The Crown of Manor Sky
Plötzlich Prinzessin
Teil 1
Von
Skyler Rose
Das Werk ist einschließlich aller seiner Teile geschützt. Jede Verwertung und Vervielfältigung des Werkes ist ohne Zustimmung des Autors unzulässig und strafbar. Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks und der Übersetzung, sind vorbehalten! Ohne ausdrückliche schriftliche Erlaubnis des Autors/Verlages darf das Werk, auch nicht Teile daraus, weder reproduziert, übertragen noch kopiert werden, wie zum Beispiel manuell oder mithilfe elektronischer und mechanischer Systeme inklusive Fotokopien, Bandaufzeichnungen und Datenspeicherung. Zuwiderhandlung verpflichtet zu Schadenersatz.
Die Personen und Handlung des Buches sind vom Autor frei erfunden.
© Skyler Rose 2021/2022
Diese Geschichte ist nichts für schwache Nerven oder für Personen, die den Glitzer, der sich zwischen den Zeilen befindet, nicht mögen. Die Geschichte wird auch niemandem gefallen, der keine rosarote Brille trägt, der nicht auf kitschige Happy Ends steht oder überhaupt keinen Hang zur Fantasie hat.
Denn genau in dieser Geschichte tobt der Glitzer, tobt der Kitsch und der rosa Schleim tropft aus den Seiten!
Wer sich nun fragt, warum ich so etwas geschrieben habe?
Ganz einfach: genauso schleimig, kitschig, völlig überdreht, an den Haaren herbeigezogen und zu schön, um wahr sein, sind folgende Serien:
Rosamunde Pilcher, Das Traumschiff, Greys Anatomy, Katie Fforde, Der Bergdoktor, Um Himmelwillen, In aller Freundschaft, Alles was zählt, GZSZ, Das Traumhotel und und und …
Und was soll ich sagen?
Sie sind alle durch die Bank weg mehr als erfolgreich.
Also dachte ich mir, schreib auch ich mal so ein völlig überdrehtes, kitschiges, glitzerndes, schleimiges Zeugs.
Meine persönliche Empfehlung: Es liest sich wesentlich leichter, wenn man einen guten Vorrat an Alkohol zuhause hat, den die Leser*innen unbedingt während des Lesens genießen sollten! Stößchen!
Wo liegt Manor County?
Manor County ist ein fiktiver Staat, der ungefähr die Größe von Belgien hat. Er liegt irgendwo zwischen Frankreich und Spanien und grenzt im Süden an die Mittelmeerküste.
Manor County hat um die 9,8 Millionen Einwohner. Die Hauptstadt ist Manor Sky, die Meteropole hat circa eine Million Einwohner. Dort steht auch das Stadtschloss Manor Castle. Es wurde 1745–1751 im Rokokostil erbaut. Seitdem regiert die königliche Familie Beaufort.
Katherine Beaufort ist amtierende Königin und hat Vorfahren, die vom britischen Königshaus abstammen.
Ihr Mann Alexander Baranow hat Vorfahren aus dem russischen Zarenreich.
Wie schon erwähnt, ist alles fiktiv, und somit hat Skyler Rose ihre eigenen Gesetze, Traditionen, sowie adelige, politische, militärische Titel, Dienstgrade, Anreden und Handlungen, frei erfunden. Wehe es meckert jemand darüber, wie die Adeligen sich unterhalten und angesprochen werden!
Danke!
Ein sehr junger Prinz. Und dieser junge Prinz liebte es, teure und ausgefallene Designerklamotten zu tragen. Er liebte seinen exquisiten Geschmack an Möbeln, schnellen Autos, Urlaub an Luxusorten zu verbringen, um dort die Sau rauszulassen. Er liebte es zu tanzen, und sich unter Gleichgesinnten austoben zu können.
Und genau an solch einem dunklen verruchten Ort befand er sich jetzt und konnte seiner Sexualität freien Lauf lassen. In diesem geheimen Club stellte niemand Fragen oder erkannte ihn. Es war Pflicht, sein Gesicht hinter einer Vollgesichtsmaske zu verstecken. Das machte das Ganze noch erotischer, gefährlicher und interessanter.
Er liebte es, seinen Frust und seine schwarzen Dämonen mit viel Alkohol zu verscheuchen und mit Drogen zu betäuben. Er konnte hier der Krone entfliehen, all dem Hofgedöns und der schweren Bürde, dass er einmal König von Manor Sky werden sollte. Die Vorstellung raubte ihm seit seiner Kindheit den Verstand und den Atem. All das stocksteife Getue und Gehabe, wie er am Tisch sitzen sollte, wie er essen sollte, wie er stehen sollte, wann er die Toilette aufsuchen sollte, mit welchen Kindern er spielen durfte. All diese strengen königlichen Regeln und Gesetze kotzten ihn an und somit begann er im zarten Alter von vierzehn Jahren zu rebellieren.
Er hatte seine ersten Haare am Sack entdeckt und einen Steifen bekommen, weil sein persönlicher Butler ihn zum Baden ausgezogen hatte. Der peinlichste Augenblick in seinem Leben! Der Butler war natürlich geschult und sah über den erigierten Penis hinweg. Aber es folgten weitere solcher sexuellen Situationen und jedes Mal war ein Kerl dafür verantwortlich.
Bis Jasper kapierte, dass er schwul war und ihn nie im Leben eine feuchte Muschi geil machen würde. Er akzeptierte es schnell und musste diese Neigung leider all die Jahre verstecken.
An seinem achtzehnten Geburtstag wurde er offiziell zum Thronfolger von Manor Sky gekrönt und ihm wurden in einer traditionellen Feier die hundertfünfzig Seiten der königlichen Bibel vorgetragen. Er war bereits nach fünf Minuten eingeschlafen.
Laut der königlichen Bibel durfte nie ein Mann aus der Blutlinie schwul sein oder eine Frau lesbisch.
Diese Unreinheit wurde mit Ausschluss und Exil bestraft und konnte sogar auf die ganze Familie ausgedehnt werden.
Immerhin gab es in Manor Sky eine Regierung und die streng katholische Kirche. Und beide hatten einen großen Wert und Macht. Immerhin brauchte die Königsfamilie keine Steuern bezahlen und genoss das Ansehen des Volkes und all die Länder, die sie besaßen. Sowie Gottes Segen. Es war ein Geben und Nehmen. Die Politik und Kirche konnten nicht ohne Könige, und die Könige konnten nicht ohne Politik und die Kirche. Eine sehr interessante und gefährliche Symbiose.
Und seitdem Jasper seinen sechsundzwanzigsten Geburtstag hinter sich gebracht hatte und sich in der Öffentlichkeit so gut wie nie mit einer weiblichen Begleitung gezeigt hatte, kochte inzwischen die Gerüchteküche. Wann würde der Thronfolger endlich heiraten?
Seine Mutter hatte sogar ein ausführliches Gespräch mit der Präsidentin des Staates Manor County geführt, Miss Claire de Winter. Sie war so kalt wie ihr Name es schon ahnen ließ. Seine Mutter konnte de Winter beruhigen und erzählte ihr, dass Jasper sehr hohe Ansprüche an einer Frau hatte.
Und seinen Eltern konnte er ebenfalls eine ganze Zeit lang seine Liebe zu Männern verheimlichen.
Doch das änderte sich am heutigen Abend schlagartig.
Die Musik dröhnte aus den Boxen und brachte die Tanzfläche zum Kochen. In jeder Ecke und Nische standen Männer. Sie knutschten und fummelten wild mit anderen Männern herum. Jasper zog noch eine Line und verabschiedete sich bei seinen Bekannten. Draußen wartete Julian auf ihn, sein privater Bodyguard. Er öffnete Jasper die Tür.
„Julian, fahre bitte in die Narrows.“
„Sir, ich würde Ihnen davon abraten.“ Julian stieg vorne ein und startete den SUV.
„Wenn du nicht auf der Stelle in die Narrows fährst, schmeiße ich dich raus, hast du mich verstanden?“, brüllte Jasper den Mann an.
„Jawohl, Sir.“ Julian verdrehte die Augen und machte sich auf den Weg.
Die Narrows waren die dunkle Gegend von Manor Sky. Hier beherrschte illegale Prostitution und Drogen das Viertel.
Jasper wies Julian an, den Wagen zu stoppen. Er drehte die Scheibe runter und sprach einen jungen Mann an. Der nickte und stieg ein.
„Warum trägst du eine Maske?“, wollte der Stricher wissen.
„Komme von einem Maskenball“, log er und bot ihm eine Flasche Wodka an. „Hier, trink was.“
„Danke.“ Er nahm einige Schlucke. „Cool, ich war noch nie auf einem Maskenball.“
Jasper begann mit seiner Hand an dem Stricher zu fummeln. „Vielleicht nehme ich dich mal zu einem mit.“
„Echt? Das wäre toll.“ Wieder nahm er einige Schlucke und erwiderte die Zärtlichkeiten.
„Zum Palast“, befahl Jasper und war nicht mehr Herr seiner Sinne. Er nahm seine Maske ab und warf sie achtlos weg.
Julian hatte schnell bemerkt, dass Ihnen seit dem Club ein roter Civic folgte. Sicherlich ein Paparazzi. Das hatte ihm ausgerechnet gefehlt.
„Wow! Du bist der Prinz von Manor Sky! Ist ja ein Ding“, strahlte der Stricher, als er das Gesicht von Jasper erkannte und in der Ferne den Stadtpalast sah.
