Cover

The Crown of Manor Sky - Plötzlich verliebt

 

 

 

 

 

 

The Crown of Manor Sky

 

Plötzlich verliebt

 

 

Teil 2

 

 

 

SKYLER ROSE

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Texte: © Copyright by Skyler Rose

Covergestaltung: Constanze Kramer by Coverboutique.de

Bildmaterial: Ka_Lou-shutterstock.com, envatoelements.com, raepixel.com, Freepik.com

Lektorin: Rose G. Archer (nach bestem Gewissen)

 

Verlag:

BookRix GmbH & Co. KG

Werinherstraße 3

D - 81541 München

 

 

 

 

 

 

Dieser Roman ist kein Produkt von ChatGPT oder KI, sondern ein Ergebnis meiner Fantasie und Kreativität.

Danke!

 

 

 

Das Werk ist einschließlich aller seiner Teile geschützt. Jede Verwertung und Vervielfältigung des Werkes sind ohne Zustimmung des Autors unzulässig und strafbar.

Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks und der Übersetzung, sind vorbehalten! Ohne ausdrückliche schriftliche Erlaubnis des Autors/Verlages darf das Werk, auch nicht Teile daraus, weder reproduziert, übertragen noch kopiert werden, wie zum Beispiel manuell oder mit Hilfe elektronischer und mechanischer Systeme inklusive Fotokopien, Bandaufzeichnungen und Datenspeicherung. Zuwiderhandlung verpflichtet zu Schadenersatz.

Alle im Buch enthaltenen Angaben, Ergebnisse usw. wurden vom Autor nach bestem Wissen erstellt. Die Personen und Handlung des Buches sind vom Autor frei erfunden.

© Skyler Rose 2024/2025

 

 

 

 

 

VORWORT

 

Diese Geschichte ist nichts für schwache Nerven oder für Personen, die den Glitzer, der sich zwischen den Zeilen befindet, nicht mögen.

Diese Geschichte wird auch niemandem gefallen, der keine rosarote Brille trägt, der nicht auf kitschige Happy Ends steht oder überhaupt keinen Hang zur Fantasie hat.

Denn genau in dieser Geschichte tobt der Glitzer, tobt der Kitsch und der rosa Schleim tropft aus den Seiten!

Wer sich nun fragt, warum ich so etwas geschrieben habe?

Ganz einfach: genauso schleimig, kitschig, völlig überdreht, an den Haaren herbeigezogen und zu schön um wahr sein, sind folgende Serien:

Rosamunde Pilcher, Das Traumschiff, Greys Anatomy, Katie Fforde, Der Bergdoktor, Um Himmelwillen, In aller Freundschaft, Alles was zählt, GZSZ, Das Traumhotel, und, und, und …

Und was soll ich sagen?

Sie sind alle durch die Bank weg mehr als erfolgreich.

Also, dachte ich mir, schreib` auch ich mal so ein völlig überdrehtes, kitschiges, glitzerndes, schleimiges Zeugs.

Meine persönliche Empfehlung: Es liest sich wesentlich leichter, wenn man einen guten Vorrat an Alkohol zuhause hat, den die Leser/Leserinnen unbedingt während des Lesens genießen sollte!

 

 

 

Wo liegt Manor County?

 

Manor County ist ein fiktiver Staat, der ungefähr die Größe von Belgien hat. Er liegt irgendwo zwischen Frankreich und Spanien und grenzt im Süden an die Mittelmeerküste.

Manor County hat um die 9,8 Millionen Einwohner. Die Landessprache ist Englisch.

Die Hauptstadt ist Manor Sky, die Metropole hat circa eine Million Einwohner. Dort steht auch das Stadtschloss Manor Castle. Es wurde 1745-1751 im Rokokostil erbaut. Seitdem regiert die königliche           Familie Beaufort.

Katherine Beaufort ist amtierende Königin und hat Vorfahren, die vom britischen Königshaus abstammen. Ihr Mann, Alexander Baranow, hat Vorfahren aus dem russischen Zarenreich.

 

 









Wie alles begann

 

 

 

Hallo, mein Name ist Abigail Beaufort, aber das wisst ihr ja bereits aus dem ersten Buch. Bevor ihr in den zweiten spannenden Teil abtaucht – hier noch einmal eine kurze Zusammenfassung, damit ihr wieder im Bilde seid, denn es ist einige Zeit vergangen, nicht wahr?

Ich habe mich auf den Deal des Königspaars eingelassen und bin eine Scheinehe mit ihrem ältesten Sohn Jasper eingegangen. Warum? Weil er schwul ist und es beinahe an die Öffentlichkeit gelangt wäre. Das hätte bedeutet, dass die Königsfamilie ins Exil muss, und all der Luxus wäre ihnen genommen worden.

Da mein Vater Selbstmord begangen hat, weil er in falsche Aktien investiert hat, stand ich vor dem Nichts. Obendrein gab es einen riesigen Berg an Schulden.

Vor der Hochzeit habe ich eine Leiche in meinen neuen Räumlichkeiten entdeckt. Neil Rooker, Schauspieler aus den Fünfzigern. Er hatte ein Verhältnis mit der damaligen Tochter des amtierenden Königs und musste deshalb sterben. Edward, der engste Vertraute der Königsfamilie, hat dafür gesorgt, dass Neils Leiche nach all den Jahrzehnten gefunden wird und es wie einen Unfall aussehen zu lassen. Möge Neil in Frieden ruhen.

In unseren Flitterwochen kam Jasper durch einen Flugzeugabsturz ums Leben und ich war plötzlich Prinzessin. Ab diesem Schicksalsschlag veränderte sich mein Leben von einem Tag auf den anderen.

Ich eröffnete gemeinsam mit Vince Cave ein Obdachlosenheim und verliebte mich in ihn.

Das Obdachlosenheim wurde von einem Drogenjunkie überfallen und die Leiterin Mary durch Messerstiche schwer verletzt. Ich habe den Angreifer mit einer Bratpfanne außer Gefecht gesetzt. Danach brachte eine bekannte Firma, die Küchen-Utensilien herstellte, eine Pfanne mit meinem Namen auf den Markt. Ich wurde zur Heldin der Nation ernannt.

Bonny Bradbury, meine persönliche Designerin, erhielt in New York auf der Fashion Week die Goldene Nadel als beste Newcomerin in der Fashion Branche. Ich habe sie auf dem Kurztrip begleitet, der mit einem Terroranschlag endete, bei dem wir beide anwesend waren und es heil überstanden haben.

Und ein Abenteuer steht noch aus:

Nachdem Vince mir einen Korb erteilt hat, habe ich mich unsterblich in Commander Patrick Strike verliebt. Er hat mich aus den Flitterwochen von der traumhaften Südseeinsel zurück in den Palast gebracht. Da galt Jasper noch als vermisst.

Durch verschiedene Umstände kamen wir uns irgendwie näher. Er hat mich an Weihnachten, einfach so, zwischen Tür und Angel das erste Mal geküsst.

Apropos küssen: Da mich Vince spontan geküsst und Patrick es zufällig gesehen hat, tauchte Patrick bei mir im Palast auf und machte mir eine Szene …

Um wieder reinzukommen, wird das letzte Kapitel noch einmal aufgeführt. Danach geht es mit meinem turbulenten Leben weiter.

Ich wünsche spannende Unterhaltung!

 

Eure Abigail Beaufort

 

 

 

 

 

 

 

 

Der falsche Kuss

 

 

 

Einige Tage später

 

Cilest hatte sich tatsächlich dazu entschlossen, in eine Klinik zu gehen, um sich helfen zu lassen. Kate und ich besuchten sie in ihrer Stadtwohnung, bevor sie von einem Fahrer zur „Sunflower Klinik“, nach Lago Sea gebracht wurde. Lago Sea war selbstverständlich ein Nobelort an der Mittelmeerküste. Wenn sich Cilest schon seelisch erholen wollte, dann auch wie es sich für eine Prinzessin gehörte. Wir umarmten uns und wünschten ihr alles Gute.

»Ob sie es schaffen wird?«, sprach Kate ihre Sorgen laut aus. Sie winkte dem wegfahrenden Auto nach.

»Sicherlich. Cilest ist stärker als wir glauben.« Jedenfalls hoffte ich das. Jetzt war sie erst einmal für mindestens vier bis sechs Wochen in der Klinik.

»So, und wir werden heute Abend schön auf das Wohltätigkeitskonzert gehen. Ich freue mich schon auf Robbie Williams.« Kate schnalzte mit der Zunge und hakte sich bei mir unter.

Ich lachte. »Ist Alex nicht eifersüchtig?«

Sie winkte meine Bedenken lasziv weg. »Ach was, der darf nächsten Monat zu PINK.«

 

Inzwischen hatte ich mich an die vielen Journalisten, das grelle Blitzlicht und die tausend Fragen, die mir stets zugerufen wurden, gewöhnt. Eine Frage ließ mich aber für einen kleinen Moment innehalten. »Stimmt es, dass Sie sich mit Vince Cave treffen? Bahnt sich da etwas zwischen Ihnen an?«

Ich war drauf und dran, eine Antwort zu geben, doch zum Glück wurden wir im nächsten Augenblick vom Veranstalter begrüßt. Er führte uns in den VIP-Bereich.

Die Lounge war gut gefüllt, natürlich nur mit der Prominenz von Manor Sky. Ich entdeckte Jamie Lanchester am anderen Ende des Raumes. Toll, diese Zicke hatte mir gerade noch gefehlt. Ob Vince auch hier war? Ich hatte es gerade zu Ende gedacht, als er neben ihr auftauchte. Er trug eine schwarze Hose und ein dezent gemustertes Hemd. Hm, und er sah echt gut aus. Aber anscheinend bändelte er wieder mit seiner Ex an. Irgendwie ärgerte es mich schon ein bisschen. Aber am meisten ärgerte ich mich über Patrick. Die zwei Wochen, in denen er fort war, waren schon längst vorbei. Er hatte sich noch immer nicht bei mir gemeldet. Was war nur mit den Kerlen los, die sich im Moment in meinem Leben herumtrieben und mir Herzkneifen verursachten?

Vince entdeckte mich und hob zur Begrüßung das Glas. Ich nickte ihm zu und widmete mich wieder meinem Gesprächspartner.

»Vince ist auch da. Schon gesehen?«, flötete Kate mir zu. Sie versteckte ihr schelmisches Grinsen hinter dem Champagnerglas.

»Ja, er hat mich schon begrüßt.« Mehr sagte ich nicht und nahm einen Schluck von der kalten Blubberbrause.

 

Bevor das Konzert begann, tauchte tatsächlich Robbie Williams in der VIP-Lounge auf und begrüßte alle Gäste persönlich mit Handschlag. Bei Kate und mir verbeugte er sich sogar und deutete einen Handkuss an. »Eure königliche Hoheit, ich wünsche Ihnen gute Unterhaltung!«

»Die werden wir haben«, bestätigte Kate und zwinkerte dem Sänger zu.

