Rezension zu „Promised Heaven“ von Christine Eder
Ein erschütterndes und authentisches Buch zu einem Thema, über das viel mehr nachgedacht und gesprochen werden muss, statt es zu einem gesellschaftlichen Tabuthema zu machen
Grundidee & Setting:
Luna, ein gerade einmal vierzehnjähriges Mädchen hat Selbstmord begangen und ihr Bruder Thomas kann und will sich nicht mit ihrem Tod abfinden. Zu sehr beschäftigt in die Frage, wieso... mehr anzeigen
Rezension zu „Promised Heaven“ von Christine Eder
Ein erschütterndes und authentisches Buch zu einem Thema, über das viel mehr nachgedacht und gesprochen werden muss, statt es zu einem gesellschaftlichen Tabuthema zu machen
Grundidee & Setting:
Luna, ein gerade einmal vierzehnjähriges Mädchen hat Selbstmord begangen und ihr Bruder Thomas kann und will sich nicht mit ihrem Tod abfinden. Zu sehr beschäftigt in die Frage, wieso Luna aus dem Fenster gesprungen ist, ob es für sie wirklich keinen anderen Weg gab und auch, wieso er nichts gemerkt hat, um sie davon abzuhalten.
Auf der Suche nach Hinweisen und einer Erklärung stößt er auf ihrem Facebook-Profil auf seltsame Beiträge, die ihn zu einer versteckten Gruppe führen. Er findet heraus, dass es die Gruppe zu einem Selbstmordspiel ist, will aber nicht glauben, dass Luna nur durch ein Spiel in den Selbstmord getrieben wurde. Kurzerhand steigt er selbst in das Spiel ein und muss feststellen, dass es sich um bitteren Ernst handelt und der Gründer nur einen Weg zulässt, um wieder auszusteigen: Den eigenen Selbstmord.
Zuerst beginnt „Promised Heaven“ wie ein Jugendroman, entwickelt sich aber zu einem Thriller, der nicht nur junge Leute anspricht - denn die Thematik betrifft jeden.
Allerdings dürfte es vor allem jüngere ansprechen, da aus Thomas’ Sicht erzählt wird und Themen wie erste Liebe, Mobbing, Suizidgedanken, Familienprobleme und weiteres aufgegriffen werden.
Erzählstil/Erzählweise & Handlungsaufbau:
Die Handlung beginnt direkt mit Lunas Selbstmord und einen kurzen Rückblick aus ihrer Sicht, die den Leser direkt mitreißt. Danach flaut es etwas ab, Thomas wird als Protagonist eingeführt, der kurz darauf erst von Lunas Tod erfährt. Im Gegensatz zu seinem Vater stellt er Nachforschungen an, wodurch nach und nach mehr ans Licht kommt, doch bis Thomas selbst ins Spiel einsteigt, wird nicht klar, was genau geschehen ist und der Leser bleibt gespannt. Und selbst danach zeigt sich erst zum Ende hin das ganze Ausmaß des „Spiels“.
Der Erzählstil der Autorin ist passend zur Stimmung der jeweiligen Situation: Sei es bei Thomas Problemen, sich auf die Schule zu konzentrieren oder bei den Aufgaben, die das Spiel stellt und die immer gefährlicher werden. Dann wird es düster, gefährlich und man weiß genau wie Thomas nicht, was einen erwartet und wird so gut wie jedes Mal von Neuem überrascht (oder wohl eher schockiert). Denn auch wie die Geschichte an sich Fiktion ist, orientiert sie sich an einem Phänomen, das so wirklich existiert.
Charaktere:
Die Charaktere fand ich alle ausnahmslos gelungen, alle wirkten authentisch, kein einziger wirkte zu überzeichnet.
Thomas ist durch seine Trauer, Selbstvorwürfe aber auch durch sein Misstrauen gut nachzuvollziehen. Er ist jung, doch genießt sein leben und will nicht wahrhaben, dass seine Schwester es einfach aufgegeben hat. Und um die Wahrheit herauszufinden geht er bis ans äußerste. Daneben versucht er, seine kleine Schwester Elise vom Spiel und seinen Gefühlen abzuschirmen, doch das Fortschreiten bringt nicht nur ihn an seine Grenzen.
Luna, die zu Beginn der eigentlichen Handlung ja schon tot ist, nimmt dennoch Einfluss auf das Geschehen und auch auf Thomas. Sei es durch Beiträge in ihren sozialen Netzwerken, Videoaufzeichnungen oder wenn sie wie ein Geist vor Thomas erscheint (was er sich zwar einbildet, aber die Handlung umso realistischer macht). Sie hat Spuren hinterlassen, manche direkt greifbar, manche auf emotionaler Ebene.
Elise, die kleine Schwester der beiden, ist so menschlich dargestellt, dass es einem als Leser schon fast das Herz zerreißt. Sie kann Lunas Tod noch gar nicht richtig verstehen, doch sie merkt die Veränderung und dass ihre Schwester nicht zurückkehrt.
Daneben gibt es noch weitere, interessante und vielschichtige Charaktere, die entweder aus Thomas’ Umfeld stammen oder denen er durch das Spiel begegnet. So taucht nicht nur eine weitere Mitspielerin des Spiels auf, sondern auch die Verantwortlichen des Ganzen agieren im Schatten.
Fazit:
„Promised Heaven“ ist bedrückend zu lesen, schockierend, orientiert sich aber an tatsächlich existierenden Selbstmordspielen und beruht teils auf Zeugenberichten, während die Erzählung selbst ohne diese Offenbarung (am Ende des Buches) für mich schon zu Beginn so realistisch wirkte, dass es unheimlich war. Auch, wenn das Buch insgesamt „gut“ ausgeht, verbleibt man mit durchmischten Gefühlen, existieren in der erzählten Welt und in der Realität doch weitere solcher Spiele und Menschen, die Suizidgefährdete in dieses locken.
Insgesamt würde ich 3,9 (4) Sterne für dieses überraschend gute Buch vergeben, dass ich nach der Buchbeschreibung eher für einen (rein) erfundenen Thriller gehalten habe.
Wow, was für eine toll geschriebene Rezi… Vielen lieben Dank, liebe Vera <3
Sehr gerne :-)