„Klar, das darfst du nur niemandem erzählen, hast du mich verstanden? Ansonsten muss ich dich töten lassen“, lallte Jasper und gab ihm einen Kuss. „Und du musst dich im Kofferraum verstecken.“
„Du machst Witze?“ Der junge Mann lachte.
„Nein, mache ich nicht. Dich darf niemand sehen.“ Jasper blieb ernst und öffnete den Kofferraum.
Der Typ zögerte einige Sekunden, stieg dann aber ein. Die Chance, mit dem echten Prinzen zu vögeln und in den Stadtpalast zu kommen, ließ er sich nicht entgehen. Außerdem hatte der Prinz ihm bereits eine Menge an Scheinen zugesteckt.
Julian hielt am Hausboteneingang an, der hinter dem Palast lag. Der Civic konnte ihm nicht weiter folgen und hielt außerhalb der Palastmauern.
Jasper holte den Mann aus dem Kofferraum und führte ihn durch endlos wirkende Flure. Nach wenigen Minuten hatte der Stricher die Orientierung verloren und konnte nicht glauben, was für einen Prunk und Luxus die Beauforts besaßen. Vielleicht konnte er beim Verlassen des Palastes etwas mitgehen lassen. Merkten die bestimmt sowieso nicht.
Jasper öffnete eine Tür. „Hereinspaziert in meine privaten Gemächer.“
„Wow, ist ja irre!“ Er tanzte durch den Raum.
„Möchtest du was trinken?“, erkundigte Jasper sich und ging zu seiner Bar. „Wie ist eigentlich dein Name?“
„Sam, und ich nehme gern einen Drink.“
Jasper reichte ihm ein Glas. „Auf uns!“
Die beiden stießen an und landeten wild knutschend auf seinem großen Bett.
Der Journalist hatte sich seit dem Club an die Fersen des Prinzen geheftet. Obwohl der Prinz eine Vollgesichtsmaske trug, hatte er ihn allein an seinem arroganten Gang erkannt und natürlich an dem persönlichen Bodyguard. Er parkte den Wagen und konnte ungesehen in den Palast eindringen.
Den Tipp hatte er von einem Insider erfahren. Hatte ihm auch eine ordentliche Stange an Geld gekostet. Aber so wie es aussah, war es das wert. All der Prunk und Luxus beeindruckte ihn nicht, denn wenn er endlich beweisen konnte, dass der Thronfolger schwul war, war er steinreich und das über Nacht. Das war die Sensationsgeschichte, die Schlagzeile schlechthin! Er konnte das Foto und die dicke Überschrift bereits vor seinem inneren Auge sehen. „Schwuler Prinz – Königsfamilie muss ins Exil!“
Er schlich den beiden vorsichtig hinterher und verharrte in einer dunklen Nische. Er musste ihnen ja ein bisschen Vorlaufzeit geben, bis sie loslegten.
Also umklammerte er seine einsatzbereite Kamera und wartete.
Julian hingegen meldete den Verstoß umgehend dem Privatsekretär der Königsfamilie, Mister Edward. Dieser eilte mit vier Wachmännern in den Palasttrakt, den Jasper bewohnte.
Jasper stöhnte genussvoll auf, als Sam ihm unter der Decke einen blies. Er krallte sich in den Locken fest und bewegte sich rhythmisch mit.
Plötzlich wurde die Tür zu seinem Zimmer aufgerissen und Blitze blendeten ihn. Jasper hob entsetzt die Hand. „Wer ist da? Was machen Sie hier?“
Sam schreckte unter der Decke hervor und wurde in der nächsten Sekunde ebenfalls von mehreren Blitzen geblendet. „Scheiße, was soll das? Scheiße!“
Die Ereignisse überschlugen sich in den nächsten Sekunden.
Mehrere bewaffnete Männer stürmten in das Zimmer. Sie rissen den Fotografen zu Boden. Der schrie und wehrte sich, doch ein leises Plopp brachte ihn zum Schweigen.
Edward eilte zu ihm. „Prinz Jasper, was haben Sie sich nur dabei gedacht, einen Fremden in Ihre Gemächer zu lassen!“
Jasper starrte entsetzt auf den toten Mann, der vor ihm auf dem Boden lag. Ihm dröhnte der Schädel. Von all den Drogen, dem Alkohol und der Vorstellung, dass gerade jemand in seinem Schlafzimmer erschossen wurde.
Sam schaute völlig hilflos und überfordert durch die Runde. Hatten die Bodyguards gerade tatsächlich den Kerl erschossen? So hatte er sich seinen Aufenthalt im Stadtpalast nicht vorgestellt.
„Wer sind Sie?“ Edward stand vor dem halbnackten Mann.
„Ich … ich … bin Sam“, stotterte er ängstlich und hielt sich ein Kissen vor seine Männlichkeit.
„Gut, Sam, Sie hätten lieber nicht herkommen sollen.“ Edward nickte einem der Leibwächter zu, der nicht eine Sekunde zögerte und den Mann erschoss.
Jasper hielt sich vor Schreck die Hand vor den Mund und erstarrte.
Sam sackte zu Boden.
„Zieht ihn an und lasst beide verschwinden, schnell! Und Tony?“ Er winkte einen der Leibwächter zu sich.
„Ja, Sir.“
„Kontrollieren Sie alle Kameras und finden Sie heraus, wie er überhaupt in den Palast gelangen konnte. Und wo sein Wagen parkt. Es müssen alle Hinweise vernichtet werden.“
„Verstanden, Sir.“ Tony machte sich umgehend an die Arbeit.
Die drei anderen Leibwächter beförderten die zwei Leichen aus dem Zimmer.
„Das wird Konsequenzen haben, lieber Prinz. Sie werden die Nacht im Save-Room verbringen. Ziehen Sie sich etwas über, ich warte draußen auf Sie.“ Die Stimme von Edward ließ keine Widerworte zu.
Jasper sah ihn aus tränenverschleierten Augen an und tat, was ihm gerade befohlen wurde.
*
Kate traute ihren Ohren nicht und saß geschockt im Sicherheitsbüro des Palastes. Alexander lief aufgebracht umher und schüttelte fassungslos den Kopf. „Konnten Sie alle Spuren beseitigen, Edward?“
„Ja, Sir. Tony hat alle Kameras kontrolliert und gesehen, dass der Reporter mit seinem eigenen Wagen hierher kam. Wir haben alles sorgfältig verschwinden lassen.“
„Und der … der andere Kerl?“ Alexander verspürte einen dicken Kloß im Hals.
„Wir haben ihn in einem See weit außerhalb von Manor Sky versenkt. Es handelte sich um einen einundzwanzigjährigen Stricher. Die Polizei wird sicherlich keine Nachforschungen wegen ihm anstellen. Berufsrisiko“, informierte Edward die beiden.
„Und was ist mit dem Reporter, da werden doch ganz bestimmt Nachforschungen angestellt? Kann die Polizei die Spur bis zum Palast verfolgen?“ Alexander verschränkte die Arme und sah Edward beunruhigt an.
„Alles bereits erledigt. Die Verkehrskameras, die ihn aufgenommen haben, wurden gelöscht. Die Stadtwerke hatten einen kurzen Stromausfall, die Polizei hat dies bereits bestätigt.“
Kate nagte an ihrer Unterlippe und gab einen verzweifelten Seufzer von sich. „Ich kann es noch immer nicht glauben, dass Jasper tatsächlich auf Männer steht. Und diese in unseren Räumlichkeiten den Tod finden mussten.“
„Cilest hat uns schon vor Jahren gesagt, dass ihr Bruder schwul sei. Du wolltest es nur nicht wahrhaben, meine Liebe“, sagte Alexander mit fester Stimme. „Und jetzt haben wir den Salat.“
„Ja, danke … jetzt habe ich den knallharten Beweis für seine Schwulheit“, meckerte Kate und rieb sich die Stirn. „Wir müssen ein ernstes Wörtchen mit ihm sprechen.“
„Da bin ich ganz deiner Meinung. Ich habe kein Verlangen, wegen Jaspers Neigung meinen Königsstatus zu verlieren.“
„Da bist du nicht allein.“ Kate erhob sich und lächelte Edward zu. „Vielen Dank, Edward … Sie haben uns das Leben gerettet.“
„Gern geschehen, Eure königliche Hoheit.“
„Tja, dann werden wir unserem Thronfolger mal gehörig den Kopf waschen.“ Kate öffnete die Tür und Alexander folgte ihr.
Jasper war inzwischen wieder in seinem Wohntrakt, aber er vermied es, sein Schlafzimmer aufzusuchen. Die schrecklichen Bilder der letzten Nacht verfolgten ihn seitdem. Zuerst hatte er an eine viel zu hohe Dosis Drogen geglaubt, die ihn völlig ausgeknockt hatte. Aber nein, die Realität sah am heutigen Morgen noch genauso grausam aus wie letzte Nacht. Und er wartete mit Angst auf das Erscheinen seiner königlichen Eltern. Davor graute ihm am meisten.
Alexander hielt seine Frau zurück. „Was wollen wir ihm denn sagen?“
„Was wir ihm sagen wollen?“, wiederholte Kate mit quiekender Stimmlage, räusperte sich, strich sich eine verirrte Strähne aus dem Gesicht und stemmte die Hände in die Hüften. „Ich weiß nur zu gut, was ich unserem missratenen Sprössling sagen werde.“ Sie setzte ihren Gang fort.
