chef sie bereits. „Er wollte das Sie ihn anrufen.“

„Mache ich.“ Eine kurze Pause entsteht, die sie mit Absicht entstehen lässt. „Ist sonst noch etwas?“ Ihr Chef schüttelt mit dem Kopf. Sie dreht sich zum Gehen.

„Jude?“, hält er sie dann jedoch auf. Es fährt ihr eiskalt den Rücken hinunter. Sie bleibt stehen, dreht sich aber nicht um. „Wie geht es dir seit...?“ Jude schüttelt mit dem Kopf, öffnet die Tür und lässt sie lautstark ins Schloss fallen.

 

Unten im Büro vergisst sie allerdings John Carter anzurufen, denn ihr Telefon klingelt und so geht sie ihrer Arbeit nach.

 

 

Spring Street 159, 9.11 Uhr

 

Schreibblockade. Ein Wort das Ben Johnson eigentlich nicht kennt. Die Betonung liegt auf dem kleinem, unscheinbarem Wort „eigentlich“.

Seit Jahren hat ihn keine eingeholt. Nie. Ehrlich. Er hatte immer das Glück, dass er in seiner Zeit als Autor sagen konnte, dass er nie an einer Schreibblockade litt. Und das war wirklich so. Er hatte einen genauen Ablauf. Sein Tag war immer genau strukturiert. Alles war ins genaue geplant. Nichts verlieh ihn dazu an einer Schreibblockade zu leiden.

 

Sein Tagesablauf lief immer in etwa so ab...

Morgens, nach dem Aufstehen, ging er in sein Bürozimmer. Dort fuhr er den Rechner hoch. Wie der Computer damit beschäftigt war ging er ins Bad, trat vor den Spiegel und putzte sich anschließend die Zähne. Die Küche danach betreten stellte er die Kaffeemaschine an. Nebenbei steckte er zwei Toastscheiben in den Toaster und schob den Drücker an der rechten Seite hinunter. Er ging an den Kühlschrank holte Milch, Butter und Käse oder Wurst (je nach was ihm am Tag war) heraus. Er drückte auf die Kaffeemaschine um sie zu zwingen den Kaffee für ihn zu erwärmen. Die Toastscheiben schossen in dieser Sekunde aus dem Toaster und er konnte anfangen diese zu beschmieren und zu belegen. Als Sandwich legte er die Scheiben aufeinander und biss einmal in das Frühstück. Mit der anderen, freien, Hand holte er die Kaffeetasse unter den Düsen der Maschine hervor, tat etwas Milch zum Kaffee und stellte dann Milch, Butter und Toastbelag zurück in den Kühlschrank. In dieser Zeit hatte er bereits ein weiteres Mal vom Toast abgebissen. Anschließend nahm er Tasse und Toast in sein Bürozimmer mit und aß die letzten zwei Bissen seines Toast, nachdem er vor seinem Rechner platz genommen hatte. Die letzten Krümmel wurden mit einem aneinander Reiben beider Hände entfernt und er griff zum ersten Mal zu seiner Maus um auf seine aktuelle Geschichte zu klicken - die sich immer bereit auf dem Desktop befand. Wie die Datei sich öffnete nahm er einen Schluck seines Kaffees, sodass die warme Flüssigkeit zu seiner Munterkeit beisteuern konnte.

Danach fing er an zu schreiben. Und nur sehr selten kam er von seinen neu, meist in der Nacht - hin und wieder aber auch am Tag zuvor - entstandenen Ideen ab. Er wusste immer genau was er schreiben wollte, denn dafür feilte er sehr genau an seinen Ideen, wenn ihm eine kam. Er ließ sie nicht einfach durch seine Gedankengänge schweifen. Nein, er ergriff sie und versuchte sie zuzuordnen und am richtigen Platz zum Aufblühen zu bekommen. Er war darin bereits richtig gut. Wirklich richtig, richtig gut.

 

Das mag jetzt klingen, als würde Ben seinen kompletten Tag so planen. So penibel darauf achten, dass alles nach Plan läuft. Das ist aber nicht so. Schließlich konnte er nie genau sagen wie der Tag verlaufen würde. Hin und wieder holte er ja schließlich Sina, die Tochter seines Freundes - der in er Nachbarstraße wohnt, ab. Aber seine morgendliche Arbeit war geplant. Ganz genau geplant. Und das war ihm wichtig.

 

Doch heute war der Tag gekommen. Der Tag von dem er sich fürchtete. Der Tag, der einfach ganz anders war. Und das hatte seine Gründe. Diese herauszufinden, war gar nicht so einfach. Doch nichts wollte heute so wie Ben es wollte. Gar Nichts.Und das fing genau vor 15 Minuten an.

 

Um kurz nach 9 öffnete Ben seine Augen. Er fühlte sich völlig gerädert, als habe er gestern die ganze Nacht durchgemacht. Getrunken, gefeiert und als habe er eine Frau mit zu sich genommen. Er hatte Kopfschmerzen, Gliederschmerzen und vor seinen müden Augen zogen kleine Punkte ihre Kreise.

Wurde er etwa krank? Nein, es ging ihm, abgesehen von dem aufgezählten Problemen, sehr gut. Und er wusste, dass er auch heute Schreiben konnte. Doch...

 

Ein Blick auf seine Uhr verriet ihm zwei Dinge. Einmal, dass es bereits kurz nach 9 war, eine Zeit zu der er nie aufstand, wenn er arbeitete. Und dann, dass er verschlafen hatte. Im Grunde war das ein Grund. Aber für Ben waren es zwei unterschiedliche Dinge. Denn sie passten nicht zusammen. Er schlief montags zwar immer eine Stunde länger, aber um 9 Uhr war er noch nie wach geworden.

Was aber hatte das zu bedeuten?

Er musste den Grund herausfinden. Aber nicht ohne mit seiner Arbeit anzufangen.

 

Er stand auf und merkte sofort, dass etwas fehlte. Nicht nur, dass er sich wahnsinnig müde fühlte, hinzu kam noch, dass er nichts hatte um seine Geschichte weiter zu führen. Ihm fehlte eine Idee. Ihm fehlte sein gestriger Traum, oder ein Erlebnis am letzten Tag. Komisch, das konnte nicht wirklich wahr sein. Ben stand neben seinem Bett und dreht sich ein paar Mal um sich selber. Nicht um zu verdeutlichen, dass er jetzt völlig irre wurde, nein um zu erfahren ob alles da war wo es sollte. Wer weiß, vielleicht träumte er ja auch nur. Das würde ihn jetzt wirklich retten. Retten vor einem schrecklichen Tag. Davor zu spät wach geworden zu sein, davor seinen Tag nicht ungewiss beginnen zu lassen und noch viel wichtiger, davor keine Idee zu haben um an seiner Geschichte weiter zu machen.

Doch nichts, es war alles wie es sein sollte. Seine Wohnung war die seine, alles stand an seinem Platz. Und er... er war wirklich wach, das wusste er, nachdem er sich einmal in den Arm kniff um wirklich sicher zu sein.

 

„Verdammt.“, kam es ihm über die Lippen. Er konnte es nicht verhindern zu fluchen.

Mit langsamen Schritten schlürfte er aus seinem Schlafzimmer in den Flur und gerade aus zu seinem Bürozimmer. Dort fuhr er den Computer hoch, so wie er es immer machte. Gott sei dank, er schaffte es in seinen Rhythmus rein zu kommen. Jetzt konnte nichts mehr schief gehen.

Sein nächster Weg führte ihn gewohnt ins Bad, wo er sich im Spiegel betrachtete und dann seine Zähne putzte. Anschließend ging er in die Küche und stellte die Kaffeemaschine an, dann griff er... ins Leere?!

Nein. Nein, nein!

Da war es. Das was seine tägliche Routine zerstörte. Das Toast war leer.

Ihm fiel ein, dass er die Tüte am Freitag leerte und Samstag eine neue holen wollte. Ja, wollte. Doch er hatte es vergessen, da er noch bei Sam war um ihn weiter aufzubauen, wegen der Sache mit seiner Tochter, Jenni, die sich weigerte mit ihm zu reden nach der Sache mit dem Essen und der geplanten Hochzeit.

 

Und so sitzt er nun da. An seinem Schreibtisch, vor dem Rechner. Einer Tasse Kaffee, einem fehlendem Toast und einer fehlenden Idee. Mit seiner ersten Schreibblockade seit 6 Jahren.

 

Ben sieht auf den Computerbildschirm und liest den zuletzt geschriebenen Satz nun bereits zum bestimmt hundertsten Mal. Eigentlich kann es doch nicht so schwer sein sich einfach etwas auszudenken, denn er weiß ja was er mit seiner Geschichte machen will. Er weiß vorher um was es gehen soll, was drin vor kommen soll. Natürlich kommt vieles auch neu dazu, aber dennoch hat er einen gewissen roten Faden an den er sich hält. Es muss ihm doch gelingen einfach nur an dieser einen Szene weiter zu schreiben. Oder?

 

Das Klingeln seines Telefons holt ihn aus seinen Gedanken. Auch das geschieht eher weniger, dass ihn jemand so früh anruft. Allerdings ist es bereits ja nach 10. Was heißt, dass es gar nicht spät ist. Nur für ihn macht das jetzt eine ganze Menge aus, wenn er bedenkt, dass er eigentlich schon seit über einer Stunde konzentriert schreiben würde.

 

Er rafft sich dennoch von seinem Stuhl auf und schlürft in den Flur, dahin wo er das Telefon auffindet und den Anruf entgegen nehmen kann.

„Johnson.“, meldet er sich. „Ich bin es Sam. Alles gut bei dir? Du klingst, als seist du gerade erst aufgestanden.“

Ben dreht sich einmal um, um seinen Blick auf das Bürozimmer zu werfen. „So fühle ich mich auch. Ich hab verschlafen und eine Schreibblockade.“

„Was?“ Sein Gesprächspartner ist ehrlich überrascht, ja fast schon schockiert. „Du hast was? Ich habe seit Jahren von dir nicht gehört, dass du eine Schreibblockade hattest. Nicht seit deinem Roman, in dem es um eine Mörderin ging, die sich an ihre eigene Tat nicht mehr erinnerte. Gott, das ist Jahre her. Ich weiß gar nicht mehr wie viele, aber...“

„Es waren 6, Sam. Aber bitte erinnere mich nicht dran.“

„Okay. Sorry, Kumpel.“

 

Eine Pause entsteht. Die Ben zu unterbrechen weiß. Nach keinen 5 Sekunden - die ihm jedoch viel länger vorkommen. „Warum rufst du an?“

„Ich wollte wissen, ob du vorbeikommen kannst? Ich bin zu Hause, da ich mir gestern wohl den Magen verdorben hab.“

„Oder deine große Tochter.“

„Hör auf, das ist nicht witzig. Jedenfalls.... Du müsstest mir einen oder zwei Gefallen tun.“

Ben überlegt kurz nach, den Blick wieder starr auf sein Bürozimmer. Was würde ihn hier jetzt halten? Seine Geschichte? Seine Schreibblockade?

