Hoffen auf die Hauptverhandlung

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Hoffen auf die Hauptverhandlung

 

Der alte Mann hatte den Mokka ausgetrunken und hörte, wie die Bedienung die Rechnung für den Kaffee an der Kasse ausdruckte, kurz mit einem Kellner griechisch sprach und dann zwei, deutsche Gäste begrüßte und an einen Tisch führte.

 

Während er wartete, kamen weitere Gäste in das Restaurant mit den griechischen Spezialitäten.

Draußen war ein graublauer Himmel über der Stadt mit harten, grauen Wolken, die wohl Regen in ein, zwei Stunden ankündigten.

 

Bald steckte er den von ihm geschriebenen und an seinen Sohn in London adressierten Brief,  zurück in sein graues Sakko.

Der älteste Sohn lebte in London, und hatte eine Zweitwohnung in Haifa.

Häufig war er mit ihm zusammen in dieses griechische Restaurant in der Nähe Bremens gekommen.

 

In Bremen war er 1924 geboren, hatte den Holocaust überlebt und nach dem Krieg nahe Bremen ein Pflegedienstuntenehmen gegründet, dass er bis zur Rente erfolgreich geführt hatte und dann an seinen Schwiegersohn übergeben hatte. 

 All das war gelungen.

 

Aber einen anderen Kampf hatte er noch nicht zum Sieg geführt. Es war ihm sehr wichtig. Es war so vielen sehr sehr wichtig, sagte sich der alte Mann oft.

Hier ist es gut, aber auch mühevoll, der weiterhin geführte Kampf gegen die noch ungestraften, faschistischen Aufseher in den Lagern und die

altgestrige Justiz, dachte er oft.

 Noch immer waren einige Aufseher aus den Lagern nicht vor ein deutsches Gericht geführt worden. Nach 60,70 Jahren noch immer von der Justiz übersehen oder wegen einer Gesinnungshaft einiger Richter gedeckt worden.

 

Am Abend war er vor dem Martin Buber Bild und den Bücherschränken hergeschritten und hatte den zuvor am Schreibtisch geschriebenen Brief in einen noch unfrankierten Umschlag gesteckt.

 

Er blickte bald zum Tavernenfenster und dann mit dem Hören der Stimmen zum Tresen, wo die Ehefrau des Restaurantinhabers eine Tischreservierung am Telefon entgegen nahm und etwas auf einem Kellnerblock notierte. Er blickte zu ihr und dann zur halbvollen, dämmerigen Terrasse mit den Olivenbäumen und dem quadratischen, noch trockenen, grünfarbenen Terrassenschirm, den ein Mitarbeiter nun mit dem Blick zum unruhigen, wilden, verdunkelnden Firmament öffnete, und blickte dann über die Terrasse mit drei Gästen ebenso zum Himmel.

Es wird wohl ein starker, dicker Regen niedergehen. 

 

Und dann heute Nacht eine klare und sternenreiche Nacht sein. 

Gestern gab es einige Sterne, rah funkelnd, als er den Brief schrieb und zur stillen Straße und gelb funkelnden Nacht blickte. Aber er spürte, dass es heute viele Sterne in der Nacht geben würde, sie waren in der Weite des Weltalls und Universums.

Die Sterne werden da sein heute Nacht gegen das totale Verfinstern des Himmels, der Welt. Sie sind wie Gold und unsterblich, Sie sind ohne Ideologien und vergiftenden Weltanschauungen. Sie sind schön und unsterblich. Sie geben nicht auf und richten nicht über den Menschen. Sie sind Pracht und Reichtum in der Welt. 

Das gab ihm Freude und Wohlsinn im Herzen und in der Seele entgegen des kurzen, heftigen Leidens und Trauerns beim Gedanken an die Geschehnisse in den Lagern und an die noch nicht eröffneten Prozesse gegen einige SS Wachmänner jener Lager.

 

Es verging eine Weile und er schob die Tasse und Untertasse zur Tischmitte 

  Er führte sich den Brief vor Augen.

 

Es war ein Brief an seinen Sohn, Michel Salomon, der in London lebte und dort als Soziologie Professor arbeitete.

 

 19.11.2021

Hallo Michel,

Wie ist die Einarbeitung an dér neuen Universität verlaufen?

Wie geht es meinem Enkel und Helena? Seit ihr bald wieder im Chelsea Stadion in London? Schreibst du weiter am Buch und der Studie zum Soziologie Thema und dem Umfeld der Irish Travelers und ihrem gefeierten Boxer Tyson Fury, der wiederholend den  WM Titel im Schwergewicht verteidigte?

 Lass es mich wissen. 

 

Wenn ihr im Sommer hier seid, lasst uns bei Alex und Maria, im El Greco wieder einen Abend zusammen essen und trinken und über euer hoffentlich glückliches Leben in London sprechen.

 

Hier ist es gut, aber auch mühevoll, der weiterhin geführte Kampf gegen die

altgestrige Justiz.

 

Hier führen wir noch den alten, wichtigen, schweren und dahingehend noch nicht erfolgreichen Kampf gegen die Konformität und das Blindstellen des

  deutschen Justiz Apparates.

Was hat dieses verfluchte Totenkopf Mitglied alles Rücksichtslose den Insassen der Lager angetan! Besonders den 17 Tausend Menschen angetan, die an jenem Tag aus Südosteuropa und Griechenland her nach Ausschwitz deportiert worden waren in ihrem furchtbaren Schicksal.

 

Möge Gott ihren Seelen den gerechten Platz geben.

 

All die Armseligen, Gepeinigten mit den kümmerlichen, klagenden, hungernden Gesichtern an der Rampe, seit Tagen ohne Wasser, Brot, die Züge und Gleise unter dem NS Schatten, Blut und Verbrechen. 

(...)


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