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Die Hochzeitsüberraschung

Liebevoll betrachtete Devon das entspannte Gesicht seines schlafenden Geliebten. Er liebte diesen stillen Moment am Morgen, ehe der Tag vollends erwachte. Die Wärme, die von Nik ausging und ihn wohlig umhüllte. Wie ein Krake umschlang dieser ihn mit Armen und Beinen, ein Entkommen unmöglich. Manchmal nervte es. Zum Beispiel, wenn seine Blase zu platzen drohte. Oder er mal wieder zu spät zur Arbeit kam, weil Devon es nie über sich brachte, seinen Freund unsanft zu wecken. Was, bei dessen Schlaf, leider nötig war. Der glich dem, eines Murmeltieres.
Heute musste Nik allerdings dran glauben. Der anstehende Termin war nämlich etwas, worauf Devon schon seit elf Jahren wartete. Genau seit dem Augenblick, als er sich in den Wirbelwind verliebte, der so selig in seinen Armen schlief. Was hatte Nik sein Leben auf den Kopf gestellt und tat es jeden Tag, jede Stunde, jede Minute aufs Neue. Sein sonniges Naturell, der Schalk im Nacken, das schelmische Blitzen der blauen Augen, die heller strahlten als ein klarer Sommerhimmel. Das Grübchen in der linken Wange. Und und und ...
Zärtlich strich Devon über die weichen Lippen, die ihn wahlweise um den Verstand brachten, sobald Nik ihn küsste, oder ihm mal wieder ein irrer Plan aus seinem Mund purzelte. Mann, was hatte sein Liebster in den letzten Jahren alles angestellt.
Nachdenklich spielte er mit einer verirrten blonden Locke, genoss die seidige Weichheit. Sein Partylöwe. Kein Fest, das ohne Nik über die Bühne ging. Und wenn nirgendwo eine Fete stattfand, organisierte sein Liebster eben kurzerhand eine. Sein Motto: ‚Feier die Feste, wie sie fallen‘.
Das waren für seinen Freund beileibe nicht einfach die üblichen Anlässe, wie Geburtstage, Feiertage, oder das Weihnachtsfest, das - oh Wunder - kurz vor der Tür stand. Nein, da gab es zum Beispiel den Kollegen, der von seiner Freundin vor die Tür gesetzt worden war. Nun wirklich kein Anlass für eine Party - hatte Devon naiv gedacht. Nik hatte das selbstverständlich ganz anders gesehen und kurzerhand eine Fete mit dem Motto ‚endlich wieder Single‘ organisiert. Das Nik eigentlich nicht dazugehörte - da glücklich liiert - störte seinen Liebsten natürlich nicht.
Ja, Devon gab zu, dass ihm die Partylaune seines Freundes ab und zu mächtig auf den Zeiger ging. Manchmal sehnte er sich einfach nach einem ruhigen Abend auf der Couch, Nik in seinen Armen, statt die nächste Fete zu feiern. Doch sein Duracellhase, wie er ihn heimlich betitelte, brauchte nonstop Action und so schlug er sich fast jede Nacht um die Ohren, um sein Häschen stets sicher zurück ins heimische Nest zu bringen.
Und es war ein wunderschönes, behagliches Nest. Dafür würde Devon bis an sein Lebensende durchgehend Party machen. Nik hatte sein eintöniges Leben aufgemischt und auch wenn er oft meckerte, Niks Lebendigkeit und sein Frohsinn zogen ihn an, wie eine Motte vom Licht angelockt wurde.
Devon liebte Nik. Nik liebte Devon. Das taten sie bereits seit elf Jahren und nun war es an der Zeit, es ganz offiziell zu machen. Nun war er es, der eine Party organisiert hatte. Die Wichtigste überhaupt. Niks und seine Hochzeit. Und sein Liebster war vollkommen ahnungslos. Hoffentlich klappte alles.
Nervös strich er durch seine kurzen braunen Haare, die seit einiger Zeit von grauen Strähnen durchzogen wurden. Nun, mit sechsundvierzig war das in Ordnung, fand Devon. Färben kam nicht in Frage, zudem liebte Nik sein - wie dieser es nannte - distinguiertes Aussehen. Der hatte mit seinen fünfunddreißig Lenzen noch eine Gnadenfrist, bis dessen blonder kinnlanger Lockenkopf die Farbe wechselte. Auch mit den Falten war Devon seinem Liebsten weit voraus, aber eitel war er nie gewesen. Er definierte sich nicht über Statussymbole, wie gutes Aussehen, eine Topposition im gehobenen Management und ein dickes Konto.
Nur ein Symbol bedeutete ihm alles. Und das war ein Ring an Niks Finger, welcher der ganzen Welt kundtat: „Das ist mein Ehemann.“
Und Devon wollte den gleichen Ring tragen und hören, wie Nik voller Stolz verkündete: „Das ist mein Mann.“
Um diesen Augenblick möglich zu machen, hatte er Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt. Geplant, bezirzt, bestochen und sich - wie er hoffte - vor seinem Liebsten nichts anmerken lassen. Das war das Schwerste von allem gewesen. Nein, falsch. Das Schwerste überhaupt würde die Frage aller Fragen sein. Allein bei dem Gedanken brach Devon der Schweiß aus. Nik und er hatten nie übers Heiraten gesprochen und deshalb rumorte ein kleines bisschen Angst vor einem Nein in ihm.
„Ach, Quatsch“, rief Devon aus und zuckte ob der Lautstärke zusammen.
Ein Blick zu seinem Liebsten zeigte diesen jedoch selig schlafend. Er schüttelte schmunzelnd den Kopf. Der Weltuntergang könnte bevorstehen, Nik würde ihn vermutlich verschlafen. Aber seine eigene Hochzeit, das kam nicht infrage.
Devon beugte sich hinab, pustete seinem Freund ins Ohr.
„Aufwachen, Süßer“, raunte er.
Nik grummelte unverständlich, schnaufte - und schlief weiter.
Dann musste Devon eben die schweren Geschütze auffahren. Lächelnd zog er seinem Liebsten die Decke weg, genoss einen Moment den Anblick des schlanken Körpers. Nik war kein Fitnessguru, aß wie ein Scheunendrescher und hatte dennoch kein Gramm zu viel. Liebevoll glitten seine Hände über die blasse Haut, zeichnete er die Rippen nach, ehe seine Finger sich spreizten und an den Hüften liegenblieben. Zeit, seinen Liebsten aus dem Bett zu werfen.
Devon begann, Nik gnadenlos durchzukitzeln. Wie von der Tarantel gestochen, fuhr dieser hoch und schubste Devon dabei von sich.
„Was?“
Schlaftrunken wurde er angeblinzelt.
„Wieso machst du mich wach?“ Vorwurfsvoll sah Nik ihn von unten herauf an.
Alles Show, wie Devon wusste. Grinsend packte er seinen Freund, drückte ihn zurück auf den Rücken, um ihn um den Verstand zu küssen. Und noch so einiges mehr. Zeit, seinen Liebsten zu vernaschen, war immer da.

 

Impressum

Texte: Dani Merati
Bildmaterialien: Pixabay.com
Cover: Dani Merati
Lektorat: Firefly One, Sissi Kaiserlos
Tag der Veröffentlichung: 18.11.2018

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