Als es an seiner Tür klopfte, hielt Jasper den Atem an. „Ja, bitte!“
Seine Eltern betraten den Wohnbereich. „Guten Morgen, Jasper!“, begrüßte Kate ihren Sohn und es gelang ihr tatsächlich, ein freundliches Gesicht zu machen. Es hielt aber nur wenige Sekunden. Sie blieb vor ihm stehen und sah ihn fest an. „Wir hören!“
Jasper schluckte gegen die Trockenheit an, die sich gerade in seinem Hals bildete und auf den ganzen Mund ausweitete. Er spielte nervös mit seinen Fingern.
„Wird’s bald!“, forderte Kate ihn zischend auf.
„Es … es tut mir leid …“, stammelte er und warf einen verlegenen Blick auf den teuren Teppich. Er musste sich unbedingt mal wieder einen neuen gönnen, diese Farbe war nicht mehr angesagt.
„Es tut dir leid, aha … und mehr möchtest du nicht dazu sagen?“ Kate kochte innerlich und musste sich beherrschen, um ihren Sohn nicht eine zu verpassen. Sie hatte ihre Kinder noch nie geschlagen, gerade jetzt in diesem Augenblick war die Versuchung sehr groß, das nachzuholen.
Jasper zuckte mit den Schultern. „Ich habe Mist gebaut … wollt ihr das von mir hören?“
Kate holte einen tiefen und lauten Atemzug und wandte sich von ihm ab. Dann drehte sie sich erneut zu ihm und kam ihm mit drohendem Zeigefinger entgegen. Ihre dunkelbraunen Augen waren fast schwarz und der unendliche Zorn spiegelte sich in ihnen wider. „Mist gebaut? Du nennst es also Mist gebaut? Wegen dir mussten gestern Nacht zwei junge Männer sterben!“
Jasper zuckte unter ihren Worten zusammen. „Ich habe sie nicht getötet.“
„Doch, deren Blut klebt jetzt ein Leben lang an deinen schmierigen Fingern, mein Lieber! Denn wenn du diesen Stricher nicht mit in den Palast gebracht hättest, wäre das alles erst gar nicht geschehen!“ Sie starrte ihn fassungslos an. „Was zur Hölle hast du dir nur dabei gedacht?“
Jasper wurde wütend. Es nervte ihn, dass stets er der Sündenbock der Familie war. Immer wurde er als Schuldiger und Versager tituliert. Cilest, seine krankhaft kotzende Schwester durfte sich alles erlauben. Ohne Höschen ausgehen und aus Versehen erwischt ein Fotograf ihre blanke Muschi. Oder sie wurde nackt im Stadtbrunnen erwischt. Alles kein Problem! Denn durch diese Szenen erhielt Cilest noch mehr Follower und Werbeverträge, die die Familie noch reicher machte, was sie eh schon war.
Aber er, er durfte seine wahren Gefühle nie ausleben, noch nicht einmal heimlich.
„Was ich mir dabei gedacht habe? Ich stehe verdammt noch mal auf Schwänze!“, haute er seinen Eltern wütend um die Ohren. „So blind könnt ihr doch nicht sein! Cilest und Trent wissen es bereits seit vielen Jahren, nur ihr, ihr verschließt die Augen davor. Ich bin schwul! Kapiert es doch endlich!“
„Wir haben es kapiert, akzeptieren es aber nicht“, mischte sich sein Vater ein. „Es ist strengstens verboten in der königlichen Familie von Manor Sky, schwul zu sein. Und das weißt du ganz genau, mein Junge. Paragraph 78, Absatz 12.“
Jasper rollte mit den Augen und fasste sich verzweifelt an die Stirn. „Oh Mann, ich glaube es ja nicht …“
„Und wir können nicht glauben, dass du wegen deiner sexuellen Neigung unser ganzes Königreich aufs Spiel setzt!“, schimpfte Kate mit aufgebrachter Stimme. „Du weißt doch, welche Konsequenzen uns drohen können, wenn das herauskommt. Wir hatten die Präsidentin schon einmal bei uns im Palast. Ein weiteres Mal werde ich sie ganz bestimmt nicht mehr von deiner Schüchternheit überzeugen können und deiner krankhaften Art, die perfekte Frau zu finden.“
„Und? Was soll ich jetzt machen? Meinen Schwanz abhacken?“, sagte er voller Inbrunst und packte sich demonstrativ in den Schritt.
„Die Idee ist gar nicht mal so schlecht“, antwortete sein Vater stumpf. „Dann kommst du auch nicht mehr in Versuchung.“
Jasper vergrub stöhnend den Kopf in den Händen, als würden die Worte seiner Eltern ihm körperliche Schmerzen bereiten. Er drehte sich von ihnen weg.
„Wir machen Folgendes“, begann Kate mit voller Überzeugung. „Du wirst in den nächsten Wochen eine Frau ehelichen und wirst somit eine Scheinehe eingehen, hast du mich verstanden? Alles Weitere bereden wir, wenn du unter der Haube bist.“
Jasper spürte, wie sich Tränen in seinen Augen bildeten. Er hatte das Gefühl, dass seine Mutter ihn gerade bei lebendigem Leib das Herz herausriss. Wie ein Tier, das in eine Ecke gedrängt wurde und auf den Gnadenschuss wartete.
Seine Mutter trat ihm entgegen. „Wir haben keine andere Möglichkeit, das hast du dir gestern Nacht selbst versaut! Wir können froh sein, das Edward alles so gut organisiert hat und niemand Verdacht schöpfen wird.“
„Deine Mutter hat Recht. Wir werden dir so schnell es geht eine Frau suchen und können nur hoffen und beten, dass du dich im Griff hast. Denk daran, du wirst der nächste Thronfolger.“
„Wie kann ich das nur vergessen! Ich will aber nicht auf diesen Scheißthron, ich will endlich mein Leben leben!“, schrie Jasper außer sich vor Zorn und Machtlosigkeit.
„Tut mir leid, du hast kein Recht auf dein eigenes Leben, mein Sohn. Du bist der Thronfolger von Manor Sky, benimm dich endlich und kriege deine Männlichkeit unter Kontrolle, ansonsten werde ich ihn wirklich abschneiden lassen.“ Kate deutete auf seinen Schritt und machte eine Geste, die wie eine schneidende Schere aussah. „Verstanden?“
*
„Und woher bekommen wir jetzt so schnell eine passende Frau?“ Alexander saß mit Kate am Mittagstisch und studierte die Tageszeitung.
Kate tupfte sich mit der Serviette den Mund ab. „Wir werden Edward darauf ansetzen. Er soll die naheliegenden Königshäuser prüfen. Vielleicht findet er noch irgendwo eine verlorene Prinzessin.“
„Das wird sehr schwierig werden, immerhin gibt es nur noch wenige Königshäuser auf der Welt und soweit ich informiert bin, sind die Damen bereits alle vergeben oder befinden sich noch nicht im heiratsfähigen Alter.“
Sie schenkte ihm ein falsches Grinsen. „Danke, mein Schatz, genau das wollte ich nicht hören.“
„Aber nun mal im Ernst, Kate, was machen wir dann?“ Er legte die Zeitung auf den Tisch ab.
Sie nahm einen Schluck Kaffee. „Dann wird die Suche eben ausgedehnt. Es gibt genügend Ärztinnen oder bekannte Frauen, die in Manor Sky ein erfolgreiches Unternehmen leiten.“
Alexander lachte hart. „Entschuldige bitte, aber du glaubst doch wohl nicht, dass eine hochstudierte, wohlhabende Frau unseren missratenen Sohn ehelichen wird? Außerdem muss sie ja nun mal von adeligem Blut abstammen.“
Kate kaute auf ihrem Brötchen herum. „Ja, ja … du hast Recht, aber wir werden schon das passende Mädel finden. Ich verlasse mich da voll und ganz auf Edward. Und nun entschuldige mich bitte, ich muss zum Empfang der Witwen und Waisen.“ Sie stopfte sich den Rest des Brötchens in den Mund und stand auf.
*
„Ach, du heilige Scheiße, und Ma hat echt gesagt, du sollst irgendeine Bitch heiraten?“ Cilest saß bei ihrem Bruder auf dem Sofa und behielt den Bildschirm ihres Smartphones genau im Blick.
„Ich bin so wütend! Ich würde am liebsten abhauen. Ich will das alles nicht!“ Jasper lief aufgebracht vor ihr umher. „Warum kann ich nicht einfach mein Leben genießen?“
„Weil du die Arschkarte gezogen hast und der Erstgeborene in der Thronfolge bist und die heilige königliche Bibel keine Abweichungen zulässt.“ Cilest ließ eine Kaugummiblase laut zerplatzen. „Du bist echt am Arsch, Bruderherz.“
Jasper ließ sich ihr gegenüber in den Sessel fallen und fuhr sich gereizt über sein Haar. Er warf ihr einen bitterbösen Blick zu. „Danke, ich liebe deine offene und ehrliche Art, Schwesterherz!“
„Ach, komm schon. Vielleicht hat das auch was Gutes?“
„Was soll daran denn gut werden, wenn ich eine Tusse heiraten muss und auch noch mit ihr den Liebesakt vollziehen muss!“ Bei der Vorstellung verzog er angewidert das Gesicht. „Ist doch voll ekelig.“
Cilest kaute munter auf ihrem Kaugummi herum und beugte sich ihm entgegen. „Na ja, vielleicht lässt Ma sich auf einen Kompromiss ein?“
„Und der wäre?“ Er seufzte schwermütig.