 

„Und? Hast du Zeit, oder musst du noch weiter arbeiten, an deiner Geschichte?“

Ben atmet laut auf. „Mit meiner Schreibblockade? Das ich nicht lache.“

„Hilft es raus zu kommen? Was hast du das letzte Mal gemacht um sie los zu werden?“

„Ich bin zu Hause geblieben und hab viel Kaffee getrunken. Hab kaum geschlafen.“

„Hat es geholfen?“

Ben denkt über Sams Frage nach. „Ich bin gleich da.“

Kapitel 10

College, 9.31 Uhr

 

Endlich Pause. Jenni hat sehr lange darauf gewartet.

Mit schnellen Schritten erhebt sie sich von ihrem Platz, kaum, dass ihre Mathelehrerin sie und ihre Mitschüler in die Pause schickt. Jenni strebt die Mädchentoilette an.

In dieser angekommen tritt sie auf den Spiegel zu und hält sich am Waschbecken fest. Dann atmet sie einmal tief ein und aus.

 

„Jenni?“, holt Rubys Stimme sie aus ihren Gedanken. Sie öffnet die Augen und sieht hinauf.

Ruby tritt an sie heran und ergreift ihre Schulter. „Ist alles okay? Du siehst nicht gut aus.“

„Alles bestens.“, entgegnet sie knapp.

Ihre Mitschülerin sieht sie skeptisch an. „Du hast in den ersten Stunden nur vor dich hingestarrt. Wir drei dachten uns, dass liegt sicher an Miss Young. Aber jetzt, nachdem wir raus sind machen wir uns etwas Sorgen.“

„Ach, und wo sind die zwei anderen, die sich ja ach so große Sorgen machen?“, wird Jenni auf einmal etwas plump. Sie sieht zur Tür, dann überlegt sie kurz und auch Rubys klärender Blick verdeutlicht ihr, dass die Antwort bereits sichtbar ist. Sie befinden sich schließlich immer noch in der Mädchentoilette.

„Tut mir leid, Ruby. Ich hatte grauenvolle Ferien.“, wird Jenni nun etwas leiser.

„Magst du uns davon erzählen?“

Jenni überlegt sehr lange, doch dann nickt sie und verlässt kurz darauf mit Ruby die Mädchentoilette.

 

Außerhalb sieht Jenni dann in zwei ebenfalls besorgte Gesichter. In das von Morgan und in das von Neil. Sie kann ihre Freunde aber nicht lange ansehen und wendet den Blick dann hinunter. Sie geht dann an ihnen vorbei, hinaus auf den großen Pausenhof.

Diesen kann man endlich mal etwas belebter sehen, als sonst. Nur einmal hat man ihn bisher so gesehen und das als Ruby Jenni ihre Freundin Lily vorgestellt hat.

 

An einer ruhigen Ecke, sehr weit weg von allem Trubel und schon fast nicht mehr als Pausenhof zu bezeichnen lehnt sich Jenni gegen die Wand des Schulgebäudes. Sie sieht hinunter und schweift in ihre Gedankenwelt ab.

 

„Hast du überhaupt mit ihr gesprochen?“, hört sie Neil flüstern.

„Sicher. Warte doch, lass ihr Zeit.“, pflaumt Ruby ihren Freund an.

Und so schweigen alle wieder.

 

Morgan berührt nach einer ganzen Weile Jennis Handgelenk. Nur ganz vorsichtig. Ihre Hände liegen schließlich ineinander, nicht lange, doch bringt diese Reaktion sie aus ihrer Starre. Sie hat Nail und Ruby zwar gehört und dankt Ruby für ihr großes Verständnis, aber dennoch war sie weiterhin allein. Allein in ihren Gedanken. Doch weiß Jenni, dass sie nicht allein ist. Dank diesen drei Personen, denen sie nun nacheinander in die Augen sieht, wird sie es wohl nie sein. Dank ihren drei Freunden. Ja, komisch. Denn auch Ruby sieht sie als Freundin. Seit wann kann sie jedoch nicht genau sagen. Seit heute? Seit dem Tanzen? Oder seit dem Ruby ihr sagte, dass sie weiß, dass sie in Neil verliebt ist? Wer weiß das schon.

 

„Wisst ihr Mister McKinley erinnert mich immer wieder an meinen Vater.“

 

Ihre Freunde sehen Jenni nun etwas verwirrt an. „Unser Erdkundelehrer erinnert dich an deinen Vater? Was hat das zu bedeuten? Und wie kommst du darauf eh wir ihn haben? Wir haben ihn doch erst gleich.“, will Neil wissen.

„Hat es mit der Sache von heute Morgen zu tun?“, fragt wiederum Morgan, leicht besorgt.

„Oder mit den Ferien?“, versucht es Ruby, die nun auf die andere Seite von Jenni tritt und dabei ihren Freund mit zieht.

Die drei Freunde umkreisen Jenni nun ganz, sodass diese sich etwas verhört vorkommt. Es aber irgendwie auch positiv aufnimmt, als wollen die drei nicht, dass das Gespräch nach außen getragen wird. Das es unter ihnen bleibt.

 

„In gewisser Weise hat es sowohl mit heute Morgen und mit den Ferien zu tun. Hauptsächlich jedoch mit meinem Vater und Holly.“, erklärt Jenni und wird dabei immer leiser.

„Was ist in den Ferien vorgefallen was du uns nicht sagen kannst?“, ist es wieder Morgan der das Wort ergreift. „Eigentlich ist es eine Woche vor den Ferien passiert, aber es trug sich die ganzen Ferien durch, da meine Schwester meinte es jeden Tag aufs Neue zum Thema zu machen.“

Die drei anderen sehen Jenni gespannt an. Sie ahnen gar nichts, sind aber um so gespannter. Sie interessieren sich wirklich, keiner von ihnen heuchelt sein Interesse vor. Das spürt Jenni.

 

„Mein Vater und Holly wollen heiraten.“

Schweigen. Langes Schweigen. Keiner der drei will etwas sagen. Jedes Wort könnte falsch sein.

 

Jenni jedoch hat das Gefühl jeden Moment zusammen zu sacken. Nicht weil sie weinen will, sie weint sehr selten. Das hat sie an dem Tot ihrer Mutter zu genüge. Sie hat sich geschworen, dass nichts mehr so nah an sie heran könnte. Keine solch schmerzenden Gefühle sollen sie noch einmal so durchbohren. Als ob sie etwas verliert. Einen geliebten und tollen Menschen.

„Sagt doch etwas. Irgendwas. Bitte.“, fleht sie dann, flüstert das letzte Wort nur noch.

 

„Eigentlich ist das doch ein Grund um glücklich zu sein.“, beginnt Neil. Jenni sieht zu ihm auf, blickt ihm direkt in die Augen. Sie nickt, er hat ja so recht. „Eigentlich. Doch ich bin es nicht. Ich kann es nicht. Ich kann Holly nicht als Schwiegermutter akzeptieren.“

„Was hindert dich?“, sieht Ruby sie interessiert an und lässt Jennis eigentlich wieder gesenkten Blick - sie konnte Neil nicht lange in die Augen sehen - nun zu ihr lenken. „Alles. Nichts. Ich weiß es nicht. Mein Hass ihr gegenüber?“

„Aber woher kommt der Hass? Doch nicht etwa wegen Miss Young.“, lässt Morgan seine Gedanken raus. Jenni zuckt mit den Schultern, sieht in seine Richtung, aber auf den Boden. „Nein, ich glaube Miss Young mag ich wegen Holly nicht. Der Hass liegt auf ihr, nicht auf Miss Young.“

„Was macht diesen Hass aus?“ Nun sieht Jenni Morgan direkt an. Seine Fragen waren schon immer die, die sie zum nachdenken gebracht haben. Oder die ihr helfen sollten mit der Wahrheit raus zu rücken.

„Ich hasse sie dafür, dass mein Vater sie heiraten will. Nach einem halben Jahr. Und Mama... sie wollte er nie heiraten.“

 

 

Flat Street 305, 10.07 Uhr

 

Ben sitzt seinem Freund nun bereits einige Minuten gegenüber. Jetzt mustert er ihn etwas genauer. „Richtig krank siehst du aber nicht aus.“, stellt er dann fest. Lauter als erwartet, eigentlich hat er das nur gedacht.

„Danke.“, erwidert Sam Anderson, der auf seinem Sessel im Wohnzimmer seines Hauses sitzt und gerade über seine Magenschmerzen geklagt hat.

„So war das nicht gemeint.“

„Nein, ich weiß ja wie du es meinst. Es ist derzeit wirklich nicht leicht mit Jenni.“

„Woher wusstest du nur, dass ich davon spreche, dass Jenni dein eigentliches Problem ist?“, will Ben, gespielt geschockt, wissen.

„Hör auf zu scherzen.“, beginnt Sam. Er macht eine Pause, in der Ben ihm die Zeit gibt über alles nachzudenken. Um sich seine Worte zusammen zu setzen, wie er sie sagen will. „Es ist zwei Monate her, dass Holly und ich beim monatlichem Essen gesagt haben, dass wir gerne heiraten wollen.“

„Nach 6 Monaten Beziehung.“

„Ich bin nicht mehr der jüngste und ich liebe Holly. Außerdem kennen wir uns schon etwas länger.“

„Ja, aber nicht viel länger. Ihr habt euch das erste Mal im College kennen gelernt, stimmts?“

Sam nickt. „Als Jennis erster Elternabend war. Sie hatte Megan abgeholt, da diese ein neues Auto brauchte, dank einem Unfall. Genaueres hat mit Megan damals nicht gesagt.“

„Es ist schon echt komisch, dass du Jennis Lehrerin mit Vornamen ansprichst.“

„Privat. In ihrer Schule mache ich das nicht.“

„Und dennoch ist es komisch.“

„Ach und, dass du mit der Mathelehrerin von Sina anbandelst ist weniger schlimm?“

„Erstens ist das was anderes, zweitens bin ich nicht Sinas Vater und drittens habe ich seit über ein einhalb Monaten nichts mehr von ihr gehört.“

„Dann war das alles also doch nur ein Deal!?“

„Anscheinend.“

 

Ben klingt plötzlich etwas niedergeschlagen und in Gedanken versunken. Er hat einige Male nach dem Treffen versucht Maria zu erreichen. Von diesen Malen ist sie nur dreimal ans Handy gegangen und von diesen drei angenommen Gesprächen verlief eines positiv. Sie haben sich jedoch kein weiteres Mal getroffen, denn sie hatte jedes Mal absagen müssen. Und nach vier oder oder Wochen vergeblichen Versuchen des Anrufens hat Ben es aufgegeben. Was aber nicht heißt, dass er es nicht immer wieder gewollt hatte. Aber immer, wenn er kurz davor war anzurufen kam ihm entweder etwas dazwischen oder aber er hat sich selber abgehalten, denn er dachte er würde sie damit nur belästigen und nerven. Und das wollte er nicht. Ja, klar er fand Maria wirklich toll und, dass er sie gern wieder sehen wollte, das war wirklich so. Und das ist auch jetzt so. Aber sie macht den Einruck, als sei sie nicht interessiert.

