Baum auf dem Meeresgrund

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Baum auf dem Meeresgrund

Als ich aus dem Wald trat, breitete sich ein unglaublich schönes Panorama vor mir aus, das idyllischer nicht hätte sein können. Der Teich, von dem mein Freund gesprochen hatte, lag da wie ein glatter Spiegel, in dem sich die Trauerweiden, die ringherum am Ufer standen, abzeichneten. Ihre üppigen Zweige reichten bis ins Wasser hinab. Ich war ganz allein. Selbst die Enten waren ausgeflogen. Lediglich aus dem Wald drang der Gesang der Sommervögel an mein Ohr.

 

Ich trat dicht ans Ufer heran und sah zu, wie das Licht der Sonne die Wasseroberfläche, auf der sich das Abbild der Trauerweiden spiegelte, zum Glänzen brachte. Sie schienen sich überhaupt nicht zu bewegen, als wären sie in tiefem Schlaf versunken. Ich fragte mich, ob ein Teil ihres Wesens im Teich weiterlebte und ob ihr Spiegelbild auf seiner Oberfläche eine Art Verbindungslinie zwischen ihrem Leben diesseits und ihrer Existenz jenseits des Gewässers darstellte. Womöglich führte auch ein Teil von mir, der ich in diesem Moment in den Teich hinabschaute, auf seinem Grund eine Art Parallelexistenz. Wer konnte das schon so genau wissen? Ich zumindest hatte dies noch nicht überprüft.

 

Während ich so dastand und die Wasseroberfläche genauer betrachtete, fiel mir auf, dass etwas nicht stimmte. Sowohl mein Spiegelbild als auch das der Trauerweiden konnte ich klar und deutlich erkennen. Doch es zeigte sich mir etwas im Teich, was hier auf dieser Lichtung eindeutig nicht zu sehen war. Verdutzt schaute ich mich um. Nein, da war tatsächlich nichts. Nicht hier auf der Erde. Aber dort im Wasser sehr wohl. Mehrmals blickte ich auf den Teich und dann wieder zu den Weiden hinüber. Vielleicht erlag ich auch einfach einer optischen Täuschung?



Dieses Buch ist Teil der Reihe "Baums Geschichten"
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