„Wenn du jetzt ganz artig bist und die von ihnen ausgesuchte Frau heiratest, kannst du ja von ihnen eine kleine Gegenleistung erwarten. Die zum Beispiel so aussehen könnte: Du darfst einmal im Monat heimlich im Palast einen Kerl treffen und dich austoben“, unterbreitete sie ihm ihre Idee.
Jasper prustete los vor Lachen und verstummte augenblicklich, als er sah, dass seine Schwester es vollkommen ernst meinte. „Du spinnst!“
„Nein, jetzt überleg doch mal. Es wäre machbar. Wir haben die besten Sicherheitsleute, die können doch jemanden für dich hier einschleusen und wieder ungesehen entfernen oder etwa nicht?“
„Entfernen?“ Bei dem Wort riss Jasper erschrocken die Augen auf und sah noch zu deutlich die zwei Männer, die vor seinen Augen getötet wurden. Seine Mutter hatte Recht: Er hatte ein schlechtes Gewissen.
Sie winkte seine dunklen Gedanken mit einer Handbewegung fort und lachte. „Ach, doch nicht erschießen.“
Wenn du wüsstest, dachte Jasper. Von dem schrecklichen Vorfall wusste niemand etwas. Und so sollte es auch bleiben.
„Aber dann muss es jemand sein, der vollkommen verschwiegen ist. Wenn nur eine Klitzekleinigkeit ans Tageslicht kommt, sind wir alle geliefert. Das Risiko werden unsere Eltern nie im Leben eingehen. Nie!“
„Es gibt dafür professionelle Agenturen. Genau wie bei den Edelnutten. Die sind verschwiegen. Ein Versuch ist es wert, oder nicht?“ Cilest ließ erneut eine Kaugummiblase zerplatzen. „Was hast du schon zu verlieren?“
„Darf ich eintreten?“ Jasper hatte all seinen Mut zusammengenommen und war gegen Abend zum Wohnzimmer seiner Eltern gegangen.
„Sicher, komm rein.“ Seine Mutter nickte ihm zu und legte den Stift aus der Hand. „Was können wir für dich tun?“
Alexander blickte von seiner Zeitung auf. „Bitte, setz dich doch.“
Jasper nagte nervös an seiner Unterlippe und wippte auf und ab. „Nein danke, ich stehe lieber und ich mache es kurz.“ Er unterbreitete ihnen den Vorschlag, den Cilest ihm heute Nachmittag offenbart hatte. Seine Eltern sagten kein Wort und zeigten keine einzige Regung. „Und? Was haltet ihr davon?“
Kate blies die Backen auf und ließ die darin enthaltene Luft laut entweichen. Alexander nahm seine Brille ab und rieb sich die Augen.
„Und du bist fest davon überzeugt, dass dieser Kerl schön und artig seinen Mund halten würde?“, fragte seine Mutter ihn. „Wirklich?“
„Es gibt professionelle Agenturen für solche Dienste und sie werben für ihre Verschwiegenheit.“
„Gibt es die, ja?“ Kate lachte gefühllos.
„Nun ja, sie kosten etwas, aber wie gesagt; sie schweigen wie ein Grab“, versicherte Jasper.
„Wir sollen also ein Vermögen bezahlen, nur damit du einmal im Monat deinen Spaß haben kannst?“
Jasper straffte seine Haltung. „Das ist es euch doch wohl wert, oder? Immerhin müssen wir dann nicht ins Exil.“
„Oh, willst du uns etwa drohen?“ Alexander wurde hellhörig.
„Wenn ihr es als Drohung anseht, dann habt ihr mich vollkommen richtig verstanden. Immerhin wollt ihr all den Prunk nicht verlieren“, stellte er mutig seinen Standpunkt dar.
Kate stand hinter ihrem Schreibtisch auf und legte die Hände ab. „Du opferst also dein Leben für uns?“ Sie legte eine kleine Pause ein und musste sich doch tatsächlich ein Lachen verkneifen. Dann veränderte sich ihre Mimik. Ihre Gesichtszüge verhärteten sich. „Was fällt dir kleines Licht ein, uns zu drohen? Seit deinem zwanzigsten Geburtstag lässt du es auf der ganzen Welt nur so krachen und jettest von einer Party zur anderen, kaufst dir die teuersten Luxusklamotten, die schnellsten Autos, Koks, Alkohol und vögelst seit Jahren mit Männern herum! Und wegen deiner Blödheit mussten zwei junge Männer sterben, hast du das überhaupt kapiert? Zwei junge Männer können dank deiner Scheißsexualität nicht mehr leben! Sie können nichts mehr unternehmen! Du hast sie eigenhändig umgebracht! Und dann sprichst du uns gegenüber eine Drohung aus?“
Jasper zuckte unter den harten Worten seiner Mutter regelrecht zusammen. Das Schlimme an seiner Mutter war; sie verlor nie die Beherrschung. Ihre Worte klangen wie das Zischen einer giftigen Schlange. Er hatte sie in seinem jungen Leben nicht einmal laut und unkontrolliert schreien gehört. Seine Mutter war durch und durch eine wahre Königin.
Jasper wusste von Anfang an, dass es eine absolute Scheißidee war, die Cilest ihm da eingeredet hatte. Jetzt hatte er den Salat und seine Eltern waren noch schlechter auf ihn zu sprechen.
„Du hast deine Mutter gehört. Du wirst eine Frau heiraten und dich damit abfinden, nie wieder einen Mann intim zu treffen. Wir drehen dir ansonsten den Geldhahn zu, dann möchte ich dich gerne mal sehen, wie du dein Leben genießen möchtest, mein Freundchen!“, setzte sein Vater noch einen drauf.
Das war es, Jasper hatte verloren. Mit sechsundzwanzig Jahren wurde er soeben zum Tode verurteilt.
Er verließ umgehend das Büro und eilte in seine Gemächer. Dort schnappte er sich eine Flasche Wodka, die lächerliche zweitausend Dollar kostete, und kippte die Flüssigkeit maßlos in sich hinein. Zwischendurch tippte er mit Cilest, die sich wieder auf irgendeinem Mode-Event herumtrieb, um ihre ganzen Follower mit unzähligen Fotos zu befriedigen. Als er ihr den Kackhaufen-Emoji schickte auf ihre Frage hin, wie das Gespräch mit der königlichen Hoheit verlaufen war, verließ sie umgehend das Event und eilte zu ihm nach Hause.
Als sie bei ihm eintraf, war Jasper schon weit entfernt von gut und böse. Er weinte bitterlich und lallte von Ungerechtigkeit und dass er ein Attentat auf seine Eltern planen wollte.
„Da mache ich mit“, stimmte Cilest ihm lachend zu und innerlich fand sie die Idee gar nicht mal so lustig. Sie war genauso verloren wie ihre Brüder.
Ich, Abigail Montgommery, verabschiedete mich von meinen Studienkolleginnen und fuhr mit dem Stadtbus zum Bahnhof. In zwanzig Minuten ging mein Zug nach Hause, nach Montgommery Castle. Ich freute mich seit Wochen darauf, meinen Vater endlich wiederzusehen. Beim letzten Besuch gefiel er mir ganz und gar nicht. Er wirkte abwesend, sah mager und krank aus. Zum Glück hatten wir noch Bobby, die gute alte Seele des Hauses. Er war seit der Geburt meines Vaters der Hausdiener und Verwalter des großen Anwesens und kümmerte sich liebevoll um unsere Familie.
Als vor fünf Jahren meine Mutter an Krebs verstarb, starb auch ein Teil von meinem Vater. Er war nicht mehr der lebenslustige Mann, der mit mir durch die Wälder streifte und mir die Natur nahebrachte. Der mit mir zu Pferd die Gegend erkundete und mit mir Gesellschaftsspiele spielte.
Ich war ein Einzelkind. Meine Mutter war noch einmal schwanger gewesen, da war ich sechs, doch sie hatte es im fünften Monat verloren. Es wäre ein Junge geworden. Seit diesem Schicksalsschlag stand für meine Eltern fest, dass sie es nicht ein weiteres Mal versuchen wollten. Und somit blieb ich ihr einziges Kind.
Der Zug fuhr pünktlich ab und ich genoss die einstündige Fahrt. Ich ließ meinen Blick aus dem Fenster schweifen und überlegte, was ich alles mit meinem Vater unternehmen könnte, um ihn etwas auf andere Gedanken zu bringen.
Da fiel mir die neue Ausstellung ein, die bei uns im Dorf gezeigt wurde. Es ging um alte Gegenstände, die sie bei Ausgrabungen gefunden hatten. Dann fand der alljährliche Kramermarkt statt, dort tummelten sich alle Bewohner von Montgommery Castle. Dort erfuhr ich bestimmt den neusten Klatsch und Tratsch, den ich seit Wochen verpasst hatte.
Irgendwann überfiel mich die Müdigkeit und ich nickte kurz ein. Die Lautsprecherdurchsage holte mich aus dem Kurzschlaf.
Ich blieb am Bahnsteig stehen und nahm einen tiefen Atemzug. Ich liebte die frische Luft hier auf dem Land. In der Uni muffelte es stets nach Reinigungsmittel, Tennissocken, dem Schweiß der anderen, Restalkohol und Fertiggerichten.
Ich trat aus dem Bahnhofsgebäude und hielt Ausschau nach Bobbys Oldtimer. Er hatte mir am Telefon gesagt, er würde mich abholen. Seltsam, auf Bobby war Verlass, er kam nie unpünktlich. Nach fünfzehn Minuten des vergeblichen Wartens nahm ich mir ein Taxi. Sicherlich gab es eine plausible Erklärung für sein Nichterscheinen.
