BookRix

Hallo Signe,

Ein wahrlich verzwicktes Thema, an das du dich hier gewagt hast. Glück ist ja auch immer ein sehr persönlich empfundenes Gefühl. Nur zwei Beispiele:

Ich habe bis sechzig Langstreckenlauf betrieben. Dort wird, so sagen zumindest die Mediziner, das sogenannte Ephedrin ausgeschüttet, um den Körper vor allzu grossem Schmerz zu beschützen. Dieses Ephedrin ist ausserdem wie eine Droge, die einen Läufer high macht ohne die Folgen wie bei Drogen. Das merkt man am Schluss eines Laufes, da ist man ganz "aufgezogen" und auf eine Art glücklich. Habe ich persönlich erlebt.

Ein weiterer Glücksmoment ist bei mir das Segeln. Und zwar der Moment, wo nach all den Hafenvorbereitungen, dem Auslaufen per Motor und dem Segel aufziehen plötzlich die Stille einsetzt, das Boot scheinbar schwere- und lautlos durch das Wasser gleitet und auf eine Art das Loslösen von all den täglichen Problemen an Land bedeutet.
Beide Glücksmomente sind nicht zu fassen, ich kann sie aber immer wieder auslösen.

Das so meine ersten Gedanken dazu

LG Johannespi

Epi log. Ein Epos "Die Glücksjäger". Betonte und unbetonte Passagen - und dennoch kann man sich meist keinen Reim drauf machen - das Glück bleibt rare Beute. Epos trog.

Wo steckt Glücks-Potenzial? Gemäß der Maslowschen Bedürfnispyramide kommt es eventuell auch auf die Glücks-Qualität an. Im Selberverwirklichungs-Sektor muss man wohl länger auf Glücksgefühle warten - doch das Warten lohnt sich.

Langfristiger Egoismus: Erpicht sein auf höherwertige Ziele - und dafür verzichten auf einige Annehmlichkeiten; Ungemach, Mühe in Kauf nehmen, um das Edelweiß zu erreichen. Nicht im Tal bleiben.

Wäre das eine Zutat für die Glücksformel? Welche weiteren Ingredienzen? Glück trainierbar?

Hatte Epikur bereits die Glücksformel? Seelenruhe - Ataraxie - und Lebenslust miteinander vereinbar? Einfach seine Begierden begrenzen.

Aber wenn Selbstverwirklichung nur zu erlangen ist durch das Motiviert-Sein, absolute Höchstleistungen vollbringen zu können auf Spezial-Gebiet, dann ist doch diese Begierde etwas Gutes?

Ist das erlangte Glück relativ zum erreichbaren Glück? Wünsche nutzen, um an ihnen wie Jack an Bohnenranke emporzuklettern?

Wird ein Gut als Glück angesehen - oder nimmt man es als selbstverständlich? Man gewöhnt sich an solcherlei Segnungen. Wasser z. B.

Du hast Epikur, Maslow, Watzlawick Revue passieren lassen. Vielleicht hätte ENTErtainer Rudi Ratlos sie noch interviewen sollen. :-)

Vielleicht ist das Glück der Star - und uns wird das erst allmählich klar? Kommt darauf an, auf wen wir achten bei dieser Revue?

4 Punkte.

LG
Phil Humor

Die absolute Relativitätstheorie vom Glück :
Zu dem folgenden teils wissenschaftl., teils wenig drögem Text fiel mir spontan ein Gespräch zwischen einem weisen und allseits beliebten Rabbi und einem einfachen, geplagten Juden in Galizien ein.

Der fromme Jude kam zum Rabbi, klagte sein Leid und der Rabbi hörte ihm zu : " Rabbi, ich bitte um deinen Rat und deine Hilfe! Ich bin ein gottesfürchtiger Mann und halte alle Gebote ein und trotzdem bin ich nur mit Unglück geschlagen. Meine Eltern, mein Weib, acht Kinder, jedes Jahr eines und ich wohnen in einer elende Hütte. Sie würde höchstens für zwei Personen reichen. Nicht eine Minute des Tages herrscht Ruhe und Frieden. Wir finden in der Nacht keine Ruhe, denn unsere Schlafmatten liegen eng beieinander und wenn einer die Hütte verlassen muss, so wachen wir alle auf. So kann es nicht weitergehen, dieses Unglück muss ein Ende finden!"
Der Rabbi erteilte ihm folgenden Rat und nur durch strickte Einhaltung desselben würde das Unglück vertrieben und Glück in seine Hütte einziehen.
"Wieviele Ziegen besitzt du ?" fragte der Rabbi. "Fünf," antwortete der Mann.
"Dann nimm diese noch mit in deine Hütte und komme nächste Woche wieder zu mir!"

Schweigend und voller Pessimismus tat der Mann wie ihm geraten.
Als er nach einer Woche wieder kam, sah ihm der Rabbi schon von weitem an, dass es ihm nicht gut ergangen war. "Rabbi, euer Rat war keineswegs gut, es geht uns allen noch viel schlechter als vorher. Nicht nur der Platzmangel, den wir durch die Ziegen noch schlimmer erleiden, auch ihr ewiges Gemeckere und ihren Gestank, dazu stoßen sie uns in der Nacht mit ihren Hörner und treten auf uns herum. Wir werden unseren Verstand verlieren, wenn das so weitergeht!"

"Nun", sprach der Rabbi " nimm alle Ziegen wieder aus deinem Heim. Dann komme in einer Woche nochmals zu mir."