 

„Ben?“, holt ihn sein Freund aus seinen Gedanken. Etwas überrascht über seine abschweifenden Gedanken sieht er zu Sam

.„Über was hast du nachgedacht?“

„Über Maria und darüber, dass sie der Grund meiner Schreibblockade ist.“

 

„Wie meinst du das?“, will Bens Freund wissen.

„Es ist komisch, aber ich glaube was ich da gerade sagte... Ich habe seit einigen Tagen abschweifende Gedanken. Obwohl ich jemand bin, der einen strikten Plan morgens habe ist mir immer wieder irgendetwas eigenartiges dazwischen geraten. Nichts wirklich auffälliges, aber jetzt wie ich dir das alles sage scheint es voll klar.“

„Was meinst du mit diesen eigenartigen Dingen, die dir immer dazwischen gekommen sind?“

„Die Wortwahl stimmt nicht ganz. Aber kennst du das, wenn du einen gewissen Tagesablauf hast und der an manchen Tagen einfach etwas anders ist!?“

„Klar, mein Tag verläuft aber allgemein immer etwas anders ab, auch wenn er im groben immer der selbe ist.“

„Das meine ich. Wobei es bei mir schon sehr auffällig ist, wie geplant mein Morgen ist.“

„Und was ist dir alles so komisches unter gekommen in den letzten Tagen?“

„Es sind schon Wochen. Naja, so kleine Dinge einfach.“

„Zähl doch einfach mal was auf.“

„Ich stehe für gewöhnlich immer aus der rechten Seite meines Bettes auf. Aber seit ein paar Tagen steige ich aus der linken Seite heraus. Oder aber, ist es normal, dass ich im Bad immer zuerst ein Blick in den Spiegel werfe eh ich mir die Zähne putze. Aber seit einer Woche öffne ich direkt die Spiegeltür und greife zur Zahnbürste und Zahnpasta.“

„Krass, dass du so viel Wert auf deinen Tagesablauf legst.“

„Das ist mir vorher noch nie so aufgefallen.“

 

Lange sieht Sam Ben an, eh er versucht zu verstehen was sein Freund ihm sagen will. Aber was will Ben ihm eigentlich sagen?

Ben weiß es selber nicht. Er ist gerade noch mehr verwirrter als vorher. Wenn er vorher von sich sagen konnte, dass er verwirrt ist.

 

„Das legt sich wieder.“, versucht Sam ihn plötzlich zu beruhigen. Und Ben schaut seinen Freund darauf hin an. Einige Sekunden, die ihm gar nicht so lange vorkommen. Doch dann bricht es aus ihm heraus. Er lacht. „Das glaubst du doch selber nicht!? Ich komme mir seit Tagen völlig bescheuert vor. Und erst heute ist es mir so richtig aufgefallen. Und erst heute kommt die Schreibblockade. Das ist doch komisch. Oder? Obwohl sich seit einiger Zeit diese komischen Veränderungen in meinen Alltag einschleichen kam erst heute die Schreibblockade. Heute, nach den Sommerferien. Ist das nicht auffällig?“

„Denkst du, es liegt daran, dass du seit der Zeit nicht mehr mit Maria gesprochen hast?“

„Klingt verrückt, oder?“ Ben lächelt etwas mitleidend.

„Allerdings!“, erwidert sein Freund, völlig überzeugend. Er scheint der Ansicht zu sei, dass es Ben nicht gut geht, das sieht Ben in seinem Blick.

 

„Könntest du mir wenigstens etwas das Gefühl geben, dass ich nicht ganz verrückt bin?“, sieht Ben Sam nun verzweifelt und um Hilfe bittend an.

Er war echt noch nie so völlig neben der Spur wie heute.

Sam sieht sich in seinem Wohnzimmer um, eh er wieder zu seinem Freund sieht und zu lächeln beginnt. „Alles klar, Kumpel.“

 

„Ich hab eine gute Idee. Sie hilft dir und sie hilft mir.“ Sams Lächeln liegt weiterhin auf seinem Gesicht, was Ben zuerst etwas skeptisch macht. Aber schließlich lässt ihn die Neugierde nicht klar denken. „Okay, schieß los.“

 

„Sina hat heute bis zur 5. Stunde, wenn du sie abholst tust du mir einen großen Gefallen und du hast die Chance mit ihrer Lehrerin zu reden.“

„Woher kannst du dir sicher sein, dass auch Maria bis zur 5. Stunde in der Schule ist?“

„Sina hat in der 5. Stunde Kunst. Und Maria Miller unterrichtet Kunst in ihrer Klasse.“

„Du Fuchs. Jetzt musst du mir aber noch sagen woher du weißt, dass Sina heute 5 Stunden hat. Heute ist der erste Tag nach den Ferien und eigentlich hatte Sina doch immer dienstags 5 Stunden.“

„Tja, der liebe Vater ist aber so schlau und hat seiner Tochter heute sein altes Arbeitshandy mit gegeben, dass sie ihn anrufen kann um zu erfahren, wann er sie abholen soll.“

„Hoffentlich bekommst du es wieder.“

„Sicher. Notfalls nimmst du es an dich, wenn du sie abholst.“

„Nur wenn sie damit im Internet surft.“ Die zwei Männer lachen kurz auf, gut, dass sie ihre Worte selber nicht wahr haben wollen. Das ist gut, das zeigt, dass Sam seiner jüngsten Tochter vertraut und, dass Ben keine Angst um das Mädchen haben muss.

 

„Aber bevor ich deine Tochter hole... Wo ist deine Verlobte?“

„Sie ist nicht meine Verlobte.“

„Noch nicht.“

„Wenn sie es je wird.“

„Und wo ist sie jetzt?“

„Sie ist auf der Arbeit, wo denn sonst?“

„Ach, ich vergaß. Es ist ja für normale Menschen ein einfacher Arbeitstag. Außer für Sam Anderson, der klagt weil seine große Tochter ihn nicht den heiraten lässt wen er will.“

„Es geht nicht darum, dass sie es mir nicht erlaubt. Es geht mir darum, dass sie damit nicht klar kommt, dass ich eine Frau gefunden habe, die ich so liebe wie Kate.“

„Denkst du echt, es liegt Jenni daran, dass du jemanden anderes außer ihre Mutter liebst? Kate ist seit 6 Jahren tot. Ich glaube es liegt der jungen Dame daran, dass du die Schwester ihrer Mathe-Lehrerin liebst. Sie scheint damit nicht klar zu kommen. In ihrem Alter hasst man die Lehrer, wenn man schlecht in einem Fach ist. Und es hat jetzt Hollys Schwester erwischt, weil deine Tochter keine Schwäche für Mathe zeigt.“

„Denkst du?“

„Das ist offensichtlich. Es liegt nicht an Holly. Es liegt an Mathe und auch an Hollys Schwester.“

„Megan.“

„Es ist komisch ihren Namen zu nennen.“

„Stell dich nicht so an.“

Ben lacht. „Ist ja gut. Ich wollte dich nur etwas ärgern.“

 

„Ich verschwinde dann mal wieder zu mir, bevor ich deine Tochter hole. Vielleicht schaffe ich ja noch etwas zu schreiben.“

„Wenn du später fährst, kannst du dann noch etwas für mich einkaufen?“

„Klar, dann kann ich mir noch mein fehlendes Toast holen.“, grinst Ben, obwohl er das eher weniger amüsant findet. Schließlich hat dieses fehlende Toast zu seiner Schreibblockade beigefügt.

 

 

Baglino Interior Design, 10.39 Uhr

 

Nach 4 langen Telefonaten und einem kurzem Gespräch mit einem jungen Mann der ihr ihre Post gebracht hat schaut Jude auf die Uhr. Sie überlegt kurz ob sie die Post öffnen soll oder noch einen Klienten anrufen soll, bevor sie erstmal etwas frühstückt.

In ihren Gedanken versunken klopft es plötzlich an ihrer Tür. Ein Mann, ihres Alters steht davor. „Kommst du mit ins Cafè nebenan essen?“, fragt er mit einem Lächeln. „Wer kommt alles mit?“

„Nur du und ich.“

Das war so klar. Ihr Arbeitskollege lässt keine Chance aus sie oder eine andere seiner Kolleginnen zum Essen einzuladen. Auf den ersten Eindruck wirkt er sehr nett und das ist er auch, aber er ist ein wahrer Frauenheld. Er ist genau wie John Carter, dem sie vor drei Monaten ein Haus vermietet hat.

Als sie diesen Namen in ihre Gedanken lässt fällt ihr urplötzlich ein, dass vor einer Stunde Paul noch zu ihr gesagt hat, dass John Carter für sie angerufen hat. Das hat sich voll vergessen. „Tut mir leid, Carlos, aber ich hab noch zu tun.“ Damit wendet sie sich von ihm ab und hebt den Telefonhörer von der Station um die Nummer von John Carter zu wählen.

 

Es dauert etwas bis jemand abhebt. „John Carter, hallo?“, meldet sich der von Jude erwünschte Gesprächspartner. Jude sieht zur Bürotür und sieht, dass sich Carlos nun endlich entfernt.

„Hallo, Mister Carter. Jude Larsen hier, sie wollten, dass ich sie anrufe.“, beginnt sie dann ein Gespräch, ohne lange um den heißen Brei reden zu wollen.

„Hat ihr Chef ihnen erst jetzt gesagt, dass ich ihren Anruf erwarte?“

„Nein, bereits vor einer Stunde, aber ich hab es völlig vergessen.“

„Sie haben mich vergessen?“ Das 'mich' im Satz betont er dabei sehr genau. „Mister Carter!“

„Miss Larsen.“

 

Jude ignoriert das begonnene Spielchen und lässt mit einer kurzen Pause verdeutlichen, dass sie auch nicht drauf eingehen will. Doch John sagt nichts und so ergreift sie wieder das Wort. „Sie haben mich angerufen, was wollten sie vor einer Stunde von mir?“

„Eigentlich mit ihnen sprechen, stattdessen hatte ich ihren Chef am Telefon. Wie war nochmal sein Name?“

„Paul W. Baglino.“

„Genau, er klang sehr... wie soll man das beschreiben?“

„Genervt, gestresst, sauer...?“

„Nein. Eifersüchtig.“

Jude zieht die Augenbrauen fragend zusammen, was John Gott sei Dank nicht sehen kann. „Eifersüchtig? Wie kommen sie darauf? Auf was soll er denn eifersüchtig gewesen sein? Was haben sie ihm gesagt?“, fragt sie schließlich. „Ich habe nur gefragt ob ich sie sprechen könnte und da wollte er sofort wissen in was für einer Beziehung wir zueinander stehen.“

 

„Aber warum sollte er so etwas fragen? Er ist doch hier auf der Arbeit. Versteh einer Paul.“

„Sie nennen ihn beim Vornamen?“

„Nein. Habe ich das gerade etwa getan?“

„Ja.“

 

Jude überlegt kurz angestrengt. Hat sie wirklich ihren Chef gegenüber einem Klienten, einem Fremden, beim Vornamen benannt? „Alte Gewohnheit.“, rutscht es ihr dann unbewusst über die Lippen.