Robbie warf Kusshände in die Menge und verschwand.

Ich gesellte mich zu den anderen, die an dem reichlich aufgetischten Buffet anstanden, als plötzlich Vince neben mir auftauchte. »Wusste gar nicht, dass Sie auf Robbie stehen?«

»Wer steht nicht auf ihn?« Ich ging weiter und legte mir ein paar Häppchen auf den Teller.

Vince folgte mir. »Da haben Sie auch wieder recht.«

»Und? Sie sind mit Jamie hier?« Ich hoffte, dass meine Stimme normal klang. Was sicherlich nicht der Fall war, denn es ärgerte mich, dass er nicht mich gefragt hatte, ihn hierher zu begleiten.

»Ja, sie hat mich eingeladen. Ich hatte keine Karten für dieses Konzert. Lanchester Diamonds sind Sponsor von Robbies Tour«, erklärte er seine Anwesenheit.

»Ach so. Na, dann … ich werde jetzt essen, bevor die Show beginnt. Viel Spaß!« Ich ließ ihn eiskalt stehen und begab mich zu Kate, die mit einem bekannten Fernsehmoderator sprach.

 

Während des Konzertes suchte ich immer wieder den Blickkontakt zu Vince. Und wie ich feststellen musste, tat er es genauso.

Die Menge tobte und rastete bei jedem Song von Robbie aus. Kate und ich konnten auch nicht stillstehen. Wir trällerten sogar manche Liedtexte herzergreifend mit. Es tat gut, Kate nach all den schmerzhaften Wochen, wieder so locker und lustig zu sehen.

 

Vince konnte es nicht lassen und suchte immer wieder den Blick zu Abigail. Sie sah so niedlich und frisch aus in ihrem schwarzbunten Kleid, dass ihn an die 50iger Jahre erinnerte. Sie strahlte über das ganze Gesicht. Abigail wirkte so unschuldig und unbeschwert. Sollte er seinen Gefühlen, die er ihr gegenüber empfand, doch eine Chance geben?

 

Jamie entgingen die interessierten Blicke nicht, die Vince der Prinzessin stetig zuwarf. Es gefiel ihr nicht. Sie wollte Vince für sich zurückgewinnen. Ihr wurde in dem Jahr der Trennung schmerzhaft bewusst, dass die Karriere, die sie angestrebt hatte, ihr doch nicht die Erfüllung gab, die sie sich sehnlichst gewünscht hatte. Sie hakte sich einfach bei Vince unter. »Und? Gefällt dir Robbie?«, rief sie gegen die Lautstärke an.

»Ja, er ist schon ein toller Sänger und ein begnadeter Entertainer.«

 

Nach dem Konzert blieben noch viele Gäste in der Lounge und genossen das aufgefüllte Buffet und den kalten Champagner. Die Besucher waren alle aufgeheizt und begeistert vom Konzert. Sobald Robbie nach seiner vierten Zugabe, die Bühne endgültig verlassen hatte, ging das Licht an, die Zuschauer im Konzertsaal stürmten nach draußen. Die Rowdies begannen sofort damit, die Bühne in ihre Einzelteile zu zerlegen. Der Robbie-Zauber löste sich somit in Luft auf.

Kate und ich sehnten uns nach unseren Betten und schlugen den Weg nach Hause ein. Vorher suchten wir die Waschräume auf und als ich gerade zum Ausgang der Lounge trat, sah ich es! Ich hielt den Atem an.

Vince und Jamie standen küssend vor mir.

Er löste sich flink von Jamie und als er mich daraufhin entdeckte, wirkte er sichtlich verlegen.

Erhobenen Hauptes ging ich an den beiden vorbei. Mein Puls schlug mir bis zum Hals. Brennende Wut breitete sich in meinem Magen aus!

Und das Brennen blieb noch eine ganze Zeit. Dennoch fragte ich mich, warum es mich so sehr verstimmte? Vielleicht, weil mich der Kuss an Patrick erinnerte? Und dieser Mistkerl sich noch immer nicht bei mir gemeldet hatte.

 

Am nächsten Vormittag erledigte ich einige Büroarbeiten. Zusammen mit Conny beantworteten wir vorab sortierte Fanpost, führten einige Telefonate in Sachen Sanierung des Gipsy-Viertels und am Nachmittag hatte ich eine Stunde Nachhilfeunterricht bei dem Vater von Penelope in Sachen Politik. Auf dem Rückweg fiel mir ein, dass das Obdachlosenheim auf dem Weg lag.

»Ach Jimmy, fahren Sie doch bitte zum Obdachlosenheim. Ich möchte nach dem Rechten schauen.«

Seit dem Überfall war, Gott sei Dank, nichts Schlimmes mehr geschehen und Ruhe eingekehrt. Der Sicherheitsdienst war stets vor Ort. Die beiden Unterstützer der Kirche hatten sichtlich ihre Freude an der Arbeit.

»War diese Woche schon der Frisör hier?«, erkundigte ich mich bei Sam.

»Ja, aber es kommt noch mal Clara … für die Damenwelt.«

»Sehr schön. Und mit dem Essen klappt alles?«

»Alles in bester Ordnung. Wir werden pünktlich beliefert und die Abrechnungen stimmen auch«, bestätigte mir Inga.

»Hallo zusammen!«, erklang die Stimme von Vince hinter uns, worauf ich mich überrascht umdrehte.

Er hielt einen großen Karton in der Hand, der schwer zu sein schien, denn er stellte ihn schnaufend vor sich auf den Boden. »Hier sind die ersten Bücher. Mein Auto ist voll davon.«

»Das ist ja toll! Ich habe gestern die Regale aufgestellt und morgen werden die Sitz-Möbel geliefert. Dann haben wir eine eigene kleine Bücherei«, freute sich Sam. Er klatschte in die Hände. »Ich mache mich mal nützlich und hole die Kartons.«

»Der Wagen ist offen!«, rief ihm Vince nach, dann schaute er mich an und ich konnte regelrecht an seiner Mimik erkennen, dass es ihm unangenehm war, dass ich nach dem Konzert gesehen habe, wie er mit seiner Ex geknutscht hatte. »Das Konzert war echt spitze! Es war das erste Mal, dass ich Robbie live gesehen habe.«

»Uns hat es auch sehr gut gefallen. Er weiß, wie man die Menge mitreißen kann.« Ich verließ schnell den Raum.

Er folgte mir. »Wo laufen Sie denn jetzt schon wieder hin?«

Ich blieb abrupt stehen. »Bitte?« Wir stießen zusammen.

»Jamie hat mich geküsst … es tut mir leid …«, stammelte er herum.

Ich verschränkte demonstrativ die Arme. »Und? Was wollen Sie mir damit sagen?«

Er zuckte mit den Schultern. »Nur, dass ich Jamie nicht geküsst habe und es auch gar nicht vorhatte.«

»Na, dann ist ja alles klar.« Ich lief einfach weiter.

Ich spürte seine Hand auf meinem Arm und er zwang mich dadurch, anzuhalten. »Bitte, Abigail … Ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen.«

Ich seufzte leise und zog eine Braue hoch. »Wofür?«

»Nun ja, dass ich Sie beim Abendessen wegen der Throngeschichte so angegriffen habe. Es war nicht meine Absicht, Ihnen die Hoffnung auf ein freies Leben zu nehmen. Es steht mir nicht zu, über Sie zu urteilen. Außerdem haben Sie erst vor kurzem Ihren Mann verloren …« Er hielt kurz inne. »Und im Allgemeinen viel durchgemacht.«

Ich musste mir ein Grinsen verkneifen. Es war schon niedlich, dass er wie ein verlegener Teenager vor mir stand. Ich fand es sehr lieb von ihm, dass er sich entschuldigte. »Danke, Vince … ich nehme Ihre Entschuldigung an.«

Er amtete erleichtert aus und kratzte sich an der Stirn. »Und das mit meiner Ex … also, sie bleibt meine Ex. Ich wollte das nur klarstellen, Abigail.«

»Sie können mit Ihrer Ex machen, was Sie wollen, Vince.«

Und dann geschah in der nächsten Sekunde etwas, womit ich nie gerechnet hatte. Vince zog mich in seine Arme und küsste mich leidenschaftlich. Zuerst wehrte ich mich, doch dann ließ ich mich in seine Arme sinken. Aber, wie vom Blitz getroffen, hatte ich Patrick vor Augen. Ich löste mich schnell von Vince. Außer Atem sah ich ihn an und eilte ohne ein weiteres Wort zu meinem Wagen.

Jimmy fuhr umgehend los.

Was zur Hölle war das denn gerade für eine Aktion von Vince?

Ich strich mir über die Lippen und holte mir die Situation vor Augen. Die ganze Zeit hatte ich mich nach einem Kuss von ihm gesehnt, doch jetzt wo er mich geküsst hatte, bedeutete es mir nicht so viel, wie ich es mir erhofft hatte.

 

Patrick hatte auf der anderen Straßenseite im Wagen gesessen und den Kuss der beiden gesehen. Er wollte Abigail eigentlich bei dem Obdachlosenheim überraschen und … was sollte er sagen … die Überraschung war ihm ja super gelungen! Er kochte vor Wut und fuhr umgehend zu sich nach Hause. Dort verausgabte er sich sportlich. Er schrie seine Wut regelrecht heraus und ließ die Hanteln laut auf dem Boden aufschlagen! Da war er mal vier Wochen fort und sie schmiss sich gleich an seinen alten Militärkumpel heran! Er hatte doch gleich geahnt, dass Vince ein Auge auf die Prinzessin geworfen hatte. Das war ihm bereits auf dem Ball aufgefallen, wo die drei sich zufällig getroffen hatten. War Abigail doch zu jung für eine Beziehung? Spielte sie mit den Männern, um zu sehen, wie sie bei ihnen ankam? Patrick schnaufte aufgebracht, ging duschen, zog sich an und fuhr gegen einundzwanzig Uhr zum Palast. Er war stinksauer und musste sich beherrschen, nicht zu schnell durch die Stadt zu fahren.

 

 

 

 

*

 

Zum Glück wartete noch etwas Arbeit auf mich und ich wurde somit von dem Kuss abgelenkt. Als Conny und Penelope mir einen schönen Abend wünschten, kehrte der Gedanke an den Kuss schlagartig zurück. Ich starrte auf mein Telefon und scrollte zu Patrick. Verdammt, warum meldete sich dieser Mistkerl nicht bei mir? Ich ließ mir einen Salat aus der Küche servieren und öffnete eine Flasche Wein. Ich stellte den Fernseher an und schaute mir „Love to dance“ an. Es waren einige interessante Prominente dabei, die keinen blassen Schimmer vom Tanzen hatten und anhand eines Profitänzers oder einer Profitänzerin, dieses erlernen sollten. Der Gewinner oder die Gewinnerin erhielt einen Pokal und fünfzigtausend Euro. Aber eigentlich schaute ich es nur, um abgelenkt zu werden.