„Huch, was ist denn bei Ihnen los?“, rief der Taxifahrer, als er den Schotterweg hinauf zum Schloss fuhr und Blaulicht zu sehen war.
Ich klebte mit meinem Gesicht fast an der Scheibe. Da parkten drei Polizeifahrzeuge und ein Krankenwagen vor unserem Eingang. Sofort erhöhte sich mein Puls. Oh nein, es war doch nichts mit Bobby geschehen? Hatte er mich deshalb nicht abgeholt? Ich bezahlte den Taxifahrer und eilte mit meiner Reisetasche in den Eingangsbereich.
„Warten Sie, wer sind Sie, Miss?“ Ich wurde von einem Polizisten zurückgehalten, als ich weitergehen wollte.
„Bitte? Ich bin Abigail Montgommery. Was ist denn hier geschehen?“ Ich machte einen langen Hals, um an dem Beamten vorbeizuschauen.
„Können Sie sich ausweisen?“ Der Polizist blieb hartnäckig.
Ich seufzte genervt und fummelte in meiner Handtasche herum und zog den Ausweis hervor. Meine Hände zitterten vor Aufregung. „Bitte, reicht das jetzt?“
Der Polizist tippte sich an die Mütze und trat mit einem verlegenen Lächeln beiseite. „Entschuldigen Sie, Miss Montgommery. Bitte.“
„Was ist denn passiert?“, wiederholte ich meine Frage und spürte, dass sich langsam Angst in mir ausbreitete.
Die Gesichtszüge des Beamten bedeuteten nichts Gutes. „Es gab … einen Unfall …“
„Unfall?“
„Abigail!“
Ich drehte mich schwungvoll um und sah Bobby. Ich stürmte auf ihn zu. „Bobby? Was ist denn passiert? Warum sind die Polizei und ein Krankenwagen hier? Ist was mit Dad?“
Sein Lächeln und seine Fröhlichkeit fielen in sich zusammen, wichen der darunter lauernden Sorge und Verzweiflung. Bobby kämpfte mit den Tränen und legte behutsam seine Hände auf meine Arme. „Es … es ist …“
„Was? Was ist mit meinem Vater?“, rief ich aufgebracht.
„Er … er ist tot, Abigail. Dein Vater ist tot.“
Ich riss den Mund auf, doch es kam kein einziger Laut über meine Lippen. Mein Herz pochte wild und unregelmäßig in meiner Brust und meine Augen füllten sich mit Tränen, die mir in der nächsten Sekunde heiß über die Wangen liefen.
„Ja, es tut mir so unendlich leid, mein Kleines.“ Bobby nahm mich in seine Arme.
„Wie … warum?“, stotterte ich und erkannte meine eigene Stimme nicht.
„Guten Tag! Miss Abigail Montgommery? Mein Name ist Officer Benton.“
Ich löste mich aus Bobbys Umarmung und blickte zu einem großen Mann auf. Ich wischte mir die Tränen fort und schniefte. „Ja?“
„Mein aufrichtiges Beileid, Miss Montgommery.“ Er reichte mir die Hand.
„Was ist denn mit meinem Vater geschehen, dass die Polizei hier ist?“ Dass mein Vater nicht mehr leben sollte, war einfach unvorstellbar. Ich musste träumen, ganz schlecht träumen.
„Es tut mir sehr leid, Ihnen mitteilen zu müssen, dass sich Ihr Vater das Leben genommen hat.“
Die Worte zogen mir augenblicklich den Boden unter den Füßen weg und ich begann zu schwanken. Was? Was hatte der Officer gerade zu mir gesagt? Mein geliebter Vater hatte Selbstmord begangen? Bobby konnte mich gerade noch stützen und brachte mich sicher in den kleinen Salon.
Ich saß wie ein Häufchen Elend in dem Sessel und fühlte mich plötzlich wie ein kleines verlorenes Mädchen. „Umgebracht? Warum sollte sich mein Vater … umbringen? Und wie?“ Ich glaubte, an meinen eigenen Worten zu ersticken. Mir drohte vor Schmerz, Kummer und Fragen der Kopf zu zerplatzen.
Officer Benton räusperte sich und nahm mir gegenüber Platz. „Er hat sich erschossen. Wir haben einen Abschiedsbrief gefunden. Er lag vor ihm auf dem Schreibtisch.“
„Erschossen? Abschiedsbrief?“ Ich konnte den Officer durch meine tränenverschleierten Augen kaum noch wahrnehmen.
„Ja, in dem Brief steht, dass Ihr Vater komplett verschuldet ist. Das Schloss und das ganze Anwesen sollte nächsten Monat versteigert werden.“
„Bitte?“
„Ja, wir prüfen das natürlich alles. Aber laut Aussage Ihrer Hausbank stimmt es. Es tut mir leid, aber Ihr Vater war haushoch verschuldet und hat alles verloren.“
Ich schluchzte und hielt mir die Hände vors Gesicht. Das durfte doch nicht wahr sein? Mein Vater hatte sich das Leben genommen, weil er verschuldet war? Aber das konnte nicht wahr sein. Ich hätte es doch mitbekommen. Hätte ich doch, oder? In den letzten Monaten war ich so in mein Studium vertieft, dass die Welt um mich herum hätte untergehen können und ich hätte es nicht einmal bemerkt.
Bobby reichte mir ein Glas Wasser. „Hier, trink einen Schluck.“
„Wusstest du, dass wir verschuldet sind?“ Ich sah ihn fragend an. Bobby seufzte und ich konnte ihm regelrecht sein schlechtes Gewissen ansehen. „Bobby? Warum hast du mir nie etwas gesagt?“
„Weil dein Vater nicht wollte, dass du dir Sorgen machst. Du solltest dich ganz auf dein Studium konzentrieren. Aber das es so schlimm war … also … dass wusste auch ich nicht“, endetet er betroffen.
Ich schloss die Augen und hoffte, dass ich mich wirklich in einem Albtraum befand.
„Also wussten Sie beide nicht, wie es um die finanzielle Lage von Montgommery Castle stand“, kombinierte der Officer.
Ich öffnete die Augen und schüttelte den Kopf.
„Das tut mir leid, Miss Montgommery. Darf ich Ihnen trotzdem ein paar Fragen stellen?“
Ich nahm einen Schluck Wasser. „Ja.“
„Wann haben Sie Ihren Vater das letzte Mal gesehen?“
Ich räusperte mich und überlegte kurz. „Das muss vor fast zwei Monaten gewesen sein.“
„Leben Sie nicht mehr auf dem Anwesen?“
„Doch, ich meine, ich bin seit einem halben Jahr am Studieren und komme deshalb nur gelegentlich hierher.“ Ich umklammerte das Glas, als könnte es mir Trost spenden.
„Und warum sind Sie heute angereist?“ Mister Benton notierte sich alles auf einem kleinen Block.
„Weil die Semesterferien heute angefangen haben. Ich wollte für zwei Monate hier bleiben.“ Und im Zug hatte ich mir noch so schöne Sachen überlegt, die ich mit meinem Vater in der Zeit unternehmen wollte. Alles umsonst. Ich werde nie wieder etwas mit meinem Vater unternehmen können. Dieser Gedanke ließ mich erneut weinen. Bobby reichte mir ein Taschentuch, das ich dankend annahm.
„Von Mister Singer habe ich erfahren, dass Misses Montgommery bereits vor fünf Jahren verstorben ist. Hat Ihr Vater eine neue Partnerin?“
„Nein. Er war seitdem allein.“ Ich starrte auf das weiße Taschentuch. Das Weiß schmerzte in meinen verweinten Augen.
Mister Benton erhob sich. „Gut. Dann bedanke ich mich und wünsche Ihnen alles Gute und viel Kraft. Noch mal mein aufrichtiges Beileid.“
„Darf ich ihn sehen?“
„Bitte?“
Ich sah zu Mister Benton auf. „Ich möchte ihn sehen, wo hat er sich erschossen?“
„In seinem Arbeitszimmer“, gab Bobby die gewünschte Antwort. „Aber ich bitte dich, Abigail, tue es dir nicht an.“
Ich stand auf und straffte die Haltung. Ich tupfte mir die Tränen fort. „Doch, Bobby, magst du mich begleiten?“
Bobby schaute unsicher zu dem Officer, der ihm durch ein Nicken zu verstehen gab, dass ich hingehen durfte.
Das Arbeitszimmer meines Vaters lag im hinteren Flügel. Er hatte es geliebt, dort stundenlang zu sitzen und vor dem Kamin zu lesen. Meistens lag ihm einer seiner Hunde zu Füßen. Genau? Wo steckte Han? „Wo ist Han?“, fragte ich Bobby auf dem Weg.
„Ich habe ihn im Grünen Salon eingesperrt.“
Ich nickte und spürte, je näher ich dem Arbeitszimmer kam, dass sich mein Herz zusammenzog und es vom Schmerz zerdrückt wurde. Das Blut rauschte in meinen Ohren und hinterließ ein lautes Pochen.
Bobby stützte mich. Es tat gut, ihn jetzt bei mir zu haben. Er war immer wie ein Großvater zu mir, ein wahrer Freund. Ich blieb abrupt stehen. Blitzlichter blendeten mich und ich hörte mehrere Stimmen, die aus dem Arbeitszimmer zu mir drangen.
