Die Geschichte stammt wirklich von einer wahren Begebenheit ab. Doch ich musste zum Schutz der Privatspähre, der einzelnen Personen, den Ort und die Charaktere verändern.
Eine Hochwasserkatastrophe wie im Jahre 2013 bringt sehr viel Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit und auch Trauer mit. Wieder müssen etliche Menschen von vorne anfangen. Die Not ist groß, doch die Hilfe die sie bekommen, scheint gering zu sein. Denn es wird niemals so sein wie früher. Gewisse Erinnerungen - solche Schätze wie Bilder - sind für immer verloren und kann man nicht einfach im nächsten Supermarkt kaufen.
Auch müssen etliche irgendwo in einer neuen Umgebung nochmal ganz von vorne anfangen.
Aus diesem Grund widme ich meine Kurzgeschichte an die Gruppe "Hilfe für Hochwassergeschädigte". Ich hoffe, ich konnte einen Beitrag leisten.
Wie jeden Abend spazierte ich mit meiner Terrier-Hündin am Fluss entlang. Auch kamen mir immer dieselben Menschen über den Weg. Sie waren alle so unterschiedlich und dennoch war es fast schon wie ein Ritual, sich hier immer um die gleiche Zeit zu treffen. Ich hatte mit all den Personen noch keine Worte gewechselt und das würde sich sicherlich auch nicht ändern, und dennoch fühlte ich eine Verbundenheit mit den Menschen, die man nicht in Worte fassen konnte.
Ich war jedoch die einzige Hundehalterin, die um diese Zeit mit ihrem Hund ging. Jeden Abend ließ ich Emma – meine Hündin – an der gleichen Stelle schwimmen. Sie liebte das Baden genauso sehr wie ich. Ich konnte es ihr einfach nicht vorenthalten. Jedes Mal freute sie sich schon tierisch darauf, endlich ins Wasser zu können. Man bemerkte es an ihrer Bewegung, oder wie sie richtig ungeduldig wurde und manchmal schon herzzerreißend anfing zu fiepen.
Ein Leben ohne Hund, war wie ein Leben ohne Familie. Beides war für mich unvorstellbar. Ich wüsste nicht, was ich ohne meine Emma machen würde. Ich könnte es mir nie verzeihen, wenn ihr etwas passieren würde. Zu sehr hatte ich sie lieb gewonnen und in mein Herz geschlossen. Sie war einfach – genau wie meine Familie – immer für mich da. Sie begrüßte mich immer freundlich wenn ich nach Hause kam und war auch ein wichtiger Grund überhaupt nach Hause – in meine sonst so leere Wohnung – zu kommen. Ich war kein Mensch, der gerne seine Zeit alleine verbrachte.
Drei Mal in der Woche joggte ich den Weg entlang, um ein wenig in Form zu bleiben. Meistens war ich dann so versunken in der Bewegung, dass ich nicht mehr so auf Emma achtete.
Heute war Sommeranfang und statt warme Temperaturen, pfiff ein eisiger Wind umher. Die Hochwasserkatastrophe hatte auch uns ein wenig getroffen. Mein Keller stand unter Wasser und zur Zeit wohnte ich bei meinen Eltern, da meine Wohnung einfach unbetretbar war. Dennoch wollte ich ein wenig Normalität in meinen sonst eher chaotischen Alltag bringen und ging wieder, wie jeden Tag, hierher. Der Fluss an meiner rechten Seite war reißend und die Strömung stark.
Plötzlich blieb ich stehen und schaute mich um. Emma war spurlos verschwunden und die Stelle, an der sie normalerweise badete, war auch nicht mehr weit entfernt… Sie war doch hoffentlich nicht einfach… Nein das war nicht auszudenken. So schnell mich meine Beine trugen rannte ich zu der Stelle und … entdeckte ihren Kopf im Wasser. Sie paddelte, kam jedoch nicht von der Stelle. Angst und Panik überkam mich. Ich rannte zum Ufer und wollte zu Emma gelangen, doch sie war schon zu weit weg. Ohne nachzudenken, rannte ich ins Wasser. Emma kam auf mich zu, doch als ich sie schon fast mit meinen Händen zufassen bekam, wurde wir beide von einer Strömung gepackt. Automatisch hielt ich mich an einem Ast fest. Ich schluckte viel Wasser und endlich kam ich wieder an die Oberfläche. Panisch schaute ich mich um. Wo war Emma? Ich rief mit erstickter Stimme nach ihr und dennoch konnte ich sie nicht finden. Ich schrie immer weiter, doch sie gab mir keine Antwort. Ich wurde immer hoffnungsloser und gleichzeitig schwanden auch immer mehr und mehr meine Kräfte. Ich musste endlich wieder an Land oder auch ich würde wie Emma sterben.