 

„Oh.“, ertönt es aus dem Telefon und Jude wundert sich erneut. „Was 'Oh'?“ Sie zieht eine Augenbraue in die Höhe.

„Na, ich vermute...“

„Vermuten sie besser nichts und sagen sie warum sie mit mir sprechen wollten.“, unterbricht sie ihn, nachdem sie merkt auf was das hinaus laufen könnte. Bevor sie hier mit jemanden, den sie das letzte Mal vor drei Monaten gesehen hat und den sie kaum kennt, über alte Beziehungen redet will sie lieber weiter ihrer Arbeit nachgehen.

 

„Meine Küche steht seit Freitag.“

Jude überlegt und wartet zur gleichen Zeit. Sie überlegt ob das wirklich alles war, was John Carter ihr sagen wollte. Und wartet, weil sie mehr erwartet. Aber es kommt nichts von ihm. „Und das heißt?“

„Das heißt, dass ich endlich kochen kann. Können sie sich vorstellen, dass die Arbeiter doch tatsächlich 2 einhalb Monate gebraucht haben bis meine Küche stand?“

„Durchaus. So was kann lange dauern.“

„Jedenfalls... Das ist nicht wirklich der Grund für meinen Anruf...“, beginnt John. „Nicht?“, unterbricht Jude ihn gespielt überrascht. Das konnte sie sich nicht verkneifen.

 

„Nein, ist es nicht.“, betont er nun, etwas enttäuscht wirkend. „Der Grund warum ich anrufe ist... abgesehen von meiner Küche, und meinem Bett natürlich, steht noch sehr wenig bei mir und ich wollte fragen ob sie mir als Innenausstatterin nicht etwas unter die Arme greifen könnten. Außerdem sind sie eine Frau, sie werfen da bestimmt nochmal einen besseren Blick auf alles als ich.“

„War das jetzt ein Kompliment, oder eine Beleidigung?“

„Dass ich sie frage ob sie mir helfen?“

Jude merkt, dass John sichtlich verwirrt klinkt. „Nein, weil ich eine Frau bin und anders auf so etwas schaue.“

„Das war ein Kompliment. Und meine Frage war durchaus ernst gemeint.“

 

Jude macht eine kurze Pause, um nachzudenken. Aber sie weiß gar nicht, warum sie nachdenkt. Sie sollte sofort zustimmen, so eine Gelegenheit bietet sich ihr so schnell sicher nicht nochmal. Vor allem, wenn hier ihre eignen Ideen gefragt zu sein scheinen. Was hindert sie da nur nicht zu zustimmen? Liegt es an John Carter selber? Aber warum? Sie mag ihn nicht wirklich, aber das ist doch kein Grund abzulehnen oder? Klar, sie wird dadurch einige Zeit mit ihm erbringen, aber er sagte ja, dass er hier in der Stadt arbeitet, also wird sie sicher auch mal allein sein.

 

„Miss Larsen?“

„Ähm, ja!? Entschuldigen sie, ich war gerade in Gedanken.“

„Ob sie meine Frage bejaen oder beneinen?“

„Nein, denn ich weiß meine Antwort.“, entgegnet sie nun. „Und ihre Antwort lautet?“

„Wann passt es ihnen am Besten, wir müssen uns treffen um ihre Ideen und Wünsche zu besprechen.“ Sie weiß, dass sie es bereuen wird sich auf ein erneutes Treffen mit ihm eingelassen zu haben - wenn auch nur rein geschäftlich.

 

 

Navy Jard, 11.00 Uhr

 

Boyle tritt aus dem Fahrstuhl und hinein in Ronalds Labor. Dieser ist vertieft in seiner Arbeit und redet mit O'Murphy. Boyle bleibt etwas entfernt stehen und betrachtet das Treiben schweigend. Er sieht auf das Opfer, Jared Kornwill. Immer noch kann er sich nicht erklären, was geschehen ist. So etwas ist ihm noch nie unter gekommen. Auch, wenn sein Bauchgefühl ihm verrät, dass Kornwills Vorgesetzter irgendwas zu verheimlichen hat.

 

„Du darfst ruhig näher treten, Boyle.“, dringt ihm die Stimme seines alten Freundes und Kollegen an die Ohren. Dies tut Boyle dann schließlich auch. „Und schon was interessantes gefunden?“

„Interessant durchaus.“, beginnt Ronald. „Aber auch unheimlich.“, stimmt O'Murphy mit ein und verzieht, leicht ängstlich, das Gesicht. Boyle schaut den Jüngeren etwas verwirrt an, dann will er Ronald weiter folgen, denn der redet weiter. „Schau hier. Es ist nichts zu sehen. Dem Mann geht es gut. Nichts ist kaputt. Keine innerlichen Verletzungen. Klar, seine Knochen sind gebrochen, aber das erklärt nicht, dass keine Spuren einer anderen Person an ihm haften.“

„Ob der Gegner Handschuhe getragen hat?“

„Unwahrscheinlich. Denn auch das würde ich sehen können. Aber es haftet nichts am Körper des Toten. O'Murphy hat recht, es ist schon fast unheimlich. Fast so als habe der Mann sich selber die Knochen gebrochen. Aber auch dann müssten spüren seiner Hände auf seinen Beinen zu sehen sein. Als wäre er eine Puppe die einfach in sich zusammen geklappt wäre.“

 

Boyle schweigt. Er ist sprachlos. Und Ronald wäre es sicher auch, wenn er doch nicht so überrascht wäre. Ihm ist noch nie eine Leiche untergekommen die nicht mit ihm reden konnte. Irgendwas sagt sie immer. Aber diese Leiche verrät nichts. Vielleicht weil sie auch geschockt ist. Weil sie den Täter auch nicht weiß. Das ist für Ronald die einzige Erklärung.

 

„Und der Dreck und das Gras in seinem Mund?“

„Es hat ihn nicht erstickt. Er hat es aber auch nicht im Fall verschluckt, es lag ihm einfach nur auf Zunge und Gaumen, als wäre es dort heraus gewachsen.“

„Herausgewachsen? Wie ist das möglich?“

„Wenn ich das doch nur wüsste Boyle.“

„Was wenn ihm das jemand einfach in den Mund getan hat?“

„Ich wüsste nicht wer. Denn auch an seinen Lippen, an seiner Zunge, an seinem Gaumen, nicht mal am Gesicht ist irgendetwas was darauf deuten könnte, dass ihn jemand angefasst hat. Außer er selber. Ich habe Fingerabdrücke an einer Innenfläche seines Mundes gefunden.“

„Hat er sich das Zeug selber in den Mund gesteckt?“

„Sieht für mich ganz so aus. Etwas anderes schließe ich aus.“

 

Wiederum oben im Navy Jard schreiben Michael und Ayleen fleißig an ihren Computern. Sie forschen nach. Suchen nach weiteren Mitgliedern des Teams.

 

Nur Jackson sitzt nicht bei ihnen. Er befindet sich unten bei Frida und überprüft mit ihr Grashalme die in der Umgebung von Kornwill waren und dessen Klamotten um irgendwas zu finden. Doch außer, dass seine Spuren zu finden sind entdecken die zwei nichts.

 

Die zwei oben schweigen sich an, die zwei unten ebenfalls. Okay, Jackson würde es, aber Frida hat immer ein Thema über das es sich reden lässt. Somit herrscht gerade nur oben unter Michael und Ayleen Stille.

 

Wahrscheinlich würde auch die Stille zwischen Ayleen und Michael nicht lange anhalten. Doch nun sind es nicht die zwei selber die sie unterbrechen, sondern Boyle, der zu ihnen kommt. „Und was habt ihr?“, will er wissen und geht auf seinen Schreibtisch zu. Nachdem er sich gesetzt hat richtet er seinen Blick zu seinen jüngeren Kollegen. Beide sind kurz zuvor aufgestanden um ihm Bericht zu erstatten.

 

„Kornwill hat zwei Brüder, einen jüngeren James Kornwill, 22 Jahre und einen älteren Brain Kornwill, 30 Jahre. Sein älterer Bruder ist einer der Männer die Cuper vor 3 Jahren bei einem Einsatz verloren hat. Seine Eltern sind geschieden, sein Vater ist vor kurzem gestorben. Seine Mutter, Jane Zilla-Kornwill lebt allein in einem Haus im goldenem Georgetown. Sie scheint Geld zu haben...“ Michael will gerade abschweifen, da weiß Boyle ihn zu stoppen. „Und Ayleen, was hast du?“

„Ich hab mich mit den Teammitgliedern von Kornwill beschäftigt. Im Baseballteam sind mehrere als in seiner Einheit die unter der Hand von Cuper stehen. Dan Willson, 26 Jahre und sein Mitbewohner ist einer davon. Er und Kornwill kannten sich wohl schon sehr lange, sie haben zusammen studiert und waren in jungen Jahren Nachbarn. Zu Cupers Arbeitsteam gehören noch Henry Fitzgerald, 27 Jahre; Celvin Bennet, 26 Jahre; Eric Northman, 30 Jahre und Aron Davidson, 27 Jahre. Bennet und Davidson spielten mit ihm im Baseballteam. Sie kommen also in die engere Auswahl.“ Zu ihrem Gesagten führt sie auf dem Bildschirm im Teambereich die genannten Männer vor. Zum Schluss hebt sie die zwei zuletzt genannten vor, sodass man ihre Bilder besser sehen kann. „Sehr gut. Forscht weiter, beide. Ich will alle Teammitglieder des Baseballteams hier haben und auch nochmal Cuper und Willson.“

„Um sie zu verhören?“, will Michael interessiert und leicht überrascht wissen. „Nein, um ihnen mein Beileid mitzuteilen und ihnen Kekse und Kaffee anzubieten. Natürlich zum Verhören.“

 

Eine kleine Pause entsteht in der Ayleen und Michael vor Boyles Tisch stehen, ohne sich zu rühren. War das gerade ein Witz? Hatte ihr Chef allen ernstes einen Witz gemacht?

Schließlich sieht Boyl zu ihnen auf. „Noch was?“ Ziva schüttelt mit dem Kopf und geht an ihren Schreibtisch.

