Wer Venedig auch im Hochsommer von seiner romantischen Seite kennen lernen will, der muss sehr früh aufstehen. Dann nämlich wenn die Gondeln noch unter blauen Tüchern die Nacht ausklingen lassen. Wenn auf der Seufzerbrücke noch ein leichter Wind weht, und San Marco noch nicht von Touristenschwärmen überflutet ist. Wenn in den vielen kleinen Gassen Venedig´s noch Ruhe herrscht.
Sehr schön ist es auch wenn die letzten Touristen ihre Boote besteigen um wieder in die umliegenden Hotels zu gelangen. Wartet man dann noch eine Weile dann atmet die Stadt auf. Die Sonnenuntergänge tauchen die Lagune in ein goldenes Licht und Venedig zeigt dann sein wahres Gesicht. Dann liegt Venedig eingesponnen in seidige Farben, und vom Wasser umspült.
Hier will ich ganz allein durch alte Gassen gehen.
Bei Fackelschein an Gondeltreppen stehen.
In blinde Fenster sehn,
Bange-glücklich wie ein Kind im Dunkeln sein.
(Worte von Hermann Hesse: Ankunft in Venedig)
Hätte er diese Worte nicht gesprochen würde ich es jetzt tun.
Venedig ist eine wunderschöne Stadt und deshalb kommen zwölf Millionen Besucher jährlich. Ich bin eine davon und ich bin verzaubert von dieser Stadt. Es dauert nicht lange und Venedig wird überflutet mit Menschen aller Nationalitäten. Auf dem Markusplatz stellen die Händler ihre Stände auf, und verkaufen die typischen Andenken Venedig´s. Shirts mit der Aufschrift „Venedig,“ Masken, Taschen, kleine Anhänger. Der Platz ist voll mit diesen Ständen und die Touristen kaufen. Es kommt mir so vor als wenn diese Stände für viele Touristen wichtiger sind als die Geschichte dieser Stadt. Und automatisch muss ich an Jesus denken. Er vertrieb die Händler damals aus dem Tempel mit den Worten:“ Das hier ist meines Vaters Haus, und ihr macht einen Krämerladen daraus.“
An meinem Geburtstag bin ich früh unterwegs. Ich nutze die Zeit um in aller Ruhe einen Cappuccino zu trinken. An diesem Tag gönne ich mir den teuersten Cappuccino den ich jemals getrunken habe. Ganz langsam nähere ich mich dem Caffé Florian, ich setze mich in die erste Reihe und gebe dem Ober meine Bestellung auf. Der Platz liegt noch im Schatten und die Tauben nehmen ihr erstes Frühstück.
Hinter mir beginnt die Musik und ich bin ergriffen von dieser Atmosphäre. Mein Cappuccino kostet 14.50 EURO und es macht mir nichts aus. Es war eine einmalige Sache und für mich sehr schön.
Eine Fremdenführerin erklärt mir und anderen Touristen die Stadt. Wir stehen an der Seufzerbrücke und nun weiß ich auch warum die Seufzerbrücke, Seufzerbrücke heißt. An der Brücke steht ein Gebäude mit vergitterten Fenstern, und zwischen zwei Gebäuden gibt es einen Zwischengang mit kleinen steinernen durchlöcherten Fenstern. Gebäude mit Gittern vor den Fenstern sind entweder Gefängnisse oder Ämter. Dieses Haus ist ein Gefängnis. Die Verbrecher wurden durch diesen kleinen Zwischengang in das Gefängnis geführt, und durch diese Fenster konnten sie ein letztes mal auf die Lagune sehen, bis sie für viele Jahre in dem Gefängnis verschwanden, seufz. Die Gefängniszellen befanden sich im hinteren Gebäude denn im vorderen Teil saßen die Richter und Bedienstete der Gemeinde.
Diese Fremdenführerin führt uns auch in kleine Gassen die normalerweise nicht für Touristen gedacht sind. Diese Führung dauerte 2 Stunden und war sehr interessant.
Inzwischen bin ich an der Rialtobrücke angekommen und habe Schwierigkeiten von dort einen Blick auf den Canal Grande zu werfen. Aus der zweiten Reihe schieße ich ein Foto, dann verlasse ich die Brücke wieder, es sind zu viele Touristen dort. Im Schatten des Dogenpalast gönne ich mir eine Pause. Am gegenüber liegenden Gebäude hängt eine riesige Plakatwand mit Kate Moss. Sie macht Reklame für YSL. Durch diese Plakatwände bekommt die Gemeinde viel Geld, dass sie zu Restaurationsarbeiten der Gebäude nutzt.
Venedig leben und sterben!
Sterben ist teuer in Venedig. Da kann eine Beerdigung schon mal bis zu 50.000 Euro kosten. Wer auf der Friedhofsinsel San Michele beerdigt werden will, und noch dazu mit einer schwarzen Gondel durch die Kanäle fährt muss reiche Angehörige haben. Das können sich nur sehr Begüterte Venezianer leisten. Der Normalverdiener wird in hohen Grabmauern beigesetzt.
Im Jahre 2002 wurde Venedig fast überflutet und deshalb werden jetzt durch die Gelder der Unesco im Wasser vor Venedig riesige Eisenbarrieren ins Wasser gelassen, die sollen verhindern das Venedig eines Tages überflutet wird.
Es ist heiß in Venedig und ich suche mir ein schattiges Plätzchen. Plötzlich kommt mir ein Paar entgegen, es ist Donna Leon mit ihrem Mann. Ich habe mich nicht geirrt, denn ich hatte am Morgen noch ein Foto in einer Zeitung gesehen. Sie laufen ins Touristenviertel und tauchen dort unter.
Mit dem Boot fahre ich weiter zu den Inseln Burano und Murano. Murano ist bekannt durch die wunderschönen Gläser. In dem Ort gibt es eine Fabrik die günstiger ihre Waren verkauft. Aber auch überall im Ort befinden sich Geschäfte die Muranoglas verkaufen.
Burano verzaubert durch seine wunderbaren bunten Häuser. Jedes Haus hat eine eigene Farbe. Es lohnte sich nicht die Kamera in die Tasche zu stecken, denn an jeder Ecke lauerten neue Motive.
Durch die kleinen Orte führen Kanäle, nur von hier aus werden die Menschen mit Waren versorgt. Es gibt immer wieder Fußgängerbrücken über die Kanäle um auf die andere Seite zu gelangen.
Mit dem Schiff geht meine Fahrt wieder nach Venedig. Es ist Hochbetrieb, kaum eine Gondel wird verschont. Wer einmal in Venedig ist der muss einfach mit der Gondel fahren. Die Gondolieri singen nur auf Wunsch. Es ist ein Stau in Sicht, und ich frage mich, hat das noch was mit Romantik zu tun? Es ist mehr eine Massenveranstaltung.
Auch so eine Gondelfahrt sollte man in den frühen Morgenstunden genießen, oder am späten Abend. Dann wenn die Sonne versinkt und der Gondoliere nur für sie singt.
Arrivederci Venedig, es war mir eine Ehre.
Text: Irmgard Borgmann, Krefeld
Foto: Irmgard Borgmann
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