 

»Hey Patrick, lange nicht gesehen. Wie war die Auffrischung?«, erkundigte sich Kay, der die Nachtschicht hatte.

»Gut, alle Tests bestanden.«

»Und was machst du zu später Stunde noch hier?«, fragte er. »Hast du nicht noch frei?«

»Ja, aber die Prinzessin wollte noch was mit mir besprechen«, schwindelte er. »Sie hat einfach kein Zeitgefühl.«

Kay reichte ihm die Liste und den Besucherausweis. »Hier … ja, da hast du recht.«

Patrick nahm den Ausweis und klemmte ihn an seine Jacke. »Dauert auch nicht lange.«

Kay hob die Hand. »Ach, lass dir ruhig Zeit.«

Patrick knirschte mit den Zähnen, um seine innerliche Wut zu bändigen. Er marschierte schnurstracks in den Westflügel.

 

Ich hatte mir gerade mein Nachthemd angezogen, als es läutete. Huch? Wer war das denn? Sicherlich Kate, sie wollte sich noch wegen der Afrikareise bei mir melden. Ich hatte sie auf das Dorf in Mali angesprochen und sie meinte, es wäre jetzt eine gute Gelegenheit, dort mal wieder vorbeizuschauen. Und ich dufte sie begleiten.

Ich öffnete die Tür und traute meinen Augen nicht. »Patrick?«, kam es verwundert über meine Lippen.

Seine eisblauen Augen funkelten grimmig. Er ließ seinen Blick durchdringend über meinen Körper gleiten. »Darf ich?«

Mir wurde schlagartig bewusst, dass ich ein weißes Satinnachthemd trug, das an manchen Stellen durchsichtig war. Ich schlug flink meine Arme vor der Brust zusammen. »Äh … nein …«, kam es gedehnt über meine Lippen, doch da war er schon an mir vorbeigestürmt und direkt ins Wohnzimmer gelaufen. »Okay?« Ich schloss die Tür hinter ihm, eilte ins Schlafzimmer und zog mir einen Morgenmantel über. Patrick lief aufgebracht im Wohnzimmer umher. Was war ihm denn über die Leber gelaufen? »Gibt es etwas Bestimmtes, warum Sie um diese Uhrzeit noch bei mir auftauchen?«

Patrick blieb stehen und nagte an seiner Unterlippe. Er trug wieder einen sexy Dreitagebart und lässige Kleidung. Er hatte sogar eine schöne Bräune bekommen – wo auch immer er gewesen sein mag. Aber all seine Schönheit wurde von seinem bösen Blick gestört. »Ich wollte mich nur bei Ihnen zurückmelden, Miss.«

Ich stutzte über diese lapidare Aussage. »Okay. Wo waren Sie denn in der letzten Zeit?« In meinen Worten klang ein Hauch von Schärfe mit.

»In einem Ausbildungscamp«, brachte er hitzig hervor. Seine Augen musterten mich noch immer.

Ich fühlte mich trotz Morgenmantel irgendwie nackt. »Schön, ich meine … Wie war es?«, stotterte ich und griff nach meinem Weinglas.

»Anstrengend.«

Wow, er tauchte hier auf, starrte mich böse an und sagte kaum ein Wort. »Und warum genau, sind Sie jetzt hier?«, wiederholte ich die Frage extra in einem provokanten Ton. Ich nippte am Wein.

Mit wenigen Schritten war er bei mir und nahm mir einfach das Glas aus der Hand. »Sie trinken zu viel.«

»Was? Ich bitte …was?«, weiter kam ich nicht, denn ich wurde wütend auf ihn und suchte nach den passenden Worten. »Was fällt Ihnen ein?« Mehr fiel mir leider in dem Moment nicht ein. Ich wollte mir das Glas schnappen, überlegte es mir in letzter Sekunde doch anders und zog meine Hand wieder zurück.

»Ich habe mir die größten Sorgen um Sie gemacht, als ich das von dem Anschlag in New York erfahren habe. Und ich hatte die ganze Zeit über kein Telefon.« Seine Stimme hatte eine Mischung aus Besorgnis und Vorwurf.

Ich wich lieber einen Schritt zurück. »Bonny und ich haben alles gut überstanden. Und ich kann nichts dafür, dass Sie kein Telefon hatten.«

»Nun ja, meine Abwesenheit haben Sie ja ganz gut genutzt, nicht wahr?« Er schaute mich von oben herab an. Ein gefährliches Lächeln umspielte seine sinnlichen Lippen.

Ich verschränkte die Arme und sah ihn aus schmalen Augen an. »Was soll das denn heißen? Sie sind doch seit Tagen zuhause und melden sich nicht bei mir!«, warf ich ihm unmissverständlich vor.

»Das Melden hat ja anscheinend mein alter Kumpel Vince Cave für mich übernommen«, haute er mir eiskalt um die Ohren.

»Wa…« Ich verstummte. Ah, daher wehte der Wind! Er hatte erfahren, dass ich mich mit Vince getroffen hatte. »Na und?«

Er blieb nah vor mir stehen und fixierte mich mit seinen hypnotisierenden Augen. Sein Aftershave vernebelte mir dir Sinne. Ich konnte seine Körperwärme regelrecht durch den dünnen Stoff des Morgenmantels spüren. Mein Puls rebellierte, genau wie mein Herz. Er hob sachte seine rechte Hand und strich mir zart mit seinen schlanken Fingern über die Wange. »Küsst er so gut wie ich?«

Bevor ich antworten konnte, spürte ich seine warmen weichen Lippen auf den meinen. Seine Bartstoppeln kitzelten mein Kinn. Meine Knie begannen zu zittern. Ich war wie Wachs in seinen Händen. Er schmeckte so gut, roch so unwiderstehlich. Seine Zunge erkundete zärtlich meinen Mund. Seine Hände wanderten zu meiner Taille, die er mit sanfter Gewalt umschloss. Ich konnte seine festen Muskeln spüren, die seinen Oberkörper formten. Wie aus heiterem Himmel ließ er mich los, worauf ich schwankte. »Warum machen Sie das?«, flüsterte ich noch völlig benommen von dem intensiven Kuss.

»Ich lasse mich nicht zum Narren halten, Abigail! Auch wenn Sie eine Prinzessin sind.« Er war wieder eiskalt.

»Narren? Wovon reden Sie überhaupt zum Teufel!« Ich erhob die Stimme und kniff die Lippen zusammen.

»Ich habe heute gesehen, wie Sie Vince geküsst haben!«, donnerte er mir entgegen.

»Oh.« Mehr fiel mir nicht ein.

»Ja - oh!«, wiederholte er grimmig.

»Wo … Sie waren beim Obdachlosenheim? Beobachten Sie mich etwa?«, warf ich ihm vor. Innerlich freute es mich.

»Nein, ich beobachte Sie nicht. Ich wollte Sie überraschen.«

»Zwischen mir und Vince ist nichts …«, begann ich, doch er lachte hart und fiel mir ins Wort.

»Das habe ich eindeutig gesehen.«

Ich schüttelte den Kopf und riet mich innerlich zur Ruhe. »Vince hat mich ganz plötzlich geküsst … ich, ich wollte das nicht.« Ich hob unschuldig meine Arme und ließ sie an den Seiten herabfallen. »Und Sie haben sich nicht bei mir gemeldet …«, fügte ich kleinlaut hinzu. Wieso musste ich mich ihm gegenüber eigentlich rechtfertigen?

Patrick schob unruhig seine Kiefer hin und her. »Und das gibt Ihnen das Recht, sich an den Nächstbesten zu schmeißen?«

Meine innerliche Ruhe hielt leider nur wenige Sekunden. »Raus! Ich bin Ihnen verdammt nochmal keine Rechenschaft schuldig! Und ich schmeiße mich nicht an den Nächstbesten heran! Für wen halten Sie mich denn eigentlich?«

Patrick verkniff sich schweren Herzen einen Kommentar und verließ fluchtartig die Wohnung.

Ich ballte meine Hände zu Fäusten und schlug damit mehrmals auf das große Sofakissen ein, dabei gab ich erstickte Schreilaute von mir! War es denn zu fassen! Was sollte ich davon halten? Ich schleuderte das Kissen durch die Gegend und pustete mir eine

verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich behaupten, dass Patrick tierisch eifersüchtig war.

Und ich nahm auf den Schrecken erstmal wieder mein Weinglas in die Hand. Ich trank zu viel? Der Typ hatte doch einen Knall!

 

Patrick erschien bei Kay, reichte ihm den Ausweis zurück und trug sich aus der Liste aus.

»Hat ja wirklich nicht lange gedauert«, sagte Kay und warf einen Blick auf die Wanduhr.

»Habe ich doch gesagt«, brummte er und lief davon.

Kay sah ihm kopfschüttelnd nach. Was war ihm denn über die Leber gelaufen?

 

 

Queen of Afrika

 

 

Eine Woche später saß ich mit Kate im Flugzeug und war unterwegs nach Mali. Wir wollten ein paar Tage dortbleiben.

»Ich bin so froh, dass du dich bei mir nach dem Dorf erkundigt hast. Zu meiner Schande muss ich mir eingestehen, dass ich ein Jahr nicht mehr da war.« Kate schnallte sich an, da wir uns im Landeanflug befanden.

»Ich bin richtig aufgeregt und freue mich, den Bewohnern all die Geschenke zu überreichen.« Ich blickte aus dem ovalen Fenster und entdeckte nur Wüste. Ich war Kate im Stillen dankbar, dass sie mich bei der Reise dabeihaben wollte. Nach dem Vorfall mit Patrick, stand meine Gefühlswelt völlig Kopf. Er hatte sich natürlich nicht mehr bei mir gemeldet und ich würde einen Teufel tun und es bei ihm versuchen! Von Vince kam ebenfalls keine Rückmeldung, nachdem er mich spontan geküsst hatte. Was mich ehrlich gesagt gar nicht mehr interessierte. In meinem Herzen spukte nur Patrick herum und wenn ich mir den letzten Kuss wieder ins Gedächtnis rief, überfiel mich eine Gänsehaut. Ich musste mir endlich die attraktiven Männer aus dem Kopf schlagen. Bei Vince gelang es mir, aber nicht bei Patrick.

Der Privatjet setzte auf und kam nach einigen Metern zum Stehen. Als wir die Gangway hinunterliefen, standen bereits einige Personen auf dem kleinen Rollfeld. Es war eine lange Schotterstraße, die außerhalb des Dorfes lag. Hier gab es noch nicht mal einen Flughafen.

»Eure königliche Hoheit, es freut mich Sie endlich wiederzusehen!« Ein älterer Herr, der landesübliche Kleidung trug, verbeugte sich.