„Ja, was mach ich mit den Infos von seiner Familie?“

„Mach damit was du willst. Geh zur Mutter, zum kleinen Bruder, befrag sie. Bring irgendetwas in Erfahrung warum Kornwill tot ist. Nimm Jackson am Besten mit.“

 

Michael und Renè machen sich tatsächlich auf den Weg. Georgetown ist ihr Ziel. Sie brauchen eine ganze Weile bis sie da sind. Aber nach fast einer Dreiviertelstunde Fahrt kommen sie an ihrem Ziel an.

 

Eine ältere Frau, im Alter von vielleicht Mitte 50., macht ihnen schließlich die Tür auf. Michael hat sich bis eben das Äußere des Hauses angesehen und anerkennend gepfiffen, während Renè die Klingel betätigt hat. „Hallo, Sie wünschen?“, erkundigt sich die Frau. Ihre Augen und Nase sind rot, woran man erkennt, dass sie die Neuigkeit bereits erfahren hat.

 

„Wir sind Special Agend Jackson und Cook, wir kommen wegen ihrem Sohn.“, beginnt Renè, der wie auch Michael, seine Marke zeigt. „Kommen sie doch rein. Jareds Vorgesetzter hat mich eben besucht und mir alles berichtet. Erst verliere ich Brain durch die Navy und jetzt auch noch Jared. Was hab ich nur getan, dass es immer meine Jungs trifft?“

„Sie haben sicher nichts falsch gemacht.“, will Jackson sie beruhigen. „Danke. Setzen Sie sich doch.“ Die zwei Männer kommen der Bitte nach und lassen sich im Wohnbereich auf einem Sofa nieder. Jared Kornwills Mutter lässt sich ebenfalls nieder, auf einem Sessel, der dem Sofa gegenüber steht. In ihrer Hand hält sie ein Taschentuch.

„Können Sie uns etwas zu ihrem Sohn erzählen? Hatte er noch andere Freunde außer die aus seiner Mannschaft? Kam er häufig zu Ihnen, hatten Sie ein gutes Verhältnis? Hatte er eine Beziehung?“

„Jared kam oft zu Besuch, er hat sogar ein eigenes Zimmer hier bei mir. Sein jüngerer Bruder, James, lebt auch noch bei mir. Er ist gerade oben in seinem Zimmer, nachdem er von der Nachricht gehört hat wollte er allein sein...“

„Denken Sie, ich dürfte mich in Jareds Zimmer etwas umsehen?“, fragt Michael, ohne die Frau wirklich unterbrechen zu wollen. Doch seine Augen sind so oder so interessierter im Zimmer umhergewandert, als, dass er sich auf die Frau und ihre Worte konzentrieren konnte. „Sicher. Aber sagen Sie, glauben Sie etwa, dass ihn jemand umgebracht hat?“

„Nein, aber wir wollen keine Suche unversucht lassen.“

„Ich verstehe...“, nickt sie nun und fährt dann fort. „...Jetzt ist James der einzige Sohn den ich noch habe. Er wollte eigentlich auch Offizier werden, obwohl ich es eher weniger duldete. Aber jetzt sieht die Sache auch für ihn anders aus. Jared war ein ruhiger Typ, er ist nie negativ aufgefallen. Unter seinen Kollegen war er sehr beliebt. Dan mochte er besonders gern. Die beiden verbindet sehr viel...“ Ein leichtes Lächeln kann sich Jane Zilla-Kornwill nun nicht verkneifen. „...sie waren sogar mit der selben Frau zusammen. Was ich da vorhin von Commander Cuper hören musste erschreckt mich jedoch. Wie kann jemand nur so etwas tun?“

 

Michael hingegen geht hinauf in den ersten Stock und durchforstet Jared Kornwills Zimmer. Er hat hier aber sehr wenig, was ihnen irgendwie helfen könnte. Er war wohl selten hier.

„Was tun sie hier?“

Michael dreht sich zur Tür. Ein Junge steht im Türrahmen und sieht ihn interessiert an. „Ich bin Special Agend Cook und ich schaue nach Beweisen. Du bist James, hab ich recht?“

„Ja. Warum müssen sie nach Beweisen suchen? Ich dachte der Tot meines Bruders war ein Unfall.“

„Das ist natürlich möglich, aber wir gehen immer auf Nummer sicher, verstehst du?“ James nickt. „Kannten Sie meinen Bruder?“

„Nein. Magst du mir ein bisschen was von ihm erzählen?“

Kapitel 11

Grundschule, 12.19 Uhr

 

Die 5. Stunde hat Maria nun bereist überstanden. Nun folgt nur noch die letzte Stunde für heute. Eine Unterrichtsstunde und dann kann auch sie gehen. Nun verabschiedet sie sich allerdings von der 1a. Die Klasse in der Sina ist. Sie hatten gerade Kunst und die Kinder sind dabei ihre Sachen zu packen, da es in wenigen Sekunden klingelt und der Unterricht beendet ist. Maria beobachtet die Kinder und wartet, dass die Letzten ihre Zeichnungen abgeben.

Der Gong ertönt und die Kinder verlassen die Klasse.

 

Eine der Letzten die abgibt ist Sina, die dann allerdings vor dem Pult stehen bleibt. „Wie finden Sie die Zeichnung, Miss Miller?“, will sie auch so gleich wissen. Maria blickt auf das Bild vor ihr und lächelt dann. „Es ist echt gut geworden, Sina.“

„Danke. Sagen Sie...“,will sie gerade anfangen, da wird sie allerdings unterbrochen. Und die Stimme die die zwei unterbricht, lässt beide zur Klassentür sehen.

 

Ben ist gerade rechtzeitig am Klassenraum von Sina angekommen, denn die Tür geht auf und einige ihrer Klassenkameraden verlassen den Raum. Er bleibt stehen und hofft, dass sie direkt eine dieser ist. Aber das ist sie nicht. Er tritt schließlich an den Türrahmen der Klasse, lässt die andren Schüler an sich vorbei huschen und sucht im Klassenraum nach Sina. Doch er sieht sie nicht, bis er zum Pult sieht. Da steht sie und er lächelt kurz. „Hey, Kleines.“, macht er auf sich aufmerksam. Erst dann sieht er, dass auch Maria am Pult steht und ihn ansieht.

 

Und plötzlich geschieht etwas, dass er nicht für möglich gehalten hat. In seinem Kopf bilden sich gerade Bilder. Nein, keine komischen Fantasien mit ihm und Maria. Er erkennt seine Protagonisten. Es entwickeln sich Bilder zu seiner derzeitigen Geschichte. Und es bilden sich Sätze. Es sind regelrecht ganze Szenen und Dialoge die sich in seinen Gedanken verfangen. Es ist fast so, als würden Marias Augen, Maria Anwesenheit - die er gerade auf angenehme Weise wahr nimmt und die seinen ganzen Körper zu durchströmen scheint - seine Gedanken zu Höchstform aufsteigen lassen. Als würde Maria seine Schreibblockade wie ein Ballon mit einer Nadel zum Platzen bringen. Sie weg wischen, als seien sie nie da gewesen. Ben fühlt sich gerade wie neu erwacht, aus einem trostlosen Traum. Denn seit heute Morgen hat er keine neuen Gedanken fassen können, keine neue Idee entsprang seiner Fantasie. Aber jetzt... jetzt überhäufen sie ihn und wollen alle als erste dran kommen. Sie wollen alle sofort aufgeschrieben werden. Zu all dem prickelt seine Hand wohlig auf, als wolle sie ihn zwingen sich an den Rechner zu setzen und weiter zu schreiben.

Jedoch muss er sich ermahnen, denn er muss schließlich noch seine Nichte zu seinem Freund bringen.

 

„Onkel Ben.“, zieht Sina an seiner Hand. Wer weiß wie lange sie schon neben ihm steht, ihre Tasche gepackt hat und nun an seiner Hand zieht. Aber endlich schafft es Ben zu ihr zu sehen. „Da bist du ja.“, lächelt er dann und sieht kurz nochmal zum Pult an dem sie doch eben noch gestanden hat. Dann trifft sein Blick erneut den von Maria, die nun amüsiert lächelt.

 

Ben hebt Sina hoch, als sei es etwas was er täglich tut. Denn sein Blick wendet sich nicht wirklich von Maria ab. Es ist, als würde Magie ihn dazu verleiten sie anzusehen. Ihre Anwesenheit in sich aufzusaugen und für Sekunden zu genießen. Wie hat er ihren Anblick doch vermisst.

 

Verrückt. Denn eigentlich verbindet die zwei nichts. Sie waren zusammen Essen, ja. Aber, das war für Maria alles nur ein Deal, etwas völlig unwichtiges. Etwas Gezwungenes. Das jedenfalls vermutet Ben, nachdem sie ihm die letzten Monaten erfolgreich aus dem Weg ging. Oder ein Telefonat ablehnte.

 

„Was ist so amüsant?“, hört er sich schließlich selber reden. Zum einem weiß er nicht wie lange er in Gedanken war, was ihn aber nicht stört und er vermutet dass dies nicht lange gewesen sein kann, da Sina ihn noch nicht angesprochen hat - und somit aus seinen Gedanken gerissen hat. Und zum anderem weiß er nicht was Maria zum Lächeln bringt, denn auch dieses ist noch nicht verschwunden.

 

Maria sieht überrascht zu Ben. Hat sie gerade gelächelt? Wenn ja, dann ist es ihr mit seiner Frage allerdings vergangen. Ja, was war amüsant? Sein Anblick? Seine liebevolle Art gegenüber Sina?

Oder war es einfach seine Stimme. Seine Stimme an die sie die letzten Monate immer weder denken musste. Unglaublicher Weise musste sie sich in den letzten Wochen eingestehen, dass sie das Essen mit Ben genossen hat. Ja, in vollen Zügen sogar. Aber warum? Es war doch mehr oder weniger nur ein Arbeitsessen. Nichts besonderes.Und dennoch. Es war seit langem das Beste was passiert war. Sie hatten sich unglaublich gut unterhalten. Ben hat viel erzählt, sie hatte viel lachen müssen.

Jedes mal wenn sie daran zurück dachte musste sie lächeln. Und seine Stimme war ihr angenehm in die Ohren gedrungen, als seie er gerade bei ihr und erzähle ihr von seinem Tag, von seiner neuen Geschichte.

 

„Was so amüsant ist? Sagen sie es mir.“, erwidert Maria nun, um seiner Frage auszuweichen. Eine blöde Taktik, aber das stört sie nicht. Sie packt die Arbeiten der Kinder in ihre Tasche, um sie später Daheim zu benoten, und geht dann auf die Klassentür zu. „Nein, sagen sie es mir besser nicht, ich muss jetzt zu meiner nächsten Stunde. Und sicher bin ich schon zu spät.“ Sie versucht an ihm vorbei zu treten, was ihr aber nicht gelingt, da er mir Sina auf dem Arm mitten in der Tür steht.

 

Ihre Blicke treffen sich. „Sie?“, fragt er nach gefühlten 2 Minuten in denen beide den Blick des anderen stand gehalten haben. Maria weiß worauf er anspricht und sie versucht es zu ignorieren und auch seine Präsenz gerade. Denn sie stehen nur einige Zentimeter voneinander entfernt.

