Einblick gefällig? Hier kommt ein kleiner Textschnipsel aus meinem Roman "Und leise rieselt der Schnee am 21. November":
Frühjahr 2019
Die Intensität mit der er sein Gegenüber betrachtete, war mit beinahe greifbarer Aggressivität getränkt. Er konnte nicht anders, als die zierliche Person vor sich mit einer geballten Ladung Ablehnung und Strenge anzustarren. Die Situation hatte etwas Groteskes. Da stand im strömenden Regen eine... mehr anzeigen
Einblick gefällig? Hier kommt ein kleiner Textschnipsel aus meinem Roman "Und leise rieselt der Schnee am 21. November":
Frühjahr 2019
Die Intensität mit der er sein Gegenüber betrachtete, war mit beinahe greifbarer Aggressivität getränkt. Er konnte nicht anders, als die zierliche Person vor sich mit einer geballten Ladung Ablehnung und Strenge anzustarren. Die Situation hatte etwas Groteskes. Da stand im strömenden Regen eine junge Frau vor ihm und bat ihn um etwas, das einfach nur lächerlich war.
Mit abwertendem Blick scannten seine grauen Augen ihre Gestalt. Gekleidet in einer schneeweißen Bluse und einem langen grauen Rock, dessen weich fallender Stoff sündhaft teuer aussah, stand sie vor ihm. Ihre grünen Augen blickten ihm ruhig und angespannt entgegen. Beinahe anmutig hielt sie in ihrer einen Hand einen schwarzen Schirm, der sie vor dem unablässig niederprasselnden Regen schützte, während sie die andere Hand entspannt hängen ließ.
„Haben Sie mich verstanden?“, fragte sie etwas pikiert. Er atmete tief durch.
„Das ist lächerlich.“ Kurz glitt sein Blick in das weite Nichts der Landschaft, die lediglich von dem tosenden Meer am Horizont durchbrochen wurde.
Sie verzog ihren rot geschminkten Mund argwöhnisch. „Ich verstehe nicht ganz, was daran lächerlich sein soll, wenn ich Sie darum bitte, mich reinzulassen.“
Er schnaubte. Diese Person hatte doch keine Ahnung. Seit Jahren hatte keine Frau seine vier Wände betreten und das wollte er an diesem verregneten Tag nicht ändern.
„Ich habe kein Interesse“, erwiderte er.
„Vielleicht kann ich Ihr Interesse wecken, wenn ich mich Ihnen vorstelle.“
Ref schnaubte genervt und packte das raue Holz der Tür, um sie der jungen Frau vor der Nase zuzuschlagen.
„Mein Name ist Ebha Wals.“
Er erstarrte in der Bewegung. Automatisch krallten sich seine Finger um die Tür, sodass das alte Holz leicht unter dem Druck seiner Hand nachgab. Sekundenlang starrte er in seinen dunklen Flur hinein, ohne zu denken. Da war plötzlich eine Leere in seinem Kopf, die jeglichen Gedanken in ihm gelöscht hatte. Doch schnell wurde diese Leere gefüllt. Mit Wut. Ungläubiger, schmerzender Wut. Ebha Wals. Dieser Name hatte ihn in den letzten zwei Jahren so viel Schmerz bereitet. Diese Person hatte in seinen Vorstellungen nur als schattenhafte Gestalt ohne Gesicht existiert. Jetzt in eben jenes Gesicht zu sehen, das für das größte Leid in seinem Leben verantwortlich war, war fast zu viel. Und er spürte, wie er anfing zu zittern, als seinem Verstand vollends bewusst wurde, dass er vor der Person stand, die für den Tod seiner Frau verantwortlich war.