»Tayo Simba, wie geht es Ihnen? Entschuldigen Sie, dass ich ein Jahr nicht hier war.« Kate reichte ihm die Hand, die er für einen Moment lächelnd umschloss. »Darf ich Ihnen meine Schwiegertochter Prinzessin Abigail vorstellen. Sie wollte unbedingt mit. Abigail, das ist Bürgermeister Tayo Simba.«

Er wandte sich mir zu und reichte mir die Hand. »Endlich lerne ich die aufgehende Blume von Manor County kennen. Es tut mir unsagbar leid, dass Sie bereits nach so kurzer Zeit Ihren Mann verloren haben, liebe Prinzessin. Und Sie ihren geliebten Sohn, Kate.« Seine braunen Augen sahen erst Kate und dann mich, sanft und voller Mitgefühl an. »Wir beten jeden Tag für Sie, damit Sie die Kraft haben, um den Verlust zu verarbeiten.«

»Tayo Simba, es freut mich, Sie persönlich kennenzulernen. Kate schwärmt in den höchsten Tönen von Ihnen. Und danke, dass Sie uns in Ihre Gebete einschließen, das bedeutet uns sehr viel.«

»Dann werden wir jetzt mal zu Ihren Unterkünften fahren. Die Mädchen sind schon ganz aufgeregt, die neue Prinzessin zu sehen.« Tayo Simba machte eine Geste, dass wir in den Jeep einsteigen sollen.

Während der Fahrt schaute ich neugierig aus dem Fenster. Die Gegend war trotz der Wüste, die vereinzelte Sträucher und Bäume vorwies, sehr interessant. Die Natur fand immer ihren Weg, um Leben zu ermöglichen und das oft an den undenkbarsten Orten.

Ich genoss die warmen Sonnenstrahlen, die durch die Scheibe auf meine Haut fielen.

 

Nach zwanzig Minuten erreichten wir das Dorf Moikito. Dort herrschte bereits helle Aufregung. Uns zu Ehren hatten die Bewohner bunte Fahnen an ihren Hütten und den wenigen Laternen aufgehängt, die die paar Straßen säumten.

Als ich die armseligen Gebäude und all die strahlenden Menschen sah, die an den Schotterstraßen entlang standen und uns wild zuwinkten, hatte ich Tränen der Rührung in den Augen.

Unsere Unterkunft sah im Gegensatz zu den Häusern der Bewohner, wie ein amerikanisches weißes Farmerhaus aus. Auf der Veranda standen Stühle, Tische und eine Hollywood Schaukel. Ich hatte große Lust mich einfach zu setzen, die Augen zu schließen, um den Moment genießen zu können. Blühende Ranken verzierten die Holzbalken der Veranda. Mehrere Frangipani-Bäume säumten den schmalen Weg, der zum Haus führte. Der liebliche Duft, der von ihnen ausging, wehte bis zu mir, durch das offene Fenster.

Die Wagen kamen zum Stehen und wir stiegen aus. Tayo Simba führte uns hinein, worauf wir von drei Frauen herzlich begrüßt wurden. »Das sind Malia, Anna und Victoria. Sie werden Euch, in den nächsten Tagen begleiten.«

Ich reichte jeder Frau die Hand, die darauf schüchtern kicherten und etwas in ihrer Sprache zu Tayo sprach. »Was sagen Sie?«

»Sie sagen, dass Sie eine wunderschöne Prinzessin sind«, übersetzte mir Tayo.

»Vielen Dank! Ich mag eure Kleider.« Ich deutete lächelnd auf ihre bunten Gewänder. Die Farben und Muster hätten Bonny sicherlich auch gut gefallen.

Tayo teilte ihnen mit, was ich zu ihrer Kleidung sagte worauf sie noch verlegener wirkten und lauter kicherten.

Uns wurden die Zimmer gezeigt, die schlicht, aber sehr sauber gehalten waren. Jede von uns hatte ein eigenes kleines Bad und der Blick aus meinem Fenster war atemberaubend. Ich hörte die Grillen zirpen und ein lauer Wind blies mir ins Gesicht. Ich schloss die Augen und riss sie in der nächsten Sekunde wieder auf. Patrick! Ich sah immer nur Patrick. Und ich sehnte mich nach seinen zärtlichen Berührungen.

»Abby! Kommst du, wir wollen los!«, rief Kate in meine sehnsüchtigen Gedanken.

»Ja, ich komme!« Ich schnappte mir meinen Sonnenhut und eilte nach unten.

Tayo begleitete uns selbstverständlich und wir fuhren zu einem kleinen Marktplatz. Hier spielte sich das Leben der Dorfbewohner ab.

»Wie viele Bewohner gibt es in Moikito?«, wollte ich von Tayo erfahren.

»Wir haben tausend Bewohner, davon zweihundert Kinder und Jugendliche.«

»Und womit verdienen sie ihr Geld?«, fragte ich den Bürgermeister.

»Mit Viehzucht, Feldarbeit und einige arbeiten außerhalb, in der nächstgrößeren Stadt. Wir haben einen Kindergarten und sogar eine Schule.«

»Fahren denn Busse in die nächste Stadt?«, wollte ich von ihm erfahren.

»Ja, somit können die meisten abends wieder bei ihren Familien sein.« Tayo führte uns durch die Straßen. Er freute sich sehr über die Neugier und das Interesse, das wir seinem Volk entgegenbrachten. Überall blieben die Leute stehen, verbeugten sich und riefen uns etwas zu. »Sie sagen: Gott segne und beschütze euch!«

 

Zum Schluss zeigte uns Tayo das Krankenhaus, das mit Unterstützung von Vince‘ Unternehmen und der Königsfamilie neu aufgebaut wurde.

»Wir können jetzt Operationen jeglicher Art ausführen und müssen nicht erst in die nächstgrößere Stadt«, sagte Tayo stolz. »Das hat den Patienten immer unnötige Zeit gekostet.«

In der nächsten Sekunde hörte ich ein herzhaftes Lachen, das mir sehr bekannt vorkam und einen erhöhten Herzschlag verursachte.

Ein kleiner Junge kam uns lachend entgegen, gefolgt von einem Mann, der ihn fangen wollte. »Gleich habe ich dich!« Er schnappte sich den Bengel und hob ihn schwungvoll hoch. Dann erstarb sein Lachen und verwandelte sich in einen überraschten Gesichtsausdruck. »Hallo Abigail!«

»Vince?«

Er setzte den Jungen ab und trat uns entgegen. »Eure königliche Hoheit.«

»Sie sollen mich doch nur Kate nennen, Vince«, tadelte sie ihn mit einem freundlichen Lächeln.

»Sehr gern, entschuldigen Sie bitte, Kate.«

»Was machen Sie denn hier?«, haute ich ihm die Frage etwas schroff um die Ohren, worauf ich mich räusperte und in einem freundlichen Ton weitersprach. »Ah, stimmt, Sie haben mir letztens gesagt, dass Sie wieder hierher fliegen wollen.«

Seine Augen musterten mich glänzend. »Genau, das habe ich Ihnen letztens gesagt.«

»Mister Cave wohnt im selben Haus wie Sie«, sagte Tayo, worauf ich Vince aus großen Augen ansah. Verdammt, das hatte mir ausgerechnet gefehlt! Ich zwang mich zu einem schiefen Grinsen und schwieg.

»Wie schön! Dann sehen wir uns heute Abend. Entschuldigen Sie bitte, aber ich muss weiter, die Rasselbande wartet auf mich.« Er hob die Hand und eilte in den Raum zurück.

»Mister Cave ist dabei, die Kinder zu impfen«, klärte uns der Bürgermeister auf.

Wir gingen weiter und nachdem wir das Krankenhaus besichtigt hatten, fuhren wir zurück zu unserer Unterkunft.

»Wir geben Ihnen zu Ehren heute Abend ein kleines Fest. Es beginnt um neunzehn Uhr mit einem Essen und danach zeigen Tänzer und Tänzerinnen unsere hiesigen Bräuche«, unterrichtete Tayo uns. »Ich werde pünktlich hier sein, um Sie zum Essen zu begleiten.«

 

»Du wusstest, dass Vince hier ist?«, fragte mich Kate mit einem schelmischen Grinsen, als wir gemeinsam zu unseren Zimmern gingen.

»Ja, - nein … also er hat mal beiläufig erwähnt, dass er in der nächsten Zeit wieder hier sein würde, aber den genauen Tag hat er mir nicht gesagt«, plapperte ich drauf los.

»Ich glaube, der steht auf dich«, meinte Kate und stupste mich an.

»Ach was! Der bändelt doch wieder mit seiner Ex an. Hast du doch auf dem Robbie Williams Konzert gesehen.« Ich hoffte, dass meine Stimme normal klang.

Kate seufzte. »Naja, ich habe eher gesehen, dass er den ganzen Abend nicht die Augen von dir lassen konnte.«

Ich tat überrascht. »Was? Du warst doch im Robbie Fieber!«, zog ich sie auf.

Sie hob den Zeigefinger. »Ich weiß, was ich gesehen habe!« Mit diesen Worten verschwand sie hinter ihrer Zimmertür.

Pünktlich um neunzehn Uhr erschienen wir im Esszimmer, wo sich Vince bereits mit dem Bürgermeister unterhielt. Wir begrüßten uns und Melina reichte Getränke. Irgendwie fühlte ich mich unwohl in seiner Nähe, besonders, nachdem er mich einfach geküsst und ich ihn einfach, hatte stehen lassen.

Zum Glück erschienen weitere Gäste, mit denen ich mich unterhalten konnte und war somit nicht nur an Vince gebunden.

Nach dem traditionellen, vorzüglichen Essen begaben sich die Gäste nach draußen. Dort standen Stühle für uns bereit und Feuerkörbe bildeten einen großen Kreis. Auf der linken Seite saßen Männer in ihrer landesüblichen Tracht. Sie trommelten leise und summten vor sich hin.

Es hörte sich traumhaft schön an, besonders wenn man sich in ihrer Heimat befand. Diesmal konnte ich Vince nicht entkommen, denn Kate platzierte ihn direkt links neben mir. Meine Schwiegermutter nahm rechts neben mir Platz und zwinkerte mir verschwörerisch zu. Ich strafte sie mit einem bösen Blick.

»Und? Wie gefällt Ihnen Moikito?«, fragte mich Vince.

»Sehr interessant, aber wie Sie schon letztens gesagt haben, muss noch viel getan werden.«

»Ja, das muss es wirklich, aber ich bin da guter Hoffnung. Tayo Simba ist ein sehr guter Bürgermeister. Er beschützt das Dorf schon seit vielen Jahren.«

»Wann waren denn das letzte Mal diese Rebellen hier?«, wollte ich von ihm erfahren. Tayo Simba hatte heute beiläufig davon gesprochen. Als ich mehr erfahren wollte, wich er mir gekonnt aus.