Irgendwas ist da. Maria weiß nicht genau was es ist, aber irgendwas strahlt Ben aus. Irgendetwas, dass sie in seinen Bann zieht und etwas das ihn wahnsinnig anziehend macht. Auch wenn er gerade schweigt und sie aus seinen blau-grünen Augen ansieht. Etwas macht seine Nähe mit ihr. Aber sie kann sich nicht erklären was das ist. Und sie will es auch nicht.

 

Ben dreht sich auf einmal mit Sina so, dass Maria an ihm vorbei kommt. Sie schaut ihm noch einmal in die Augen, eh sie an ihm vorbei tritt und geht, ohne sich noch einmal umzudrehen.

 

Ben macht sich schließlich mit Sina auf den Weg zu seinem Auto. Er will nun weg hier, einfach nach Hause und schreiben. Seine Ideen machen ihn gerade fast verrückt.

 

„Onkel Ben, ist alles okay?“, will Sina wissen, die er inzwischen wieder runter gelassen hat, denn mit Rucksack auf dem Rücken ließ sich die kleine Dame auch nicht ganz einfach tragen. „Sicher, warum nicht, Maus?“, fragt er verwundert und tritt dann nach draußen vor die Schule. Der Wind der hier nun herrscht ist angenehm und lässt ihn seine Gefühle etwas normalisieren. Es war eigenartig wie gebannt er Maria eben betrachtet hatte. Er weiß selber nicht was ihn da überkam. Aber er hatte die Gelegenheit beim Schopf gepackt und alles von ihr in sich aufgesogen. Nur um Ideen für seine Geschichte zu bekommen? Vielleicht. Vielleicht ist da aber auch was anderes. Etwas anderes, was er nicht in Worte fassen kann. Jetzt noch nicht. Auch, wenn er ahnt was gerade mit ihm geschieht. Er kennt es bereits, aber nicht so wie es hier ist. Hier mit Maria Miller. Hier ist es anders.

 

„Du hast seit Wochen nicht mehr gelächelt und heute hab ich es gesehen. Es war nur kurz zu sehen, aber es war da. Und jetzt, jetzt wirkst du etwas abgelenkt.“

„Sina, bitte. Was redest du da? Wie alt bist du nochmal?“ Er versuchte zu scherzen. Denn ihre Worte klingen nicht nach den Worten einer 8jährigen. Sie klingt etwas wie ihre Mutter, Kate, die immer wusste was mit einem war bevor es derjenige selber wusste.

„Erzähl schon.“, will die Kleine erneut von ihm Informationen. Ben schüttelt jedoch nur den Kopf und schließt sein Auto auf, indem er auf den Knopf an seinem Schlüssel drückt, nachdem er und Sina an seinem Wagen ankommen. Er öffnet die Beifahrertür. „Steig ein, kleines, neugieriges, Ding. Wir fahren jetzt einkaufen und dann nach Hause.“, meint Ben und schließt die Tür, nachdem sich Sina in den Kindersitz setzt.

Als auch Ben auf seiner Seite des Wagens sitzt startet er den Wagen und verlässt das Schulgelände.

 

In dieser Zeit ist Maria in ihrer letzten Stunde für diesen Tag. Gerade redet sie mit den Kindern über den Inhalt des zuletzt gelesenen Kapitels des Buches, welches sie grade im Englischunterricht lesen und hört den Kindern nur halbherzig zu.

Immer wieder muss sie an das Wiedersehen mit Ben denken. Warum macht ihr das so zu schaffen? Sie kennt ihn doch kaum. Aber seine Augen, sein Blick, seine Frage (auch wenn es nur ein einfaches Wort war) machen ihr zu schaffen.

 

„Wir machen es einfacher...“, beginnt sie, nachdem gerade ein Mädchen versucht ausführlich zu erzählen was sie in das Kapitel interpretierte. „...Ihr nehmt jetzt Stift und Zettel zur Hand und schreibt jeder eure eigenen Gedanken zu den ersten Kapiteln und vor allem zum letzten Kapitel, das ihr bis heute gelesen habt. Ihr habt 20 bis 30 Minuten dafür Zeit, je nachdem wie ihr voran kommt. Und zum Schluss können die ein oder anderen, die möchten, ihres vorlesen. Einsammeln werde ich am Ende der Stunde alle, um euch darauf Noten zu geben.“

Maria geht auf den Schreibtisch zu, um sich dann zu setzen

.„Miss Miller, geht es ihnen nicht gut?“, fragt eine ihrer Schülerinnen und sieht, wie alle anderen, etwas besorgt zu Maria. Solch eine Aufgabenstellung ist sehr ungewöhnlich für Maria, sie lässt die Kinder viel lieber ihre Meinungen äußern als auf Papier zu bringen, weil es ihnen viel mehr hilft zu reden, als etwas aufzuschreiben.

„Es ist alles gut, Zoey, danke.“ Nur schwach lächelt sie.

 

Während die Kinder zu schreiben beginnen verfängt sich Maria in ihren Gedanken. In ihre Gedanken an Ben.

 

 

Am Ende der Innenstadt, 14.56 Uhr

 

Jude atmet einmal tief durch, bevor sie die Klingel betätigt.

Warum auch immer, irgendwas sagt ihr, das das Treffen mit John Carter heute zwar rein geschäftlich ist und bleiben wird, er es aber sicher nicht ohne dumme Kommentare überstehen wird. Sie mag solche Menschen nicht, die immer das letzte Wort haben müssen, die immer alles besser wissen müssen, die immer versuchen etwas Witziges zu sagen, die sich immer lustig finden und die immer wieder flirten müssen.

Viel weniger mag sie, dass sie genau das anziehend findet. Dass sie es vielleicht ignorieren kann, sie aber weiß, dass sie besonders diese Männer anziehend findet. Egal wie unsympathisch ihr John Carter gerade noch ist, seine Art wird etwas mit ihr machen in den nächsten Tagen, Wochen, vielleicht sogar Monaten.

Und dennoch hofft sie, dass sie einmal widerstehen kann. Dieses eine mal. Für sich, für ihre Gefühle und für ihre Arbeit.

 

Sie hört den dumpfen Klang der Klingel im Haus widerhallen. Das Haus scheint wirklich noch sehr leer zu stehen. Kurze Zeit darauf ertönt der Klang eines Schuhpaares auf dem Paket, das im Haus verlegt ist. Das wird John sein, der jeden Moment die Tür öffnen wird.

 

Die Haustür wird aufgemacht und John schaut direkt zu Jude. Er lächelt. Und es trifft sie fast wie ein Schlag. Er sieht wieder verdammt gut aus. Warum muss er nur so gut aussehen? Das ist doch unfair. Wenn er doch wenigstens hässlich wäre, dann könnte er seine Masche so lang und oft er will machen, dann würde es sie nicht im geringsten stören. Aber mit diesem Bart, mit dem hellem Hemd und der dunklen Jeans sieht er einfach unverschämt gut aus.

 

John tritt etwas zurück, öffnet bei dieser Geste die Tür ganz. „Kommen Sie rein, Miss Larsen.“, meint er dann und sein Gesicht ziert wieder dieses süffisante Lächeln. Ohne das es Jude will verdreht sie die Augen. Und im nächsten Moment ist sie stolz, stolz, dass sie es wenigstens versucht ihm zu entkommen. Versucht ihn unattraktiv zu finden.

 

„Es ist ja wirklich noch sehr leer hier.“, bemerkt sie dann, nachdem sie sieht, dass im Flur weder eine Kommode noch irgendetwas anderes (wie ein Teppich) zu sehen ist.

„Das habe ich ja angemerkt. Ich komme einfach nicht dazu, die neue Stelle lässt mich kaum atmen, da kommt das Haus etwas kurz gerade.“

„Schade. Es hat so schöne große Räume.“, flüstert Jude fast und betritt dann das Wohnzimmer. John folgt ihr, hindert sie nicht einzutreten. Schließlich ist er es, der ihre Hilfe braucht, so sollte sie willkommen sein.

 

„Was strebt ihnen so vor? Haben sie irgendwelche Vorstellungen oder Wünsche? Ich habe ein paar Kataloge mit gebracht, da können sie gern einmal rein sehen.“, wendet sie sich schließlich an John. Ihre Stimme hallt etwas nah, denn auch das Wohnzimmer besitzt noch sehr wenig - fast gar nichts. Nur einen Schrank auf dem ein Fernseher steht. Und ein Stapel mit Manuskripten.

 

„Eigentlich hab ich selber dafür viel zu wenig Zeit, es war Glück, dass ich heute um 14.00 Uhr schluss machen durfte. Ich soll hier zu Hause weiter arbeiten.“, deutet John auf den Stapel Manuskripte. Er macht eine Pause, als wolle er das Thema beenden. „Deswegen würde ich ihnen die komplette Verantwortung übertragen.“

 

Verwirrt schaut Jude zum Mann ihr Gegenüber. „Sie wollen was?“, fragt sie dann, als habe sie sich verhört.

 

„Ich glaube, dass sie eine sehr gute Innenausstatterin sind, das ist doch ihr eigentlicher Beruf, richtig?“, beginnt John und sieht sie dieses Mal ernst an.

Jude nickt schwach, immer noch etwas irritiert.

„Und ich bin fast nie zu Hause, sie hätten also freie Bahn. Wenn sie sich mit etwas unsicher sind können sie mich gern fragen. Aber ich vertraue ihnen da. Schließlich haben sie mit dem Haus einen sehr guten Riecher gehabt und sie behaupteten ja schon zu Anfang an, dass sie wissen was mir gefällt. Jetzt können sie sich beweisen.“

 

„Ich verstehe nicht recht.“, setzt Jude stockend an. „Ich soll ihnen das gesamte Haus einrichten? Möbel, Teppiche und...“

„Und alles was sie sonst noch für richtig erachten. Genau.“, unterbricht John sie, etwas unerwartet, aber so sicher, dass es Jude die Sprache verschlägt.

Dieser Mann überrascht sie immer wieder aufs Neue. Naja, das klingt eigentlich etwas voreilig, denn abgesehen von der Tatsache, dass er wohl gerne kocht hat sie bisher eher weniger umgehauen. Jedenfalls nicht so, dass er nicht mehr in ihr Raster passt. Ihr Raster der Männer die Frauen immer wieder um den Finger wickeln wollen.

„Was ist mit den Kosten?“

„Die Kosten sind unwichtig. Es sollte nur zu mir und dem Haus passen. Im Schlafzimmer steht mein Bett, das ist das einzige Zimmer bei dem ich auftrage, dass die Einrichtung auf das Bett angepasst wird. Die Küche steht ja bereits, sodass sie sich um diese nicht kümmern müssen.“ John stoppt kurz. „Möchten sie sie mal sehen?“, fragt er dann. Sein Gesicht erhellt sich, als würde er wie ein kleiner Junge über ein Spielzeug reden, dass er neu bekommen hat.