„Die Spurensicherung ist noch da“, klärte Bobby mich auf. „Und du willst dir das wirklich antun?“
Ich nagte an meiner Unterlippe. „Ja, das bin ich meinem Vater schuldig.“
Wir betraten den Raum, worauf die Gespräche verstummten.
„Könnten Sie uns einen Moment geben?“, fragte Bobby die drei Männer, die ihrer Arbeit nachgingen und sofort anstandshalber den Raum verließen.
Ich war wie in Trance, als ich meinen Vater hinter seinem Schreibtisch sitzen sah. Von dort aus hatte er einen traumhaften Ausblick auf das Anwesen Montgommery Castle. Es befand sich bereits in der fünften Generation in der Familie. Und mein Vater hatte versagt und es verschuldet. Warum um alles auf der Welt hatte ich davon nichts mitbekommen?
Ich ging mit langsamen Schritten auf ihn zu und saugte den grauenhaften Anblick in mir auf. Sein Kopf war nach hinten gelegt, seine Augen starr und weit aufgerissen. Seine Hände lagen schlaff in seinem Schoß. In der rechten Hand lag noch die Waffe. Er trug eine dunkelbraune Hose, ein hellbraunes schlichtes Hemd mit einer passenden Weste darüber. Und seinen karierten Lieblingsblazer. Die Wand hinter ihm war mit seinem Blut bespritzt.
Je länger ich auf die Flecken starrte, desto intensiver bildeten sich seltsame Bilder vor meinen Augen. Einige Flecken sahen wie eine Blume aus, die in unserem Garten wuchs. Andere Flecken wirkten wie ein Sternbild.
„Komm, es ist besser, wenn wir jetzt gehen.“ Bobby berührte mich sanft und ich folgte ihm.
Mister Benton war noch da. „Ihr Vater wird gleich abgeholt. Er muss für ein paar Tage in die Gerichtsmedizin, danach wird er freigegeben und Sie können ihn beerdigen.“
„Darf ich den Brief sehen?“, fragte ich.
„Sicher, aber auch er geht erst noch ins Labor. Sobald meine Kollegen damit fertig sind, wird er Ihnen zugestellt.“
„Danke, Mister Benton.“
„Ich werde mich verabschieden und mich bei Ihnen melden, sobald ich Näheres weiß.“ Er reichte mir die Hand.
„Ich begleite Sie noch zur Tür.“ Bobby machte eine Geste, dass der Officer ihm folgen sollte.
Ich stand nur da und fühlte mich völlig verloren. Ich ging schnurstracks in das Arbeitszimmer zurück. Die Männer der Spurensicherung packten gerade ihre Sachen zusammen.
Ich blieb mitten im Raum stehen, verschränkte die Arme und starrte auf den Leichnam meines Vaters, der inzwischen von einem weißen Tuch abgedeckt wurde.
„Wir möchten Ihnen noch unser aufrichtiges Beileid aussprechen, Miss Montgommery.“ Die drei Männer blieben vor mir stehen.
„Danke.“ Mehr konnte ich nicht sagen.
Als die Männer das Zimmer verlassen hatten, ging ich zum Schreibtisch und nahm im Stuhl, der gegenüber stand, Platz. Ich überlegte fieberhaft, was ich beim letzten Treffen mit meinem Vater besprochen hatte. Mir wollte es ums Verrecken nicht einfallen. Warum konnte ich mich nicht mehr daran erinnern? Tränen liefen mir über die Wangen und ich fing bitterlich an zu weinen.
„Hier bist du! Komm, ich bringe dich auf dein Zimmer.“ Bobby erschien neben mir.
„Warum hat er das nur getan, Bobby? War er so verzweifelt? Sind wir tatsächlich pleite?“, schluchzte ich und sah ihn durch tränenverschleierte Augen an.
„Ich weiß es nicht, mein Engel. Ich mache mir die größten Vorwürfe.“ Bobby tätschelte mir die Schulter. „Komm, du musst dich ausruhen. Wir reden später noch einmal darüber.“ Bobby begleitete mich auf mein Zimmer.
Als ich mich hinlegte, hoffte ich, dass ich nie wieder aufwachen würde. Dieser brennende Schmerz in mir raubte mir den Atem.
Tage später
Die Beerdigung fand im kleinsten Kreis statt. Ich hatte bis jetzt den Tod meines Vaters geheim halten können. Sicherlich stürzte sich die Regenbogenpresse mit Kusshand auf diese Nachricht, dass ein Lord alles verloren hatte. Ich wollte niemanden sehen und ich wollte schon gar nicht jedem Rede und Antwort stehen müssen.
Wie konnte ein Mann im Alter von fünfundvierzig Jahren so verzweifelt sein, dass er sich das Leben nahm und seine einzige Tochter allein zurückließ?
Die finanzielle Katastrophe wurde mir und Bobby erst bewusst, als Mister Fitz-Walter, der Familienanwalt, zur Testamentseröffnung erschien.
Nachdem alle förmlichen Angaben erledigt waren, begann er mit dem finanziellen Aspekt. Er räusperte sich und sah uns beide unglücklich an. „Das Anwesen Montgommery ist bis auf das Äußerste verschuldet. Dein Vater hat seit vielen Jahren, hohe Gewinnverluste im Aktiengeschäft verbuchen müssen. Er musste somit erst das Land an die Bank überschreiben und vor drei Monaten auch das Schloss.“
„Aber was ist denn mit all den Pachteinnahmen?“, wollte Bobby wissen.
„Weg. John hat alles in diese Aktien gesteckt und alles verloren.“
„Und wie geht es jetzt weiter? Bleibt Abigail denn noch irgendetwas?“ Bobby sah den Anwalt verzweifelt an.
Der faltete die Hände wie zum Gebet und seufzte traurig. „Nur das Mobiliar, mehr nicht.“
„Wir müssen also hier ausziehen?“, rief Bobby entsetzt.
„Ja. Die Bank gibt euch vier Wochen Zeit, um euch ein neues Zuhause zu suchen und die Möbel zu entfernen.“
Ich konnte nicht glauben, was der Anwalt gerade zu uns gesagt hatte. Wir mussten hier raus? Raus aus unserem Zuhause? „Aber … aber ich habe kein Geld … ich studiere.“
„Die Studienzuschüsse fallen ebenfalls weg. Die Uni hat sich bereits bei mir gemeldet. Du brauchst nach den Semesterferien nicht zurückkehren“, sagte der Anwalt mit belegter Stimme. „Dein Vater hat die letzten Monate nicht gezahlt.“
Ich rang nach Luft und sprang vom Stuhl auf. Das durfte doch alles nicht wahr sein! Es fühlte sich an, als würde ein Hammer wild in meinem Kopf um sich schlagen. „Was? Aber … aber … wie soll es denn weitergehen? Ich meine … ich bin erst einundzwanzig Jahre alt und Bobby wird bald siebzig! Was sollen wir denn jetzt machen?“
„Ich werde mich darum kümmern, einen Käufer für das alles hier zu finden, und entweder dürft ihr weiterhin hier wohnen oder es bleibt etwas von der Verkaufssumme für euch übrig, um neu anzufangen. Andere Möglichkeiten gibt es nicht. Es tut mir so unendlich leid, Abigail.“
Manor Sky – Schloss
Edward rieb sich das Kinn und tippte weiter auf der Tastatur umher. Seit Tagen suchte er die passende Frau für den Looser von Prinzen. Nichts. Wie der König schon seine Vermutungen geäußert hatte; die meisten Prinzessinnen waren bereits unter der Haube und zwei kamen nicht in Frage, da sie gerade mal zehn Jahre alt waren. Schauspielerinnen und Models fielen eh aus dem Protokoll und anders als die Königin sich erhofft hatte, kam leider auch keine reiche, schlaue Unternehmerin in Frage.
Das Telefon läutete. „Ja, Edward hier. Ah, Paul … wie geht es dir? Lange nichts mehr von dir gehört.“
„Hey Ed, du altes Haus! Mir geht es gut, und was macht das Königspaar?“
„Alle gesund und munter.“
„Du, ich habe gerade von einem Bekannten erfahren, dass Montgommery Castle zum Verkauf steht. Wolltet ihr das nicht immer haben? Die Königin liebt doch die auslaufenden Wiesen und den dazugehörigen Wald so sehr, oder?“
Und dann berichtete Paul, was sich in den letzten Tagen dort Dramatisches zugetragen hatte und dass alles unter den Hammer kommen sollte. Aber das Wichtigste kam zum Schluss. „Stell dir vor, er hinterlässt eine Tochter. Sie muss sogar ihr Studium abbrechen, weil kein Geld mehr vorhanden ist.“
„Eine Tochter?“ Edward wurde hellhörig.
„Ja, ich habe sie mal bei einem Weihnachtsessen kennengelernt. Eine sehr hübsche und pfiffige junge Dame. Sie hat bald kein Dach mehr über den Kopf, ist das nicht schrecklich?“
Aber bald einen ganzen Palast!, dachte Edward und hätte seinen Bekannten am liebsten durch den Hörer gezogen, um ihn zu knutschen.
„Danke für die Info, Paul … gib mir bitte die Daten, ich werde die Königin und den König umgehend informieren. Sag mal, kannst du das Angebot für uns reservieren?“
„Klar, für die Krone mache ich doch alles.“ Paul lachte in den Hörer.
Edward begann sofort, über das Anwesen Montgommery Castle sämtliche Informationen zu sammeln und stieß dabei auf ein Foto, das John Montgommery mit seiner Tochter zeigte. Genau diesen Typ von Frau hatte er sich für Jasper vorgestellt. Sie verkörperte das Mädchen, das eine Prinzessin sein konnte.