Vince kratzte sich die Stirn. »Oh … ich glaube, das ist erst ein paar Wochen her. Simba wurde erneut von dem Rebellenanführer bedroht.«

Ich sah ihn aus besorgten Augen an. »Nein? Und was will er von ihm? Ich meine, hier gibt es doch nichts zu holen.«

»Dem Rebell gefällt es nicht, dass Simba so viel Unterstützung aus Europa erhält. Außerdem will er die Mädchen entführen und die ganzen Geräte aus dem Krankenhaus stehlen. Er will alles zu Geld machen, um sich Waffen kaufen zu können.«

»Das ist ja schrecklich!« Ich verzog angewidert das Gesicht. „Wer ist denn der Rebell?“

»Jahslove.«

»Jahslove?«

»Ja, es heißt so viel, wie Gottes Liebe.«

Ich lache hart. »Na, ich glaube, die hat der Kerl nicht, sonst würde er nicht so grausam sein.«

»Da haben Sie vollkommen recht. Ich hoffe, er lässt das Dorf in Ruhe.«

Tayo stand in der nächsten Sekunde auf und begrüßte die Gäste, insbesondere Kate und mich. Dann begann die Show, die mich von Anfang an völlig in ihren Bann zog. Ich liebte diese emotionalen Tänze, die afrikanische Musik umhüllte mich und ließ mich plötzlich in eine andere Welt eintauchen. Ich musste mir ein paar Mal die Tränen wegwischen, denn die Gefühle überrollten mich einfach.

Nach der Show hielten wir uns weiterhin draußen auf. Ich unterhielt mich mit einer Lehrerin, die aus Moikito stammte, einigen Krankenschwestern und einer Ärztin, die aus Deutschland kam und zu der Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ gehörte. Ich erfuhr viel über die Lebensbedingungen hier und was die Politik in dem Land noch immer falsch machte.

Gegen Mitternacht löste sich die Gesellschaft langsam auf. Kate sprach noch mit Tayo. Ich hatte mich auf die Veranda zurückgezogen.

Vince kam zu mir und lehnte sich lässig an das Geländer. »Warum sind Sie einfach so geflüchtet, nachdem ich Sie geküsst habe?«

Herrje, ich hatte so gehofft, dass er das Thema nicht ansprechen würde, aber es war sein gutes Recht. »Es tut mir leid, Vince … Wie ich mich Ihnen gegenüber verhalten habe, war nicht Ladylike, aber ich war in dem Moment etwas überrascht.«

»Ich will wirklich nichts mehr von Jamie, aber sie will es nicht wahrhaben«, beteuerte er seine Unschuld.

Die Frage, die ich mir hingegen stellte, war: Wollte ich noch was von ihm? Sofort hatte ich Patrick vor Augen und mein Magen zog sich zusammen. »Wissen Sie Vince, ich mag Sie wirklich …«

»Aber?« Er sah mich wie ein kleiner Junge an, der nicht wusste, ob er jetzt eine Strafe erhielt. »Es folgt doch ein aber.«

Ich befeuchtete meine Lippen und suchte nach den richtigen Worten. »Nun … Es ist für mich nicht so einfach. Ich bin erst seit einigen Wochen offiziell eine Witwe und die Thronfolgerin. Ich glaube, es würde von der Öffentlichkeit nicht gut angenommen werden, wenn ich mich jetzt schon mit einem neuen Mann präsentieren würde.« Ich schaute ihn voller Überzeugung an. »Wie Sie selbst gesagt haben; die königlichen Gesetze sind sehr hart und unbiegsam.«

Er lachte leise und vergrub seine Hände in den Hosentaschen. »Verdammt, hätte ich bloß meine Klappe gehalten wegen der Gesetze.«

Ich stand auf und ging zu ihm. »Es tut mir leid, Vince, aber mehr kann ich Ihnen nicht geben.«

»Würden Sie denn mehr geben wollen, Abigail?« Seine Stimme klang rau und er näherte sich langsam meinem Mund. »Ich würde auf Sie warten.«

Ich berührte seine schwungvollen Lippen sanft mit meinem Finger, um ihn Einhalt zu gebieten. »Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Gute Nacht.«

Doch Vince zog mich zu sich und küsste mich erneut. Diesmal mit mehr Leidenschaft. Er legte seine Hände um meine Taille. Wie beim letzten Mal, hatte ich sofort Patrick vor Augen und löste mich von ihm. »Es geht nicht, tut mir leid …«

Als ich in meinem Zimmer war, ergriff mich plötzlich eine schmerzhafte Sehnsucht nach Patrick. Warum konnte er nicht mit mir hier sein? Und wenn er es wäre? Was ich gerade zu Vince gesagt hatte, traf genauso auf Patrick zu. Es war einfach zu früh für einen neuen Mann an meiner Seite. Aber Patrick kannte die Hintergründe meiner Hochzeit und dass nie etwas zwischen Jasper und mir gelaufen war.

Wann würde ich Patrick wiedersehen? Würde ich ihn überhaupt wiedersehen? Nach seinem letzten aufbrausenden Besuch bei mir, hatte ich ihn nicht mehr zu Gesicht bekommen. Tausende von Kilometern von ihm entfernt und doch so nah. Verdammt, ich hatte Liebeskummer!

 

Rebell Jahslove

 

 

 

Am nächsten Tag besuchten Kate und ich die Schule von Moikito. Ich war hin und weg von all den Kindern, die so viel Lebensfreude ausstrahlten. Die Mädchen umzingelten mich und wollten mich alle berühren. Sie strichen über meine weiße Haut und tippten vorsichtig auf meine Sommersprossen, die sich um meine Nase verteilten. Und das rötliche Haar war ihnen erst gar nicht geheuer, bis Tayo zu ihnen sagte, das ist das Zeichen einer wahren Prinzessin. Dann berührten sie es vorsichtig. Diese Kinder waren so herzlich, so unbeschwert, und dass trotz ihrer Armut. Sie glaubten und vertrauten den Menschen und waren fern von all dem Bösen.

Kate und ich verteilten die Geschenke, die wir ihnen mitgebracht hatten. Es waren Rucksäcke, Blöcke, Stifte, Bücher, Kleidung, Spielzeug, Kreide und noch vieles mehr.

Doch das Böse kam.

Plötzlich und unerwartet.

Mehrere Fahrzeuge fuhren durch das Dorf, teilweise waren sie mit Maschinengewehren auf der Ladefläche bestückt.

Die Bewohner schrien und eilten zum Schutz, in ihre Häuser.

 

Die Kinder sangen gerade ein Lied für Kate und mich, als Tayo hektisch wurde und überstürzt das Klassenzimmer verließ.

Sekunden später ertönten mehrere Schüsse, die draußen vor der Schule abgefeuert wurden. Alle die sich im Klassenzimmer befanden kreischten aufgebracht und liefen durcheinander.

»Kinder, sofort nach unten … unten bleiben!«, rief die Lehrerin ihren Schützlingen zu.

Kate und ich, wussten gar nicht, was uns geschah, da stürmten bereits maskierte Männer mit Maschinengewehren in den Klassenraum und bedrohten uns.

Ein großer farbiger Mann, der einen Flecktarnanzug trug, trat aus deren Mitte. Er ließ seinen finsteren Blick durch den Raum schweifen. »Wo ist die Prinzessin?«, fragte er in unserer Sprache.

Kate hielt mich zurück und sah mich angsterfüllt an. Sie formte mit den Lippen ein stummes Nein und signalisierte mir durch ein Kopfschütteln, dass ich mich nicht zeigen sollte.

Der Mann holte einen Schlagstock hervor und ließ diesen auf einen der Holztische knallen. Die Kinder schrien und zappelten ängstlich auf dem Boden herum. »Wo ist die Prinzessin? Sonst passiert was!«

Ich stand auf, worauf Kate einen erstickten Schrei von sich gab. Sie zerrte an meinem Hosenbein, um mich aufzuhalten. »Ich bin hier!«

Der Mann sah mich bewundernd an. »Ah? Sie sind also die Queen of Afrika, von der alle seit gestern sprechen.«

»Ich bin keine Queen, schon gar nicht von Ihrem Land«, trat ich ihm mutig entgegen.

»Und was sind Sie dann?« Er neigte den Kopf und betrachtete mich amüsiert.

»Ich bin Gast in Ihrem Land.«

»So bescheiden.« Er schnalzte mit der Zunge und ließ den Schlagstock erneut auf einen der Tische knallen. Wieder zuckten alle zusammen und wimmerten leise vor sich hin.

»Wer sind Sie überhaupt?“ Hatte ich das wirklich laut ausgesprochen? Begab ich mich nicht gerade auf dünnem Eis?

Er verbeugte sich leicht und noch immer beherrschte das gefährliche Grinsen sein Gesicht. »Entschuldigt bitte mein ungehobeltes Benehmen, eure Hoheit. Mein Name ist Jahslove.«

Ich reichte ihm meine Hand. »Mein Name ist Abigail Beaufort, Prinzessin von Manor County.«

Jahslove zögerte einen Moment, dann erwiderte er die Geste. »Sehr erfreut Sie kennenzulernen, Abigail Beaufort.«

»Was wollen Sie hier, Jahslove? Sicherlich nicht das Dorf unterstützen«, warf ich ihm vor. Die Vorstellung, dass der Mann vor mir, seit Jahren die Bewohner terrorisierte, ärgerte mich maßlos.

Er warf den Kopf in den Nacken und lachte herzhaft. »Ich liebe Ihre offenen Worte, Miss Abigail.« Dann erlosch das Lachen augenblicklich. Er beugte sich mir bedrohlich entgegen. Seine Haut war tiefschwarz, genau wie seine Augen, die mich nicht gerade freundlich ansahen.

»Danke. Also. Was wollen Sie hier?«

Jahslove drehte sich von mir weg und ließ den Schlagstock sachte in seine Handinnenfläche gleiten. Sein Blick erfasste die Kinder, die zusammengekauert auf dem Boden hockten. »Ich will das Dorf, ganz einfach.«

»Und warum?«

Jahslove hielt mit seinen Schlägen inne und sah mich überrascht an. »Na, weil es mir gehört.«

»Einfach so, oder haben Sie einen ehrlichen Anspruch auf Moikito?«, fragte ich ihn. Und ich fragte mich gerade selbst, ob ich nicht ganz bei Verstand war, mit einem Rebellen zu verhandeln.

Seine schwarzen Augen funkelten wie fein geschliffene Edelsteine. »Wie wäre es, wenn Sie mich begleiten, African Queen?«

Ich straffte meine Haltung. »Wohin?«

»Zu meinem Camp. Dann können wir in aller Ruhe darüber sprechen.«

»Nur, wenn Sie die Kinder und die Lehrerin freilassen.« Ich warf einen schnellen Blick zu Kate, die einem Herzinfarkt nahe war und mir durch Handzeichen zu verstehen gab, dass ich das nicht machen sollte.

Im nächsten Augenblick wurde der Bürgermeister durch die Tür geschubst und von zwei Rebellen mit einer Waffe in Schach gehalten. Ich konnte sehen, dass man ihn geschlagen hatte, denn aus seiner Nase tropfte Blut und seine Hände waren mit Kabelbinder gefesselt. Tayo Simba sprach zu Jahslove, worauf einer der Rebellen, ihn mit dem Gewehrkolben auf den Kopf schlug und er zu Boden sackte.