 

Jude sieht ihn länger als gewollt an, eh sie dann zu nicken beginnt und ihm in die Küche folgt. Dort verschlägt es ihr den Atem. Die Küche ist ein Traum. Sie hat nichts anderes erwartet, aber dennoch ist es überwältigend.

 

In Mitten der Kühe ragt eine große Arbeitsfläche samt Herd und Dunstabzugshaube hervor. Eine Augenweide für jedes Augenpaar das es erblickt. Die Arbeitsfläche hat eine dunkle Keramikschicht. An der Wand gegenüber streckt sich eine weitere Arbeitsfläche, mit Hängeschränken und Medizinschränken. Ebenfalls in dem dunklem Ton, wie der Keramik-Arbeitsfläche. Die sogenannte Insel in Mitten der Küche besitzt außerdem noch in die Richtung zum Wohnzimmerbereich Hocker, die dazu dienen um an der etwas höher liegenden Fläche zu sitzen und zu essen. Neben Jude, an der Wand ebenfalls in Richtung Wohnzimmer, steht noch ein Tisch, an dem 4 Leute Platz hätten.

„Wow!“, entfährt es ihr, nachdem sie die Küche gefühlt ewig bewundert hat. „Nicht?“, entgegnet John, fast schon selbstgefällig. Aber zurecht.

 

„Ein Traum. Wirklich. Und was soll aus den Zimmern nebenan werden? Wohnzimmer und...?“

„Ich weiß nicht. Ich will das ja alles ihnen überlassen. Sie zaubern da sicher schon was tolles.“

„Seien sie sich da mal nicht so sicher.“

„Kann es sein, dass sich da jemand unterschätzt?“ John lächelt, aber Jude kommentiert sein Kommentar mit einem einfachen Augenverdreher.

 

„Wenn sie jetzt etwas Zeit mit gebracht haben, dann könnten sie direkt anfangen. Also die ersten Ideen sammeln und was sie sonst alles machen müssen um die Innenausrichtung zu wählen.“, lenkt John erneut ein, um nicht immer ab zu schweifen - er weiß, dass er das selber am Besten kann.

„Ich bin mit einer ganzen Menge Zeit her gekommen, hab aber erwartet, dass sie mir sagen, was sie wollen.“, entgegnet Jude wieder etwas ungeplant.

 

„Wie ich schon sagte, ich vertraue ihnen da. Ich müsste nur wieder an meine Arbeit gehen. Sie können sich gern hier auf dem Tisch ausbreiten.“, deutet John auf den Tisch an der Wand. Diese ist komplett leer und würde ihr tatsächlich gut als Arbeitsfläche dienen. „Und wo arbeiten sie dann?“, fragt Jude, nun sichtlich verwirrt. Im Wohnzimmer hat sie nicht viel Sitzmöglichkeiten bemerkt. „Ich setzte mich raus und genieße einen der wenigen warmen Tage im August, die uns beschert werden.“

Automatisch dreht sich Jude zur Tür, die hier in der Küche, gerade rechts von ihr und vom Wohnzimmer, her hinaus auf eine wunderschöne weiße Terrasse führt. Sie sieht, dass draußen ein kleiner Tisch und zwei passende Stühle auf der Terrasse stehen.„Stört es sie, wenn ich sie allein lasse? Sie können sich am Kühlschrank gern von den Getränken bedienen und wenn sie sonst noch etwas brauchen... dann wissen sie ja jetzt wo ich bin.“

Jude kann nur nicken und dann sieht sie, dass John in Richtung Wohnzimmer verschwindet, aber auch nur um kurz darauf wieder an ihr vorbei kommt und dann hinaus auf die Terrasse tritt.

 

Erst jetzt wird ihr klar, wie ernst und fast schon kühl er heute ist. Kein Anmachspruch, keine blöde, anzügliche Bemerkung. Nichts.

Jude weiß nicht ganz genau ob sie das jetzt freuen soll oder ob sie enttäuscht sein soll. Hat er es aufgegeben sie anzumachen, weil sie vor zwei Monaten nicht interessiert war. Nicht, dass sie das jetzt ist. Aber es ist schon etwas komisch.

Nein, viel komischer ist, dass sie sich darüber Gedanken macht. Gedanken, die ganz danach klingen, als wolle sie, dass er mit ihr flirtet.

Aber wer weiß, vielleicht hat r ja schon ein neues Flirtopfer. Eines auf der Arbeit.

Außerdem sind zwei Monate vergangen, seit dem sich die zwei gesehen haben. Da kann eine ganze Menge passieren.

 

Über ihre Gedanken hinweg sieht sie sich in der Küche um. Sie legt ihre Tasche auf einen Stuhl ab, öffnet ihm um Kataloge heraus zu holen, leere Blätter und einen Bleistift.

Anschließend geht sie an einen Schrank der Glastüren hat und sie somit erkennt, dass sie dort ein Glas findet. Dann öffnet sie den Kühlschrank, den sie ebenfalls sehr schnell erkannt hat und holt sich dann gekühltes stilles Wasser heraus um sich ihr Glas damit zu füllen.

Es ist heute wirklich noch mal warm geworden. Das macht ihr nicht nur gute Laune, dass erhöht auch ihren Durst.

 

Kurz drauf läuft sie bereits in die ersten Räume um sich ein Bild von der Größe und der Räumlichkeiten zu verschaffen, sodass sie dann weiterführend ihre Ideen um die Ausstattung kreisen lassen kann.

Ein völlig neues Gefühl macht sich in ihr breit. Neugierde. Neugierde auf das was ihre Fantasie hier entstehen lässt, ohne dass sie sie stoppen muss, eher als gestatte sie ihr endlich mal freien Lauf.

 

 

Navy Jard, 16.04 Uhr

 

Inzwischen sind Michael und Renè wieder zurück. Ayleen hat in der Zeit in der sie weg waren alle Teammitglieder von Cupers Einheit herbestellt und auch zu den restlichen Baseballteammitgliedern etwas heraus gefunden. Auch diese sind alle nun da, verteilt in zwei Verhörräume und an den Tischen von Michael, Ayleen und Renè. Schließlich müssen die anderen Mitarbeiter auch noch Verhörräume belegen können. 11 Navy Offiziere befinden sich gerade im Navy Jard, wegen einem Fall. Dem Fall den Boyles Team nachgeht.

 

Boyle sitzt oben mit Dan Willson, dem Freund von Jared Kornwill.

„Hat es einen Grund warum ich ausgerechnet hier oben sitze? Allein.“, will der junge Mann wissen, der Boyle gegenüber sitzt. Roberts ist ebenfalls im Büro und steht an seinem Pult, betrachtet allerdings nur still. Fürs Erste.

Gibbs schüttelt auf die Frage von Willson allerdings nur den Kopf. „Commander Benjamin Cuper sollte eigentlich noch zu uns kommen. Aber er scheint sich zu verspäten.“

Roberts sieht auf seine Uhr und sieht dann zu Boyle. „Fangen wir einfach an.“, erklärt er dann. Willson beachtet ihn kaum, da er hinter seinem Rücken steht.

„Also, wir haben sie hier her bestellt um auszuschließen, dass ihr Freund ermordet wurde.“

„Wer sagt denn, dass er das ist?“

„Niemand und es gibt auch absolut keine Anzeichen dafür. Wir brauchen jedoch Sie, sodass sie uns etwas mehr über ihn erzählen. Sie sind der einzige der ihn am Besten kannte. Hatte er irgendwelche Probleme? Steckte er in irgendeiner Sache mit drin, von der niemand wusste?“

„Wenn niemand davon wusste, woher soll ich davon wissen?“

„Na, sie sind sein Freund gewesen. Er hat ihnen doch sicher etwas anvertraut.“

„Ja, sicher. Aber er hat nie irgendwelche Schwierigkeiten gehabt. Er war viel zu bodenständig und selbstbewusst um sich auf irgendetwas einzulassen, dass nicht seiner Norm entsprach.“

 

Unten an den Tischen von Michael, Ayleen und Renè sitzen nun sechs ungeduldige Männer. Unwissend was sie nun hier tun, warum sie im Navy Jard sitzen und angesehen werden, als wolle man ihnen etwas anhängen.

 

„Warum sind wir hier?“, will einer der älteren Männer wissen. Er sitzt an Ayleens Schreibtisch und sieht diese nun mit ernstem Blick an. „Sie sind wegen dem Tot von Jared Kornwill hier.“ Entsetzt blickt er zuerst zu seinem Nachbarn, der ebenfalls total überrascht zu ihm sieht. Dann drehen sich beide Köpfe zu Ayleen zurück. „Kornwill? Unser Kornwill?“, fragen sie fast aus einem Munde. „Ja, er wurde heute auf dem Baseballfeld gefunden. Sie wussten nichts davon?“ Resignierendes Kopfschütteln der zwei vor ihr. „Wir haben ihm wie oft gesagt, dass er da nicht mit machen soll.“

„Aber es war eine Art Hobby von ihm. Warum sollte er da nicht hin?“

Die zwei Männer werfen sich einen kurzen Blick zu. Dann beginnt einer der zwei zu erzählen. „Eric und ich sahen ihn oft etwas geschafft wieder kommen. Eine Zeit lang war er nicht mehr er selber.“

„Aber es hörte auf, nach einigen Monaten schon. Er hat uns nie sagen können was da war. Keiner konnte das. Dan fing bald darauf auch damit an. Bei ihm hielt es aber nicht so lang an. Und auch bei Aron und Cevin haben wir das bemerkt. Aber keiner wollte uns glauben. Vielleicht nehmen sie ja auch nur irgendein anderes Energiegetränk.“, führt der andere fort. Ayleen sieht von ihren Unterlagen, auf denen sie gerade eben diese neue Info festgehalten hat zu den Männern auf. „Ich danke ich ihnen sehr, für ihre Ehrlichkeit, Lieutenant Fitzgerald und Northman.“

 

Michael sind die zwei jungen Männer vor ihm recht unsympathisch. „Lieutenant Seth Lee...“, beginnt er dann und sieht zu einem der zwei Männer. Dieser nickt schwach. Dann sieht er zum anderen herüber. „...und Lieutenant Luke Hunt...“ Auch der zweite nickt nun um Michael zu bestätigen, dass er richtig liegt. Aber er könnte nicht falsch liegen, denn vor ihm liegen ihre Unterlagen. „Sie spielten beide mit Jared Kornwill Baseball. Ist ihnen in letzter Zeit etwas an ihm aufgefallen?“ Die zwei zucken mit den Schultern. „Er ist ein sehr guter Pitcher, der Beste unter uns. Er ist nie negativ aufgefallen.“, erzählt Lee. „Wir haben außerhalb des Spielens sehr wenig mit ihm zu tun.“, stimmt Hunt dann ein.