Ihre lockigen Haare waren eine harmonische Mischung aus Braun und einem warmen Rotton. Einige Sommersprossen verteilten sich um ihre schmale Nase und ließen sie keck und frech aussehen. Ihre Haut war zart, hell und schimmerte wie die Glasur einer Porzellanpuppe. Ihre mandelförmigen Augen strahlten so viel Wärme und Herzensgüte aus, dass selbst ihm warm ums Herz wurde.
Edward druckte alle Angaben aus und marschierte umgehend zum königlichen Paar. Die beiden waren gerade dabei, zu Abend zu essen.
Kate stutzte, als Edward im Salon erschien. „Edward? Was ist passiert? Haben wir schon wieder einen Illegalen hier im Schloss?“, scherzte sie trocken.
„Nein, königliche Hoheit, und ich bin untröstlich Sie beim Essen zu stören, aber ich habe eine Braut gefunden.“ Edward strahlte wie ein Honigkuchenpferd und wedelte mit einer Mappe.
„Bitte?“ Alexander starrte ihn entgeistert an. „Sie scherzen doch, Edward.“
„Nein, nein … Ich habe die perfekte Prinzessin gefunden.“ Sein Strahlen verschwand nicht.
Kate aß zu Ende und legte das Besteck zur Seite. „Entschuldigung akzeptiert, und nun spannen Sie uns nicht länger auf die Folter.“
Edward nahm einen tiefen Atemzug und berichtete von dem tragischen Unglück, das sich auf Montgommery Castle ereignet hatte. „Die Öffentlichkeit weiß noch nichts davon.“
„Das ist ja schrecklich! Wir kannten John, flüchtig, aber er hat doch erst vor fünf Jahren seine Frau an Krebs verloren, oder?“ Kate erinnerte sich an die lebensfrohe junge Frau, der sie in der Krebsklinik noch Mut und Hoffnung zugesprochen hatte und die zwei Tage später den Kampf verloren hatte. „Ich war noch kurz vor ihrem Tod bei ihr im Krankenhaus, daran kann ich mich erinnern. Eine tolle Frau.“
„Und wie sollen wir dadurch eine Braut bekommen?“, fragte Alexander, der den Sinn noch nicht entdeckt hatte.
Edward erzählte, dass das Anwesen zum Verkauf stand und seine Tochter Abigail in vier Wochen obdachlos sei, da John alles in falsche Aktien investiert hatte.
„Es ist kein Cent mehr übrig. Nichts, sie muss sogar ihr Medizin-Studium abbrechen, da die Gebühren nicht bezahlt werden können.“ Er holte ein Bild aus der Mappe hervor und reichte es der Königin. „Hier, das ist ein Bild von Abigail Montgommery.“
„Wow“, entfuhr es Kate und ihre Augen begannen zu leuchten.
„Gib her!“, drängelte Alexander und schnippte ungeduldig mit den Fingern.
„Edward, Sie sind ein Engel! Nein, Abigail ist eindeutig ein Engel!“
„Jetzt gib schon her!“
Sie reichte ihrem Mann das Bild.
„Wow! Sie ist wirklich ein Engel!“, stimmte der König den Worten seiner Gattin zu.
„Und die nächste Königin von Manor Sky.“ Kate hob das Weinglas. „Auf Sie, Edward.“
„Aber wie wollen wir sie denn ins Boot holen?“ Alexander reichte Edward das Bild zurück.
„Alex, das Mädel ist am Ertrinken, sie wird ohne zu zögern in unser Boot springen“, sagte Kate und zwinkerte ihm zu. „Edward, lassen Sie sofort den Kaufvertrag aufsetzen und wir fahren gleich morgen zu ihr und unterbreiten ihr ein Angebot, zu dem sie nie im Leben Nein sagen wird.“
Alexander hob sein Glas und lachte. „Du warst doch schon immer scharf auf das Anwesen, oder?“
„Genau, und jetzt bekomme ich es sogar noch mit einer Kirsche auf der Sahne. Manchmal dauert es eben etwas länger, bis sich ein Traum erfüllt. Obwohl der Umstand mehr als schrecklich ist. Das Mädel tut mir leid.“
Montgommery Castle
Kate liebte diese Gegend. Schon als Kind war sie hier öfter mit ihren Eltern gewesen. Das Anwesen von Lord Victor Montgommery erstreckte sich über unzählige Hügel und Wälder. Leider verstarb der alte Lord vor fast zehn Jahren und hinterließ alles seinem Sohn John, dem Vater von Abigail. Anscheinend lag auf der Familie ein Fluch, denn viele der Angehörigen verstarben im jungen Alter. Aber dass sich jetzt der junge Lord das Leben genommen hatte, weil er das Anwesen verschuldet hatte, setzte ihrer Familiengeschichte im wahrsten Sinne des Wortes die Krone auf.
„Es ist wirklich zauberhaft, Kate“, schwärmte Alexander. „Irgendwie sieht hier alles grüner aus oder bilde ich mir das nur ein?“
Kate tätschelte seine Hand und lächelte. „Nein, hier ist wirklich alles grüner und die Luft kommt dir viel frischer vor, warte es ab.“
Der Wagen rauschte über die Landstraße und in der Ferne konnten sie bereits das Schloss erkennen.
„Wir sind gleich da, Eure königliche Hoheit“, teilte ihnen der Fahrer mit.
„Edward, Sie haben alle Papiere bei sich?“, erkundigte Kate sich zum hundertsten Mal.
„Kate, das hast du unseren lieben Ed schon mehrmals gefragt“, schmunzelte Alexander und bemerkte, dass seine Frau nervös war. Das war sie schon lange nicht mehr gewesen. Kate war eine taffe, faire, aufrichtige und manchmal auch eiskalte Königin. Ihre wahren Gefühle konnte sie hinter ihrem perfekt schönen Gesicht stets verstecken. Da kam ihre britische akkurate Abstammung durch.
Kate strich sich über die Stirn und lachte. „Ich bin tatsächlich nervös. Entschuldige bitte, Ed.“
„Ich bin auch nervös, Ma’am, ich auch.“ Edward nickte den beiden zu und umklammerte die Ledertasche, in der sich alle wichtigen Unterlagen befanden. Die Zukunft von Manor Sky.
*
Ich hatte in den letzten Tagen alle wichtigen Sachen zusammengepackt, die ich behalten wollte. Es kam doch mehr zusammen, als ich gedacht hatte. Bobby konnte bei einem nahe gelegenen Landwirt eine Scheune bekommen, in der wir alle für uns wichtigen Möbel unterstellen durften. Der Mann wollte noch nicht mal Geld dafür. Ein kleiner Trost.
Ich befand mich gerade im obersten Stockwerk, als ich ein Auto hörte. Ich eilte zum Fenster, doch ich konnte aus diesem Winkel nichts erkennen.
Han, der Dobermann meines Vaters war ebenfalls aufgesprungen und gab knurrende Geräusche von sich. Der arme Kerl lag jeden Abend vor Herrchens leerem Bett und jaulte. Nach der vierten Nacht kam Han in mein Schlafzimmer getrottet und legte sich vor mein Bett. Han war gerade mal vier Jahre bei uns.
Den Namen Han hatte mein Vater nach Han Solo aus den alten Star-Wars-Filmen ausgesucht. Er hatte diese Filme geliebt und wir hatten zusammen oft einen langen Filmabend mit all den Teilen vor dem Fernseher verbracht. Bobby konnte mit dem Schnickschnack nichts anfangen und schüttelte jedes Mal den Kopf, wenn wir mit Stöcken ein Laserschwert nachstellten und uns durch die Räumlichkeiten kämpften.
Ich hörte die Türglocke und wenige Minuten später drangen Stimmen nach oben. Ich packte weiter die Kartons zusammen. Wenn es jemand Wichtiges war, würde Bobby mich rufen.
Er rief mich nicht, sondern erschien persönlich. Er wirkte irgendwie nervös. „Abigail, wir haben Besuch.“
„Ja, ich habe ein Auto gehört. Wer ist es denn?“
Bobby verzog das Gesicht, es sah wie ein missglücktes Grinsen aus und er rieb sich die Hände an seinen Hosenbeinen ab. „Nun ja … ihre königlichen Hoheiten.“
„Bitte?“ Ich stutzte und Han bellte zweimal.
„Ja, es ist Königin Kate und König Alexander.“
„Was … was will denn das Königspaar von uns?“ Ich verspürte einen erhöhten Herzschlag und da Han wieder bellte, strich ich ihm über den Kopf. „Ruhig, Han.“
„Sie möchten dich sprechen.“
Ich machte große Augen. „Mich sprechen? Haben sie gesagt, worum es geht?“
Er schüttelte langsam den Kopf. „Nein?“
„Nun, dann wollen wir das Königspaar nicht warten lassen.“ Ich ging vorher noch ins Bad, wusch mir die Hände und kontrollierte mein Aussehen. Tja, ich trug einen schlichten roten Rock und eine geblümte Bluse. Zum Umziehen hatte ich keine Zeit. Han sperrte ich zur Sicherheit ins Bad ein. Er jaulte kurz, legte sich dann aber auf die weiche Badematte.
Bevor ich den Salon betrat, schloss ich die Augen, nahm einen tiefen Atemzug und ging weiter.
Kate und Alexander drehten sich schwungvoll um, als sie Schritte hörten.