„Kann ich Ihnen helfen?“
Ich blickte mich um und erkannte einen Mann, der gerade die Böschung hinabkletterte.
„Haben Sie eine Terrier-Hündin gesehen? Sie muss hier irgendwo sein.“
Immer wieder rief ich nach ihr und achtete gar nicht mehr auf den Mann. Als er mich schließlich an Land zog, brach ich zusammen und weinte. Ich wurde in eine Umarmung gezogen, doch tiess ich diese Person weg und weinte einfach weiter.
Warum hatte ich nicht mehr auf meine kleine Emma aufgepasst? Ich wusste doch, dass die Strömung heute für sie zu stark war. Sonst war ich ja auch immer so aufmerksam gewesen. Warum heute nicht?
Plagten mich meine Vorwürfe. Die Umwelt um mich herum hatte ich schon vergessen. Wie sollte sie mich auch ohne meine Emma interessieren?
Ich fror entsetzlich und dennoch störte es mich nicht. Mein Gehirn wollte einfach nicht realisieren, dass meine kleine Emma jetzt tot war. Dass sie mich nie wieder jeden Morgen wecken würde, oder dass sie mich nach der Arbeit freudig begrüßen würde. Dass sie mir nie wieder, wenn ich weinte, über die Wange schlecken würde. Dass sie nie wieder mit mir kuscheln würde. Oder dass sie nie wieder mein Heizkörper sein würde.
Ich bemerkte etwas Warmes, Flauschiges neben mir. Ein Winseln konnte ich hören, doch wer sollte das sein? Das Winseln wurde nicht schwächer und irgendwann schaute ich auf und blickte in das Gesicht meiner Hündin. Sofort kam sie schwanzwedelnd auf mich zu und leckte mir über das Gesicht. Ich konnte einfach nicht glauben, dass meine Emma vor mir stand. Ich konnte nicht glauben, dass sie echt war. Mit meiner zitternden Hand, strich ich an ihrem Fell entlang. Ich schloss sie in meine Arme und weinte still vor mich hin. Sie ließ es geschehen und war ganz ruhig. Irgendwann wurden meine Hände gepackt und ich wurde hochgezogen. Meine Sicht war von den ganzen Tränen total verschleiert. Erst als ich mich ein wenig beruhigt hatte, konnte ich wieder etwas erkennen. Vor mir stand ein junger Mann. Er zog mich wortlos in eine Umarmung und ließ zu, dass ich seine Kleidung noch weiter durchnässte. Doch auch meine Tränen versiegten irgendwann. Auch ich nahm wieder meine Umgebung war und bemerkte, dass um mich recht viele Passanten umher wuselten. Ich bemerkte, dass um meinen Körper eine Folie – gegen die Kälte – gebreitet wurde. Ich erkannte, dass der Mann der mich tröstete, ein Sanitäter war.
„Wie?“
„Dieser junge Mann, konnte sie retten und realisierte, dass noch jemand im Wasser sein muss. Also hatte er uns benachrichtigt. Ich hoffe doch, dass der Hund auf Emma hört. Nicht dass noch jemand im Wasser ist.“
Ich nickte nur.
Ich danke besonders für das wirklich schöne Cover: schnulzenlady. Ich hätte das nicht einmal in meinen künsten Träumen geschafft und du machst das einfach so ganz schnell nebenbei. Nochmal tausend Dank dafür!
Auch danke ich myprivat. Denn sie hat mir einfach mal den ganzen Text korrigiert wieder zurückgeschickt. Danke, dass du mir so schnell geholfen hast, sonst wäre das noch eine längere Arbeit gewesen.
Texte: Es handelt von einer wahren Begebenheit. Dennoch ist es MEINE Geschichte!
Bildmaterialien: schnulzenlady
Tag der Veröffentlichung: 27.06.2013
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Ich widme dieses Buch der Gruppe "Hilfe für Hochwassergeschädigte".