 

Auch Renè kommt bei seinen zwei Männern nicht wirklich weiter. Vor ihm sitzen die Lieutenants Taylor Smith und Jordan Parker. Die zwei jedoch geben sehr kurze Antworten, wenn überhaupt. Warum muss ausgerechnet er immer die Leute bekommen mit denen er nicht viel anfangen kann?

„Sagen sie, haben sie eher weniger mit Jared Kornwill zu tun gehabt außerhalb des Spielens oder haben sie ihn oft gesehen?“

„Eher weniger.“, erklärt Taylor Smith. „Nicht sehr hilfreich.“, nuschelt Renè und schaut auf seine Unterlagen. „Was?“, fragt da Jared Parker. „Nichts. Können Sie mir irgendetwas zu Jared sagen, das uns hier in unserem Fall helfen könnte? Irgendwas.“

 

Und in den nächsten Minuten fallen zwei Namen in allen vier Gesprächen. Aron Davidson und Celvin Bennet.

 

Boyle hört die Namen als erstes und steht somit von seinem Stuhl auf. Er bedankt sich bei Dan Willson und will den Raum gerade verlassen, da wird die Tür jedoch von außen geöffnet. „Entschuldigen sie die Verspätung, es ging nicht eher, ich...“, will sich Benjamin Cuper gerade für seine Verspätung rechtfertigen. Boyle sieht ihn nicht an, sondern tritt an ihm vorbei. „Mitkommen.“, dirigiert er dann und unterbricht Cuper ihn in seinem Satz. Cuper folgt ihm.

 

Unten angekommen sieht er zu seinen Kollegen, die gerade erst die Namen gehört haben. „Cuper, sie bleiben bei Agend Cook. McKenzie, du kommst mit und Jackson...“ Gibbs macht eine Pause. „...zeig den anderen den Ausgang.“ Mit Ayleen macht er sich dann auf den Weg zu den Verhörräumen. „Du gehst zu Lieutenant Ryan Swan, ich gehe zu den zwei Spaßvögeln.“, zeigt er auf eine Tür und tritt dann in die Tür einige Schritte weiter.

 

Ayleen redet mit Lieutenant Swan, der ebenfalls bestätigt, dass vor allem Aron Davidson und Cevin Bennet ihre Späße mit Jared Kornwill getrieben haben.

 

„Er war halt ein leichtes Opfer. Er hat sich nicht gewehrt.“, beginnt sich Bennet als erster zu wehren. „Außerdem, was hat das denn mit dem Fall zu tun?“, will er dann im nächsten Atemzug wissen. „Sie sind so eben als mögliche Mörder aufgestiegen.“

„Aber warum? Wir waren doch gar nicht anwesend, als man Jared fand.“, ergreift nun auch Davidson das Wort. „Sie wissen genau wie ich, dass man einen Mord auch durchaus nicht am Tatort begehen muss. Sie haben ihm entweder etwas gegeben oder aber etwas injiziert. Natürlich könnten Sie aber auch...“

„Ja schon klar.“, entgegnet Davidson geschlagen und setzt sich zurück. „Wer hat ihnen verraten, dass wir Jared hin und wieder geärgert haben?“, bleibt Bennet neugierig. „Das sage ich ihnen sicher nicht.“ Gibbs kennt diese Leute, wenn sie einen Namen bekommen würden, wäre dieser der Nächste.

Die zwei Anwesenden werfen sich einen kurzen Blick zu. „Willson.“, sind sie sich dann sicher.

 

 

In der Innenstadt, 16.38 Uhr

 

Die Begegnung mit Ben vor einigen Stunden lässt Maria immer noch nicht los.

Seit vielleicht 10 Minuten sitzt sie ihrer Freundin, Megan Young, gegenüber, hat ihr von dem Wiedersehen nach 2 Monaten mit Ben erzählt und erhofft sich einen guten Rat. Oder eine gute Erklärung für ihre unklaren Gedanken und Gefühle seit dieser Stunde.

 

„Ich sehe, dass es dir zu schaffen macht, aber ich verstehe noch nicht genau was dein Problem ist. Was genau stört dich an dem Treffen? Wolltest du ihn nicht mehr wieder sehen? Wolltest du, dass er und du euch nicht mehr begegnet, dass dieses Date nicht passiert ist? Willst du das Abendessen mit ihm verdrängen?“

„Das sind gute Frage. Fragen auf die ich keine Antwort finde. Ben Johnson ist ein reines Rätsel.“

„Das mag ja sein. Aber schau, wenn wir jetzt diese Fragen durchgehen, vielleicht kannst du dir dann klar werden.“

„Na schön.“ Maria sinkt in ihrem Stuhl zurück. Sie und ihre Freundin sitzen auf Stühlen die zu einer Eisdiele gehören, im Freien versteht sich. Bei dem tollen Wetter, jetzt im Herbst, muss man das noch genießen.

 

Etwas unschlüssig über Megans Idee schlürft Maria an ihrem Joghurt-Milchshake. Sie liebt dieses Getränk, nachdem Joghurteis auch schon ihre Lieblingseissorte ist. Und einfach die Kombination aus Eis und Milch ist einfach perfekt. Simpel und dennoch unglaublich lecker.

 

„Okay, gehen wir die Fragen nochmal durch. Im Grunde sind sie alle ein und die selbe Frage. Aber diese Frage und mehrere stelle ich dir nun. Also, magst du Ben?“

„Wie soll ich jemanden mögen oder nicht, den ich nicht richtig kenne?“

„Du weißt, dass er Autor ist, dass er und seine Eltern kein besonders gutes Verhältnis zueinander haben, du weißt wie alt er ist, dass er ledig ist, dass er gut aussieht, dass er der Freund von Ben Anderson ist und der Onkel von Sina Conner. Warum heißen Vater und Tochter eigentlich nicht gleich?“

„Ich hab ihn doch nicht ausgefragt. Außerdem schweifst du mit der Frage wieder ab.“, lenkt Maria ein. „Du hast recht. Zurück zu Ben. Und du weiß, dass Ben noch eine weitere Nichte hat. Sind Sina und Jenni seine Nichten? Oder nennen sie ihn nur Onkel Ben, weil sie ihn so lange kennen und er ihnen so vorgestellt wurde?“

„Gott, Megan, wenn ich es nicht besser wissen würde, würde ich denken du bist an Ben interessiert und hast sogar Lust noch viel mehr von ihm zu erfahren, als das was du schon weißt.“

„Na, mehr Informationen würden sicher nicht schaden. Aber dennoch, merkst du vorauf ich hinaus will? Auch wenn du kleine Details, die schon echt sehr privat sind, nicht weiß, abgesehen von seiner Eltern-Sohn Beziehung weißt du doch schon echt recht viel von ihm. Und abgeschreckt hat dich davon nichts, oder?“

Maria schüttelt lediglich mit dem Kopf, versucht zu verarbeiten, was ihre Freundin da gerade alles nochmal gesagt hat. Dass sie da selber mit kommt ist echt bemerkenswert.

 

„Okay, und dann die nächste Frage. Bereust du das Date mit Ben?“

 

„Ich weiß es nicht. Nein, eigentlich nicht.“

„Eigentlich?“ Megan wirkt nun etwas skeptisch. Sie empfindet Marias Antwort als sehr fraglich und unklar. Sie könnte gern etwas genauer werden.

„Das Date, das ja irgendwie keines war, war sehr angenehm. Ich hab mich total gut mit ihm verstanden, es war fast so als kannten wir uns schon ewig. Aber das ist doch verrückt, oder? So was gibt es doch nicht. So was kann es nicht geben. Man kann sich doch nicht mit jemanden so gut verstehen, den man Tage zuvor das erste Mal gesehen hat, dann noch auf der Arbeit. Das ist doch verrückt.“

„Verrückt ist nur, dass du dir so viele Gedanken deswegen machst. Wenn mir jemand wie Ben begegnen würde, der so geheimnisvoll und dennoch offen ist, dann würde ich alles dafür tun um zu verstehen was diesen Mann ausmacht. Warum er so ist.“

„Aus deinem Mund klingt Ben wie ein Hauptprotagonist aus einem schlüpfrigem Roman.“

„Ist er das denn nicht? Laut deinen Aussagen von vorhin, von deinem heutigem Treffen würde alles darauf hin schließen.“

 

Maria schüttelt mit dem Kopf, versuchend ihre Gedanken zu verscheuchen. Die Gedanken, die Ben so anziehend in Erinnerung haben. Diese Begegnung vorhin war einfach zu viel für ihre Emotionen. Diese 2 monatige Pause von ihm scheint ihr jetzt wohl zu Kopf zu steigen.

Und Megans Worte helfen nicht wirklich. Sie verschlimmern alles gerade nur.

 

„Das Treffen heute war eigenartig, ja. Aber dennoch heißt das nicht, dass Ben einem deiner Liebessromane entstiegen ist.“

„Hey, ich versuche doch nur zu helfen.“, hebt Megan nun die Hände verteidigend in die Höhe, um zu verdeutlichen, dass sie nicht an Marias mentaler Frustriertheit schuld hat.

 

Eine Pause entsteht unter den Freunden, an denen beide an ihrem kaltem Getränk nippen. Megans Mango-Milchskake neigt sich dem Ende zu, sodass sie bereits das erste Schlürfen ihrem Strohalm entlocken konnte. Sie kaut nach dem Schlürfgeräusch jedoch auf der Strohalmspitze herum. Das tut sie immer, wenn sie in ihren Gedanken ist. „Sag, war es schlimm Ben wieder zu begegnen?“, fragt sie schließlich ruhig.

 

Maria überlegt schließlich. War es schlimm ihm zu begegnen? Ihr ganzer Körper beneint diese Frage. Aber warum? Was war so toll heute an dieser Begegnung?

Dieses unbeschreibliche Gefühl der Anziehungskraft. Das Gefühl, dass sie bereits gespürt hat, als er das erste Mal vor ihr stand und das sie auch spürte, als er sie an ihrem Date nach Hause begleitet hat und sich von ihr verabschiedet hat mit dieser eigentlich doch nichts bedeutenden Aussage (oder eher Frage), dass er sie wieder sehen will und wissen wollte, was sie davon hält. Sie konnte vor 2 Monaten nicht darauf antworten und heute könnte sie es auch nicht, weil sich ihr ganzer Körper bei dieser Aussage zusammen zog. Aber nicht unangenehm. Eher im Gegenteil. Damals tat er das und heute tut er das genauso, wenn sie daran zurück denkt.

 

„Ich kann es nicht sagen, Megan. Es ist so schwer in Worte zu fassen. Was geschieht hier nur mit mir? Bin ich nun völlig verrückt geworden?“

„Nein, das denke ich nicht. Ich glaube einfach nur, dass du dich zu ihm hingezogen fühlst. Auf irgendeine, vielleicht noch, unklare Weise.“

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 21.05.2012

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
An Dich Liebe, interessante Fälle und der gewöhnliche Alltag. All das was in uns allen steckt.

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