Ich war so voller Zorn, dass ich mich mutig vor Jahslove stellte und ihn aus schmalen Augen ansah. »Hören Sie auf! Ich komme mit Ihnen!«

Jahslove nickte seinen Kumpanen zu. Die Männer scheuchten daraufhin mit lautem Gebrüll die Kinder aus dem Raum. Zusammen mit ihnen konnte auch Kate fliehen, die mich angsterfüllt ansah. Zwei Männer nahmen Tayo mit sich.

Dann war ich mit dem Rebellen allein.

Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Auf was hatte ich mich nur eingelassen? Ich musste von allen guten Geistern verlassen gewesen sein. Den Riesen konnte ich nicht einfach mit einer Bratpfanne außer Gefecht setzen. Ich nagte an meiner Unterlippe und schaute zu dem farbigen Bullen auf.

Jahslove kam mit langsamen Schritten auf mich zu und ließ provokant den Schlagstock in seine Hand schnellen.

Ich schluckte und musste, warum auch immer, gerade jetzt in diesem Moment an Patrick denken.

»Gut, Miss African Queen, darf ich dann bitten?« Er zeigte mit dem Stock zum Ausgang. Auf dem Weg zum Auto sah ich, dass unsere Leibwächter ebenfalls auf den Knien hockten und gefesselt waren. Als sich unsere Blicke trafen, konnte ich die Scham in ihren Augen sehen, dass sie die Gefahr nicht abwenden konnten. Ich nickte ihnen zu und stieg in den Wagen.

Tayo Simba lag verletzt auf der Rückbank.

»Wir bringen ihn sofort ins Krankenhaus«, verlangte ich.

»Warum sollten wir?«

»Wollen Sie mit mir reden oder nicht?«, blaffte ich Jahslove an.

Er nickte, setzte sich auf den Beifahrersitz und wies seinen Fahrer an, loszufahren. Er hielt am Krankenhaus, seine Männer setzten Tayo einfach auf der Eingangstreppe ab und wir fuhren weiter.

Es war erschreckend, überall im Dorf hatte Jahslove Männer mit Gewehren positioniert. Es war eine kleine Armee, die Moikito in Schach hielt. Es wirkte, als würden wir uns im Krieg befinden und ich war mittendrin. Ich warf einen flüchtigen Blick durch die Heckscheibe. Ein schwerer Druck lag auf meiner Brust, als das Dorf im aufgewirbelten Staub immer kleiner wurde.

Plötzlich wurde mir ein schwarzer Sack über den Kopf gezogen.

»Keine Angst, Prinzessin. Sie dürfen nur nicht sehen, wo ich mein Camp habe. Es dient lediglich zu Ihrer und auch meiner Sicherheit«, sprach Jahslove zu mir.

Ich kam mir, wie in einem schlechten Hollywoodfilm vor. Schwieg aber lieber.

 

 

*

 

Nach einer gefühlten Ewigkeit wurde mir der schwarze Sack vom Kopf genommen. Laut meiner Uhr sind wir über zwei Stunden gefahren. Wir befanden uns in einer Schlucht, die von hohen Felsen umgeben war. Hier, im Schutz der Berge, hatte Jahslove sein Camp aufgeschlagen. Er führte mich zu einem großen Beduinenzelt, das komplett mit Möbeln ausgestattet war und Teppiche im Sand lagen.

»Bitte, eure Hoheit, nehmen Sie Platz.«

Ich setzte mich auf einen kleinen Hocker. »Haben Sie wohl ein Glas Wasser für mich?«

»Aber natürlich!« Er rief etwas auf seiner Sprache, worauf Männer mit einer Karaffe und Gläser kamen. Ich leerte das Glas in einem Zug und wischte mir über die Lippen.

»Sie haben einen guten Zug drauf, junge Lady«, lachte Jahslove.

»Und jetzt klären Sie mich bitte auf, Sir«, bat ich ihn höflich. »Warum schikanieren Sie das Dorf?«

Jahslove nahm sein Barett ab und setzte sich mir gegenüber, in einen Sessel. »Mein Vater hat Moikito aufgebaut. Als er gestorben ist, hat er das Dorf an mich überschrieben – aber es wurde mir einfach weggenommen. Jetzt möchte ich es wieder zurückhaben. Mir steht das Dorf zu.«

»Warum wurde es Ihnen weggenommen?«, fragte ich interessiert.

»Weil damals ein Rebell namens Bhandy, das Dorf überfallen und mich und meine Vorfahren vertrieben hat. Seitdem herrscht seine Familie über das Dorf. Ich will nur das zurück, was meiner Familie zusteht«, erklärte er mir die Sachlage.

»Und warum entführen Sie Mädchen und verbreiten Angst und Terror?«, wollte ich von ihm erfahren.

Er lachte herzhaft. »Ich habe keine Mädchen entführt, das sind Schauermärchen, die über mich verbreitet werden.« Er beugte sich mir entgegen. »Glauben Sie mir, ich habe noch nie einen Menschen getötet oder töten lassen«“

»Und warum haben Sie den Bürgermeister so zurichten lassen?«, warf ich ihm vor.

Er lehnte sich zurück und winkte meine Worte mit einer lässigen Handbewegung fort. »Weil Tayo nicht der gute Mensch ist, für den ihn alle halten.«

»Wie meinen Sie das? Was hat Tayo denn angestellt, dass Sie das über ihn behaupten?« Ich sah ihn gebannt an.

„Tayo heißt mit richtigem Namen Bhandy und nicht Simba. Er hat den Namen seiner Frau angenommen. Er ist ein direkter Nachkomme von Bhandy. Und er hat die Gerüchte in Umlauf gebracht, dass ich Mädchen aus anderen Dörfern entführe und sie zur Prostitution zwinge. Außerdem zweigt Tayo immer eine hohe Summe von Ihren Spendengeldern ab, damit er seine Kinder in den Staaten studieren lassen kann. Warum glauben Sie, sieht das Dorf noch nicht danach aus, wie es eigentlich nach so vielen Spenden sein müsste.“

Ich war vollkommen schockiert, als ich die Anschuldigungen hörte. »Sie lügen mich an!«

»Oh nein, das tue ich nicht, African Queen. Ich kann es leider nicht beweisen und niemand würde mir glauben.«

»Und was haben Sie jetzt vor? Tayo wird Ihnen doch nie freiwillig das Dorf überlassen«, stellte ich sein Vorhaben in Frage.

»Dann werde ich es in Schutt und Asche legen, ganz einfach.« Seine braunen Augen funkelten mich voller Entschlossenheit an.

»Das können Sie nicht machen! All die unschuldigen Bewohner … sie haben eh schon nicht viel und das bisschen dürfen Sie ihnen nicht auch noch nehmen. Außerdem werden Sie von allen gehasst und das wollen Sie doch eigentlich nicht, oder?«, versuchte ich, ihm ins Gewissen zu reden. »Es muss eine andere Lösung geben.«

»Bitte, ich bin für neue Vorschläge ganz offen, eure Hoheit.«

Ich stand auf und lief vor ihm auf und ab. »Warum können Sie nicht beweisen, dass Tayo die Spendengelder veruntreut? Dagegen kann er nicht ankommen und müsste ins Gefängnis.«

Jahslove seufzte. »Ich habe keinen IT- Profi unter meinen Leuten. Ich kenne mich mit dem ganzen Computerzeug nicht aus. Also bleiben mir nur die Waffen und Gewalt.»

»Wenn Sie mich telefonieren lassen, werde ich das für Sie übernehmen. Ich kenne IT-Profis.«

Er beäugte mich skeptisch und dachte über meinen Vorschlag nach.

»Ich stelle auf Lautsprecher und ich verspreche Ihnen, ich werde nichts Unvernünftiges versuchen! Bitte. Was haben Sie schon zu verlieren? Sie können Ihr Dorf ohne Gewalt wiederbekommen und Ihrem Volk beweisen, dass Tayo ein Betrüger ist.«

»Gut. Gib der Lady ihre Tasche!«, rief er einem seiner Männer zu.

Ich strahlte ihn freudig an und blieb höflich. »Vielen Dank, Sir!«

Der Mann reichte mir meine Tasche und ich holte das Telefon hervor. Natürlich rief ich bei Patrick an. Er war der Einzige, dem ich im Moment vertraute, auch wenn er sicherlich noch böse auf mich war.

 

 

Hakuna Matata

 

Es dauerte einige Zeit, bis das Freizeichen zu hören war. Dann knackte es und ich hörte Patricks Stimme. Ich hatte wie versprochen, auf Lautsprecher gestellt. »Abigail, wo stecken Sie? Wie geht es Ihnen? Was ist los? Ich habe von einer Entführung gehört?«

Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken, obwohl es in dem Zelt stickig heiß war. Seine Worte klangen aufgeregt und besorgt. »Mir geht es gut. Bitte Patrick, ich brauche jetzt ganz dringend Ihre Hilfe. Hören Sie mir genau zu.«

»Dann schießen Sie mal los, ich bin ganz Ohr«“

Ich erzählte ihm, dass Tayo mit Nachnamen eigentlich Bhandy hieß und den Namen Simba, von seiner Frau angenommen hatte. Die Spendengelder würden seit Jahren von ihm unterschlagen werden und er ließ dieses Geld seinen Kindern in den Staaten zukommen. »Wir müssen Beweise finden, die ihn überführen, kriegt Ihr Team das hin, Patrick?«

»Selbstverständlich … Abigail, Sie müssen wissen, dass sich bereits ein Sicherheitsteam auf den Weg gemacht hat, um Sie zu befreien.«

»Teilen Sie denen umgehend mit, dass sie sich zurückhalten sollen. Jahslove wird mir nichts antun, er ist nicht der Böse, sondern Tayo Simba.«

»Sind Sie sich da ganz sicher?«

Bevor ich ihm eine Antwort gab, schaute ich zu Jahslove und was ich jetzt in seinen Augen sah, war die Wahrheit. Ich verließ mich auf mein Bauchgefühl. »Ich vertraue ihm.«

»Gut, dann werde ich es sofort weiterleiten.« Es herrschte eine kurze Stille, dann sprach er mit rauer Stimme weiter. »Abigail, passen Sie auf sich auf und kommen Sie bitte gesund zurück.«

Am liebsten hätte ich ihn durch den Hörer gezogen und auf der Stelle geküsst. »Das werde ich. Und sobald Sie was erfahren haben, melden Sie sich bei mir und unterrichten Sie umgehend Kate, dass es mir gut geht.«

»Das werde ich. Bis bald.«

Ich drückte den roten Hörer. »Jetzt müssen wir warten.«

Jahslove betrachtete mich eingehend. »Warum setzen Sie sich so für mich ein? Sie kennen mich kaum und mein schlechter Ruf eilt mir voraus.«

»Oft sind diejenigen, denen ein schlechter Ruf vorauseilt, im wahren Leben die anständigsten und vertrauensvollsten Menschen.«

»Sie sind wirklich eine bewundernswerte junge Frau, eure Hoheit!« Seine Worte klangen ehrlich und aufrichtig.

