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SPINO (SPD in name only) ?

 

 

Die Unternehmerpartei CDU trägt den frommen Christen so wenig berechtigt im Namen wie die Arbeitnehmerpartei SPD den klassenkämpferischen Sozialanwalt. Dass das Godesberger Programm der Sozialdemokratie sich vom bolschewistisch fallierten Marxismus abgesetzt hatte, mochte noch angehen, aber seit Bundeskanzler Schröder, der selbst aus der Unterschicht stammt, mit der Agenda 2010 sich nur noch den Kopf der Arbeitgeber zerbrach, liefen seiner Partei die Armen und Schwachen des Landes in Scharen davon – bis heute.

 

Das Schlimmste aber bleibt wohl, dass die Partei das bis zum heutigen Tag nicht zu bemerken und zu verstehen scheint. Sie doktert und flickwerkt an Symptomen herum und macht damit alles noch unheilbarer, statt sich endlich wieder auf die Interessen ihrer proletarischen Stammklientel zu besinnen, für die sie gegründet wurde. Sie rennt kopflos den konkurrenzfähigen Mittelständlern hinterher, statt endlich die „Enteigner zu enteignen“ (Marx). Sie will nichts mehr davon wissen, dass diese Mittelschicht nichts ist als die Sklavenpeitsche der kapital(bewehrt)en Oberschicht und für diese Dienste belohnt wird mit dem Privileg, sich selber einige Sklaven ungestraft halten zu dürfen. Wer all das unter dem ideologischen Schleier von „arbeitsfriedlicher Sozialpartnerschaft“ versteckt, hat nichts von der Industriegesellschaft begriffen., die immer noch eine Illustration zum berühmten Herr-und-Knecht-Kapitel von Hegels „Phänomenologie des Geistes“ (1807) darstellt.

 

Der Wesenskern jeder Gesellschaft ist seit zehn hochkulturellen Jahrtausenden das Verhältnis von Arm und Reich, von Macht und Ohnmacht. Davon lässt sich heutzutage trefflich ablenken mit Frauenbewegungen, Friedensbewegungen, Forst- und Vaterlandsbewegungen und anderen Nebenschauplätzen. Sozialistischer Antikapitalismus wäre nur die Katastrophe, für deren Verhütung er sich gern halten lässt, denn eher hat jeder Sozialismus den vollentwickelten Kapitalismus noch vor sich als laut Marx schon hinter sich. Und der linke Sozialismus beging im 20. Jahrhundert – abgesehen von der Shoa - haargenau die gleichen Verbrechen wie der rechte Sozialismus.

 

Niemand aber sollte über Kapitalismus reden dürfen, der nicht über den Industrialismus selber reden will - ob nun in kapitalistisch profitabler oder sozialistisch unrentabler Form. Seit einem Vierteljahrtausend verspricht das naturwissenschaftlich-technisch-industrielle Zeitalter die maschinellen Segnungen eines unerschöpflichen Füllhorns, das sich jedoch langsam als bloße Büchse der Pandora entpuppt, welche die grüne Natur ebenso bedroht wie die menschliche Natur ihrer Bearbeiter. Die Industriegesellschaft als solche war von Anfang an ein einziger Irrweg, und es wird Zeit, sie wenigstens erst einmal geistig zu überwinden, sich also von ihr nicht mehr die potentiellen Lösungen aller menschlichen Probleme zu erhoffen. Es sollte ein passageres Intermezzo der Geschichte werden, damit eine POSTindustrielle Gesellschaft vorbereitet werden kann, die kein Rückfall in vorindustriellen Agrarfeudalismus bedeuten dürfte, denn der Fortschritt ist laut Walter Benjamin genau jene Katastrophe selbst, die er gerade verhindern will. Leider hat kein Intellektueller bisher eine Idee von einer solchen Nachindustrialismus, der nicht wieder eine bloß fortgeschrittene Dienstleistungsgesellschaft wäre.  

 

(Es wäre sinnvoll, dazu auf das alttestamentarische „Erlassjahr“ (Jubeljahr) zurückzugehen, denn Gott hat - sogar in der Wirtschaftstheorie - immer noch die besseren Ideen als seine Geschöpfe: Mindestens einmal in jeder Generation sollten Herr und Knecht ihre Rollen tauschen müssen und alle Schuld(en) erlassen werden, denn dem Schoepfer gehoert die Erde, und wir sind laut biblischer Theorie nur seine wechselnden Paechter mit Nutzungsrecht.)

 

„Fortschritt oder Gott ist nur Hokuspokus“,

schrieb zurecht ein jüdischer Schriftgelehrter.)

 

1769 erfand der Brite James Watt die Dampfmaschine, und nicht zufällig genau zwanzig Jahre später brach die Französische Revolution aus : Nur das Bürgertum setzte auf die neue Produktivkraft und die Fabrikproleten, die der Landadel mit seinen Bauern verschlafen hatte. Der Handelsmann beutete den Blaumann fortan so aus, wie der Landmann vom Edelmann ausgebeutet worden war, und der staatsbürgerliche Citoyen degenerierte bald zum Pfeffersack-Bourgeois.

 

Alle Kriege und Revolutionen der Weltgeschichte sind letztlich nur Folgen von technologischen Umbrüchen, wie gesagt wurde, und nicht von peripheren und ephemeren Ursachen, welche die Historiker uns gemeinhin weismachen. Dem ganzen Ökologismus der giftgrünen Umweltser von heute z. B. geht es weniger um das bedrohte Blümchen am Straßenrand als vielmehr um die ideologische Vorbereitung der nächsten elektronischen Weltrevolution, für die alle geistig und seelisch rechtzeitig weichgeklopft werden sollen. Stichworte : Digitalisierung und Künstliche Intelligenz, die ins Haus stehen, werden Kriege und Sozialrevolutionen entfachen, da keine Gesellschaft seit zehn sesshaften Jahrtausenden bisher mit technologischen Revolutionen arbeitsfriedlich fertig wurde.

 

Die Jahrhunderttausende des steinzeitzeitlichen Nomadentums kamen mit unkriegerischen Scharmützeln und flachen Machthierarchien von umherziehenden Familiensippen aus. Sie waren Gottes Urprojekt noch vor der Vertreibung aus dem biblischen Nomadenparadies der Schöpfung ohne menschliche Konkurrenzschöpfungen (welche mit naturgesetzlicher Notwendigkeit eines Tages an ihren unüberwindlichen inneren Widersprüchen wie apokalyptisch prophezeit kollabieren werde, bestenfalls "mit einem leisen Winseln").

 

Das alles würde ich der modernen SPINO gern zu bedenken geben.

 

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Tag der Veröffentlichung: 20.04.2024

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