„ Viele Jahre sind vergangen seit die ersten Menschen und Xenons, aus den weit entfernten Planeten Xleus und Ferum, das erste Mal den Boden von D’Orash betraten. Nun waren sie mit einer ganzen Armee gekommen, um die darauf lebenden Geschöpfe zu vertreiben und damit auch die Magie, die von ihnen so gehasst wurde. Sie konnte nicht durch ihre Techniken erklärt werden und sie verstanden sie auch nicht. So kam es nun zu dem Tag der Schicksalshaften Schlacht um Selvin. Es war der Anfang eines neuen Zeitalters, auch für die Menschen der Erde, wie diese bald erfahren sollten.“
Nun standen sie sich also gegenüber. Die Ockerfarbene Ebene die vor der Regenzeit im Spätfrühling noch ganz verdorrt und trocken war, lag still zwischen den beiden Heeren. Vor ihnen jeweils ihr Führer, Mut zusprechend und noch einmal die letzten Strategien durchgehend bevor die Schlacht beginnen sollte. Die Sonne war gerade untergegangen und ohne jeden Zweifel würde sie nicht mehr in diesem strahlenden weissgelb aufgehen. Sie würde rot sein, blutrot getränkt durch die Toten eines Kampfes der eigentlich nur dazu da war zu zeigen, dass die Hoffnung immer kleiner wurde und der Feind immer stärker. Der König und Heerführer der Elben, ein stattlich gebauter Elb mit schulterlangen rötlichen Haaren und dem freundlichen Gesicht, sass auf seinem strahlenden Pferd Shaw, dass mit einer ebenso goldenen Rüstung eingekleidet war wie sein Reiter. In seinem Gesicht zeichnete sich Sorge ab, da er selbst den Ausgang der Schlacht nur zu gut vorausahnen konnte. Sie waren einige hundert bis tausend, viele kaum genügend bewaffnet, während ihr Gegner zehntausend Mann mit voller Rüstung und Ausstattung mitbrachte. Alle gleichaussehend und geübt, eigens für den Krieg. Es waren zumeist Xenons, jene Sorte von Wesen, die bedingungslosen Gehorsam leisteten und so gut wie nur für den Krieg existierten. Keiner von ihnen unterschied sich vom anderen, alle eine perfekte Kopie. Der Rest waren einige Heerführer, die sich feige hinter den Xenons versteckten. Man mochte sie nicht, hier in D’Orash, sie galten als Ungeheurer. Aber auch Menschen waren in dem grossen Heer, wenn auch in starker Unterzahl und bloss da um Befehle zu erteilen. Auch ihr grosser Führer war ein Mensch, nun ja sofern man ihn als das bezeichnen konnte, vielmehr war er ein Monster. Auch seine Waffe war alles andere als fair, sie konnte mit einer kleinen Berührung alles töten was in seine Nähe kam, ohne dass er genau zielen musste, und nur selten jemand lebte danach noch länger als ein paar Sekunden. So kam es also wie es kommen musste. Die Schlacht begann. Die ersten stürmten mutig vor und immer mehr wurden in den Kampf verwickelt. Bogenschützen sorgten für Deckung bis all ihre Pfeile verbraucht waren und auch sie zum Schwert greifen mussten. Die Reiter auf ihren stolzen Pferden ritten mitten in die Hauptarmee und verursachten Lücken, die gleich wieder geschlossen wurden. Das Ganze war Hoffnungslos. Immer weniger standen noch und selbst die Magier konnten mit ihren Schilden kaum mehr mithalten. Es waren nur wenige Stunden vergangen, doch das Ende schien bald unausweichlich zu kommen. Housi kämpfte mutig und auch seine Untertanen machten ihren Gegnern das Leben schwer, aber es waren einfach zu viele.
Dann auf ein Mal senkte Housi sein Schwert. Er nahm an seiner Stelle seinen Bogen aus dunklem Holz und Pferdehaar und einige rote Pfeile hervor und zielte auf den Hauptmann, der ganz in der Nähe stand. Kaum angelegt schoss der Pfeil, eine Weile unbemerkt von seinem Ziel, los. Er traf schliesslich auch mit voller Wucht in das überraschte Gesicht seines Gegenübers. Blut schoss aus den Wunden und es dauerte nicht lange bis er tot war. Unterdessen brüllte Housi den Magiern um sich zu, sie sollen die magischen Schilde nur noch für sich selbst verwenden und ein junger Krieger der das ganze beobachtet hatte schrie ihm noch eine Warnung zu, dass er das nicht tun solle, aber er beachtete sie nicht. Ein kleiner Junge aus dem gegnerischen Heer hatte unterdessen voller Schmerz und Trauer über den Verlust ihres Führers, einen brennenden Pfeil gespannt, den er nun auf den König richtete. Über sein Gesicht kullerte eine dicke Träne und mit einem herzzerreissenden Kreischen schoss er sein Geschoss ab. Housi schaute zu dem Krieger Leurat, der ihn gewarnt hatte, doch es war nicht der Ausdruck der Furcht auf seinem Gesicht. Es war so seltsam ruhig und vorahnend. Erschrocken darüber riss Leurat sein Schild hoch. Der brennende Pfeil traf den König und dutzende andere flogen hinter ihm her. Als der Pfeilhagel endlich nachliess stürmte er zum König, der brennend am Boden lag. Dieser streckte ihm nur einen Brief hin und wies zu Shaw, seinem Pferd. Seine letzten Worte galten seiner Frau Meisheng yu und seinen vier Schwestern. Sie gingen in ein leises husten und keuchen über und Leurat konnte den Lebensfunke aus dem Körper weichen sehen. Eilig rannte er zu Shaw stieg auf, den Brief schützend in seiner Rüstung verborgen. Hastig stieg er auf und liess Shaw, das zuerst etwas protestierte zuerst in einen schnellen Trab und danach in einen gestreckten Galopp fallen. Er musste so schnell wie nur möglich von hier weg und den Brief übergeben. Es war nicht einmal Zeit sich noch einmal umzudrehen. Mit vollem Tempo ritt er raus aus dem Schlachtfeld, Selvin weit hinter sich lassend in den grossen Wald, indem er vorerst sicher und schnell vorwärts kommen konnte.
Sie hatte plötzlich Gänsehaut und alle Haare stellten sich auf. Es war also soweit. Ihr geliebter Gatte war tot. Meisheng yu schritt ans Fenster ihres Schlafgemachs und sah gerade noch wie die Sonne hinter dem Horizont verschwand. Sie hatte es schon so viele Male gesehen, doch nun war es wirklich geschehen, dass wusste sie genau. Sie setzte sich ans Fenster und liess ihre Hand zu der Kette hin gleiten. Sie umfasste den ozeanblauen Edelstein. Er war ein Geschenk von Housi gewesen. Eine Weile lang sass sie einfach nur so da, starrte in die Nacht und schaute den kleinen Glühfeen zu wie sie sich vergnügt tummelten und der Nacht kleine Lichter schenkten. In der Ferne heulte ein Wolf. Sie dachte an das letzte Vermächtnis, dass ihr Mann ihr gegeben hatte. In ihrem Bauch wuchs die Zukunft D’Orashs heran. Niemand wusste davon. Nicht einmal seine Schwestern und es durfte auch niemand erfahren, das wäre viel zu gefährlich für alle Beteiligten. Bald schon musste sie ihr Kind weggeben. Es durfte nicht bei ihr aufwachsen. Auch wenn sie wusste, dass ihr Kind so in Sicherheit war, tat es ihr weh. Nie würde sie ihr Kind sehen, berühren, umarmen dürfen. Es zerriss ihr, Herz und liess sie verzweifeln, doch ihre Vernunft siegte. Morgen war ihr Geburtstag. Sie wurde 138 Jahre alt, noch recht jung, für eine Königin der Elben, die schon hundertdreissig Jahre an der Macht war. Doch es würde ihr letztes Jahr werden. Alles war vorbereitet. Ihre Amtszeit ging zu Ende. Das letze Mal stand sie morgen vor ihrem Volk. Sie musste Abschied nehmen. In der Zukunft war sie einfach nicht vorgesehen. Sie wusste das und den anderen würde es auch bald klar sein. Meisheng yus Ära war vorbei. Bald würde nur noch ein Schatten davon übrig sein, eine vage Erinnerung.
Sie ging zurück ins Bett und löschte auch die letzte Lampe in dem Raum. Es roch kurz nach erloschenen Kerzen, bis der Duft der Nacht den Raum erfüllte und der Dunkelheit ihren eigenen Zauber gab. Der Mond leuchtete nun schon fast wie ein Vollmond, doch der war erst morgen Abend. Zeit genug um ihren letzten Zauber zu wirken.
Leurat war nun schon seit einigen Stunden unterwegs. Erst jetzt begann sein Körper sich langsam zu entspannen und er sah kurz nach hinten, in die Richtung, in der seine Freunde gestorben waren. Allen voran sein König. Nur er lebte noch und vielleicht die wenigen, die nach der Schlacht als Geiseln mitgenommen wurden. Immer wieder kamen ihm die Bilder hoch, während er Shaw durch das Dickicht gehen liess oder über eine Ebene galoppierte. Es war eine Stunde vielleicht auch zwei vergangen und die Sonne war nun nicht mehr zu sehen. Der Mond, der schon fast voll war bot das einzige Licht dar, das vereinzelt hinter schemenhaften Umrissen von Ästen zu sehen war. Leurat beschloss sich einen Lagerplatz zu suchen und Shaw etwas Ruhe zu gönnen, bevor es durch die heissen Gebiete in Meno, auch Ort des Feuers genannt, ging. Es war eine eigentlich sehr kleine Wüste, in der es aber immer wieder zu Feuer und Sandstürmen kam. Es war nicht gerade die angenehmste Route und alle die sie durchquerten hatten es auch wirklich eilig nach Houran zu kommen, dem Hafen, indem man leicht Boote für die Überfahrt finden konnte. Er stieg von Shaw ab und führte ihn zu einem kleinen Bach. Aus einem Baum, der Wasserbehälter für den Notfall enthielt( als Erinnerung an einen in der Wüste gestorbenen Elben damit so etwas nicht so schnell wieder geschah) und schnappte sich zwei davon. Er füllte sie beim Bach und gab noch ein kleines Pulver, das aus verschiedenen getrockneten Kräuter und Beeren bestand dazu. Es war zwar nicht viel aber es würde die Wände von innen etwas undurchlässiger machen und die kleinen Löcher verstopfen, die mit der Zeit entstanden waren. Dann band er Shaw an einen kleinen Baum und schnappte sich seinen Bogen, den er neben dem Schwert bei sich trug. Er war nicht so gross wie ein Kriegsbogen und hatte auch nicht dessen Reichweite, aber zum Jagen reichte es gerade noch. Er schoss sich einen Katschu, einen kleinen Vogel, etwa so gross wie ein Huhn, der aber aus mehr Fett bestand und weniger kleine Federn besass. Es dauerte darum auch nicht sehr lange bis er ihn gerupft und seiner Seele gedankt hatte. Er entzündete ein kleines Feuer und hängte den Katschu darüber. Währenddessen legte er sich für einen kleinen Moment hin und ruhte sich aus. Er verfiel in einen Halbschlaf, aus dem er aber bei dem geringsten Laut sofort erwachen und sich verteidigen konnte. Es verging eine halbe, vielleicht auch eine Stunde bis der Vogel gut war und Leurat wieder erwachte. Er nahm ihn herunter und wickelte ihn in ein Tuch ein, das er wie ein Bonbon zusammenwickelte und an den Sattel band. Danach löschte er das Feuer und beseitigte seine Spuren. Shaw gab er noch etwas Wasser und einige Kräuter und band ihn los. Er setzte sich wieder auf und machte sich auf den Weg. Vor ihm erstreckte sich die Wüste Meno, das Grab vieler seiner Vorgänger.
Dunkelheit breitete sich draussen aus, doch Shui war immer noch wach. Sie sass vor einem Stoff, der knapp so gross wie sie selbst war und trug die sorgfältig angerührte Farbe auf. Es sah langsam schon wie das Gemälde aus, dass sie machen wollte, aber ein paar kleine Dinge fehlten noch. Mit dem geübten Blick, den sie sich erarbeitet hatte, strich sie mit dem Pinsel über die Vorbereiteten Flächen. Es fehlte nicht mehr viel, bis das Gemälde von Housi und Meisheng yu fertig war. Mit einer Kerze suchte sie nach den noch unfertigen Stellen auf der Kleidung und fügte die Verzierung dazu oder malte sie weiter. Meisheng yu hatte sie im weissen Zeremonienkleid gezeichnet, das sie zum lian- fest, ihrem Geburtstag immer trug und Housi hatte sie in voller Rüstung abgebildet. Als Hintergrund fand sie ein weisses Lotosfeld passend, schliesslich war es ja ein Geburtstagsgeschenk. Das Bild leuchtete in hellen weiss und silbertönen und betonte die Schönheit, aber auch die Macht Meisheng yu’s noch zusätzlich. Shui strich sich die Haare aus dem Gesicht und tauchte den Pinsel wieder in die Farbe. Sie verlor sich in den Details, je länger es dauerte und da sie nicht genügend Licht hatte, konnte sie nie das ganze Bild auf einmal sehen. Doch sie hatte es schon so verinnerlicht, dass sie es in und auswendig kannte. Jede kleinste Perle an der Kette, jedes Haar und jede Unebenheit hatte ihren Zweck. Sorgsam fischte sie auch eine kleine Fliege aus der Farbe, die vom Licht angelockt, in den feuchten Tod geflogen war. Für sie war die Gattin ihres Bruders auch eine Freundin. Seit dem Tag an dem sie sich kennengelernt hatten. Es war an einem Frühlingstag, wie dieser es war gewesen. Sie waren an die Küste D’Istorna’s gereist, der Insel auf dem das Schloss der Königsfamilie stand, um das Fest der Verlorenen Liebenden zu feiern. Sie war damals nicht älter als acht Frühlinge gewesen und das erste Mal für dieses Fest angereist. Doch es war so anders, als sie es erwartet hatte.
Man feierte die Legende, des Gottes der Hinterlist und der Göttin der Vergangenheit, zwei der Götter die an der Erschaffung D’Orashs beteiligt waren und deren Liebe so stark gewesen war, das sie einander überall hin folgten, selbst in die Verbannung, der höchsten Strafe des Landes. Dank den Göttern wurde die Insel auch zu dem einzigen Ort, indem Verbannungen noch möglich sind, doch nur noch von sehr mächtigen Personen wie Meisheng yu ausgeführt. Der Gott der Hinterlist hatte damals die Göttin der Vergangenheit hinters Licht geführt, da er glaubte sie habe ihn betrogen. Hinterlistig wie er war, lockte er sie in eine Falle und verbannte sie. Doch sein Herz füllte sich mit Reue, da er seine Tyodreen, wie die Göttin hiess, sehr geliebt hatte und er opferte sich selbst um die Göttin zu befreien, und zu verhindern das es jemals wieder so etwas geschehen konnte. Tyodreen konnte nun die Welt der Verbannten verlassen, aber nicht mehr in die Welt der Götter oder der Elben eintreten und blieb nun zwischen den Welten gefangen, in der Parallelwelt zwischen Verbannung und D’Orash. Seit diesem Tag entscheidet sie an eine Menschliche, doch unsterbliche Hülle gebunden, ob der verbannte als Strafe oder aus Gutherzigkeit durch das Tor geschickt wurde und leitet ihn zu der Richtigen Welt der Verbannung. So trennt sich Gut und Böse. Sie wartet in ihrem Schloss darauf, dass eines Tages ihr Geliebter wiederkehrt, aus seiner Verbannung, die jedoch wie alle Verbannungen nur durch die grösste Kraft, die der Liebe, gelöst werden kann, zurückkehrt zu ihr und sie einer anderen wandernden Seele ihre Aufgabe hinterlassen kann und wieder zu einer Göttin wird die mit ihrem Geliebten über D’Orash wachen kann.
Diese Legende berührte noch heute viele der Bewohner D’Orashs und Liebende kehren hierher um Hoffnung zu schöpfen und derer zu gedenken, die ihr eigenes Glück füreinander aufgegeben haben um den anderen zu erlösen. Auch werden junge Mädchen oft mit an das Fest genommen um ihre Schönheit zu zeigen, damit vielleicht auch ihnen bald ein Mann über den Weg läuft, der für sie alles opfern würde und sie einander innig lieben konnten. Sie war wohl auch zu diesem Zweck dagewesen. Man hatte sie zur Schau gestellt. Doch nicht sie war es die aufmerksam betrachtet wurde, die junge Königin selbst war gekommen und hatte sie alle in den Schatten gestellt. Ihre Schönheit war atemberaubend. Dann bei den Festlichkeiten sollte sie eine Kette von Housi bekommen. Sie hatte erst an diesem Tag erfahren, dass die beiden heiraten würden. Sie hatte die Aufgabe, als Wassermagierin mit einigen Meerjungfrauen die Kette vom Grund des Meeres zu holen, wo diese aufbewahrt wurde. Es war ein symbolischer Akt und eine grosse Ehre. Nach der Zeremonie, durfte der Träger der Kette, in diesem Fall sie, zu der Königin in eine Hütte, um die Kette anzulegen und auch vom Meer zu säubern. Doch es ging wohl einfach darum mit der Königin reden zu dürfen, ohne eine Audienz beantragen zu müssen und die ganzen Hofleute dabei zu haben. Ihr Gespräch mit ihr war erstaunlich offen gewesen und sie hatte sofort gemerkt, dass die Königin nicht so kalt war wie sie sich nach aussen gab. Sie sprachen über Alltägliches und scheinbar Unwichtiges aber auch die bevorstehende Hochzeit.
Die Erinnerung an diesen Tag Zauberte ihr ein Lächeln auf das Gesicht. Er war der Anfang einer Freundschaft gewesen zwischen ihr und Meisheng yu.
Die Nacht war kühl und sie schlang ihren Nachtmantel enger um sich. Ihr Blick wanderte in die Ferne. Immerzu sah sie ihn. Jeden Tag, seit er sie verlassen hatte und in Selvin seiner Arbeit nachgegangen war. Er hatte gesagt er würde wiederkommen, wenn die Sache erledigt war. Doch wo war er nun? Er war in den Krieg verwickelt worden. Sie war hier, wartete auf ihn, fühlte sich verloren ohne seine Wärme, sein Lächeln. Sie wollte ihn wiedersehen, auch wenn es nur ein einziges Mal war, wollte ihn berühren, in küssen, in seine Augen sehen. Sie konnte einfach nicht glauben, dass es bald vorbei sein würde. Von weit her hörte sie auf einmal Pferdehufe näherkommen. Wer besuchte sie zu solch später Stunde noch? Sie eilte hinein und weckte ihre Magd. Sie trug ihr auf ihren Vater zu wecken. Sie selbst suchte sich rasch ein Kleid für offizielle Anlässe und ihre Bediensteten zogen sie in Windeseile um. Danach huschte sie in die grosse Halle, gerade rechtzeitig, denn der Mann, der offensichtlich ein Bote war wurde gerade hineingebeten. Leise schlich sie auf ihren Platz, zur rechten ihres Vaters, um niemanden zu stören. Die Anwesenden knicksten leicht und es wurde wieder ruhig. Gebannt starrten alle auf den jungen Boten. Man spürte, dass es ihm nicht ganz wohl war, er zeigte es mit seinem ganzen Körper, obwohl er mit sich rang. Vorsichtig ergriff er das Wort: „ Ich komme direkt aus Selvin und bringe traurige Kunden. Unser allerliebster König ist in der Schlacht um die Stadt gefallen und die Stellung konnte nicht gehalten werden. Alle umliegenden Städte zu denen auch die Hiesige gehört, sind ab sofort in Alarmbereitschaft zu versetzen und sich auf mögliche Angriffe vorzubereiten. Sollte es zu weiteren Angriffen kommen, wird um die Wiedereinstellung des Alten Paktes ersucht. Ich komme um nach dem Einverständnis des Stadt und Landesoberhaupts zu ersuchen. Wie werdet ihr entscheiden Sir Waltenberg?“. Kaum ausgesprochen lösten diese Worte Bestürznis und Trauer aus. Ihr König war tot. Sie konnte es nicht glauben, wollte es nicht glauben. In derselben Schlacht, in der ihr Liebster kämpfte war er gestorben. Sollte er etwa auch tot sein. Sollte es wirklich zu Ende sein. Nein, es konnte nicht sein. Sie sah zu ihrem Vater und merkte wie er mit sich rang. Schliesslich ertönte seine dumpfe Stimme: „ Es sind in der Tat schockierende Nachrichten von denen ihr uns Kunde bringt. Sie füllen mein Herz mit Schmerz und Trauer, doch will ich nicht untätig rumsitzen und darauf zu warten angegriffen zu werden. Im Namen meiner Leute bestätige ich hiermit, dass Cana das Alte Bündnis wieder in Kraft setzt.“ Sie konnte nicht mehr ruhig sitzenbleiben. Langsam erhob sie sich und suchte ihren Weg durch die Massen. Was war nur los mit ihr? Sie stürmte in ihr Gemach und liess sich auf dem Weinroten Bett nieder. Verzweifelt schluchzte sie. In ihren Augen sammelten sich Tränen, die aus den geröteten Augen quollen und sich ihren Weg über die zarte Haut ihres Gesichtes suchten. Ihr Herz wurde schwer und pochte leise in ihrer Brust. „ Beron, ach liebster, warum bist du nicht hier? Ich will dich spüren, deine warmen Hände, dein raues Gesicht, die weichen Lippen. Ich sehne mich sosehr nach dir, nach den Augenblicken die wir miteinander verbracht haben. Du hast mir geschworen, du würdest mit mir leben, für mich. Doch nun wo bist du in dieser schweren Stunde, wo kannst du nur sein?“, sie flüsterte die Worte in die Nacht hinein, ohne Hoffnung erhört zu werden. Sie trat auf den Balkon ihres Zimmers und starrte wieder in die Nacht. Wie ihr Vater gesagt hatte, sie konnten nicht nur dasitzen. Es wurde ihr so klar, wie nichts vorher in ihrem Leben. Sie liebte Beron und konnte nicht einfach blind an die Worte des Boten glauben und ihre Hoffnung aufgeben. Sie würde für ihre Hoffnung kämpfen, bis es keine mehr gab und darüber hinaus. Sie eilte hinein und bat ihre Magd dem Vater nichts von ihren Plänen zu erzählen. Geschwind zog sie das Kampfgewand an, das ihre Mutter, die ihr auch heimlich beigebracht hatte zu kämpfen hinterlassen hatte. Sie holte auch ihren Bogen und einige Dolche hervor und die Geheimwaffe des Waldclans in der ihre Mutter gewesen war. Sie liess ihr Pferd satteln und besorgte sich ein wenig Proviant, falls ihre Reise länger dauern würde als geplant. Sie verbarg ihr Gesicht unter dem langen schweren Mantel und wartete auf den geeigneten Augenblick loszureiten, ohne das ihr Vater es bemerkte. Die Wachablösung schien wie geschaffen dafür zu sein. Im vollen Galopp ritt sie aus der Burg und der Stadt. Hinter sich hörte sie wie die Hörner der Burg ertönten, aber es war schon zu spät, sie war draussen und ihr Vater wusste sehr wohl, dass ihr Pferd das schnellste und ausdauerndste war.
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Tag der Veröffentlichung: 15.04.2010
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