 

 

 

*

 

Das Warten wurde zur Qual. Die Zeiger auf meiner Uhr bewegten sich in Zeitlupe. Ich starrte die ganze Zeit auf mein Telefon und betete, dass Patrick etwas in Erfahrung bringen konnte.

Jahslove benahm sich vorbildlich und wir aßen gemeinsam zu Abend. Er fragte mich viel über Manor County und wie ich in meinen jungen Jahren, einen so fürchterlichen Mann heiraten konnte. Er hatte den Weg, den ich bis zum heutigen Datum hinter mich gebracht hatte, tatsächlich in den Medien verfolgt. »Sie haben ihn doch nicht tatsächlich geliebt? Dieser Prinz war ein Kasper … und soweit ich das beurteilen konnte, mochte er die Männerwelt mehr, als die Frauen oder täusche ich mich da etwa?«

»Dazu werde ich mich nicht äußern. Er war eine verlorene Seele und musste viel zu früh von der Welt gehen.« Ich nahm einen Schluck vom Wein und wechselte das Thema. »Und Sie, haben sie keine Ehefrau?«

Jahslove seufzte wehmütig. »Welche Frau will sich schon in einen Rebellen verlieben? Mein Ruf ist einfach zu schlecht.« Es folgte ein schwaches Lächeln.

»Dann werden wir Ihren Namen wieder reinwaschen. Außerdem: Frauen stehen auf Rebellen, aber sie dürfen nicht zu böse sein«, lachte ich und trank ihm zu. »Auf die Rebellen!«

»Auf die Rebellen!«

Ich stellte das Glas ab. »Wie wäre es, wenn Sie ein Zeichen setzen, und Ihre Truppen aus dem Dorf zurückziehen.«

»Oh nein, ein bisschen böser Rebell möchte ich schon noch sein. Die Truppen bleiben so lang dort, bis Sie meine Unschuld bewiesen haben. Den Spaß lasse ich mir nicht nehmen, African Queen.« Er grinste mich lausbubenhaft an.

»Es war einen Versuch wert.«

 

 

Am nächsten Morgen

 

Manor Sky

 

»Und, Kay … bitte sagen Sie mir, dass Sie etwas gefunden haben!« Patrick blickte den IT-Profi hoffnungsvoll an.

»Ja, Sir! Ich habe illegale Konten auf den Caymans gefunden. Dort gehen seit fast zehn Jahren jeden Monat hohe Summen ein. Ein Großteil dieser Summe wird auf zwei weitere Konten geleitet, die sich in den Staaten befinden. Es handelt sich dabei um zwei Söhne von Tayo Simba. Sie leben und studieren dort. Ich habe sie nicht sofort gefunden, da die beiden jeweils unter einem anderen Namen dort gemeldet sind«, teilte Kay seine Ergebnisse mit. »Tayo Simba – der mit richtigem Namen tatsächlich Bhandy heißt, hat definitiv Dreck am Stecken, Sir, und wir können es beweisen.«

Patrick klopfte ihm lobend auf die Schulter. »Sehr gut. Schicken Sie alles an mich. Ich werde es umgehend der Prinzessin zukommen lassen. Gut gemacht, Kay, vielen Dank!«

»Danke, Sir.«

Patrick eilte aus dem Raum und rief Abigail an. Er hoffte, dass es ihr so weit gut ging und der Rebell sich an die Abmachung hielt und ihr nichts antat. Die Presse konnte bis zu diesem Zeitpunkt komplett aus dem schrecklichen Vorfall herausgehalten werden. Er lauschte dem Freizeichen und lief aufgeregt umher. »Los! Geh ran!«

 

Ich erschrak, als mein Telefon zu läuten begann. Jahslove und ich blickten uns gespannt an. Auf dem Display war zu sehen, dass es sich um Patrick handelte. »Jetzt werden wir erfahren, ob Sie recht hatten, Sir.« Ich nahm einen tiefen Atemzug und drückte den grünen Hörer und danach die Lautsprecherfunktion. »Hallo Patrick, was haben Sie erfahren können? Ich habe Sie auf Lautsprecher geschaltet.«

»Hallo Abigail! Ich hoffe, es geht Ihnen gut?«

»Ja, ich hatte einen unterhaltsamen Abend. Also? Wir hören.« Ich nickte Jahslove zu, dass er näherkommen sollte, damit er alles mit anhören konnte.

Patrick legte los und erzählte uns alles, was er in der Kürze der Zeit in Erfahrung bringen konnte. Das Grinsen auf Jahslove Gesicht wurde immer breiter.

»Patrick, ich danke Ihnen von ganzem Herzen. Wir sehen uns.«

»Gern geschehen und wir werden uns sehen.« Mehr sagte er nicht und beendete das Gespräch.

 

Patrick informierte umgehend Kate, die aus allen Wolken fiel, als sich leider die schlechte Wahrheit bestätigte, die sie nicht hören wollte.

»Und wie geht es jetzt weiter?«, fragte Vince sie.

Kate zuckte mit den Schultern. »Ich schätze mal, dass wir Tayo im Krankenhaus besuchen werden und ihn zur Rede stellen.«

»Hat Patrick etwas zu Abigail gesagt. Wird sie freigelassen?» Er machte sich die größten Sorgen um sie, besonders weil ihm jetzt bewusst wurde, dass er wirklich etwas für sie empfand.

»Er sagte, dass Abigail sich bei mir melden wird.« Die Königin hatte es gerade ausgesprochen, als ihr Telefon läutete. Auf dem Display stand Abigail. »Oh mein Gott! Wie geht es dir? Ist alles in Ordnung?«

»Mir geht es gut. Alles in Ordnung«, nahm ich ihr die Sorgen.

»Bist du wieder frei?«

»Ich werde in zwei Stunden zurück sein, mit Jahslove, dem wahren Bürgermeister von Moikito.«

 

Und so war es auch. Zwei Stunden später erreichten wir das Dorf und die Truppen brachen in lautes Jubeln aus, als Jahslove aus dem Fenster zu ihnen rief, dass sie es endlich geschafft hatten.

Wir fuhren zur Unterkunft, wo Kate und Vince auf mich zustürmten. Kate schloss mich weinend vor Erleichterung in ihre Arme. Danach umarmte mich Vince und drückte mich fest an sich. »Ich hatte solche Angst um dich«, flüsterte er mir zu und ich sah, dass er gegen den Wunsch ankämpfte, mich auf der Stelle zu küssen.

Ich löste mich schnell von ihm. »Darf ich euch Jahslove vorstellen, den wahren Bürgermeister von Moikito. Jahslove, das ist Königin Kate und das ist Vince Cave, sein Unternehmen hat viel in das Dorf investiert.«

Jahslove verbeugte sich vor Kate und reichte ihr seine Hand. »Sie haben eine außergewöhnliche Schwiegertochter. Sie hat meine Familie gerettet und ihnen ihren Stolz zurückgegeben. Das werde ich ihr nie im Leben vergessen.«

»Es freut mich, Sie kennenzulernen, auch wenn die Umstände nicht gerade glücklich sind. Es tut mir leid, dass wir nie die Untreue von Tayo Simba erkannt haben. Ich werde es wieder gutmachen und Ihr Dorf weiterhin, so gut es geht, unterstützen, Jahslove. Darauf gebe ich Ihnen mein Wort.«

»Und jetzt werden wir dem Bürgermeister einen Besuch abstatten.« Ich blickte schadenfroh durch die Runde.

 

Inzwischen hatte sich die Nachricht wie ein Buschfeuer durch das Dorf verbreitet und es herrschte helle Aufregung unter den Bewohnern.

Tayo blickte aus dem Fenster seines Krankenzimmers. Er wunderte sich über die Unruhen, die in seinem Dorf herrschten. Dieser Tumult rührte nicht von den Truppen, die Jahslove hier positioniert hatte, sondern er vernahm laute Stimmen und diese riefen: »Verräter!« War er etwa damit gemeint?

Ein dunkler Wagen fuhr vor und ihm stockte der Atem, als er sah, wer ausstieg. Jahslove zerrte die Prinzessin mit sich und bedrohte sie mit einer Waffe. Gefolgt von der Königin und Vince Cave.

Was um alles auf der Welt hatte Jahslove jetzt schon wieder vor? Sicherlich wollte er ihn erpressen. Er würde die Prinzessin und die Königin vor seinen Augen erschießen, wenn er nicht endlich zugab, dass das Dorf in Wirklichkeit der Familie von Jahslove gehörte und nicht ihm. All die Jahre konnte er sein Geheimnis behüten und mit seinen erfundenen Horrorgeschichten, die er über Jahslove verbreitete, seine Dorfbewohner in die Irre führen. Sie vertrauten ihm blindlings und er sackte seit Jahren Spendengelder ein, die er seinen Söhnen in den Staaten zukommen ließ. Ein gefährliches Lachen huschte um seine Mundwinkel. Er würde nie im Leben, dieses Leben aufgeben. Er hielt eh nichts von der Königin und ihrem Einsatz, sich für das Dorf einzusetzen. Es widerte ihn ehrlich gesagt an, so freundlich zu ihr zu sein. Die Königin lebte in purem Luxus und glaubte, sie könnte mit ein paar Spenden ihr Gewissen beruhigen. Sie hatte es nicht anders verdient! Ihm tat nur die Prinzessin ein wenig leid, sie hatte Potenzial, war noch frei von Vorurteilen, aber nun … Opfer mussten gebracht werden.

Es dauerte nicht lang und die Tür zu seinem Zimmer wurde aufgerissen. Als erste trat Jahslove mit der Prinzessin ein, die er noch immer mit der Waffe bedrohte. Die Königin und Mister Cave folgten und wurden von einem weiteren Rebellen mit einem Maschinengewehr in Schach gehalten.

»Hallo Tayo, wie geht es dir?«, fragte Jahslove ihn mit einem teuflischen Grinsen im Gesicht.

»Was willst du?«

»Wenn du mir nicht auf der Stelle das Dorf überschreibst, töte ich sie!»

Jahslove drückte mir den Lauf gegen den Kopf und obwohl ich wusste, dass es alles nur ein Fake war, raste mein Puls.

Tayo sah uns der Reihe nach an und ich konnte keinen Funken Mitleid oder Angst erkennen. »Bitte, tu dir keinen Zwang an. Ich werde dir nie das Dorf überschreiben.»

»Tayo!«, rief Kate verzweifelt. »Sie müssen uns helfen!«

»Es tut mir leid, eure königliche Hoheit, aber ich lasse mich nicht von einem dreckigen Rebellen erpressen!«, brachte Tayo zornig hervor.

»Er wird uns alle töten!«, schrie Vince angsterfüllt.

»Nein, das Risiko wird er nicht eingehen. Dann wäre die halbe Welt hinter ihm her und er kann sich dann nur noch in den Bergen verstecken und dort ein jämmerliches Dasein fristen.« Tayo strotzte nur so vor Gleichgültigkeit und Falschheit.