Ich trat ihnen entgegen und machte einen Knicks. „Eure königliche Hoheit, womit verdiene ich Ihren Besuch?“
Kate strahlte mich an und reichte mir die Hand. „Guten Tag, Miss Montgommery.“ Das junge Mädel sah noch besser aus, als es das Foto hergab.
Alexander tat ihr Gleiches nach. „Guten Tag, Miss Montgommery.“
„Das ist Bobby, die gute Seele meiner Familie. Ohne ihn wäre ich verloren.“ Ich deutete auf Bobby, der wie angewurzelt dastand.
Bobby verneigte sich und reichte ebenfalls beiden die Hand. „Eure königliche Hoheit.“
„Und das ist Edward, unsere gute und treue Seele des Palastes“, deutete Kate auf Edward. Wieder wurden die Hände geschüttelt.
„Entschuldigen Sie unser unangemeldetes Erscheinen, aber wir sind hier, um Ihnen nachträglich unser aufrichtiges Beileid zum Verlust Ihres Vaters auszusprechen. Wir haben erst gestern davon erfahren“, sprach Kate mitfühlend.
„Danke, das bedeutet mir sehr viel. Sie kannten meinen Vater?“, wollte ich wissen. Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass mein Vater mit der königlichen Familie etwas am Hut hatte.
„Ja, wir haben ihn auf einigen Veranstaltungen getroffen.“ Das war noch nicht mal gelogen, aber die beiden hatten meistens kaum ein Wort mit dem Lord gewechselt.
„Möchten Sie sich nicht setzen?“ Ich deutete auf das Sofa, das noch nicht abgedeckt war. „Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?“
„Sehr gern.“ Die beiden setzten sich. Edward wählte einen Sessel.
„Tee oder Kaffee?“, erkundigte sich Bobby.
„Oh, sehr gerne einen Tee.“
Bobby nickte und verschwand in der Küche. Er konnte noch immer nicht glauben, dass die königlichen Hoheiten hier waren. Was sie wohl von Abigail wollten? Bestimmt nichts Gutes.
„Darf ich den Grund für Ihren Besuch erfahren? Soweit ich mich erinnern kann, waren Sie noch nie auf unserem Anwesen?“ Ich ließ unsicher meine Hände über den Rock gleiten. Hoffentlich sprach ich die Herrschaften korrekt an? Ich war zwar die Tochter eines Lords, aber in meiner adeligen Schicht ging es wesentlich lockerer zu.
„Ich war als Kind öfter hier, als Ihr Herr Großvater noch lebte. Ich habe schon immer das Anwesen Montgommery geliebt.“ Die Worte der Königin klangen aufrichtig.
„Das freut mich zu hören, Ma’am.“
„Wir werden offen und ehrlich zu Ihnen sein, Miss Montgommery“, begann Kate. „Wir haben erfahren, dass das Anwesen zum Verkauf angeboten wird und Sie nicht wissen, wo Sie nach dem Verkauf wohnen werden.“
Ich schluckte gegen die Röte an, die sich auf meinen blassen Wangen ausbreiten wollte. „Da sind Sie richtig informiert, Ma’am.“
„Nun, um es kurz zu machen; wir werden das Anwesen kaufen und es bleibt alles so, wie es ist.“ Kate war auf ihre Reaktion gespannt.
„Sie wollen Montgommery Castle kaufen?“ Ich machte große Augen.
„Genau.“ Alexander schenkte mir ein freundliches Lächeln.
„Nun ja, das ist sehr gut, aber … nun, wie soll ich es sagen …“ Ich räusperte mich. „Damit ist mir nicht wirklich geholfen, denn die Kaufsumme deckt nur einen kleinen Teil der Schulden ab, die mein Vater mir hinterlassen hat.“
Bobby erschien mit frischem Tee und servierte jedem eine heiße Tasse sowie Gebäck. Danach nahm er neben mir Platz.
„Deswegen möchten wir Ihnen einen Vorschlag unterbreiten, Miss Montgommery. Einen Vorschlag, der all Ihre Sorgen und Geldnöte umgehend in Luft auflösen wird“, begann Kate und nahm einen Schluck vom Tee. „Sie können sogar Ihr Medizinstudium weiterführen.“
Bobby und ich warfen uns skeptische Blicke zu. „Und was für ein Vorschlag soll das sein?“, fragte Bobby einfach geradeheraus. „Und was soll Miss Montgommery dafür machen?“
Kate stellte die Tasse ab und begann zu erzählen.
Bobby war nicht begeistert und unterbrach als Erster die Königin. „Meine Abigail soll Ihren Sohn ehelichen?“
Ich legte behutsam meine Hand auf seinen Arm. „Bobby, die Königin war noch nicht fertig. Entschuldigen Sie. Bitte, fahren Sie fort.“
Kate bewunderte die Ruhe, die diese junge Dame ihr gegenüber ausstrahlte. Sie hatte vor wenigen Tagen ihren Vater durch Selbstmord verloren und dann noch erfahren, dass Haus und Hof ebenfalls nicht mehr ihr gehörten. „Bobby hat Recht, es klingt unverschämt … regelrecht frivol. Doch wir verlangen nichts Unseriöses von Ihnen.“
„Nicht? Also ich finde es schon sehr unseriös, dass meine Abby einen wildfremden Mann ehelichen soll!“ Bobby verspürte eine aufkommende Wut in sich aufsteigen.
„Was ich Ihnen jetzt sage, untersteht der strengsten Geheimhaltung. Von diesem Gespräch darf niemand anderes erfahren. Wirklich niemand.“
Alexander warf seiner Frau einen entsetzten Blick zu, der so viel sagte wie: Bist du von allen guten Geistern verlassen? Doch Kate signalisierte ihm, dass alles gut war. „Es klingt albern, ich weiß, aber wenn dieses Gespräch an die Öffentlichkeit gelangt, könnten wir unser Königreich verlieren.“
Bobby rollte theatralisch mit den Augen.
„Ich gebe Ihnen mein Wort.“ Ich nickte.
Kate faltete die Hände. „Unser Sohn Jasper, den Sie ehelichen sollen, ist stockschwul.“
Es herrschte einige Sekunden lang eine erdrückende Stille. Bobby musste lachen und überspielte es mit einem Husten. Das wurde ja immer kurioser.
„Und somit hat er kein Anrecht auf den Thron“, verstand ich die Sorge der Königin.
„Genauso ist es. Die königlichen Gesetze lassen es auf keinen Fall zu. Und wie Sie vielleicht aus der Presse erfahren haben, ist auch das Parlament und die Kirche dagegen. Wir sind abhängig von beiden Organisationen. Uns sind die Hände gebunden.“
„Und warum brauchen Sie gerade jetzt eine Frau?“, wollte Bobby erfahren.
„Es gab einen unschönen Zwischenfall“, sprach Alexander diesmal, „und die Presse wittert, dass unser Sohn nicht auf das weibliche Geschlecht steht. Wir müssen dem natürlich entgegentreten und dafür benötigen wir eine passende Frau.“
„Und wie wird dann mein weiteres Leben aussehen?“ Ich war die Ruhe selbst, was mich irgendwie wunderte, denn was mir gerade von der Königin unterbreitet wurde, war verrückt. Rettete aber das Anwesen, rettete Bobby, rettete das Schloss und rettete mir das Leben. Oder?
„Sie werden in einigen Wochen Jasper ehelichen, somit zur Princess of Manor Sky ernannt. Sie können Ihr Studium weiterführen, müssen sich bei einigen Auftritten und Veranstaltungen gemeinsam mit ihm sehen lassen.“
„Und Kinder?“, fragte ich frei heraus. Ich wusste doch genau, dass es bei den Königshäusern stets in erster Linie um den Nachwuchs ging.
Bobby verschluckte sich am Tee und hustete. „Entschuldigen Sie bitte.“
„Nun, da werden wir sicherlich eine Lösung finden, den beiden gerecht wird. Wie gesagt, Sie müssen auf keinen Fall mit Jasper den ehelichen Pflichten nachgehen.“ Kate nahm einen tiefen Atemzug. „Ich verspreche Ihnen, Sie werden zu nichts gezwungen. Außerdem stehen wir in Verhandlungen mit der Präsidentin und dem Bischof, dass Scheidungen in der königlichen Familie erlaubt werden. Sobald das Gesetz in trockenen Tüchern ist, können Sie jederzeit die Scheidung einreichen.“
„Und wenn das Gesetz nicht in Kraft treten wird?“, schaltete sich Bobby wieder ein. „Ist Miss Montgommery für immer und ewig an Ihren Sohn gebunden und kann nie selbst die Liebe ihres Lebens heiraten und ein normales Leben führen?“ Er hatte Angst um seine kleine Abby. Sie durfte sich auf keinen Fall an das Königshaus verkaufen, nur damit die Hochwürden ihren Luxus nicht verlieren konnten.
Diesmal ergriff der König das Wort: „Wenn Sie, Miss Montgommery, meinen Sohn ehelichen und ihm sollte irgendetwas zustoßen, sieht es das Gesetz so vor, dass Sie als Königin eines Tages Manor Sky regieren werden. Sie haben also rein gar nichts zu verlieren.“
„Abigail wäre dann die neue Königin,
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Bildmaterialien: Ka_Lou-shutterstock.com - envatoelements.com - rawpixel.com - Freepik.com
Cover: Constanze Kramer, coverboutique de.
Lektorat: Anti- Fehlerteufel, Jörg Querner
Tag der Veröffentlichung: 09.12.2022
ISBN: 978-3-7554-2702-5
Alle Rechte vorbehalten