Nach Ablauf der Woche sah der Rabbi den Mann schon von weitem glücklich herbei springen und er fiel dem Rabbi glückstrahlend vor die Füsse und rief unter Freudentränen: "Meister, du bist der Weiseste aller von Gott zu uns gesandten: Unser Heim ist groß, keiner hat mehr eine Klage und wir leben friedlich zusammen! Wir können unser Glück kaum fassen!!!

LG
Annelie

Deiner absoluten Relativitättheorie vom Glück möchte ich - du hast emsig recheriert -
3 Punkte zuteilen.

...ich kam mir fast wie ein Student im Vorlesungssaal vor und habe alles gut verstanden...super...
...aber nun muss ich entscheiden zwischen den beiden Texten...
ich gebe 3 Punkte
LG Corinna

Zunächst: dieses ist ein echter Signe!

Da kommen Fakten und sie greifen weit nach hinten, nach allen Seiten und sie landen im Heute, genau bei jedem und seinem kleinen oder großen Glücksanspruch. Ich folge den Gedanken von Signe nickend und pflichte mit großer Selbstverständlichkeit ihren Schlussfolgerungen bei. So sehe ich es auch. Mehr oder weniger nüchtern muss man dieses "Glück" immer vorsichtig betrachten. Es bleibt zerbrechlich und temporär, umso mehr ist es zu schätzen. Das weiß natürlich jeder. Die Hoffnung auf Glück im Leben bleibt. Ohne sähe es düster aus. Seine Relativität ist absolut und sein Gegenpol ist stets vorhanden.
Signe hat das Thema gemeistert. An die Poesie des Glückes hat sie vielleicht gedacht aber selbige war nicht unbedingt Gegenstand der Ausführungen, auch nicht im Thema, oder doch?

Ich gebe dennoch spontan 4 Punkte und wünsche Glück beim Wettbewerb.

Herzlichst Helga

Liebe Signe,

ein sehr interessanter Beitrag! Hut ab!

Ich freue mich sehr darüber, dass unsere Texte so verschieden sind. ;-)

Grüße von Moni

Liebe Signe, jetzt hatte ich die Abstimmungsregeln nicht richtig gelesen und darf nur ein Mal 4 Punkte verteilen. Ich hoffe, Du kannst es mir verzeihen, dass ich Dir einen wieder wegnehme. Ich mag Deinen Text sehr, aber der von Moni war mir noch ein Stück weit näher. LG Uschi
Trotzdem von Herzen: 3 Punkte

Das, was es zum Glück zu sagen gibt, so hat es den Eindruck, bleibt ungesagt. Das Unglück nimmt seinen Lauf, so man sich mit dem Glück zu sehr beschäftigt... Signe hat, wie ich
denke, unendlich viel Zeit in ihre Recherche investiert. Der Text liest sich flüssig, allerdings musste ich oft verharren, nachdenken, mir den Text verinnerlichen.
Was ist nun Glück, relativ oder nicht...
Vielleicht ist Glück ja wirklich nur Grießsuppe, eine warme Schlafstatt und keine Schmerzen....
in diesem Sinne lieben Gruß
sissi

Die Bedürfnispyramide Maslows habe ich bislang anders herum verstanden (und stand damit beileibe nicht allein auf weiter Flur): die materiellen Bedürfnisse (zur Befriedigung des leiblichen Wohlbefindens) stehen an unterster Stelle in ihrer Bedeutung, sie verstehen sich sozusagen „von selbst“ und sind keine „Glücksbringer“. Die spirituellen Werte, inklusive der des Strebens nach Achtung und Anerkennung, sind pyramidal ganz oben angesiedelt. Demgemäß erklärte sich Glück nicht aus der Abwesenheit des epikuren Schmerzes (die einfältigste philosophische Erklärung des Glücks, jedoch erklärbar mit Sicht auf einen häufig schmerzbefallenen Epikur, wie die Autorin zu Recht erwähnt) oder des Hungers. Glück ist ein Konglomerat aus sozialen, zwischenmenschlichen Zusammenhängen und geistiger Erhebung, es strebt in unserem Miteinander nach Höheren als nur nach Brot oder Wasser. Wobei deren Abwesenheit (des Brotes, des Wassers) sehr wohl Unglück bedeuten kann. Glück ist aber keinesfalls das simple Ausbleiben von Unglück. Wenn hier von einer „Relativität“ gesprochen werden muss, dann von der des Unglücks, nicht des Glücks.

Die ans Ende dieses Aufsatzes gestellten Zitate des Psychotherapeuten Paul Watzlawick will die Autorin als dessen ausdrückliche Anleitung zum Unglücklichsein. Wie seltsam! Wo sie doch das Beispiel der im Zoo lebenden Tiere anführt, für deren leibliches Wohl gesorgt ist, die jedoch - ihrer Freiheit; d.h. ihres natürlichen Umfelds beraubt - die Entsprechung unserer Stadtneurotiker sind.
Das ausdrückliche Anliegen des verstorbenen Therapeuten war es stets, die gesellschaftlichen Strukturen unserer sogenannten, modernen Sozialstaaten als verantwortlich dafür zu erklären, dass es psychologisches Unglücklichsein, sprich Krankheiten gibt. „Es gibt keine kranken Individuen an sich, sondern soziale und familiäre Systeme, die die Krankheiten erzeugen,“ schrieb er.
Soll das etwa eine Anleitung zum Unglücklichsein sein? Nie und nimmer!
Lothar.