Wie im Vorfeld mit Jahslove besprochen, entriss ich ihm die Waffe und hielt sie auf ihn gerichtet. »Sie bringen uns nicht um!«

Tayo legte ein triumphierendes Grinsen auf und faltete zufrieden die Hände. »Ah, sieh an … nun Jahslove, das Blatt hat sich gewendet. Wer wird jetzt wohl wen töten?«

Alle hielten den Atem an und alle Blicke waren auf mich gerichtet. Ich drehte mich langsam zu Tayo und richtete den Lauf der Waffe auf ihn.

»Was? Abigail? Was machen Sie denn? Ich bin nicht der Rebell! Erschießen Sie Jahslove! Los! Er hat Sie entführt, er hat all die Mädchen entführt! Er wird alle aus meinem Dorf umbringen!«, rief der Bürgermeister aufgebracht und zeigte mit dem Finger auf Jahslove. »Los! Erschießen Sie den Mistkerl!«

Kate trat zu ihm ans Bett und schaute ihn herablassend an. »Oh lieber Tayo, wir haben Ihr Doppelleben durchschaut. Wir wissen von Ihren Söhnen, die in den Staaten studieren, wir wissen, dass Sie Unmengen von Spendengeldern veruntreut haben und sich ein Haus in Florida gekauft haben, wo Ihre Frau sehnsüchtig auf Sie wartet. Immer wenn Sie eine Spendenreise unternommen haben, waren Sie in Wirklichkeit bei ihr. Wir haben alles erfahren, lieber Tayo Bhandy und leider werden Sie im Gefängnis landen und Jahslove wird neuer Bürgermeister von Moikito werden.«

Tayo ließ sich nichts anmerken und lachte hart. »Das ist nicht Ihr Ernst, Kate? Wie lange kennen Sie mich schon? Zehn Jahre? Ich war in all den Jahren ein sehr guter Bürgermeister … Ich liebe mein Volk. Wie kommen Sie nur auf solche Unwahrheiten? Mit was erpresst Sie Jahslove? Dass er all die Kinder prostituieren will? Das er Sie töten will?«

»Nein, er hat uns die Wahrheit gesagt und wir können alles beweisen, Tayo. Das Spiel ist vorbei«, sagte ich zu ihm und senkte die Waffe. »Unser Sicherheitsteam ist bereits vor Ort und wird Sie gleich in Gewahrsam nehmen.«

»Das können Sie nicht machen! Was glauben Sie eigentlich, wer Sie sind!«, brüllte er mich an.

»Ich bin die Prinzessin von Manor Sky.«

 

»Und was werden Sie jetzt machen?«, fragte Kate Jahslove, nachdem Tayo abgeführt wurde und sein Volk ihn lautstark zum Teufel schickte.

»Ich werde das Dorf mit Würde und mit all der Liebe führen, wie es mein Vater zuvor getan hat. Und ich werde versuchen, das Vertrauen meines Volkes wieder für mich zu gewinnen.«

Ich reichte ihm die Hand. »Ich wünsche Ihnen viel Glück und Sie erhalten die Unterstützung von uns, die Sie brauchen. Sie sind nicht allein. Wir werden ein Team hierlassen, das Ihnen in der ersten Zeit hilfreich zur Seite stehen wird.«

»Sie sind wirklich eine African Queen, Abigail. Ihr Königreich kann sich glücklich schätzen, Sie eines Tages als Thronfolgerin zu haben. Ich freue mich schon auf Ihren nächsten Besuch.« Er deutete einen Handkuss an. »Ich verdanke Ihnen mein Leben.«

 

 

 

 

 

 

Böse Schlagzeile

 

Als der Privatjet beschleunigte und zum Ende der Schotterpiste raste, sah ich aus dem Fenster und gab einen tiefen, glücklichen Seufzer von mir. Was für ein Abenteuer! So hatte ich mir den Aufenthalt zwar nicht vorgestellt, aber zum Ende war alles gut gegangen. Jetzt freute ich mich auf zuhause.

Vince flog mit uns und saß mir schräg gegenüber. Ihn hatte die Sache ganz schön mitgenommen. Er wirkte den langen Flug über ruhig und in sich gekehrt.

Nach vielen Stunden landeten wir in Manor Sky. Zum Glück konnte der Vorfall vor der Presse geheim gehalten werden und somit waren bei der Landung keine Journalisten anwesend.

Wir verließen den Jet und durchquerten das Flughafengebäude.

Kurz bevor sich unsere Wege trennten, hielt Vince mich zurück und zog mich sanft zur Seite. »Du ziehst die Abenteuer wirklich nur so an, wie ich es dir schon mal gesagt habe.«

Huch? Er duzte mich plötzlich. Jetzt wurde es gefährlich. Bevor ich antworten konnte, sprach er weiter. »Als du von Jahslove entführt wurdest, wurde mir schlagartig bewusst, dass ich wahnsinnige Angst um dich hatte.«

»Die hatten wir alle«, stimmte ich ihm zu.

Er nahm meine Hände und umschloss sie sanft, dann sah er mich liebevoll an. »Ich glaube, ich habe mich in dich verliebt, Abigail.«

Ehe ich etwas erwidern konnte, küsste er mich leidenschaftlich. Aber: Wie immer hatte ich nur Patrick vor Augen und löste mich umgehend von ihm. »Bitte nicht, Vince.«

Dann ließ ich ihn, wie nach dem letzten Kuss einfach stehen und eilte zum Ausgang, nichtsahnend, dass zwei Männer diesen Kuss gesehen hatten. Einer hatte ihn sogar fotografiert, der andere Mann war Patrick.

 

Abends lief ich unruhig durch mein Wohnzimmer und hoffte, dass Patrick sich bei mir melden würde, doch das Telefon blieb stumm. Kurz bevor ich zu Bett ging, beschloss ich, ihn anzurufen. Es klingelte mehrmals, bis schließlich die Mailbox anging. Ich drückte den roten Hörer. Ich hätte zu gern seine Stimme gehört und wollte mich noch einmal für seine Hilfe bedanken.

Gut, dann versuchte ich es morgen noch mal.

In der Nacht träumte ich, dass ich mit Patrick in Moikito war und er vor meinen Augen von Tayo erschossen wurde. Ich schreckte schweißgebadet auf. Obwohl ich wusste, dass es nur ein böser Traum gewesen war, raste mein Herz.

 

 

 

*

 

Ich nahm am gedeckten Frühstückstisch Platz, als Conny zu mir kam und sie nicht gerade glücklich aussah. »Conny? Was machen Sie denn für ein Gesicht?«

Sie gab einen lauten Seufzer von sich und hielt eine Zeitung in der Hand. »Es wird Ihnen nicht gefallen. Mein Telefon steht seit heute Morgen um vier Uhr nicht mehr still.« Sie hatte es gerade ausgesprochen, als ihr Telefon erneut klingelte.

»Was ist denn los?« Ich sah sie besorgt an. War doch etwas über den Vorfall, der in Afrika geschehen war, an die Oberfläche gekommen?

Conny reichte mir die Zeitung und verließ mit ihrem noch immer klingelnden Telefon das Zimmer.

Direkt auf der Titelseite der Manor Morning Post, war ein Foto zu sehen, dass die halbe Seite in Anspruch nahm. Das Foto zeigte mich und Vince, küssend im Flughafengebäude! Die Schlagzeile lautete: Ist das etwa schon der neue Mann an ihrer Seite?

Meine Hände begannen zu zittern. Ich verschlang den Text, der unter dem Bild zu lesen war. Dort hieß es, dass ich gemeinsam mit Vince Cave in einem afrikanischen Dorf gewesen war. Weiter wurde geschrieben, dass man uns bereits des Öfteren zusammen gesehen hatte.

»Anscheinend sind die beiden sich durch die Gründung des Obdachlosenheims nähergekommen. Ist das der Beweis dafür, dass die Ehe mit Jasper doch nur ein Fake war, um die eventuelle Homosexualität des Prinzen, zu vertuschen? Darf Prinzessin Abigail so kurz nach dem Tod ihres Mannes überhaupt schon für eine neue Beziehung offen sein? Und sich dazu noch in einen unadeligen Mann verlieben?«

Ich rang nach Luft und legte die Zeitung beiseite. Oh nein, so ein verdammter Mist!

Conny kam zu zurück. »Und?« Sie sah mich gespannt an. »Stimmt das, was die Zeitung da von sich gibt?«

»Nein … also Vince hat mich geküsst, aber ich wollte das nicht. Wer hat denn das Foto gemacht?«

»Keine Ahnung. Sie wollen die Quelle nicht preisgeben. Wir wissen ja, wie die Journalisten sind, immer auf der Suche nach einer guten Story.«

»Oh, nein!« Sofort hatte ich Patrick vor Augen. Sicherlich hatte er die Zeitung schon gelesen. Ich griff zu meinem Telefon und rief ihn an. Genau wie gestern, ging nur seine verdammte Mailbox an. Sicherlich glaubte er das, was in dem Bericht stand, das Bild sprach Bände! Es war der zweite Kuss zwischen mir und Vince, den er gesehen hatte. »Verdammt!« Ich musste unbedingt mit ihm sprechen.

»Was ist denn?«, fragte mich Conny. »Alles in Ordnung?«

Ich antwortete nicht auf ihre Frage und stellte ihr selbst eine. »Haben Sie schon Feedback auf den Artikel erhalten?«

»Ja, Sie werden es nicht glauben, aber die meisten sind zum Glück positiv. Es rufen unzählige TV-Sender an und fragen nach einem Interview, sowie sämtliche Boulevardblätter aus ganz Manor County.« Wieder klingelte ihr Telefon. Conny seufzte genervt und rollte mit den Augen. »Sie sprechen mit Conny Reed.«

Ich nutzte die Gelegenheit und versuchte es erneut bei Patrick. Nein, wieder die Mailbox. Diesmal hinterließ ich eine Nachricht. »Hallo Patrick, bitte rufen Sie mich unbedingt zurück. Ich muss mit Ihnen über den Zeitungsbericht sprechen. Danke.«

In der nächsten Sekunde betrat Kate meine Wohnung und grinste mich breit an. »Na, wusste ich es doch! Vince mag dich!«

Ich fand das gar nicht witzig. »Ich ihn aber nicht. Er hat mich einfach geküsst …«

»Keine Panik, ich habe unsere Presseabteilung bereits informiert. Sie arbeiten einen Schlachtplan aus«, versuchte Kate mich zu beruhigen.

Ich sah sie unglücklich an. »Ich habe wirklich nichts mit Vince. Ich schätze mal, dass er nur froh war, dass

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Skyler Rose
Bildmaterialien: Ka_Lou-shutterstock.com, envatoelements.com,raepixel.com, Freepik.com
Cover: Constanze Kramer by Coverboutique.de
Lektorat: Rose G. Archer (nach bestem Gewissen)
Tag der Veröffentlichung: 27.03.2025
ISBN: 978-3-7554-8065-5

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /